SPD und neue Vorsitzende: Plötzlich ganz gemäßigt
Der Leitantrag zum SPD-Parteitag klingt vage, auch beim Klima. Beim Personal scheint es in der Parteiführung einen Deal zu geben.
Beim Thema Klimaschutz etwa hatten Esken und Walter-Borjans im parteiinternen Wahlkampf noch verlangt, den CO2-Preis von 10 auf 40 Euro pro Tonne anzuheben und zum Ausgleich eine Pro-Kopf-Klimaprämie auszuzahlen. Im Antragsentwurf finden sich, wie zuerst der Tagesspiegel berichtet hatte, überhaupt keine mit Zahlen hinterlegten Forderungen mehr, sondern nur der Wunsch nach einem „sozial gerechten und wirksamen CO2-Preis“.
Auch bei anderen Themen liest sich das Papier wenig konkret. Die Forderung nach einem Mindestlohn von 12 Euro fehlt; stattdessen heißt es, die SPD wolle „Schritte zu einem Mindestlohn, der existenzsichernd ist“. Auch ein Investitionsprogramm von 500 Milliarden Euro über 10 Jahre wird nicht mehr gefordert; stattdessen verweist der Entwurf auf ähnliche Forderungen von Wirtschaftsinstituten. Die umstrittene „schwarze Null“ wird zumindest indirekt in Frage gestellt: An ihr dürften stetige Investitionen nicht scheitern, heißt es.
Auch beim Personal zeichnet sich ein Kompromiss ab. Neben der neuen Spitze scheinen drei Kandidaten für die Stellvertreter favorisiert. Juso-Chef Kevin Kühnert will antreten. Kühnert polarisiert – vor allem der rechte SPD-Flügel, der Seeheimer Kreis, hat nicht vergessen, dass er die Vergesellschaftung von Konzernen forderte. Diese Wahl wird zeigen, ob Kühnert inzwischen in der Gesamtpartei gut genug verdrahtet ist.
Und Klingbeil?
Die Kandidatur von Klara Geywitz scheint unumstritten. Zudem will Anke Rehlinger, Vizeministerpräsidentin in Saarbrücken, antreten. Geywitz und Rehlinger sind keine Parteilinken. Allerdings will auch Arbeitsminister Hubertus Heil antreten – und es soll nur noch drei Stellvertreterposten geben.
Esken, Walter-Borjans und Kühnert scheinen einen Deal mit Generalsekretär Lars Klingbeil gemacht zu haben. Der kommt, wie Heil, aus Niedersachsen und gehört wie Heil zum Seeheimer Kreis. Klingbeil versteht sich mit Kühnert gut. So zeichnet sich zwei Tage vor dem Parteitag ab: Klingbeil bleibt, dafür wird Heil nicht Vizeparteichef. Denkbar ist bei der SPD allerdings auch immer eine Lösung, die alle glücklich macht. Die Zahl der Stellvertreter wird einfach auf vier vergrößert.
Weder Esken noch Walter-Borjans haben viel Erfahrung mit der Führung einer Parteizentrale. Gerade deshalb ist der Job des Generalsekretärs wichtig. Dass Klingbeil eine kluge Wahl wäre, bezweifeln manche harten Groko-Skeptiker in der Partei. Sie warnen hinter vorgehaltener Hand davor, den Seeheimer Klingbeil, dem selbst Ambitionen auf die Parteispitze nachgesagt wurden, als Generalsekretär im Willy-Brandt-Haus zu behalten.
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