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Kommentar DiätenerhöhungWarum die Aufregung?

Jörg Wimalasena
Kommentar von Jörg Wimalasena

Abgeordnete von Union, SPD und FDP wollen höhere Bezüge. Zu Recht! Fragwürdig ist vielmehr, woher sie sonst noch so ihr Geld beziehen.

Wer hier einen Sitzplatz ergattert, macht ordentlich Schotter Foto: dpa

W as fällt ihnen eigentlich ein, diesen sogenannten Volksvertretern? Noch immer gibt es keine Regierungskoalition, führungslos treibt die Bundesrepublik durch die Zeitgeschichte. Und dann haben die Abgeordneten des Bundestags nichts Besseres vor, als sich erst einmal selbst die Bezüge zu erhöhen. Von einem „Diäten-Hammer“ spricht die Bild. Die Boulevardzeitung hat in Erfahrung gebracht, dass die Fraktionen von Union, FDP und SPD einen gemeinsamen Antrag eingereicht haben, der vorsieht, dass die Abgeordnetenentschädigung, angelehnt an den Nominallohnindex, jeweils automatisch zum 1. Juli des Jahres erhöht wird.

Vor allem in rechtsgerichteten Medien ist die Aufregung groß. Immerhin erhalten die Abgeordneten schon jetzt 9.541,74 Euro monatlich. Ein stattlicher Betrag – der aber durchaus berechtigt ist. Diäten dienen dazu, Abgeordneten eine unabhängige Wahrnehmung ihres Mandats zu ermöglichen. Wer gut verdient, ist im Optimalfall auch weniger anfällig für Korruption.

Die volkswirtschaftliche Belastung für die Bürger ist zudem überschaubar. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode vereinbarte der Bundestag eine automatische Diätenerhöhung. Damit erhielten die Abgeordneten monatlich 245,21 Euro mehr. Bei damals 631 Abgeordneten kostete die Erhöhung demnach knapp 1,9 Millionen Euro im Jahr – das macht etwa 0,0006 Prozent des Bundeshaushaltes aus.

Die Koppelung an die Lohnentwicklung bietet durchaus Vorteile: Die mauen Gehälter in Deutschland waren vielen Abgeordneten bisher offenkundig herzlich egal. Immerhin ist die „Lohnzurückhaltung“ ja elementar für den Kampf um die fiktive Exportweltmeisterschaft. Wenn mit den Löhnen auch die Bezüge steigen, haben Abgeordnete endlich einen Anreiz sich legislativ für Einkommenssteigerungen in Deutschland einzusetzen.

Das Geld bleibt auch nicht komplett in der eigenen Tasche: Die Parlamentarier führen einen Teil ihrer Einkünfte an die Parteien ab. Wer auf dem Ticket von SPD, Grünen und Co. in den Bundestag segelt, muss umgekehrt auch die Partei finanziell unterstützen.

Lukrative Nebeneinkünfte

Mehr als 9000 Euro im Monat zu verdienen, scheint im Agenda-2010-Deutschland für einen Großteil der Bevölkerung zwar astronomisch. Dennoch sind Diätenerhöhungen weniger fragwürdig als die sonstigen Einkünfte der Parlamentarier. Bis zu 48,7 Millionen Euro haben Abgeordnete des Bundestags in der vergangenen Legislaturperiode laut Abgeordnetenwatch mit Nebentätigkeiten verdient, die dank auskömlicher Diäten eigentlich nicht notwendig sein sollten. Vor allem in den Aufsichtsräten großer Unternehmen tummeln sich Parlamentarier. „Konzerne erhalten auf diese Weise einen privilegierten und exklusiven Zugang zur Politik, den andere Unternehmen, Vereine oder die Bürgerinnen und Bürger nicht haben“, schreibt Abgeordnetenwatch.

Der jüngst aus dem Amt geschiedene ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert verdiente zum Beispiel bis zu 30.000 Euro (zu genaueren Angaben sind die Abgeordneten nicht verpflichtet) als Aufsichtsratmitglied des Kohlekonzerns RAG. 2008 setzte sich Lammert für eine Verlängerung der Laufzeit des von RAG betriebenen Bergwerks Ost in Hamm ein. Dem neuen Bundestag gehört der CDU-Politiker nicht mehr an. Im November wurde bekannt, dass Lammert Kurator in der RAG-Stiftung wird. Er erhält nach Unternehmensangaben 30.000 Euro Vergütung im Jahr und 500 Euro Sitzungsgeld. Dagegen sind geringe Diätenerhöhungen Peanuts.

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Jörg Wimalasena
Redakteur Inland
bis Januar 2022
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44 Kommentare

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  • Heute hat der Bundesinnenminister auf einen Antisemitenbeauftragten plädiert.

    Es bleibt nicht bei einem solchen, denn da hängt noch ein Rattenschwanz drann.

    Wie teuer soll das alles noch werden.

    Wir haben ein Rechtssystem, Politizei, Staatsanwälte, Richter und dabei sollte man es belassen.

    Wenn man mit solchem erst einmal b.d. Juden anfängt, dann werden möglicherweise andere Religionsgruppen laut und wollen gleiches haben.

    Wiehern Seilschaften eines Ministers, die auf einen gut bezahlten Job anstellen ?

  • Wir stellen also mal fest: Hartz !V Bezieher, sofern sie es in den Bundestag schaffen, sollten keine hohen Diäten bekommen. Sie sind eh nicht bestechlich.

     

    Die Diäten der weiblichen Abgeordneten sollten dem "richtigen Leben" "Draußen" angepasst werden, also um ca. 30 % gesenkt werden.

     

    Im Zuge dessen würde dann die Gleichberechtigung wieder eingeführt werden und die Diäten der Männer auf das der Frauen gesenkt.

  • Von mir aus könnten die Abgeordneten mehr verdienen, dafür sollten sie aber bei Korruption oder Lobbyismus bestraft werden.

    • @Justin Teim:

      Berufsverbot?

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Deutschland geht es gut und den Abgeordneten noch besser. Französische Abgeordnete beziehen 7000€ und spanische sogar nur 5000€ und in beiden Ländern finden die Wähler, dass das überzogen ist. Was den Niedriglohnsektor anbetrifft, mag das in absoluten Zahlen wohl richtig sein, dem muss man aber entegegenhalten, dass prozentual gesehen der Niedriglohnsektor in Spanien erheblich höher ist und rasant zunimmt, da ja in diesem "Wirtschaftswunderland" mit 3% Wachstumsraten fast nur noch prekäre und schlechtbezahlte Teilzeitjobs in der Tourismusbranche geschaffen werden, damit der deutsche Hartz IV - Empfänger noch seinen Mallorcaurlaub finanzieren kann.

    • @82236 (Profil gelöscht):

      Wer als Hartz IV-Bezieher*in den Terror und den Druck aushält seitens der Behörden und womöglich in den Niedriglohnsektor gepresst wird, vielleicht sogar über die Menschnhändleragenturen, der kann sich keinen Urlaub auf Malle leisten.

      Diese Hetze und dieser Terror gegen Hartz IV-Empfänger*innen, der nichts mit Menschenwürde zu tun hat, wird seltsamerweise von den Merkelisten hier völlig ignoriert.

    • @82236 (Profil gelöscht):

      Hartz 4+Mallorcaurlaub-weniger Bild+Rtl würde bilden.

      • 8G
        82236 (Profil gelöscht)
        @andi brandi:

        Ne danke, hier in Frankreich gibt es weder Bild noch RTL, ach doch RTL schon, aber nur auf Radio, ach so RMC wäre da ähnlich. Dass es den Deutschen dreckig geht, wiederholt uns Jean-Luc Mélenchon jeden Tag und dass es den Franzosen bald genau so dreckig gehen wird auch. Modell und Standort Deutschland finden in Frankreich auch nur begeisterte Anhänger bei En Marche und den Arbeitgeberverbänden.

        Jetzt zu den spanischen Kellnern, auch wenn die überzogendermassen keine Hartz IV-Empfänger oder RSA-Empfänger, die französische Version von Hartz IV, bedienen, ist deren Gehalt niedriger als das der deutschen und französischen Sozialhilfeempfänger. Aber wie Charles Aznavour so schön sang unter der Sonne ist das Elend leichter zu ertragen...vielleicht.

        Europa = die einen sahnen ab und die anderen werden in die Spirale der Miserablen getrieben, die sich auch noch untereinander Konkurrenz machen sollen, wer wo seine Arbeitskraft am billigsten verkauft.

  • Sode schnell bereichern und bedienen und andere zögern, zögern, herauszögern: "Nicht einmal mehr jeder vierte Studierende bezieht Bafög - trotz steigender Lebenshaltungskosten. Dennoch hat die Bundesregierung die dringend empfohlene Erhöhung der Leistung verschoben." Naja sind halt nicht so Wichtigs im Klassenbildungsland!

  • Der Selbstbedienungsladen wiehert wieder.

    Legalisierte Nebentätigkeiten, wie Aufsichtsratsfunktion, Beraterfunktionen, etc. stellen die legalisierte Bestechung dar.

    Solche Nebentätigkeiten sollten allen Poltikern verboten und unter Strafe gestellt werden.

    Genau so sollte Steuergeldverschwendung genau so hart bestraft werden, wie Steuerhinterziehung !

    Na ja, Politiker bekommen halt den Hals nicht voll genug und haben den Freibrief für autokratisches Selbsthandeln.

  • Wer gut verdient, ist im Optimalfall auch weniger anfällig für Korruption.

    ------------

     

    Ein Scherz?

    • @Klartext:

      "Gut verdient" ist relativ. Da ist auf jeden Fall genug Luft nach oben. Bill Gates hat bspw. ein Vermögen von 75 Mrd. US-Dollar. ;)

  • Ich bin für Diätenerhöhungen, gebe aber zu bedenken, dass der 'Job' Bundestagsabgeordneter extrem gut bezahlt ist. Und die Rentenversorgung ist deutlich über dem Durchschnitt. Mag sein, dass es Fakten gibt, die für solche Regelungen sprechen, aber die Parlamentarier entfernen sich immer deutlicher vom deutschen Durchschnitt. Der wird nach Unten gezogen durch den Niedriglohnsektor, der größte in der EU und warhscheinlich auch derjenige mit der massivsten Armtu gemeßen daran, dass die Menschen arbeiten.

     

    So ist das für mich eine Frage, was messe ich woran. Ich würde sagen, gemeßen an einem Manager in einem mittleren Unternehmen sind die Diäten vollkommen in Ordnung, gemeßen an den armen Menschen sind sie unglaublich hoch und nicht zu erklären. Und man solle sich in Erinnerung rufen, dass FDP-Abgeordnete Westerwelle einst den armen Menschen eine spätrömische Dekadenz in ihrer Lebensführung unterstellte?`

    Okay: Ich wäre einverstanden, wenn die Abgeordneten die Rentengesetze wieder ändern und verbessern, sprich ohne Jobcenter und Hilfebedürftigkeit, ohne soziale Strafe für Armut oder/und Arbeitslosigkeit.

  • 10.000 Euro. Das bekommt doch schon vor Jahren ein Abteilungsleiter in einer größeren Firma. Bei weniger Arbeitsstunden, Fahrerei, geringerer Verantwortung und einfacherer Arbeit.

    • @Rudolf Fissner:

      Das sind 120.000 Euro Jahreseinkommen - und somit, laut Wahlprogramm der Linkspartei - fällt er damit in die Gruppe "reich" und muss mehr geschröpft werden.

  • Irgendwie witzig, die These Korruptionsanfälligkeit korreliere negativ mit Einkommenshöhe am Anfang anzuführen, um den Kommentar mit einem angedeuteten Korruptionsverdacht gegenüber Lammert ausklingen zu lassen.

     

    Abgesehen davon können ja beide Zustände (automatische Diätenerhöhung und Nebenjobspraxis) für kritikwürdig gehalten werden. Warum Sie das gegenüberstellen, erschließt sich mir nicht.

  • "Wer gut verdient, ist im Optimalfall auch weniger anfällig für Korruption."

     

    --ja, es ist schon seit Alters her bekannt, daß der Appitit nicht beim Essen kommt und Reiche viel öfter ehrlich sind.

     

    Die Eliten koppeln sich zu Recht ab von der Bevölkerung, sind halt die Eliten. Und Typen, die sowas schreiben, kriegen vom Weihnachtsmann 'nen Karriereschub und werden im "Optimalfall" Regierungssprecher.

  • Wir müssten überhaupt erst Abgeordnetenbestechung wirklich strafbar machen und dann die Staatsanwaltschaft auch ermitteln lassen. Aktuell sind der Bundestag und die dort vertretenen Parteien ein korrupter Haufen - bereit für Parteispenden, Beratungsverträge und schlicht Bargeld (fast) alles zu tun. Beispiele wo dies belegt werden kann gibt es genug. Wenn jemand mal verurteilt wurde, dann allenfalls wegen Steuerhinterziehung. Es würde ja schon helfen, wenn die Staatsanwaltschaften unabhängig wären (hier die Petition dazu: https://www.change.org/p/parlament-einf%C3%BChrung-einer-unabh%C3%A4ngigen-staatswanwaltschaft-in-deutschland?recruiter=24880619&utm_source=share_petition&utm_medium=copylink&utm_campaign=share_page&utm_term=triggered)

  • Deutschland ist im Verein mit ein paar Bananenrepubliken eines der wenigen Länder, wo Korruption für Abgeordnete nicht strafbar ist. Und die Abgeordneten werden sich mit wenigen Ausnahmen auch weiterhin dagegen wehren, dass Korruption unter Strafe gestellt wird.

    Warum nur? Das ist doch klar. Oder?

     

    Wieso wundert man sich dann, dass sie sich im Gegensatz zu den Normalverdienern bei der Erhöhung der Bezüge stets überdurchschnittlich selbst bedienen und plötzlich eine Inflation entdecken, die natürlich nahe 10% liegt?

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Ja, da haben Sie Recht. Auf der einen Seite Milliardengewinne für Unternehmen und immer reichere Reiche, auf der anderen Seite Massenentlassungen, Hungerlöhne und 3 Millionen arme Kinder geht auf Dauer nicht gut. Das führt in die Katastrophe, wirtschaftlich, sozial und politisch.

  • Mir hängt diese "wer gut arbeitet hat auch verdient" zum Halse raus!

    Fakt ist: die Schere ist immer mehr auseinander gegangen! Und diese Schere in vorweihnachtlichen Charity Veranstaltungen bedauern, dabei dann gleichzeitig den eigenen Sack füllen ist ekelhaft!

     

    Und Fakt ist: auch super Geld bedeutet nicht Unabhängigkeit und weniger Korruption! Im Gegenteil: ein Blick um uns herum: reich wird man durch tricksen, BimbesPolitik, bestechen etc pp und noch reicher sowieso!

     

    Aber das Märchen hält sich und wird erzählt und erzählt und erzählt...

    Als Steinbrück BK werden wollte hätte er nicht nörgeln sollen, sondern fragen warum Grube 3 000 000 Euro bekam! und Merkel 300 000!

     

    Umgekehrt müsste man -wenn die Logik stimmen sollte- sagen alle Polizisten. Krankenpfleger, Erzieherinnen etc pp arbeiten für nen Appel und Ei, ergo sind sie viel Korruptionsanfälliger, bzw sie arbeiten nicht gut!

     

    Echt, wir brauchen wieder oben einen Deckel und unten einen Boden... Über die Diffrenz dazwischen kann man ne Runde streiten, aber das Explodieren der Geldzuweisungen oben und nahezu 3Millionen arme Kinder ist "nicht gut für Deutschland"!!!

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Dass Volksvertreter vernünftig bezahlt werden, ist absolut ok.

    Es gibt da aber eine Reihe von Pubkten, die nicht ok sind:

    1. Die Bezüge sollten nicht mit dem Durchschnitt des des Nominallohns steigen, sondern nur entsprechend dem Minimum über alle Einkommensschichten, damit es den Abgeordneten nicht besser geht als z.B. Unteren Einkommensschichten.

    2 Wer einen Nebenjob hat, sollte nicht mehr die vollen Bezüge bekommen oder besser noch: Es dürfen nur Nebenjobs mit einem Maximum an Zeit und Einkommen ausgeführt werden, um so Korrumpierbarjeut zu verhindern.

    3. wer vom Steuerzahler bezahlt wird, darf nicht Lobbyisten Gefallen tun. Alle Lobbykontakte müssen gemeldet werden.

    4. wer Kontakte zu Lobbyisten hat, muss verpflichtet werden, mindestens genauso viel Zeit für Verbraucherverbände zu opfern.

    5. Die Kostenpauschale von über 4000 Euro darf nur noch gegen Nachweis fezahlt werden, damit nicht die, die am wenigsten arbeiten, am meisten davon haben

    6. Die exorbitante Rentenversorgung muss geändert werden

    Etc

  • Das ist ein schwieriges Thema. Es ist schon irgendwo bedenklich das Abgeordnete nur knapp 10.000€ im Monat verdienen. Das ist zwar ein Spitzengehalt aber mit einem ähnlichen Gehalt kann man als Leiter einer größeren Bankfiliale auch rechnen und die Verantwortung die ein Abgeordneter trägt würde ich doch ganz klar als die Größere sehen.

     

    Ein Verbot von Nebentätigkeiten finde ich aber auch schwierig, weil das zum Beispiel Unternehmer quasi vom Amt eines Parlamentariers ausschließt. Die Bekämpfung von Korruption finde ich in Deutschland sowieso schwierig. Wir sind hier nicht in der dritten Welt, es werden keine Schwarzen Köfferchen gegen konkrete Gegenleistungen getauscht. Das läuft alles viel unterschwelliger. Um Einfluss zu nehmen reicht es ja oft schon eine Person direkt mit den Argumenten für die eigene Sache zu konfrontieren. Dabei muss gar keine Bestechung stattfinden, es reicht schon wenn diese Argumente in aller Ruhe ausgetauscht werden können. Strafbar kann sowas nicht sein aber es ist dennoch irgendwo eine unfaire Einflussnahme. Da sinnvolle Regeln zu finden scheint mir bald unmöglich.

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @disenchanted:

      Ja, ich denke auch, dass oft die Beeinflussung viel unterschwelliger stattfindet, einfach durch Gespräche mit Lobbyisten, wo in aller Ruhe Argumente präsentiert werden.

      Aber es ist nicht unmöglich, da sinnvolle Regeln zu finden. Man könnte z.B. Festlegen, dass jeder Abgeordnete, Minister etc., der mit Lobbyisten spricht, verpflichtet ist, mindestens genauso viel Zeit mit Verbraucherverbänden, NGOs etc zu sprechen. Und welche NGO könnte dadurch festgelegt werden, dass diese bei Wahlen mit gewählt werden zusätzlich zu Politikern.

      Oder dass Unternehmen, die Lobbyisten bezahlen, genauso viel in einen Fond zahlen müsse, aus dem dann diese Bürger-Lobbyisten bezahlt werden. Aber als erstes müsste es erstmal ein verpflichtendes Lobbyregister geben.

  • „Wer gut verdient, ist im Optimalfall auch weniger anfällig für Korruption.“

     

    Leider ganz und gar nicht. Wer gut verdient, kennt immer und orientiert sich immer an Leuten, die noch viel mehr verdienen und dies nicht selten nur deshalb, weil sie gern mal fünfe gerade sein lassen, oder sich die dazu erforderlichen Regeln bestellen können. 10.000 Euro im Monat für einen aktiven Abgeordneten sind erst einmal gar nicht das Ding - das sehe ich auch so. Was aber problematisch ist, sind die exorbitanten Pensionen nach der aktiven Zeit im Bundestag. 2005 belasteten diese den Bundeshaushalt bereits mit 44 Milliarden Euro, 2016 war das schon eine Position von 63,91 Millarden Euro ( 63.910.000.000 Euro) bei Gesamtausgaben von 317 Milliarden 2016. JÖRG WIMALASENA ignoriert diesen Posten in seiner Betrachtung einfach mal so. Absicht?

    Dass hohe Diäten zu mehr Unabhängigkeit der Abgeordneten führt, darf man durchaus bezweifeln.

    Ob, warum und wozu nach der aktiven Zeit eines Abgeordneten noch so überdurchschnittlich hohe Zuwendungen gerechtfertigt sein können, dieser Frage wird auffallend oft ganz ausgewichen.

    • @Rainer B.:

      Sie korrelieren Korruption mit der Höhe des Einkommens. Die Konsequenz aus der Denke wären Reduzierungen des Einkommens in Deutschland zwecks Eindämmung von Korruption.

      • @Rudolf Fissner:

        Nöö! Die Befürworter von Diätenerhöhungen sind es doch, die seit jeher höhere Diäten mit mehr Unabhängigkeit korrelieren und gern Vergleiche mit Managergehältern vorbringen.

        Bei Otto-Normalverdienern wird ja Korruption gar nicht erst in Betracht gezogen.

    • @Rainer B.:

      Belasten, Bundeshaushalt..., wissen Sie bescheid? Die Möglichkeiten der s.g. Reichsten der Reichen, manche sagen auch Superreiche oder Ultrareiche, “belasten“ den “Bundeshaushalt“.

      Und was wollen Sie da eigentlich zurechnen? Sie können ja den BT fragen, wie viele Beamte dort tätig sind.

      • @Gerhard Krause:

        dito

    • @Rainer B.:

      Die Pensionen schließen aber die Beamten mit ein oder nicht! Daher der Milliardenbetrag.

       

      Aber ich bin bei Ihnen - Sinn und Zweck dieser extrem hohen Vorsorge ist schon fraglich.

      • @Strolch:

        Ja, das ist korrekt. Der Anteil der Beamten im öffentlichen Dienst bewegt sich seit 1991 irgendwo fast konstant zwischen 27% und 29% der Beschäftigten. In manchen Bereichen (zB. Post, Lehrer) war/ist er mehr oder weniger stark rückläufig, in anderen aber eben genau nicht. Dazu gehören u.a. auch die Beamten im Regierungsapparat des Bundes und der Länder.

        Als da sind:

        Staatssekretäre

        Ministerialdirektoren

        Ministerialdirigenten

        Ministerialräte

        leitende Regierungsdirektoren

        Regierungsdirektoren

        Oberregierungsräte

        Regierungsräte

        Regierungsoberamtsräte

        Regierungsamtsräte

        Regierungsamtsmänner

        Regierungsoberinspektoren

        Regierungsinspektoren

        Regierungsamtsinspektoren

        Regierungshauptsekretäre

        Regierungsobersekretäre

        Regierungssekretäre

        Oberamtsmeister

        Amtsmeister

        Hauptamtsgehilfen

        Oberamtsgehilfen

         

        Unterstellt man einfach einmal, dass die alle die Voraussetzung für die Arbeit der Abgeordneten insgesamt bilden, dann wird man sie aus dieser Sicht wohl durchaus auch den Kostenstellen der Abgeordneten mal zuschreiben dürfen.

  • 245.12 / (9541.74-254.12) ~ 2.6%, ungefähr im Einklang mit dem Nominallohnindex (https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/VerdiensteArbeitskosten/ReallohnNetto/ReallohnindexPDF_5623209.pdf?__blob=publicationFile).

     

    Am anderen Ende der öffentlichen Ausgaben steigt der Hartz4-Satz Anfang 2018 um 1.7% (//http://www.hartziv.org/news/20171103-neue-hartz-iv-erhoehung-kommt-2018.html).

     

    Und wie Fly schon korrekt anmerkte, sollten Niedrigverdiener höhere Anstiege sehen, als Hochverdiener, zu denen Abgeordnete als Mitglieder Top-10% durchaus zählen (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/238108/umfrage/verteilung-der-haushalte-in-deutschland-nach-einkommensgruppen/).

     

    Aus genau diesem Grund die Aufregung!

  • Zwanzigtausend Euro pro Monat, keinerlei Nebeneinkunftsmöglichkeit (auch nicht indirekt), zwanzig Jahre lang die Hälfte der Bezüge als Übergangsgeld unte Berufsausübungsverbot...

    Mit wenig Phantasie ist viel denkbar. Keine Maßnahme würde wohl den erwünschten Erfolg bringen, denn es wäre noch immer möglich, die Urenkel zu begünstigen. Die gehören schließlich ebenfalls zur Familie.

    Das heißt nicht, dass man gar nichts tun sollte. Transparenz ist (wäre) ein erster w®ichtiger Schritt. Den Wählern müsste zudem Zeit zu Besuchen ihres Abgeordneten zur Verfügung stehen (aus der Arbeitszeit im Wege eines öffentlichen Einkommensausgleiches), aber es müsste sich auch im Wähler selbst eine entsprechende Kultur etablieren, demokratische Mitwirkungsgepflogenheiten wahrzunehmen.

  • Ich bin dafüre das die Diäten an den Hartz 4 Bezügen und die Renten gekoppelt werden .

    • @Human Kapital:

      Da könnten sich die Arbeitgeberverbände sicherlich mit anfreunden, wenn auch die Löhne noch mit gekoppelt würden.

  • Grundsätzlich richtig, gute Arbeit muss gut entlohnt werden.

    Die argumentative Verknüpfung mit den "mauen Gehälter in Deutschland" ist aber fragwürdig. Denn der Niedriglohnsektor sollte prozentual stärker steigen als die Abgeordnetenbezüge.

    Genausowenig ist die Berechnung anhand des prozentualen Anteils am Bundeshaushalt stichhaltig. Warum dann nicht lieber eine Angabe in wieviele Ü-Eier das bedeutet?

    Last but least , die Nebeneinkunftverordnung müsste wirklich überarbeitet werden. Wenn Abgeordnete sich voll auf ihren Job konzentrieren, dann sind knapp 10k Euro ok. Warum nicht Nebeneinkünfte vom Bezug abziehen? Andere dürfen auch nichts hinzuverdienen.

    • @fly:

      Und ich finde nicht, dass Sie recht haben. Inwiefern dürfen andere auch nichts hinzuverdienen? Abgeordnete arbeiten ca. 60 Stunden pro Woche und ständig wird sich über sie beschwert, und wenn sie nicht einigermaßen das tun, was sie sollen, dann fliegen sie auch schnell wieder raus, sei es, weil die eigene Partei sie nicht wieder zur Wahl aufstellt oder durch die Wahl Ende ist.

      Bedenklich finde ich eher, wenn ein Lammert auf dem Gehaltszettel eines Kohlekonzerns steht und dann bei Abstimmungen seinem Gewissen folgen soll. Dort müsste man eher ansetzen.

      Nevenbei: Ü-Eier enthalten Palmfett und zerstören damit den Regenwald. Das sollte eigentlich jeder wissen, der hier schreibt. Keine gute Variante, um Gehälter zu visualisieren.

    • @fly:

      Ganz richtig, die Diäten sind ordentlich bemessen und garantieren ein konzentriertes Arbeiten im Parlament. Wenn Nebeneinkünfte akzeptiert werden, sollten diese 1:1 mit den Diaten verrechnet werden. Sind die Nebeneinkünfte höher als die Diäten, sollte der Mehrbetrag zu einem hohen Anteil dem Gemeinwohl zugutekommen.

      • @Waltraut:

        Super Idee!

         

        So sollte man es auch mit den Löhnen insgesamt halten.

         

        Wenn Nebeneinkünfte, beispielsweise aus Vermietung von Papchen sein Häuschen, sollten diese bei den Löhnen entsprechend verrechnet werden und der überzählige Lohn für das Gemeinwohl einbehalten werden.

    • @fly:

      Ich finde, Sie haben völig recht.

  • 3G
    39167 (Profil gelöscht)

    Solche Peanuts hätte ich auch gerne, automatisch.

    Würde mich auch davor schützen, 2 Jobs annehmen zu müssen, zwecks Überleben.

    Sie finden das gut? Wird dies bei der TAZ jetzt auch so eingeführt?

     

    Ja, automatische Erhöhung für alle. Da wäre ich auch dafür.

    Und psst....... trotz Erhöhung weissen einige der Bundestagssitzer zusätzliche Einnahmen nicht zurück. Einfach mal googeln.