Gastkommentar Grüner Heimatbegriff: Heimat ist ein Projekt
Der Begriff „Heimat“ darf nicht den Rechten überlassen werden. Denn gerade für eine offene Gesellschaft ist es wichtig, dass sie Halt bietet.
G erade für eine offene Gesellschaft ist es wichtig, dass sie Halt bietet. Die Sehnsucht nach „Heimat“, nach Zuhause, danach sich zurechtzufinden, sicher zu sein, ist als solche nicht reaktionär, aber sie lässt sich für eine reaktionäre Agenda missbrauchen. Die Antworten auf das Gefühl der Unbehaustheit, das viele Menschen angesichts der rasanten Veränderungen unserer Lebens- und Arbeitswelt heimsucht, dürfen deshalb nicht den Rechten überlassen werden.
Wenn Rechte meinen, ihre Heimat gegen innere und äußere Feinde verteidigen zu müssen, verweisen sie auf unsere angeblich selbstverständliche „eigene Identität“. Seine Heimat ist wie seine Identität für Menschen aber gerade nichts unveränderlich Gegebenes, sondern etwas, das sie immer erst finden und einrichten, sich neu begründen müssen.
Warum aber sollte all dies dadurch beeinträchtigt werden, dass andere von anderswo dazukommen? Sie sehnen sich nach einer Sicherheit, die sie in ihrem alten Zuhause nicht hatten, weil dort Krieg oder Armut herrschen. Heimat kann ich nur als offen, weltzugewandt und europäisch denken. Übrigens als ökologische Partei eben auch als Schutz für die Umwelt. Als soziale Partei als Ort des Zusammenhalts. Als weltoffene Partei als Ort der Humanität. Heimat ist nicht statisch, sie entwickelt sich.
51, ist Fraktionschefin der Grünen im Bundestag.
Und natürlich gibt es noch in der idyllischsten Heimat Konflikte, einfach weil man sich mit Leuten auseinandersetzen muss, die anders ticken. Die Rechten verkaufen uns ihre Idee von Heimat hingegen als etwas, das alle Konflikte verschwinden lässt, weil „wir“ dort „unter uns“ sind. Es hat diese vollkommene Homogenität aber in Wirklichkeit nie gegeben – zum Glück. Und dafür zu kämpfen, dass weder Abschottung noch Gleichschaltung eine Chance haben, ist das, worauf es jetzt ankommt.
Gegen die rechte Heimatschutzpropaganda gilt es deshalb, unbeirrt für ein offenes Verständnis von Heimat zu kämpfen. Und damit für ein Land, das europäisch bleibt, das ökologischer, sozialer und noch weltoffener wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“