AfD-„Wahlbeobachter“ in Russland: Auf Kuschelkurs mit dem Kreml
AfD-Abgeordnete sind als Pseudo-Wahlbeobachter zu Putins „Präsidentschaftswahlen“ gereist. Wie bestellt redeten sie im Staatsfernsehen die Wahl schön.
Die vier deutschen Rechtsausleger*innen waren nach Russland gereist, um als vermeintliche Wahlbeobachter*innen der russischen Wahlfarce beizuwohnen. Nach eigenen Angaben besuchten sie in Wladiwostok insgesamt 20 Wahllokale. Während offizielle Wahlbeobachter der OSZE nicht einreisen durften, ist es schon länger Praxis in Russland, Vertreter*innen extrem rechter europäischer Parteien einzuladen, um den Pseudowahlen Legitimation zu verleihen. Auch bei früheren Wahlen waren AfD-Politiker*innen präsent.
Nochmal heikler ist eine solche AfD-Mission allerdings angesichts des seit zwei Jahren tobenden Angriffskriegs gegen die Ukraine mit systematischen Kriegsverbrechen, Massakern, Vergewaltigungen und Kindesentführungen durch die russische Armee. Für ihre Reise nach Wladiwostok wurde die AfD-Gruppe sowohl aus dem Bundesvorstand ihrer Partei als auch aus der bayerischen Landtagsfraktion kritisiert. Der Bundesvorstand forderte sie vorab gar in einer Mail auf, die Reise nicht anzutreten.
Das hat das Quartett jedoch nicht davon abbringen lassen. Ulrich Singer sagte nach der „Wahl“ bei „RT DE“, er und die anderen Abgeordneten seien als „Experten für Demokratie“ eingeladen worden. Man sei nicht im Auftrag der Partei oder Fraktion gekommen, sondern im Rahmen des „freien Mandates“. Singer nannte die Wahlen „transparent“ und „geheim“. Auch Olga Petersen aus der Hamburger Bürgerschaft behauptete: „Die Wahlen waren offen, demokratisch und frei.“ Sie sei überrascht gewesen über die „transparenten Wahlurnen“, es sei eine „Respektlosigkeit gegenüber dem russischen Volk“, die Wahl nicht anzuerkennen. Es ist nicht das erste Mal, dass Petersen sich an russischer Desinformation beteiligt.
AfD-Abgeordnete kommt ins Schwärmen
Elena Roon aus Bayern sprach davon, dass man gemäß der AfD-Parteilinie für friedliche und gute Beziehungen zu Russland eintrete. Sie kam im TV-Studio regelrecht ins Schwärmen über die gute Stimmung in der russischen Wähler*innenschaft und bei Feierlichkeiten rund um die Wahllokale: Es habe Konzerte, Essen und Trinken gegeben. Dazu sagte der Professor für internationale Beziehungen Gerhard Mangott der ARD: Es gehe darum, „überhaupt Menschen zu mobilisieren, zu Wahlen zu gehen, von denen viele nicht glauben, dass sie frei und fair sind“.
Tatsächlich deuten viele Indizien auf eine großangelegte Manipulation der Wahl. Das fängt bei der Nichtzulassung von echten Gegenkandidat*innen an, zeigt sich aber auch in den Ergebnissen: Das unabhängige russisch-deutsche Portal Dekoder, das hauptsächlich von nicht staatsabhängigen Journalist*innen und international tätigen Wissenschaftler*innen betrieben wird, hat auch bei der Wahl 2024 erneut deutliche Hinweise auf „Wahlfälschung auf Rekordniveau“ festgestellt.
So sei bei demokratischen Wahlen zu erwarten, dass in Wahllokalen mit niedriger und solchen mit hoher Wahlbeteiligung trotzdem ähnliche Stimmanteile auf die verschiedenen Kandidaten entfalle. In Russland sei das anders: Putin hätte überproportional viele Stimmen dort erzielt, wo die Wahlbeteiligung offiziell besonders hoch gewesen sei, zum Beispiel in der von Ramsan Kadyrow regierten Teilrepublik von Tschetschenien.
Gratulationen zum Wahlsieg Putins waren wohl auch deswegen selbst in AfD eine Ausnahme. Parteichef Tino Chrupalla kritisierte zwar, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Putin nicht gratuliert hatte, wollte selbst allerdings auch nicht gratulieren. Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Bundestag, Bernd Baumann, hatte am Dienstag bei einem Pressegespräch gesagt, dass die Wahl „keine Wahl nach demokratischen Maßstäben“ gewesen sei – das Land sei „keine Demokratie nach westlichen Maßstäben“.
Ganz anders äußerte sich jedoch der völkische Hardliner Hans-Thomas Tillschneider. Der Vize-Parteichef und Landtagsabgeordnete in Sachsen-Anhalt buckelte bereits direkt nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse gen Putin: „Herzlichen Glückwunsch an ihn und an das russische Volk. Ich wäre froh, wenn unsere Regierung unser Interesse so wahren würde wie Putin das Interesse des russischen Volkes.“
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