Ägyptens Pläne für Gaza: Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen
Die arabischen Staaten kontern die Riviera-Pläne des US-Präsidenten Trump mit einem Vorschlag. Er setzt auf Aufbau und eine palästinensische Technokraten-Regierung.
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Doch schon jetzt sind Teile des Planes über die ägyptischen und andere arabische Medien bekannt geworden. Danach soll ein Drei-bis-Fünf-Jahresplan für den Wiederaufbau des Gazastreifens entwickelt werden, der im Gegensatz zu Trumps Idee keine Vertreibung der Palästinenser beinhaltet. „Von einer technischen Perspektive haben wir die Fähigkeit Gaza innerhalb von drei Jahren neu zu errichten“, erklärte der ägyptische Premierminister Mustafa Matbouli in einer Pressekonferenz in Kairo am Mittwoch. Baufirmen in Ägypten, der arabischen oder islamischen Welt könnten und das in dieser Zeit leisten.
In einer ersten Phase, die etwa sechs Monate umfasst, soll ein Großteil der Trümmer weggeräumt werden. Nach UN-Angaben sind in etwa 70 Prozent der Gebäude des Gazastreifens zerstört oder schwer beschädigt. In dieser Phase sollen für die Einwohner des Gazastreifen temporäre Behausungen in sicheren Zonen aufgestellt werden. Auch lebenswichtige Dienstleistungen sollen in dieser Phase wieder zum Funktionieren gebracht werden. Bereits jetzt warten 60.000 Container-Behausungen an der ägyptischen Grenze in Rafah auf eine Genehmigung der israelischen Armee, in den Gazastreifen transportiert werden zu dürfen. Die wurde bisher von der israelischen Seite verweigert.
In einer zweiten Phase soll der Wiederaufbau der Infrastruktur beginnen. Details sollen in einer internationalen Konferenz ausgearbeitet werden. In einer dritten Phase, die dann den Plänen der Stadtplaner folgt, sollen Schulen, Krankenhäuser und Wohnhäuser errichtet werden. Laut Berichten aus ägyptischen Medien sollen bereits große Bauunternehmer der Regierung in Kairo Pläne vorgelegt haben.
Wer soll den Gazastreifen zwischenzeitlich kontrollieren?
Eines der größten Probleme ist, wer bei dem Wiederaufbau der Partner auf der palästinensischen Seite sein wird – also wer in dieser Zeit den Gazastreifen verwalten wird. Die Hamas soll dabei ausgeschlossen bleiben. Der ägyptische Plan schlägt vor, ein palästinensisches Komitee zu gründen. Es soll aus palästinensischen Technokraten bestehen und von der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah im Westjordanland bestimmt werden. Die soll dann aber kein weiteres Mitspracherecht bei der täglichen Arbeit der neuen technokratischen Behörde im Gazastreifen bekommen. Diese soll den Wiederaufbau, aber auch die Verwaltung des Gazastreifens, sowie die Polizei überwachen.
Bei der Finanzierung sollen die Golfstaaten und die EU eingebunden werden. Der ägyptische Premier Madbouly hatte dem Wiederaufbauplan in seiner Pressekonferenz kein Preisschild gegeben. Die Talaat Mustafa-Gruppe, eine der größten ägyptischen Baufirmen, spricht allerdings von 27 Milliarden Dollar, die für den Wiederaufbau Gazas nötig wären. Quellen aus ägyptischen Sicherheitskreise sprechen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters von 20 Milliarden Dollar.
Dem Fünfergipfel in Riad soll ein Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Kairo Anfang März folgen. Dieses Treffen dient vor allem dazu Trumps Plänen eine geeinte arabische Front entgegenzustellen, die den alternativen ägyptischen Plan unterstützt. US-Außenminister Marco Rubio hat bereits zum Ausdruck gebracht, dass Washington offen für alternative Pläne sei.
Eine Voraussetzung für den ägyptischen Plan ist allerdings, dass sich Israel und die Hamas in der zweiten Phase des Waffenstillstands und des Austausches von israelischen Geiseln und palästinensischen Gefangenen auf einen vollkommenen Rückzug der israelischen Armee und eine permanente Waffenruhe einigen. Bisher weigert sich der israelische Premier Benjamin Netanjahu, sich auf ein permanentes Ende des Krieges einzulassen und spricht immer noch von der Zerstörung der Hamas als Kriegsziel. Damit wäre der ägyptische Plan vom Tisch.
Hinweis: Wir haben den Schlusssatz des Textes präzisiert.
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