+++ Weltweite Hitzewelle +++: Die Erde glüht
Überall zwingen hohe Temperaturen Menschen und Regierungen zum Handeln. In Deutschland fordern Kassenärzte die Klimatisierung von Altenheimen.
DWD: 35 Grad in Berlin – womöglich Tropennacht
Rund 35 Grad haben die Temperaturen bislang am Samstag in Berlin erreicht – und könnten im Tagesverlauf sogar noch etwas steigen. Ab dem Abend frischt der Wind dann mancherorts auf und es zieht sich zu, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilte. In Cottbus und Potsdam war laut DWD schon am Nachmittag die 35-Grad-Marke erreicht. Bei Nauen im Havelland seien sogar fast 37 Grad gemessen worden. In der Prignitz kühlte es demnach schon spürbar ab und es gab erste Schauer und auffrischenden Wind.
Für Abkühlung in Berlin könnten in der Nacht erwartete Regenschauer sorgen. Dennoch werde es laut DWD womöglich eine sogenannte Tropennacht – eine Nacht, in der die Temperaturen nicht unter 20 Grad fallen. Begünstigt werde das durch die starke Bewölkung am Abend und in der Nacht. „Die Wolken wirken da wie eine warme Bettdecke“, sagte ein DWD-Sprecher. Tropennächte kommen demnach nur an ein paar wenigen Tagen im Jahr vor, besonders in Stadtgebieten.
In der gesamten Region kann es in der Nacht zum Sonntag mitunter Gewitter und Sturmböen geben. Die Temperaturen liegen dann laut DWD zwischen 21 und 18 Grad. (dpa)
Evakuierungsaktion wegen Waldbrand auf La Palma
Im Rahmen einer Evakuierungsaktion wegen eines Waldbrandes auf der Kanaren-Insel La Palma haben rund 500 Menschen ihre Häuser verlassen müssen. Der Regionalpräsident der zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln, Fernando Clavijo, sagte am Samstag, dass zudem mindestens elf Häuser innerhalb des bis dahin verbrannten, relativ kleinen Bereichs von etwa 1,4 Quadratkilometern zerstört worden seien.
„Mit den Ressourcen, die wir einsetzen, hoffen wir, dass wir das Feuer heute kontrollieren können, aber die Winde drehen sich“, sagte Clavijo. Es würden mehr böige Winde erwartet, in Kombination mit der Trockenheit des Geländes und einem Mangel an Niederschlägen sei die Situation „kompliziert“. Das Feuer befand sich den Angaben zufolge auf der Westseite La Palmas in einem hügeligen und bewaldeten Gebiet, in dem sich viele Häuser befinden. Von dem Vulkanausbruch 2021 direkt betroffen war dieses Gebiet nicht.
Das spanische Militär setzte 150 seiner Feuerwehrleute ein, um lokalen Teams bei der Brandbekämpfung zu helfen. Weitere Feuerwehrleute aus der Region wurden mit Booten von der Nachbarinsel Teneriffa gebracht, wie Clavijo sagte. (ap)
Hochsommerliche Temperaturen und Gewitterwarnung
Erst Hitze, dann schwere Gewitter: Die Menschen im Süden und Osten Deutschlands haben einen heißen Samstag erlebt. Vielerorts wurde die 34-Grad-Marke geknackt. Auf die hochsommerlichen Temperaturen sollten später am Tag dann nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) schwere Gewitter folgen.
Der Wetterdienst hatte für Samstag eine Hitzewarnung für Süd- und Ostdeutschland herausgegeben. Es seien Höchstwerte von bis zu 38 Grad zu erwarten, hieß es. Im Westen und Nordwesten seien es voraussichtlich 25 bis 29 Grad.
Später seien in vielen Landesteilen schwere Gewitter mit Starkregen und Sturmböen möglich, sagte der DWD-Meteorologe Lars Kirchhübel. Vor allem in Süddeutschland bestehe ab dem Abend eine erhöhte Gefährdung.
Bis Nachmittag stiegen die Temperaturen vielerorts bereits auf über 34 Grad, etwa in Berlin, Würzburg und Konstanz. In Potsdam wurden laut DWD über 35 Grad gemessen und im bayerischen Bamberg sogar 36,1 Grad.
In weiten Teilen Brandenburgs galt am Samstag die höchste Waldbrand-Warnstufe, in vier Landkreisen wurde die zweithöchste Warnstufe erreicht. Auch in Teilen Sachsen-Anhalts und Sachsens galt die höchste Warnstufe. (afp)
Pro Bahn kritisiert DB für Umgang mit Hitzewelle
Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte derweil den Umgang der Deutschen Bahn (DB) mit Hitze und Ausfällen von Klimaanlagen in Zügen. „Das Krisenmanagement ist sehr mäßig. Es dauert in der Regel viel zu lange, bis Hilfe vor Ort ist“, sagte der Ehrenvorsitzende des Verbands, Karl-Peter Naumann, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Insbesondere der Regionalverkehr sei störungsanfällig.
Die Bahn unternehme zwar „einiges, um die Klimaanlagen gut durch den Sommer zu bekommen“, sagte Naumann. Es gebe aber offenbar kein Konzept speziell für die Hitze: „Von speziellen Plänen insbesondere von Reservezügen ist uns nichts bekannt.“ (afp)
Sengende Hitze in Italien
Von Europa über Amerika bis nach Japan und China: Große Teile der Welt stöhnen unter einer extremen Hitzewelle. Für dieses Wochenende wurde eine ganze Serie von Höchsttemperaturen erwartet. In Italien erließ das Gesundheitsministerium für mehrere Städte eine Hitzewarnung der Alarmstufe Rot. In Griechenland wurde am Samstag erneut das antike Wahrzeichen Akropolis in Athen geschlossen.
In Italien für die Alarmstufe Rot unter anderem für Rom, Bologna und Florenz ausgerufen. Diese Alarmstufe weise auf eine „Notsituation mit möglichen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit gesunder und aktiver Menschen hin“, erläuterte das Gesundheitsministerium. Die Warnung richte sich aber vor allem an Risikogruppen „wie ältere Menschen, Kleinkinder und Menschen mit chronischen Krankheiten“.
Auf der beliebten italienischen Mittelmeerinsel Sardinien könnte in diesen Tagen sogar die höchste jemals in Europa gemessene Temperatur von 48,8 Grad überschritten werden. In der Region Neapel starben der Zeitung „Il Messaggero“ zufolge zwei Amateurfußballer im Alter von 48 und 51 Jahren infolge von vermutlich von der Hitze ausgelösten Beschwerden. (afp)
Hitzebedingte Schließung von Attraktionen in Griechenland
Griechenland befindet sich auf dem Höhepunkt der aktuellen Hitzewelle – 87 Wetterstationen im Land verzeichneten bereits am Freitag Höchstwerte über 40 Grad. Die höchste Temperatur des Jahres lag bisher mit 44,2 Grad in Theben rund 50 Kilometer nordwestlich von Athen, wie das Nationale Observatorium am Samstag mitteilte. Auch für das Wochenende erwarteten die Meteorologen keinen Rückgang der Hitze. Außerdem steigt durch die hohe Trockenheit die Gefahr für Waldbrände, warnten der Zivilschutz und die Feuerwehr am Samstag.
Das Umwelt- und Energieministerium rief dazu auf, den Einsatz von privaten Autos zu reduzieren, weil Abgase in Ballungszentren wie Athen und Thessaloniki bei der Hitze die Luft stärker belasteten. Außerdem wurde wegen der erhöhten Feuergefahr zur Vorsicht im Umgang mit Kraftstoffen wie Benzin geraten. Die Zuggesellschaft OSE kündigte an, dass die Züge wegen der hohen Temperaturen langsamer fahren würden, damit die Sicherheit auf den heißen Schienen gewährleistet bleibe.
Auch auf manche Touristen und ihr Ferienprogramm wirkt sich das Wetter aus: Am Samstag werden erneut etliche archäologische Stätten im Land über die Mittagsstunden schließen – darunter die Akropolis in Athen. Letzter Einlass ist am Vormittag bis 11.30 Uhr, dann wird erst wieder ab 17.30 Uhr geöffnet. Am Freitagvormittag hatte eine Touristin während des Besuches auf dem Hügel des archäologischen Wahrzeichens einen leichten Hitzschlag erlitten. Außerdem sind die Menschen angehalten, viel Wasser zu trinken und starke körperliche Anstrengungen zu vermeiden. (dpa)
USA, Nordafrika, Naher Osten und Asien leiden unter Hitze
Weltweit war der Juni laut dem europäischen Copernicus-Dienst bereits der wärmste Monat seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) erklärte die erste Juliwoche auf der Grundlage vorläufiger Daten ebenfalls zur bislang heißesten. Das Wetterphänomen El Niño verschlimmert die Situation zusätzlich.
Bereits seit Wochen leidet auch der Süden der USA unter hohen Temperaturen. Im berühmten kalifornischen Death Valley kämpfte die Feuerwehr seit Freitag gegen heftige Brände. Dort könnte am Wochenende die höchste jemals auf der Erde gemessene Lufttemperatur erreicht oder sogar übertroffen werden, sagte der Klimaforscher Daniel Swain von der University of California in Los Angeles. Der bisherige zuverlässig registrierte Rekord lag 2020 und 2021 bei 54,4 Grad.
Auch in Nordafrika, im Nahen Osten und Asien herrscht derzeit extreme Hitze. In Marokko gab der Wetterdienst daher für mehrere Regionen die Alarmstufe Rot aus und warnte zudem vor Wassermangel. Im ohnehin an Wasserknappheit leidenden Jordanien mussten nach Angaben der Armee mehrere Tonnen der kostbaren Ressource zum Löschen eines von der Hitze verursachten Waldbrandes eingesetzt werden.
Auch in China wurden am Wochenende in mehreren Provinzen bis zu 40 Grad oder mehr erwartet. In Japan mahnten die Behörden die Menschen wegen erwarteter Temperaturen von bis zu 39 Grad zur Vorsicht. (afp)
Kassenärztechef fordert Klimatisierung von Altenheimen
Kassenärztechef Andreas Gassen hat sich für eine Kühlung von Altenheimen in Hitzephasen ausgesprochen. „Hilfreich wäre sicherlich die Klimatisierung von Altenheimen, denn dort leben nur besonders gefährdete Menschen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag). Die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach geplanten Schutzräume für die Öffentlichkeit halte er hingegen für schwer umsetzbar.
„Runtergekühlte Turnhallen wären ja nur sinnvoll, wenn man die von Hitze bedrohten Menschen einsammelt und dorthin bringt und versorgt. Manches, was in der Theorie gut klingt, ist in der Praxis schwer bis gar nicht umsetzbar“, sagte Gassen mit Blick auf die Hitzeschutzschild-Ankündigungen Lauterbachs. Zur Versorgung durch Haus- und Fachärzte ergänzte er, sie könnten stärker und gezielt gerade ältere Menschen beraten: „Das ist aber zeitintensiv und muss daher gesondert vergütet werden. Dafür braucht es Lösungen.“
Das Gesundheitsministerium arbeitet derzeit an einem bundesweiten Hitzeschutzplan. Er sieht vor, das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdiensts standardmäßig zu nutzen. Die Länder sollen prüfen, ob bei bestimmten Warnstufen eine Reihe von Maßnahmen verpflichtend sein sollen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bei der Vorstellung der Pläne angekündigt, man wolle sich an Frankreich orientieren, wo je nach Schwere einer Hitzewelle im ganzen Land Schutzmaßnahmen ausgelöst werden. Diese reichen von Kälteräumen über Hitzeaktionspläne für Pflegeeinrichtungen und Kliniken bis zu Anrufen bei alten Menschen, damit sie regelmäßig trinken. (epd)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!