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Warnung der MonopolkommissionDie große Macht von Aldi, Lidl & Co

Das Beratergremium sieht „deutliche Hinweise für Wettbewerbsprobleme“ im Lebensmittelmarkt. Darunter litten vor allem Bauern. Die Händler wehren sich.

Gesetze gegen unfaire Handelspraktiken müssten durchgesetzt werden, Bauernprotest vor dem Reichstag 2023 Foto: Stefan Boness

Die Landwirtschaft profitiert laut Monopolkommission immer weniger von steigenden Lebensmittelpreisen. „Die Verbraucherpreise sind in den letzten Jahren und insbesondere in der inflationären Phase nach der Pandemie enorm gestiegen“, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Sondergutachten des von der Bundesregierung eingesetzten Beratungsgremiums. „Die Preise, die landwirtschaftliche Betriebe für ihre landwirtschaftlichen Produkte bekommen, steigen hingegen in einem viel geringeren Maße. Diese Schere öffnet sich immer weiter“, so die Wettbewerbsexperten.

Die Gewinnmargen verschöben sich zusehends weg von der Landwirtschaft hin insbesondere zu den Lebensmittelherstellern und -händlern. Auslöser für das Gutachten zum Wettbewerb in der Lebensmittel-Lieferkette waren die Bauernproteste im Jahr 2024 und die hohen Nahrungsmittelpreise der vergangenen Jahre.

Die Monopolkommission sieht „deutliche Hinweise für Wettbewerbsprobleme“: So habe die Marktkonzentration im Einzelhandel in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich zugenommen. Mittlerweile würden 4 große Unternehmensgruppen – Edeka, Rewe, Schwarz (Lidl) und Aldi – rund 85 Prozent des Marktes kontrollieren. „Gleichzeitig haben sich die durchschnittlichen Gewinnmargen erhöht.“ Auch die Hersteller würden zunehmend fusionieren.

Zudem stellten Händler immer mehr Produkte selbst her. „Zum Beispiel sind drei der vier größten deutschen Einzelhändler mit eigenen Werken in der Fleischverarbeitung tätig.“ Diese „Vertikalisierung des Lebensmitteleinzelhandels“ berge das „Risiko einer Machtverschiebung“. Besonders heben die Experten hervor: Die steigende Konzentration falle zeitlich mit dem Anstieg der Preisaufschläge zusammen.

Die Kommission empfiehlt, Fusionen schärfer zu kontrollieren.

Die Kommission empfiehlt deshalb, Fusionen schärfer zu kontrollieren. Das Bundeskartellamt schaue „zu isoliert“ auf die einzelnen Stufen Handel und Herstellung. Es müsse „verstärkt marktübergreifende Analysen vornehmen“. Die Behörde solle genauer in den Blick nehmen, wie die großen Händler ihre Macht in der Lebensmittelindustrie ausweiten.

Das Kartellamt und die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung müssten auch effektiver die Gesetze gegen unfaire Handelspraktiken durchsetzen. Die Behörden sollten sich künftig zum Beispiel auf Fälle konzentrieren, die „eine hohe volkswirtschaftliche Relevanz“ haben.

Zudem raten die Experten, dass die Landwirtschaft ihre Produktionskosten senkt und so ihre Wettbewerbsposition stärkt. Auch durch größere Betriebe, die geringere Stückkosten haben. „Ein entsprechender Strukturwandel hat bereits eingesetzt und ist aus ökonomischer Sicht sinnvoll“, so die Kommission.

Allerdings könnten auch kleinere Höfe durch innovative Technologien effizienter werden, etwa durch genauere Düngung. Die Kommission empfiehlt, Agrarsubventionen nicht mehr vorwiegend nach der Größe der Fläche eines Hofs auszurichten, „sondern an Produktivität, Innovationsfähigkeit und Nachhaltigkeitszielen“.

Händler: Wettbewerb funktioniert

Für die Organisationen Oxfam Deutschland, Forum Fairer Handel und Rebalance Now bestätigt das Gutachten, „die negativen Folgen der zunehmenden Marktkonzentration“. Bundesregierung und Wettbewerbsbehörden müssten darauf reagieren.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) dagegen wies Vermutungen zurück, steigende Preise würden automatisch zu höheren Gewinnen der Supermarktketten führen. „Die in den letzten beiden Jahren gestiegenen Preise für Lebensmittel sind die Folge von höheren Kosten für Energie, Personal und Wareneinkauf“, teilte die Branchenorganisation mit.

Gründe für höhere Einkaufspreise seien dabei in einigen Fällen schlechtere Ernten aufgrund des Klimawandels oder auch Kriege und „weltpolitische Unsicherheiten“. „Im harten Wettbewerb der Handelsunternehmen untereinander kann es sich kein Akteur leisten, seine Margen auf Kosten der Kundinnen und Kunden zu erhöhen“. Das Preis-Leistungs-Niveau für die Verbraucher ist dem HDE zufolge europaweit einzigartig, die Margen des Lebensmittelhandels seien mit 1 bis 3 Prozent gering.

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39 Kommentare

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  • „Das Preis-Leistungs-Niveau für die Verbraucher ist dem HDE zufolge europaweit einzigartig, die Margen des Lebensmittelhandels seien mit 1 bis 3 Prozent gering.“

    Ich kann mir zwar auch nicht vorstellen, dass die Supermärkte jetzt sehr viel höhere Margen haben. Aber dann verdienen die großen vier halt auf den integrierten Zwischenstufen. Das mit dem europaweit einzigartigen Preis-Leistungsniveau ist Unsinn. In Frankreich sind Lebensmittel mittlerweile billiger als in Deutschland, bei gleicher oder besserer Qualität.

  • Es könnte ja auch vielleicht an der Überproduktion liegen



    Siehe aktuell Wein

  • Mir wird da etwas zuviel schwarz/weiß argumentiert. Fakt ist, es gibt eine extrem professionelle Handelsseite im Bereich der Lebensmittelanbieter, die es durch einen Prozess der permanenten betrieblichen Optimierung geschafft hat, mit sehr kleinen Margen stark zu wachsen. Die daraus resultierende Marktmacht haben sie klug genutzt und sind mittlerweile wohl zumindest hierzulande der stärkste Teil in dem Bereich. Demgegenüber haben die landwirtschaftlichen Erzeuger es oftmals nicht geschafft ihre staatlich unterstützten Betriebsformen durch entsprechende Absatzorganisationen dauerhaft auf „Augenhöhe“ zu halten. Obwohl da ja seit den Fünfzigern viele genossenschaftlich organisierte Fusionsgiganten entstanden. Bei den Herstellern ist es ähnlich. Erst haben sich viele „geziert“ mit Aldi zu arbeiten, dann erkannten manche den Vorteil der zuverlässigen Großabnehmer mit pünktlichem Zahlungsverhalten. So wurden manche in der Nische groß, andere durch Überheblichkeit klein und gar nicht so wenige komplett verkauft. Wenn heute über die Preise und die falschen Profiteure gejammert wird, bleibt die Frage, wo sind erfolgversprechende neue Albrechts und Schwarz der Jetztzeit mit neuen Ideen?

  • Als jemand der aus dem Bereich Nahrungsmittel und Verarbeitung kommt, kann ich gerade einige Preiserhöhung im Bereich Backwaren in der Höhe nicht nach vollziehen.

    • @Captain Hornblower:

      Beispiel aus Großstadt: drei verschiedene regionale Bäckereiketten haben ihre Filialen in diesem Stadtteil aufgegeben, allein ein Ökobetrieb mit sehr hohen Preisen (Brot neun Euro) überlebte.



      Kunden kaufen Backwaren jetzt bei Aldi und C0.



      Die regionalen Ketten haben gegen die industriell gefertigten relativ teuren Aldi-Botprodukte, deren gefrorene Vorprodukte aus Polen stammen, keine Chance, auch weil die Kaufkraft vieler Bürger u. a. durch Inflation, so stark nachgelassen hat. Im Osten ist der Einzelhandel praktisch ausgestorben.



      Regulierung von Aldi und Co muss auf die poltische Agenda.

  • Wenn dieselben Produkte bei REWE, Edeka und Lidl (Aldi kenne ich nicht so) dasselbe kosten, funktioniert die Konkurrenz nicht.



    Oder wenn Schokolade nicht günstiger wird, obwohl die Einkaufspreise für Kakao um 30%-40% gesunken sind, funktioniert die Konkurrenz nicht.



    Da muss man dann gar nicht über Vertikalisierung des Lebensmitteleinzelhandels sinnieren.



    Dass die Margen nur 1-2% betragen sollen, ist kein Gegenargument. Ich bin sicher, dass die Kaufleute fähig sind, das auf 1-2% herunterzurechnen, selbst wenn die Eigentümer oder Besitzer da Milliarden herausziehen.



    Eine einfache Möglichkeit, die Preise zu senken, wäre eine Verordnung, dass verschiedene Größen denselben Preis pro Gewicht haben müssen bis auf ein paar Cent für die Verpackung oder das Handling. Im Augenblick kostet die halbe Größe oft 70-80% der vollen Größe. Mit der Folge, dass die Menschen, die am wenigsten Geld haben, die teuersten Preise zahlen. Und dass dort die Gewinne noch um ein Vielfaches höher sein dürften. Das ist vielleicht nicht die reine Lehre, aber die funktioniert ja offensichtlich nicht, wie die Monopolkommission feststellt.

    • @EchteDemokratieWäreSoSchön:

      Ich erzähle es noch mal, etwas gründlicher.



      Die Aldis und Lidl-Familien sind durch das Folgende zu den Reichsten aufgestiegen: Kosten reduzieren oder drücken (Lidl eine ganze Weile bei den Mitarbeitern, Aldi und Lidl bei den Lieferanten), Marktanteile und Verhandlungsmacht ausweiten, Lieferanten die Vorkasse aufgedrückt.



      D.h. die Milch ist längst verkauft, wenn sie dem Lieferanten bezahlt wird. Das sind zugleich Banken.



      Dann drehen diese Dinge sehr schnell, d.h. die absoluten Beträge häufen sich rasch auf dem Konto, selbst wenn die Expansion noch Kosten aufwirft.



      Ich würde das mal abschöpfen mit Steuersätzen ähnlich denen nach dem Krieg, als der Staatshaushalt es auch brauchte. Auch für dubiose "Stiftungs"-Konstruktionen stärker.



      Auch bei den Nestles und Oetkers, vergessen wir die Branche doch auch nicht.



      Mikromanagement jedoch eher nicht

  • Zur Kritik am Kartellamt: Das hat seinerzeit die Übernahme von Tengelmann durch Edeka untersagt. Wirtschaftminister Gabriel hat dann entgegen dem Gutachten der Monopolkommission den Kauf per Ministererlaubnis genehmigt. Die Behauptung der Gesellschaften, ohne Übernahme würden Arbeitsplätze vernichtet, hat bei Gabriel ausgereicht, alle wettbewerbsrelevanten Bedenken vom Tisch zu wischen.

    • @edmond:

      Gabriel war und ist ein Scheinsozi, der Merkel wo es nur ging in den Hintern kroch und - wenn möglich - das Großkapital und die Konzerne pamperte. Jetzt ist Gabriel Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank, die zig Verbrechen (z. B. cum ex) im Finanzmarkt auf dem Kerbholz hat.



      Gabriel Großlüge war sein medial bekundetes Empfinden für die hart arbeitende Verkäuferin.



      Als Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank wird er genüßlich darüber nachsinnen, wie er die Medien mit diesem angeblichen Engagement aufs Kreuz legte.

    • @edmond:

      Was wäre denn bei der Untersagung passiert?

      Die Konkurrenz hätte für die lukrativen Standorte direkt mit dem Immobilieneigner über einen Mietvertrag

    • @edmond:

      Tengelmann wäre wie zuvor von den Gorillas Edeka, Rewe, Lidl und Aldi zusammengefaltet worden, wenn nicht ein extrem geduldiger Investor es hochskaliert hätte, fürchte ich.



      Dennoch wäre es besser ein Sprungbrett für ausländische Konkurrenz geworden, als dass nun die Einöde noch größer wurde.

  • Das es die Handelsriesen in dieser Größenordnung gibt kommt heraus wenn die Politik sich in die Preispolitik einmischt. In ihrem bestreben um möglichst billige Nahrungsmittel für die Verbraucher wurde den Landwirte das recht auf kostendeckende Preise genommen, dafür wurden sie mit Ausgleichzahlungen abgespeist. Bis in die 70er Jahren kamen von jeder Mark (Euro), den ein Verbraucher im Laden für Lebensmittel ausgab, ca. 50% bei den Landwirten an, heute sind es unter 10%. Jetzt sind wir so weit das die Landwirte zwar weniger für ihre Produkte erhalten trotzdem der Verbraucher immer mehr, zu Mehrung des Reichtums der Schwarz, Albrechts, EDEKA & Co, ausgeben müssen. Warum wohl haben in den letzten 60 Jahren über 90 % der Landwirtschaftlichen Betriebe aufgehört ?? Wohl kaum weil sie mit Ausgleichzahlungen überschüttet wurden.



    Das ist wieder mal ein Beispiel das Staatliche Planwirtschaft immer scheitert !!

    • @Günter Witte:

      Sie verwechseln Planwirtschaft mit kapitalismus. Für die Landwirte gilt seit langem das Prinzip Wachse oder weiche. Der Neoliberalismus hat zur deregulierung beigetragen und das höfesterben begann in den 1950er Jahren. Die Ausgleichszahlungen gingen immer nur nach Größe und das befeuert das Wachstum nur, zudem gibt es landspekulation die pachtflächen extrem teuer macht - alles zummwohle des Kapitals.

    • @Günter Witte:

      Wie wurde den Landwirten das Recht auf kostendeckende Preise genommen?

      • @EchteDemokratieWäreSoSchön:

        Indem das Kartellamt auf jeden Huster von Feinkost Albrecht & Co (wenn sie mal wieder nicht die gewünschten Einkaufspreise bekommen haben) wegen Verdacht auf Preisabsprachen seine Hunde von der Leine gelassen hat und durch Durchsuchungen und jahrelange Beschlagnahme von Unterlagen (im Zweifelsfall gerade die für den laufenden Geschäftsbetrieb wichtigen) Flurschaden angerichtet hat. Größeren Flurschaden als das maximale Bußgeld, das vom Kartellamt verhängt werden konnte, weswegen mancher lieber (zulasten der Erzeugerpreise) mit einem 《mea maxima culpa》einfach bezahlt hat, um das Verfahren abzukürzen.



        Erinnert sich noch jemand an das "Kartoffel-Kartell", das vor etwas über 10 Jahren durch die Presse getrieben wurde? Und das 6 Jahre später als Rohrkrepierer endete - oder wie es im Abschlussbericht des Kartellamts heißt "ohne dass eine gerichtliche Klärung der in



        den Bußgeldbescheiden ursprünglich erhobenen Tatvorwürfe und der ihnen zugrunde



        liegenden Feststellungen erfolgen wird. Zugunsten der Unternehmen gilt die



        Unschuldsvermutung."

    • @Günter Witte:

      Die Landwirte haben schlichtweg aufgehört, weil das volkswirtschaftlich ging. In Ost wie West übrigens.



      Da ist menschliche Arbeitskraft durch Kapital, Prozesse und vor allem Energie ersetzt worden. Die Landwirtschaft wurde arbeitseffizienter und das sehr, sehr deutlich. Ausgleichszahlungen für Brache und Abfindungen haben das nur beschleunigt und sozialer abgewickelt. Das weinende Auge sagt, dass ein solcher Einsatz fossiler Energie dabei wohl ein Fehler ist, der nicht mehr lange durchzuhalten ist.

      Ansonsten bin ich bei Ihnen, dass einige sich auf Kosten anderer den Bauch mästen, doch auch dafür brauchen wir den Staat und ein wieder greifendes Steuersystem. Die Preise bei Landwirtschaftlichem mikromanagen zu wollen wäre viel aufwendiger als mal Erbschaften, angebliche "Stiftungen" und Vermögen wieder greifend einzubeziehen, Jahr für Jahr.

  • zum Lebensmittel"Einzel"handel rede ich mir seit Jahren den Mund fusselig.



    Natürlich gibt es seit Jahrzehnten illegale Preisabsprachen, das Kartellamt macht aber nix, da es nichts machen soll.



    Oder wie ist es zu erklären, dass Rapsöl bei allen Discountern überall exakt das gleiche kostet (1.49€) und, dass wenn der Dieselpreis vom Kraftstoffkartell (!) erhöht wird, sogleich der Rapsölpreis mitzieht auf fast das gleiche Niveau?



    (weiss ich, da ich seit langem Pflanzenöl tanke).



    Die Discounterketten haben nicht nur die Erzeuger in der Hand ("willst du an Aldi verkaufen oder etwa nicht?) und drücken im Einkauf die Preise, sondern können aufgrund ihrer Marktmacht auch beim Verbraucher die Preise hochdrücken, da es echte Konkurrenz (Tante Emma ist schon lange tot) gar nicht mehr gibt.



    Hier fehlt massive staatliche Regulierung, da Marktwirtschaft ohne diese nicht funktioniert.



    Aber dann müsste sich Politik ja mit den Kartellen (und der Bild) anlegen.



    Es klingt fies- aber es fehlt vielleicht auch der Systemkonkurrent DDR?



    Seit 1989 ruled nur noch die Ideologie des Neo"liberalismus".



    €DU, bild und welt sind deren Fackelträger.

    • @So,so:

      Sie treffen den Nagel auf den Kopf! Warum also keine Kanpagne der Grünen und der Linken gegen die "Schweinekonzerne" (so hätten die Grünen in ihrer Gründungsphase Aldi und Co gescholten, wobei es damals noch einen halbwegs funtioniernden Einzelhandel gab, der letztlich durch die Monopole im Internet kaputt gemacht wurde) ?

  • So langsam sind aber die Claims abgesteckt, und der Wettbewerb um große Mengen verlagert sich ins Ausland.



    Dass der geringere Wettbewerbsdruck neben höheren Preisen bessere Konditionen für Lieferanten bedeuten würde, höhere Qualität oder sozialere/ökologischere Produkte wäre ein unrealistischer Traum.

  • Edeka, Rewe, Aldi und Lidl haben sich in den letzten 20 Jahren stark weiterentwickelt, immer mehr eigene Fleischwerke und andere Produktionsstätten für Kaffee, Eis, Backwaren, Mineralwasser, Molkereien befinden sich in der Hand dieser Konzerne. Die haben ihr Geld immer weiter in eigene Verarbeitung investiert. Da haben die hohe Margen und viele Preise sind bei den 4 Unternehmen völlig gleich. Das wird sich auch nicht mehr änden, solange wir immer wieder hauptsächlich in diese 4 Läden rennen.

    • @KLaus Hartmann:

      Problematisch ist wenn es in der Umgebung nur noch die Läden gibt. Bei mir gibt es im Umkreis (ländlich) nichts anderes.



      In den Städten mag das noch anders aussehen?

  • Damit die Marktwirtschaft halbwegs funktionieren kann, braucht es entlang der langen und verflochtenen Wertschöpfungsketten an allen Schnittstellen eine große Zahl von konkurrierenden sowohl Anbietern als auch Abnehmern. Der einfachste Weg den Wettbewerb offen zu halten, wäre es strikte Obergrenzen für Unternehmensgrenzen und Privatvermögen einzuführen und so die Tendenz zur Konzentration zu beschränken.

    Die einfache Idee der Marktwirtschaft funktioniert auch deswegen nicht, weil Adam Smiths Warnung vor Handel und Banken mehr moralischer als logischer Natur war. Ohne Handel, d.h. dem Tausch von Gütern und Dienstleistungen, gibt es gar keinen Markt und das Geld verwandelt sich notwendiger Weise vom generalisierten und „wertlosen“ Medium für Tausch zur gesuchten Ware, gerade weil es generalisiertes Tauschmedium ist. Statt des einfachen Nutzwertes der Waren bestimmen heute Handel und Finanzwirtschaft, wo die größten Profite gemacht werden und was dafür „produziert“ werden muss: Smartphones statt Nahrungsmittel und Social Media statt Altenpflege.

    • @DemokratischeZelleEins:

      "... bestimmen heute Handel und Finanzwirtschaft, wo die größten Profite gemacht werden und was dafür „produziert“ werden muss"



      Sorry, aber das ist Unsinn. Das bestimmt nicht die Finanzwirtschaft, sondern die Konsumenten. Es ist nicht der Nutzwert, sondern die relative Knappheit eines Guts im Zusammenspiel mit Angebot und Nachfrage.

      • @Emmo:

        Immerhin haben Sie einen der einfachsten Glaubenssätze der Oikodizee internalisiert. Somit steht Ihr Urteil schon fest, ohne weiter darüber nachzudenken, ob ihr Glauben wirklich stärker ist als eine realwirtschaftliche Geschichte, die permanent das Gegenteil beweist. Wo die Denkfaulheit am größten ist, ist die Dummheit umsonst zu haben!

        Requiescat in pace!

        • @DemokratischeZelleEins:

          Bitte werden Sie nicht beleidgend. Ich habe einfach eine andere Meinung vertreten. Aber so wie es scheint, haben Sie keine Argumente, weshalb Sie ad hominem zielen.

  • Eine Marge von 1-3% halte ich für unglaubwürdig. Das würde ja heißen, die kaufen z. B. eine Schokolade für einen Euro ein und verkaufen diese für 1,03€ oder verstehe ich das Prinzip einer Marge falsch. Selbst wenn man sagt man packt noch die Kosten des Verkäufers rauf, also Personal, Logistik, etc., bezweifel ich das und würde diese Zahlen gerne überprüft wissen. Ich vermute dass die bei dieser Marge vermutlich auch noch Kosten für Werbung und Expansion raufpacken, aber bevor ich hier Verschwörungen ersinne, würde mich tatsächlich interessieren wie diese Zahlen zustande kommen.

    • @wirklich?:

      Marge ist das, was nach allen Kosten übrig bleibt, grob gesagt.



      Bei Lebensmitteln macht's die Masse, und die Liquidität oder Werbezuschüsse werden den Lieferanten aufgedrückt. Das Geld rotiert so rasch, dass die Albrechts und Schwarzens zu den Reichsten Deutschlands gehören.



      Das ist eine sehr spezielle Branche. Apple oder Blechkarrenhersteller haben ganz andere Zahlen da.



      Sonderware oder Bio hat auch noch andere Margen.

    • @wirklich?:

      Die Frage ist, worauf die Gewinnmarge bezogen ist. Auf den einzelnen Supermarkt vielleicht? IMHO wahrscheinlich. Die Zentrallager als discounterfirmeninterner Großhandel machen ja auch noch Gewinn. Und bei exklusiven Lieferverträgen mit Produzenten gehören die ja "mit zur Familie" des Discounters und machen auch ihren Gewinn. Am schwierigsten ist das für die Landwirte, auf den für sie notwendigen Gewinn zu kommen. Die müssen selbst Deals an Landwirtschaftsbörsen anbieten, zum richtigen Zeitpunkt etc. pp., ganz eingebunden ins Glücksspiel Kapitalismus, quasi immer online beim Trecker fahren! Immer wieder gibt es nach Protesten Abkommen mit z.B. den Milchbauern, aber die scheinen nicht viel wert zu sein, um den Landwirten die Existenz nachhaltiger zu sichern. Sonst würde sich das Spiel ja nicht dauernd wiederholen. Irgendwer schummelt da ständig bei diesen Deals :-( Molkereien? Oder wer? Discounter-Bosse? Im Wort Discounter steckt das Wort Disco, und Disco ist für Leute, die immer was zum Feiern haben wollen. Gewinne vielleicht? Ja, dann aber bitte verhältnismäßig. Damit jede Stufe von Produktion, Lieferung und Verkauf auf ihre Kosten kommt.

      • @Uwe Kulick:

        Da ist immer eine Disco-unter, darum ja das Wort.



        Etymologischer Nebenpunkt. Diskothek kommt von der altgriechischen (Platten-)Scheibe. Discounter vom ursprünglich lateinischen Discount, dem verheißenen Rabatt. Komplett andere Herkunft.

        Im Markt der Theorie würde ein offener Wettbewerb vn Gleichen die Marge auf quasi Null bringen, dass die Kredite bedient und alle bezahlt werden können und nie mehr als grob der Zinssatz von Bundesanleihen herauskäme.



        Das wäre bei Lebensmitteln so lange der Fall, bis die Oligopolisten ihre Gewinne gemütlich nachholen und das Gefecht dafür einstellen (Jeder, der Angebote vergleicht, hält das übrigens ein bisschen auf).



        Das alles staatlich zu regeln wäre sehr aufwendig, dann eher Ordnungspolitik, Markterzwingung etc. Preiskampf mit Negativmarge ist eigentlich nicht drin, kann aber mit Tricks gemacht werden.



        Wer bezahlt dann, was davon nicht Effizienz ist, sondern Kunden veräppeln und Produzenten pressen? Offene Frage.



        Wobei die Discounter inzwischen vertikal gehen und eigene Mineralwasserhersteller haben, was u.a. für Preiskämpfe praktischer ist.

    • @wirklich?:

      Marge ist was am Ende als Gewinn übrigbleibt. Also nach Abzug aller Kosten (Personal, Abschreibungen, Mieten,....).



      3 % sind in solchen Bereichen keine unübliche Marge.

    • @wirklich?:

      Ihr Margen-Verständnis ist richtig. Nix Verschwörung.



      Die 1 - 3 % sind vermutlich das EVS (Ergebnis vor Steuern)

  • Von 'Wettbewerb' zu sprechen ist eine Farce. Die Oligopole sprechen sich ab und durch ihre Marktmacht diktieren sie Erzeugern und Verbrauchern ihre Preise: Konnten sie bei den Milchprodukten bis vor Kurzem satte Aufschläge kalkulieren, von denen die Milchbauern keinen Vorteil hatten, so stellt sich jetzt heraus, dass die Verbraucher Butterpreise von über 3 € pro 500 gr nicht mehr angenommen hatten und ein gigantischer Überhang entstand, so dass derzeit Preise von 1,30 € die Runde machen, um den Butterberg abzubauen. Gut für das Weihnachtsgebäck (und das Klima ?) , aber schlecht für die Milchviehwirtschaft. LIDL, ALDI REWE & Co gewinnen immer. Wir müssen zurück zu COOP , SPAR und andere, die Erzeuger und Verbraucher nach dem Gemeinwohl zusammenbringen und gleichzeitig nachhaltig wirtschaften und Arbeitsplätze sichern, damit sich jede/r versorgen und sich die Produkte auch leisten kann.

    • @Dietmar Rauter:

      Stück Butter ist 250g in D.

    • @Dietmar Rauter:

      Komisch, dass die diktierten Preise dann bei Überangebot doch wieder fallen.

  • Milchbauern erhalten einen jährlichen Betriebskostenzuschuss. Milchbauern und Molkereien, auch die von Milchbauern betrieben werden, bekommen pro Liter Milch Subventionen. Und wenn dann Milchpulver nach Afrika exportiert wird gibt es noch einmal Exportsubventionen. Es gibt Geld dafür das man in Afrika die heimischen Märkte platt macht.

    Zu dem was die Supermärkte zahlen muss man auch die Subventionen hinzurechnen.

    Aus der EU hat die Landwirtschaft hier letztes Jahr 6,5 Miliarden € erhalten und Deutschland 3 Milliarden. Und die meisten Milchbauern bauen ihr Futter selbst an. das wird auch noch einmal subventioniert

  • Einfach Aldi, Lidl & Co vergesellschaften. (Problem gelöst)

    • @Ice-T:

      "Einfach Aldi, Lidl & Co vergesellschaften. (Problem gelöst)". Dann kann man auch gleich drei davon schließen und die Arbeitskräfte in sinnvolle Bereichen einsetzen. Die Preise für die Kunden sinken und alle sind glücklich. Genau wie in der DDR!

    • @Ice-T:

      Das "(Problem gelöst)" sieht für mich aus wie eine etwas zu einfache 'Lösung'. Sozusagen eine Milchbrötchen-Rechnung.

      Der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland ist in der Verantwortung von Familien (z.B. Schwarz-Gruppe, Albrecht bzw. Genossenschaften (vier bei Rewe), ein genossenschaftlich organisierter kooperativer Unternehmensverbund (Edeka).

      An den Deutschen Börsen ist da wenig bis nichts zu finden. Metro hat die Börse verlassen.

      Vielmehr scheint die 'unsichtbare Hand' der sozialen Marktwirtschaft eher in den religiöse Sphären zu verorten. So wie es keinen Gottesbeweis gibt ist mir auch die Existenz der 'unsichtbaren Hand' nicht ganz klar.