Nach Demütigung im Bundestag: Sofortprogramm der Union sieht Grenzschließung vor
Der Plan, mit der AfD eine schärfere Migrationspolitik zu beschließen, wurde für Friedrich Merz zur Demütigung. Doch die Union hält an den Inhalten fest.
![Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, nimmt nach der Abstimmung über das «Zustrombegrenzungsgesetz» der Union zur Eindämmung der Migration im Bundestag an einer Fraktionssitzung teil Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, nimmt nach der Abstimmung über das «Zustrombegrenzungsgesetz» der Union zur Eindämmung der Migration im Bundestag an einer Fraktionssitzung teil](https://taz.de/picture/7504259/14/Merz-1.jpeg)
Der Entwurf zum Sofortprogramm liest sich zunächst wie der Versuch, dem von Merz einst versprochenen Wirtschaftsfokus seines Wahlkampfs Rechnung zu tragen. Aufgelistet wird da, was die Union schon lange fordert. So wird etwa versprochen, die Strompreise zu senken, Bürokratie abzubauen und Arbeitszeiten zu flexibilisieren. Wer in der Rente weiter arbeitet, soll Steuererleichterungen bekommen, genauso wie Restaurants und Landwirte. Außerdem sollen Lieferkettengesetz und Heizungsgesetz gestrichen werden.
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Unter dem Titel „Sicherheit für die Menschen in Deutschland“ folgt dann das, was den Wahlkampf der Union spätestens seit dem Angriff von Aschaffenburg wirklich ausmacht: sehr harte Ideen für die Migrationspolitik. So soll eine mögliche Regierung Merz in den ersten Tagen etwa die Grenzen für Geflüchtete komplett schließen, alle Ausreisepflichtigen unbegrenzt in Abschiebe-Gewahrsam oder Haft nehmen. Die von der Ampel beschlossenen erleichterten Einbürgerungen sollen zurückgenommen, die Befugnisse der Bundespolizei ausgeweitet und der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte gestoppt werden.
Explizit befürwortet wird in diesem Zusammenhang das „Zustrombegrenzungsgesetz“, das von der Union in den Bundestag eingebracht worden war und einen Teil dieser Forderungen beinhaltet. Ein von Merz eingefädelter Versuch, das Gesetz mit den Stimmen der AfD zu beschließen, war aber am Freitag im Bundestag gescheitert – auch an Unionsabgeordneten selbst. Zwölf von ihnen blieben der Abstimmung fern. Es gibt also begründete Zweifel daran, dass wirklich alle in der Union die Forderungen im Sofortprogramm so mittragen.
Scheitert an eigenen Leuten
Überhaupt ist unklar, wie groß die Unterstützung für Merz in seiner Partei derzeit noch ist, hat er die deutsche Politik in den letzten Wochen doch ins Chaos gestürzt, mit seinen eigenen Versprechen gebrochen und konservative Grundsätze ins Wanken gebracht. Nach dem Messerangriff von Aschaffenburg hatte er zunächst zwei unverbindliche Anträge für eine extrem scharfe Migrationspolitik in den Bundestag eingebracht und dafür die Zustimmung der AfD explizit in Kauf genommen.
SPD, Grüne und Linke warfen Merz daraufhin vor, die viel beschworene Brandmauer zu den extrem Rechten einzureißen und die Demokratie zu gefährden. Trotzdem wurde zumindest einer der Anträge am Mittwoch mit Stimmen von Union und AfD, aber auch FDP sowie BSW beschlossen.
Die geplante Verabschiedung des „Zustrombegrenzungsgesetzes“ am Freitag war dann der nächste Schritt in Merz Plan, auch hier war die Zustimmung der AfD nötig. Mit dem Scheitern an den eigenen Leuten geriet die Abstimmung für den Kanzlerkandidaten aber zu einer schweren Demütigung. Öffentliche Kritik an ihm, seinen Entscheidungen oder den Forderungen nach Grenzschließungen gibt es innerhalb der Union aber bis jetzt kaum.
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