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Abtreibungen legalisierenBeschwörung eines „Kulturkampfes“, den es nicht gibt

Patricia Hecht
Kommentar von Patricia Hecht

Die gesellschaftliche Mehrheit will legale Abtreibungen. Eine konservative Blockade im Bundestag wäre zutiefst undemokratisch. Und ein böses Omen.

Parole von 1971 stimmt immer noch: Protest für das Recht auf Abtreibung Foto: Brandstaettter/AKG

D er Paragraf, der es Frauen verbietet, über ihren Körper selbst zu bestimmen, ist 153 Jahre alt. Rund dreißig Jahre ist es her, seit zuletzt am hiesigen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen gerüttelt wurde. Nun wagen einige Par­la­men­ta­rie­r*in­nen den nächsten – moderaten – Versuch:

In den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft soll der Abbruch grundsätzlich rechtmäßig sein. Nach dieser Zeit sollen Abbrüche im Schwangerschaftskonfliktgesetz, aber nicht mehr kurz hinter Mord und Totschlag im Strafgesetzbuch geregelt werden.

Der dort verbleibende Paragraf 218 würde Frauenrechte nicht mehr drastisch einschränken, sondern sogar schützen: Er würde fremdbestimmte Abbrüche unter Strafe stellen, wie sie etwa im Nationalsozialismus praktiziert wurden.

Am Donnerstagnachmittag debattierte der Bundestag erstmals über diesen Vorschlag. Die Debatte bestätigte: Die Versorgungslage ungewollt Schwangerer hierzulande ist oft prekär.

Die Union beschwört mit Schaum vorm Mund einen Kulturkampf, den es nicht gibt

Das grundsätzliche Verbot von Abbrüchen in der Frühphase einer Schwangerschaft ist aus verfassungs-, völker- und europarechtlicher Perspektive nicht haltbar. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung halten es laut einer repräsentativen aktuellen Umfrage für falsch, dass eine Abtreibung, zu der sich eine Person nach Beratung entscheidet, rechtswidrig ist.

Damit ist die Gesellschaft deutlich weiter als einige in den Fraktionen des Bundestags. Das gilt insbesondere für die Spitzen von Union und FDP, die die eigenen Leute zur Ordnung riefen und das leise Aufbegehren der liberalen Frauen deckelten.

Union und FDP blockierten das Vorhaben monatelang

Nun beschwört die Union mit Schaum vorm Mund einen „Kulturkampf“, den es nicht gibt. Und die FDP, die einen Gesetzentwurf aus dem Kabinett zur Legalisierung von Abbrüchen monatelang blockiert hatte, behauptet jetzt, die Zeit sei zu knapp: „Durchpeitschen“ dürfe man den Vorschlag keinesfalls. So unverfroren muss man erst mal sein.

Zwar schrumpfte die Chance auf eine Mehrheit für den Vorschlag in den vergangenen Tagen im selben Maß, in dem der Druck aus Union und FDP auf die eigenen Abgeordneten stieg.

Dennoch herrscht dort offenbar Angst vor einer finalen Abstimmung – zurecht. Fast die Hälfte der Abgeordneten im Bundestag hat den Gruppenantrag unterschrieben, das BWS bekannte sich nun auch dazu. Es braucht wenige Konservative und Liberale, die entgegen der Fraktionslinie den Mut aufbringen, der eigenen Position nach zu stimmen. Dann ginge der Vorschlag durch.

Deswegen werden Union und FDP wohl mithilfe der AfD versuchen, den Antrag im Rechtsausschuss zu versenken, damit er gar nicht erst zur Abstimmung ins Parlament gelangt. Offen bezweifelt der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, ob der Antrag „jemals wieder aus dem Ausschuss rauskommt.“

Schlussabstimmung steht unter Druck

Von „Geschäftsordnungstricks“ und „Schieberei“ war bei der Debatte am Donnerstag entsprechend die Rede. „Ermöglichen Sie eine Schlussabstimmung!“, appellierte der Grünen-Abgeordnete Helge Limburg an die Mitglieder des Rechtsausschusses.

Eine Blockade der Abstimmung würde sich gegen die Überzeugung der gesellschaftlichen Mehrheit richten. Damit konterkarierte man aus parteitaktischem Kalkül das Selbstverständnis des Bundestags, Gesetze zu beraten und abzustimmen. Es wäre ein legaler Winkelzug, der doch zutiefst undemokratisch ist.

Zugleich wäre es nur eines von vielen Warnzeichen, wohin die Reise mit einer konservativen Mehrheit in der nächsten Legislaturperiode ginge.

AfD argumentiert menschenrechtsfeindlich

Was die Debatte am Donnerstag auch aufzeigte: Die Argumentation von AfD, teilweise auch der Union, ist menschenrechts- und wissenschaftsfeindlich. Da werden die Grundrechte Schwangerer ignoriert. Da wird die „natürliche“ Bestimmung der Frau als Mutter eigener Kinder aka des deutschen Volkes beschworen.

Und da wird die hochkarätig besetzte Ex­per­t*in­nen­kom­mis­si­on in Frage gestellt, die geprüft hatte, inwiefern Abbrüche außerhalb des Strafgesetzbuchs geregelt werden können. Sie war zu eindeutigen Empfehlungen gekommen, denen der jetzige Gesetzesvorschlag folgt.

„Wir werden alles dafür tun“, versicherte demgegenüber eine Rednerin der AfD, eine „Willkommenskultur für deutsche Kinder“ zu schaffen. Es war eine unverhohlene Drohung, die im Wahlprogramm der AfD ausformuliert wird: ein faktisches Verbot von Abbrüchen.

Eine Aufschiebung der Entscheidung wäre fatal

In einer nach rechts driftenden Gesellschaft gehören Frauenrechte zu den ersten, die eingeschränkt werden. Kommt in dieser Legislaturperiode kein Recht auf legale Abtreibung in den ersten drei Monaten, kommt es in der nächsten mit noch größerer Sicherheit nicht.

Das Recht auf den eigenen Körper ist ein Menschenrecht. Doch klappt der jetzige Versuch nicht, es entsprechend auszugestalten, wird er fatalerweise auf Jahre, vielleicht auf Jahrzehnte der letzte bleiben.

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Patricia Hecht
Redakteurin Inland
war Chefin vom Dienst in der Berlinredaktion, hat die Seite Eins gemacht und arbeitet jetzt als Redakteurin für Geschlechterpolitik im Inland. 2019 erschien von ihr (mit M. Gürgen, S. am Orde, C. Jakob und N. Horaczek) "Angriff auf Europa - die Internationale des Rechtspopulismus" im Ch. Links Verlag. Im März 2022 erschien mit Gesine Agena und Dinah Riese "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
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37 Kommentare

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  • Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. Die Moderation                             
  • Das böse Omen der missverstandenen Demokratie: Die elitäre Auswahl der gewählten PolitikerInnen soll sich wider Art.38Abs.1Satz2GG richten und irgendwelchen Umfrageergebnissen folgen?

    Wenn in der repräsentativen Demokratie eine Mehrheit der entscheidenden MandatsträgerInnen keine Änderung oder Abschaffung des §218 will, ist das nach geltendem Recht 'demokratisch' zu nennen.

    Dass das ganze System repräsentativer Demokratie so gut wie nichts mit der demokratischen Grundidee egalitärer Mitbestimmung der BürgerInnen zu tun hat, ist eine andere Sache. Das zu ändern, erfordert tiefer gehende Systemänderungen als eine Reform von §218 oder anderen Einzelgesetzen. 'Mehr Demokratie wagen' geht nur in Verbindung mit gesellschaftlicher Solidarität und nicht als Durchsetzung von Partikularinteressen.

  • Vielleicht einfach mal im Gesetzbuch nachschlagen?



    (1) Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn



    1.die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,



    2. der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und



    3. seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.



    D.h. Abtreibungen sind unter diesen Voraussetzungen legal.

  • Vorschlag zur Güte: §218 abschaffen, Abtreibungen bis zum Ende der 12. Woche unter Einwilligung der Mutter legalisieren. Abtreibungen nach der 12 Woche in Zukunft als Mord behandeln.

    • @Julius Anderson:

      Dann hätte man aber schnell überfüllte Gefängnisse, oder eben eine Auswanderungswelle.

  • Was auch immer im Gesetz beschlossen wird. De Facto ist eine Abtreibung auch heute schon straffrei und easy zu beantragen und durchzuführen.



    Erschreckend finde ich - und das wird in fast allen Artikeln nicht thematisiert - dass insgesamt etwa 1/10 jedes Jahrgangs abgetrieben wird. Hier hoffe ich dass durch Prävention, Aufklärung und gesellschaftlicher Achtsamkeit, weniger Föten diesen Weg gehen müssen.

  • "Die gesellschaftliche Mehrheit will legale Abtreibungen. Eine konservative Blockade im Bundestag wäre zutiefst undemokratisch."

    Krasse Argumentationslinie.

    So kann man auch für die Todesstrafe oder die Abschaffung des Rechtsweges bei Ausweisungen von Migranten wegen begangener Straftaten argumentieren.

    Die AfD nutzt sie gerne.

    Vielleicht ist es manchmal nicht verkehrt, eine Sekunde nachzudenken, bevor man in die Tasten haut.

    Der Zweck heiligt nicht jedes Stilmittel.

  • und wiedereinmal beweist der verbliebene Ampelteil dieser Regierung, dass er weder Gespür noch Ahnung über die wirklichen Prioritäten in diesem Land hat.

  • Mit dem Verweis auf die NS Zeit hat sich die Autorin disqualifiziert.

  • Die einen sprechen "dem Embryo" jedwedes Menschsein ab und postulieren, dass die Frau im Rahmen ihrer Selbstbestimmung die unbeschränkte Verfügungsmacht über das in ihr heranwachsende Leben habe, ähnlich so wie über irgendein Körperteil wie z.B. den Blinddarm, siehe dazu das Bild über dem Artikel.

    Die gegensätzliche Sichtweise ist, dass auch dem Ungeborenen ein unbedingtes Lebensrecht zukomme.

    Wenn man nun davon ausgeht, dass ein ungeborener Mensch lebt und eben nicht nur irgendein Zellhaufen ist, dann muss sich natürlich der Art 2(2) GG "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit" irgendwie auch auswirken in der Form, dass der Staat dieses Leben schützt. Deshalb steht der §218 halt auch da wo er steht: bei den Straftaten gegen das Leben.

    Beide Positionen abwägen: Genau das hat das Bundesverfassungsgericht 1993 getan, in dem eben eine sehr ausgewogene Abwägung zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Lebensrecht des ungeborenen Menschen getroffen wurde.

    Dieser Gesetzantrag ist nichts weiter, als ein klitzekleines bisschen weiter an den Lebensrechten des Ungeborenen zu kratzen, vielleicht steckt auch noch ein wenig Wahlkampf drin.

    • @EIN MANN:

      Eine Abwägung ist nicht erforderlich, da es keine Verpflichtung eines Menschen gibt und geben kann, einen anderen Menschen mit eigenem Körper am Leben zu halten.



      Diese ewiggestrige Entscheidung wird hoffentlich bald durch eine Neuauflage ersetzt.

    • @EIN MANN:

      Stimme zu. Es wird immer so getan, auch in diesem Artikel, dass es nur um die werdende Mutter ginge. In Deutschland gab es 2023 knapp 110.000 Abtreibungen. Die Frage ist doch immer wieder die gleiche, ab wann ist ein Embryo ein schützenswerter zukünftiger Mensch. Ab dem Moment wo die Zelle sich zum ersten Mal teilt? oder, wie in einigen US-Staaten, wenn das Herz schlägt? Mit der Geburt, wenn es laufen kann, oder die vier Grundrechenarten beherrscht?



      Es ist ja nicht so, dass man eine Schwangerschaft nicht verhindern kann.

      • @maxwaldo:

        Die beste Vorbeugung gegen Abtreibungen ist sicherlich eine flächendeckende frühe Aufklärung der heranwachsenden Jugend, der kostenlose Zugang zu Verhütungsmitteln, eine gute soziale Absicherung für Familien, v.a. auch für alleinerziehende Eltern, sowie die allgemeine Stärkung der weiblichen Selbstbestimmung - für all dies sind die konservativen und rechten Kräfte nun leider auch nicht bekannt.

        Und dann gibt es noch immer keine absolute Sicherheit.

        In den ersten 12 Wochen gehen von Natur aus viele Schwangerschaften wieder ab. Jede Frau (jede gebärfähige Person) hat das Recht, nach guter Beratung, selber zu entscheiden, ob sie ein Kind austragen und zur Welt bringen will. Das ist ein massiver körperlicher Akt. Und dann eine massive Verantwortung für ein anderes Leben. Körperliche Fremdbestimmung ist eine Form von Gewalt, die auch dem unfreiwillig geborenen Leben schadet.

  • "Die gesellschaftliche Mehrheit will legale Abtreibungen. Eine konservative Blockade im Bundestag wäre zutiefst undemokratisch."



    Vorsicht vor derlei wohlfeiler Argumentation - eine gesellschaftliche Mehrheit will auch Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien, eine gesellschaftliche Mehrheit will Taurus-Lieferungen an die Ukraine, eine gesellschaftliche Mehrheit befindet das Bürgergeld als zu hoch, eine gesellschaftliche Mehrheit in Thüringen will AfD und BSW, eine gesellschaftliche Mehrheit will auch zurück zur Atomkraft - und so weiter und so weiter.

    • @Farang:

      Äpfel mit Birnen vergleichen ist immer leicht ... ich denke, das Thema Selbstbestimmung der Frau hat einen gänzlich anderen Stellenwert und begleitet die Gesellschaft "geringfügig" länger als bspw. aktuell Asyl-Politik oder Waffenlieferungen an die Ukraine.

    • @Farang:

      Mit Ausnahme von AfD unbd BSW ist das ja alles auch nicht so verkehrt.

  • War die von Lisa Paus eingesetzte Expertenkommission nicht recht einseitig gegen den Paragrafen 218 ausgewählt?



    Insofern war das Ergebnis der Kommission wohl eher nicht ausgewogen.

  • "Das grundsätzliche Verbot von Abbrüchen in der Frühphase einer Schwangerschaft ist aus verfassungs-, völker- und europarechtlicher Perspektive nicht haltbar."



    Interessant, dass die Taz es schafft, so konsistent zu ignorieren, dass das Bundesverfassungsgericht es 1993 noch völlig anders sah und seitdem keine relevanten Neuerungen dazugekommen sind.

    Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Sache klar geurteilt und eine sorgfältige Abwägung vorgenommen, die es im Ergebnis ermöglicht, legalen Zugang zu sicheren Abtreibung zu bekommen. Das ist wertvoll und bewahrenswert. Die Befürworterinnen einer grundsätzlichen Veränderung fordern im Ergebnis, das Bundesverfassungsgericht möge seine Ansicht allein aufgrund eines veränderten Zeitgeistes revidieren. Das kann man wollen. Man darf sich aber dann nicht beschweren, wenn in zehn bis zwanzig Jahren im schlimmsten Fall ein anderes Bundesverfassungsgericht aus ähnlichen Gründen ein komplettes, ausnahmeloses Abtreibungsverbot erlaubt. Wer das für weit hergeholt hält, braucht nur in die USA zu schauen.

    Bitte lasst uns dieses Fass nicht ohne Not aufmachen. Dafür ist die Sache zu wichtig.

    • @Agarack:

      Das ist mittlerweile 30 Jahre her und selbstverständlich soll Karlsruhe, wohlgemerkt in einer anderen Zusammensetzung, in der Sache neu entscheiden.

    • @Agarack:

      Das BVefG muß nix revidieren wenn der §218 aus dem StGB entfernt wird/angepasst/wasauchimmer. Und stetig wachsende Zustimmung ist ned "Zeitgeist".

      • @Hugo:

        Das Bundesverfassungsgericht muss sich nach seine eigenen Urteilsbegründungen richten.

        Es ist zu erwarten, dass jemand klagen wird.

        Stetig wachsende Zustimmung ist selten ein Argument für eine Judikative.

        Da unterscheidet sie sich von der Legislative.

  • Das wäre wirklich eine Geschichte mit Pointe, wenn der 218 ausgerechnet von einem Konservativen aus dem noch konservativeren Sauerland gekippt wird. Selbstverfreilich nicht aus Überzeugung, sondern weil der Herr Merz opportunistisch auf die Stimmen der Frauen schielt, um ins Kanzleramt zu gelangen. Der Frauen, die es noch betrifft, ebenso wie denen, die es eigentlich nicht mehr betrifft, die aber wesentliche Teile ihres Lebens mit diesem Kampf verbracht haben - und endlich eine Siegesparty haben wollen.



    Ich fürchte nur, der Herr Merz wird da schöne Versprechen und Zusagen abliefern, während das Konkrete dann in den Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag leider leider wieder mal im Schwampf einer Absichtserklärung endet. Denn da müsste ja auch die CSU unterschreiben, die dann "Schuld ist".

  • Was hier verharmlosend Schwangerschaftsabbruch heißt, ist schlicht und ergreifend eine vorgeburtliche Kindstötung. Und so etwas sollte weiterhin im Strafrecht verhandelt werden. Auch das Recht auf Leben ist ein Menschenrecht, und das gilt auch schon für Ungeborene. Mensch ist Mensch, von Anfang an.

    • @klarekante:

      "Kinds"-Tötung: Darum geht es im Kern bei der Abtreibungsfrage immer: Ab wann wird aus einem Zellhaufen ein Kind?



      Vor diesem Zeitpunkt ist es eine "Zellhaufen"-Tötung.

      "Mensch ist Mensch, von Anfang an"



      Das heißt bei Ihnen was?



      Eine gerade eben befruchtete Eizelle ist für sie ein Mensch?



      Dann müssten Sie ja konsequenter Weise bei jedem Abgang eine Beerdigung organisieren, oder?



      Und eigentlich müsste dann auch bei jedem Abgang die Staatsanwaltschaft ermitteln, ob nicht ein Tötungsdelikt vorliegt.

      Ich selber halte dieses dogmatische "Mensch ist Mensch, von Anfang an" für falsch.

  • "Das grundsätzliche Verbot von Abbrüchen in der Frühphase einer Schwangerschaft ist aus verfassungs-, völker- und europarechtlicher Perspektive nicht haltbar." Das ist eine ziemlich gewagte These. Was das Völkerrecht damit zu tuen hat, ist mir schleierhaft, das Europarecht zu diesem Thema kenne ich nicht. Was das Verfassungsrecht angeht: Es gab schon mal die Fristenlösung, die wurde dann (1993) vom Verfassungsgericht gekippt und es kam zur jetzigen, schizophrenen Regelung, dass eine Abtreibung in den ersten 3 Schwangerschaftsmonaten eine Straftat, aber nach einer Beratung straffrei bleibt.

    • @Offebacher:

      Die Aussage ist ein nicht gekennzeichnetes Zitat eines Mitgliedes der Expertenkommission. Das Europarecht, also iW EMRK und GrCh, gestattet die Kriminalisierung der Abtreibung ebenso wie die Legalisierung. Das Völkerrecht regelt die Abtreibung nicht ausdrücklich, die Äußerungen verschiedener Organe kann man getrost ignorieren. Das verfassungsrechtliche Argument ist natürlich ein zweischneidiges Schwert, weil keine Argumentation zwingend ist. Denn auch unter Aufgabe von Schwangerschaftsabbruch I und II darf der Gesetzgeber die Abtreibung mit Strafe bewehren.

      • @In aller Ruhe:

        Die EMRK gestattet kein Abtreibungsverbot, denn die bezieht sich lediglich auf Geborene.

        • @Croissant:

          Ob das ungeborene Leben Träger von Rechten nach der EMRK ist, ist irrelevant. Es geht nur darum, ob die Rechte der Schwangeren aus der EMRK zu diesem Zweck eingeschränkt werden dürfen. Das hat der EGMR bisher bejaht und lediglich ein Totalverbot ausgeschlossen, weil zumindest bei Verbrechen oder Gesundheitsgefahr ein Abbruch möglich sein müsse. So steht es auf den Seiten 251 f. des Berichtes der Expertenkommission. Der EGMR wird Ihnen auch niemals beitreten, weil er wegen der Vielgestalt der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten sich meist in Zurückhaltung übt. Auch das steht im Bericht, S. 250 oder so. Und das ist keine vereinzelte Rechtsmeinung, sondern völlig unstreitig.

        • @Croissant:

          Aber sie verbietet auch nicht, den Lebensschutz auf Ungeborene auszudehnen oder?

      • @In aller Ruhe:

        Danke für die Ergänzung.

        Wenn der Satz von einer "Expertin" aus einer "Expert_innenkommission" stammt, wird mir angst und bange.

  • Das Recht auf den eigenen Körper ist unveräußerlich, zu Recht. Doch mit keiner Silbe wird das Recht des ungeborenen Lebens erwähnt. Diese Ambivalenz hätte ein paar Sätze verdient. Deswegen ist der Artikel znzureichend und einseitig, einfach schwach.

    • @Schö51:

      Patricia Hecht schrob einen Kommentar, also sowas wie wir "Leserbriefschreiber*innen". Und "Recht des ungeborenen Lebens" ist ne Phrase, auch die christlichen Kirchen haben des anders interpretiert und in den vergangenen Zeiten mit um Dimensionen höherer Kindersterblichkeit (incl. der Mütter desöfteren) die Kleinen erst mit 4 oder 5 getauft, weil erst da die Überlebenswahrscheinlichkeit in einen "investierwürdigen" Bereich stieg.



      Die CxU dudd sich im Übrigen mit den Rechten der Geborenen schwer; krieg ma irgendwo zeitnah in Bayern/Hessen/... nen Krippenplatz ganztägig, letzteres sieht auch bei Kindergärten mau aus. Von ner gescheiten Integration/inklusion simmer in den (Bildung ist Ländersache) "schwarzdominierten" BL auch weit weg.



      Interessanterweise steigt die Zustimmung des Volkes zu einer geregelten Abtreibung ohne immer involviertes Strafrecht stetig und ist bei soliden +/-80%. Kann wohl auch die CxU ned ignorieren.

      • @Hugo:

        ""Recht des ungeborenen Lebens" ist ne Phrase"

        ...die nur - und eben NICHT zufällig - exakt so in allen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zum Abtreibungsrecht steht und einen Schutzauftrag begründet, der die gesamte Staatsgewalt, auch das Parlament, bindet.

        Von daher kann man sich unterschiedlicher Meinung sein ist schon recht dreist, eine Position für verfassungsrechtlich unhaltbar zu erklären, weil sie auf diese "Phrase" rekurriert.

        • @Normalo:

          Wenn dies zutreffend wäre, könnten Frauen in Deutschland nicht abtreiben.🤷🏻‍♀️

          • @Croissant:

            Wenn man nur schwarz-weiß könnte, wäre das möglicherweise so. Es ist aber durchaus möglich, SOWOHL den Schutzanspruch des ungeborenen Lebens ALS AUCH das Recht der Schwangeren auf Selbstbestimmung anzuerkennen - und entsprechend eine Regelung zu suchen, die soweit möglich - naturgemäß nicht rückhaltlos - BEIDEM gerecht wird. Genau dazu hat das BVerfG die Legislative 1993 verpflichtet - mit ziemlich präzisen Vorgaben, damit kein Recht zu kurz kommt. Wer heute nur auf Basis einer von beiden Positionen argumentiert - wie eben viele, die Abtreibung komplett freistellen wollen und auch umgekehrt die v. Storchs dieser Welt, die sie am liebsten ganz verbieten würden - und die andere meint, als "Phrase" abqualifizieren zu können, der mag ja Fans im jeweiligen Lager gewinnen, aber den Boden geltenden Verfassungsrechts hat er verlassen.

            Es ist ja auch nicht so, dass hier aktuell Extremlösungen diskutiert werden, für die man die "Phrase"-Rhetorik bräuchte. Der Gesetzesentwurf ist effektiv keine oder nur eine minimale Liberalisierung gegenüber dem aktuellen Kompromiss. Die Neuerungen sind fast ausschließlich symbolpolitische Heißluft. Das erwähnt nur keiner, weil Wahlkampf ist.

    • @Schö51:

      Das tut die Gegenseite doch zur Genüge. "Das arme ungeborene Leben, der lang ersehnte Thronfolger des samenspendenden Mannes, wie kann dessen Gebärmutter das bloss töten?"



      Ambivalenz ist der Whataboutism das einzufordern, wenn es um die Legalisierung von Abtreibungen geht - also das Gegenteil. Aber eigentlich doch was ganz anderes, nämlich Grautöne, die besonders solchen Kommentaren fehlen.

      • @TV:

        "Das tut die Gegenseite doch zur Geüge."

        Mit so einer Erwartungshaltung an einen Zeitungsartikel (auch wenn er als Kommentar gekennzeichnet ist) nähert man sich massiv genau jenem journalistischen Niveau an, das man sonst gerne der Springer-Presse vorwirft.🤔