Verkehrsminister droht mit Fahrverboten: Go! Wissing! Go!
Volker Wissing kündigt Wochenend-Fahrverbote an, wenn das Klimaschutzgesetz nicht vorankommt. Ist er jetzt Ehrenvorsitzender der Letzten Generation? Leider nein.
D a hat Volker Wissing einen echten Coup gelandet. Fahrverbote am Wochenende seien notwendig, schrieb der FDP-Verkehrsminister an seine Ampel-Kolleg:innen von SPD und Grünen, falls man sich nicht zügig auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes einige. Aber holla, was ist das denn? Der Bundesautominister, für den Verkehr gemeinhin erst dann politisch relevant wird, wenn er als motorisierter Individualverkehr mit einer Mindestgeschwindigkeit von 130 km/h durch die Republik rast, geriert sich plötzlich als Ehrenvorsitzender der Letzten Generation?
Leider nein. Denn wie immer produziert Wissing auch diesmal in Sachen Umweltpolitik vor allem eins: heiße Luft. Und dass die alles andere als gut ist für das Klima, weiß jedes Vorschulkind.
Umso enttäuschender sind die Reaktionen der üblichen Verdächtigen. Statt Wissing beim Wort zu nehmen und auf den netterweise bereitgestellten Zug für radikale Maßnahmen aufzuspringen, nörgeln sie nur herum.
Greenpeace wirft Wissing vor, Horrorszenarien auf die Straße zu malen. Die Grünen empören sich, dass der verkehrte Minister unbegründet Sorgen verbreite. Beide haben selbstverständlich recht. Aber sie zeigen damit auch nur eins: dass selbst die klimapolitische Avantgarde davor zurückschreckt, die Wähler:innen in der autoverliebten Nation zu verschrecken.
Klimawandel endlich ernst nehmen
Wissing selbst gibt zu, dass Fahrverbote den Menschen kaum zu vermitteln seien, wenn die Klimaziele der Bundesregierung insgesamt erreicht würden. Er will mit seinem lauten Motorgeheule natürlich auch gar keine Verbote, sondern genau das Gegenteil: mehr Abgasfreiheit für den Verkehrssektor. CO2 sparen sollen eben nicht die Autofahrer:innen, sondern die anderen. Wer auch immer das ist.
Dabei ist das Problem nicht, dass die Bundesregierung ihre Klimaziele nicht einhält. Das Problem sind die viel zu lasch gesetzten Margen der Ampel. Der Klimawandel lässt sich so nicht aufhalten. Weltweit wird seit Monaten ein Rekord nach dem anderen gebrochen. Der Januar, der Februar, der März waren warm wie nie. Die Temperaturkurve der Weltmeere brodelt so sehr nach oben, dass sich bald auch Badewannenwasserfans Sorgen machen müssen.
Das stört mittlerweile nicht nur irgendwelche Inselbewohner:innen im fernen Pazifik, deren Heimat abzusaufen droht. Das nervt nicht nur kleine süße Pinguine, denen es auf den Galapagosinseln zu warm geworden ist. Der Klimawandel fällt uns auch hierzulande längst immer öfter auf den Kopf. Als tödlicher Starkregen à la Ahrtal.
Was nötig wäre? Ein Verkehrsminister, der seine Arbeit, sein Ressort und den Klimawandel ernst nimmt. Und Fahrverbote nicht nur als Drohkulisse in den Raum stellt, sondern als unabdingbar notwendiges Handeln. Go! Wissing! Go! Und zwar ohne jedes Tempolimit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen