Wasserstoff-Strategie der Ampel: Ein gewaltiger Kraftakt

Dass die Bundesregierung in Deutschland eine echte Wasserstoffwirtschaft aufbauen will, ist eine gute Idee. Nur könnte das länger dauern als geplant.

Arbeiter bei der Stahlproduktion.

Soll bald mit Wasserstoff betrieben werden: Stahlproduktion bei Thyssenkrupp in Duisburg Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Eine gigantische Aufgabe ist das. Die Wasserstoffwirtschaft, die die Bundesregierung aufbauen will, ist heute quasi nicht vorhanden. Und übermorgen soll sie schon fertig sein. Bis zur geplanten Klimaneutralität 2045 sind es nur 22 Jahre. Vergleichbar ist dieser Kraftakt mit dem Bau der unterirdischen Wasser- und Abwasserleitungen im 19. Jahrhundert.

Deshalb hat die Regierung die Ziele in ihrer neuen Wasserstoffstrategie hochgesetzt. Denn das Gas soll eine zentrale Rolle in der nichtfossilen Zukunft spielen – als chemischer Grundstoff etwa in der Stahlindustrie, als klimaneutrale Energiequelle und als Speichermedium. Damit das überhaupt klappt, sollte man keine Farbenideologie der Wasserstoffsorten betreiben. „Grüner“ Wasserstoff, der mit Ökostrom hergestellt wird, ist zwar die Ideallösung. Aber auf dem Weg dorthin könnte beispielsweise auch aus fossilem Erdgas produzierter „blauer“ Wasserstoff eine Rolle spielen.

Das ist kein Beinbruch. Die neue Energiewirtschaft muss erst einmal ins Laufen kommen. Viele Elektroautos fahren heute teilweise auch mit fossilem Strom. Entscheidend ist, dass man diese Übergangsphase begrenzt. Jetzt geht es um den Startschuss – die ersten großtechnischen, staatlich mitfinanzierten Investitionen, wie den gas- statt kohlebefeuerten Hochofen von Thyssenkrupp in Duisburg. Oder den Bau der ersten Wasserstoffleitungen, die die Industriebetriebe miteinander verbinden.

Die durchschnittliche Wohnsiedlung in Deutschland wird weit von diesen wenigen Trassen entfernt liegen. Für die meisten Hausheizungen spielt Wasserstoff deshalb keine Rolle. Ähnliches gilt vermutlich für den Pkw-Verkehr. Schätzungsweise bleibt das neue Gas lange Zeit so knapp und teuer, dass es vor allem Lkws, Schiffe oder Flugzeuge antreiben kann. Wenn immerhin das gelingt, wäre schon viel gewonnen. Gut möglich aber, dass das alles ein bisschen länger dauern wird als bis zum Jahr 2045.

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Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

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