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Biefang legt Verfassungsbeschwerde eintrans Soldatin geht nach Karlsruhe

Ihr Tinder-Profil eckte bei der Bundeswehr an. Jetzt klagt die pansexuelle Kommandeurin gegen den gerichtlich bestätigten Verweis.

Anastasia Biefang und der Anwalt Michael Gladowin am 25. Mai im Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Foto: Sebastian Willnow/dpa

Freiburg taz | Die Bundeswehr-Offizierin Anastasia Biefang hat an diesem Freitag Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie wehrt sich gegen einen Verweis, den sie für ihr privates Tinder-Profil erhalten hat. Im Mai hatte das Bundesverwaltungsgericht die Disziplinarmaßnahme als rechtmäßig bewertet.

Biefang ist Oberstleutnant der Bundeswehr im Kommando Informationstechnik. Sie ist als trans Frau bekannt und wird von der Bundeswehr auch als Aushängeschild für Vielfalt präsentiert. In ihrem privaten Tinder-Profil schrieb Biefang: „Spontan, lustvoll, trans*, offene Beziehung und auf der Suche nach Sex. All genders welcome“. Das Profil enthielt keinerlei Bezug zu ihrer Tätigkeit bei der Bundeswehr. Sie war ohne Uniform (aber angezogen) abgebildet, mit sichtbarem Ehering.

Nachdem ein Screenshot des Tinderprofils der Bundeswehr zugespielt wurde, erhielt Biefang 2019 einen Verweis, der bereits in zwei Instanzen gerichtlich bestätigt wurde. So entschied das Truppendienstgericht Süd im November 2020, Biefang habe „sich selbst und ihre wechselnden Geschlechtspartner zu reinen Sexobjekten reduziert“. Damit habe sie sowohl das „Ansehen der Bundeswehr als auch ihre eigene Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit beeinträchtigt“.

Im Mai diesen Jahres bestätigte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den Verweis nun aber mit neuer Begründung: „ein Disziplinarvorgesetzter kann erzieherische und disziplinare Maßnahmen wegen sexueller Verfehlungen nicht glaubhaft vermitteln, wenn seine Äußerungen über seinen eigenen Lebenswandel auf ein hemmungsloses Ausleben des Sexualtriebs hindeuten.“

Unterstützung für Verfassungsbeschwerde

Gegen den Verweis und die Gerichtsurteile erhob Biefang, die inzwischen als Referatsleiterin im Generalstab der Bundeswehr arbeitet, Verfassungsbeschwerde. Sie wird dabei von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und vom Verein QueerBW unterstützt. Biefang ist auch Vize-Vorsitzende von QueerBW. Der 84-seitige Schriftsatz liegt der taz vor.

Biefang beruft sich vor allem auf ihr Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung, einen Unterfall des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Zur sexuellen Selbstbestimmung gehöre auch das „Recht, sexuelle Kontakte zu suchen und bei dieser Suche ehrlich und nach eigener Vorstellung das eigene Begehren zu thematisieren“. Für sie gehöre eine offene Beziehung zur Identität, ebenso das sexuelle Interesse gegenüber allen Geschlechtern, die so genannte Pansexualität.

Soweit ihr das Bundesverwaltungsgericht „überspitzte“ Formulierungen im Tinderprofil vorwirft, sei das Gericht „weder mit Tinder noch mit der Kommunikation über queere Sexualität vertraut“, es ordne den Profiltext völlig falsch ein. So stelle die Aussage „offene Beziehung, auf der Suche nach Sex“ klar, dass Biefang keine Beziehung sucht, sondern bereits in einer Partnerschaft lebt. Mit dem Hinweis, dass ihre Ehefrau mit weiteren sexuellen Kontakten einverstanden ist, beuge Biefang Erpressungsversuchen vor. Mit „all genders welcome“ habe Biefang eine der üblichen Formulierungen gewählt, um Pansexualität als sexuelle Orientierung zu beschreiben.

Plattformen wie Tinder seien für Menschen aus sexuellen Minderheiten besonders wichtig, da sie im persönlichen Umfeld oft nicht die geeigneten Part­ne­r:in­nen finden. Wenn von ihr faktisch verlangt werde, keine Dating-Plattformen mehr zu nutzen, um bei der Bundeswehr niemand zu irritieren, sei das ein massiver Einschnitt in ihr außerdienstliches Privatleben und ihre Grundrechte.

Wie moralisch darf die Bundeswehr sein?

Für diesen Eingriff gebe es keine taugliche Rechtfertigung. Die Bundeswehr dürfe nicht überkommene Moralvorstellungen zum Maßstab von Disziplinarmaßnahmen machen. „Es widerspricht den Grundrechten in einer liberalen Gesellschaft, dass die legale Freiheitsausübung nur soweit möglich sein soll, wie sie keinen Anstoß erregt“, heißt es in der Verfassungsbeschwerde.

Außerdem sei die Vorstellung, eine promiske Vorgesetzte könne sexuelle Übergriffe nicht glaubhaft unterbinden „abwegig“ und damit als Argument schon im Ansatz ungeeignet. Neben der sexuellen Selbstbestimmung pocht Biefang auch auf die Meinungsfreiheit. Mit Formulierungen wie „all genders welcome“ habe sie sich sich auch gesellschaftspolitisch positioniert. Sie distanziere sich dabei von der Vorstellung, es gebe nur zwei Geschlechter. Ihr freundliches „welcome“ werbe für Toleranz und Vielfalt.

Am Bundesverfassungsgericht wird vermutlich der liberalere Erste Senat zuständig sein. Für Fälle um das Allgemeine Persönlichkeitsrecht ist die Verfassungsrichterin Ines Härtel federführend. Noch ist völlig offen, wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

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29 Kommentare

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  • Ein deutscher Soldat oder eine deutsche Soldatin "schnackselt" halt gerne. Na und?

  • Wusste gar nicht, dass die Bundeswehr solche moralischen Richlinien hat. Heimlich Sex und nicht darüber reden ist doch mehr ein Religionsding.



    Womit man natürlich erpressbar wäre., was sie ja nun in der Beziehung überhaupt nicht ist. TOP Oberstleutnant also

  • Es gibt 180.000 Soldatinnen und Soldaten bei der Bundeswehr.

    Sollte Frau Biefang die einzige sein, die auf Tinder ist?

    "So entschied das Truppendienstgericht Süd im November 2020, Biefang habe „sich selbst und ihre wechselnden Geschlechtspartner zu reinen Sexobjekten reduziert“. Damit habe sie sowohl das „Ansehen der Bundeswehr als auch ihre eigene Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit beeinträchtigt“.

    Das wiederum liest sich, als würde es aus den 50-er-Jahren stammen.

    • @Jim Hawkins:

      Es ging wohl eher um die Art und Weise wie auf Tinder "Werbung" gemacht wurde, um die Nutzung von Tinder selbst ging es nicht.

    • @Jim Hawkins:

      Sie ist Kommandeur- Sie müssen nach Kommandeuren suchen.

      • @Rudolf Fissner:

        Man mag es kaum glauben, es gibt die Kommandeuse:

        www.duden.de/recht...eibung/Kommandeuse

        Aber von denen, also auch der männlichen Form, gibt es nicht so viele.

        Irgendwie erinnert das ein bisschen an die Kießling-Affäre:

        de.wikipedia.org/w...9Fling-Aff%C3%A4re

        Achtung: Ein bisschen, OK? Ich sage nicht, dass es genau das Gleiche ist.

        • @Jim Hawkins:

          Was wollen Sie über Homosexualität und Sex mit unterschiedlichen Geschlechtern sagen? Wo sehen Sie da einen Zusammenhang?

          Das bisherige Urteil ist ein grundsätzliches, dass unabhängig von der sexuellen Präferenz von Bedeutung ist.

          • @Rudolf Fissner:

            Ich will sagen, dass (vermeintliches) sexuelles Nicht-Wohlverhalten sanktioniert wird.

  • Die Bundeswehr:



    Mann-Frau-Sex=anständiges Sexualverhalten.



    Jeder andere Sex=sexuelle Verfehlung.

    OK. Das erklärt auch warum es in der Bundeswehr so schwer fällt, eine Verfehlung zu sehen, wenn ein Mann sexuelle Handlungen an einer nicht damit einverstandenen Frau vornimmt, weil Man+Frau=Richtig...

    Wie absurd es ist, in Anbetracht u.a. sexuellen Übergriffen (oft inkl Ehebruch und Verleumdung des Opfers) in der Bundeswehr von "Verfehlung" zu sprechen, wenn ein nicht betrügender, nicht lügender Mensch ausschließlich und ausdrücklich einvernehmliche Sexualkontakte sucht und das ebenso ehrlich wie höflich formuliert.

    • @Eva Kern:

      Ich denke es geht um Promiskuität. Nd die ist nicht an ein Geschlecht gebunden.

  • Ist ein hemmungsloses Ausleben des eigenen Sexualtriebs, wenn er ausschließlich auf freiwilliger Basis geschieht, eine sexuelle Verfehlung?



    Das scheint bei der Truppe nicht für sexistische Pinupfotos zu gelten.

  • Die beiden hier genannten Begründungen der Gerichte lassen tief blicken.

    Sie habe sich und die Sexpartner:innen zu Sexonjekten reduziert? Offen Sex zu suchen ist aus meiner Sicht genau das eben nicht! Sie begegnet ihrem Gegenüber damit als aktivem SUBJEKT auf Augenhöhe.

    Objektivierend ist demgegenüber das, was hundert- und tausendfach in deutschen Kasernen vorkommen dürfte, etwa, wenn z.B. 'ganz normale' heterosexuelle Bundeswehrangehörige auf objektivierende, abwertende Art und Weise über ihre sexuelle Eroberung vom Wochenende sprechen, oder untereinander davon sprechen, dass jemand 'mal richtig gefickt gehort' oder wenn Kamerad:innen aufgrund sexueller Orientierung oder sexueller Identität stigmatisiert werden. Mal ganz abgesehen von handfesten sexuellen Übergriffen.

    Dass jemand, der sich selbst sexuell offen auslebt, sexuelle Verfehlungen nicht glaubhaft sanktionieren kann, zeigt, dass offensichtlich das offene Ausleben von Sexualität selbst schon als Verfehlung gewertet und mit tatsächlichen Verfehlungen wie z.B. sexuellen Übergriffen auf eine Stufe gestellt wird.

    Doch was kann an dem Verhalten der Kommandeurin eine 'sexuelle Verfehlung' sein? Eine 'sexuelle Verfehlung' kann aus meiner Sicht doch nur etwas sein, was gegen die Selbstbestimmung oder die Würde eines Menschen verstößt. Einen Verstoß gegen die Selbstbestimmung wird ja wohl auch der konservativste Richter hier nicht erkennen können. Dann also die Würde - und genau das ist wirklich bezeichnend. Was sind das für Vorstellungen, die eine Unterdrückung der eigenen Sexualität als würdevoller bewertet als ein aktives Ausleben auf offener, konsensualer Basis?

    Ich glaube, dass es umgekehrt sogar weniger echte Verfehlungen wie Übergriffe etc. gäbe, wenn es mehr Menschen gäbe, die sexuell so mündig sind, ihre Bedürfnisse offen und aktiv zu kommunizieren und in gegenseitigem Respekt mit ihren Sexualpartner:innen auszuleben.

    • @Komma:

      Danke! Gut auf den Punkt gebracht!



      Genau diese Gedanken gingen mir beim Lesen des Artikels durch den Kopf.

    • @Komma:

      Wenn Zwei sich gegenseitig zum Sexobjekt machen, sind sie immernoch/wieder auf Augenhöhe.

      Und ja, die Argumentation hinsichtlich des Autoritätsverlustes ist durchaus nachvollziehbar - diese leitet sich nämlich eben nicht nur aus dem Amt ab, sondern bedarf auch der persönlichen Glaubwürdigkeit. Dieses Argument wird gerade in Zusammenhang mit der römisch-katholischen Kirche seit Jahren ins Feld geführt, zuletzt auch im Zusammenhang mit den Vorkommnissen um Erzbischof Kardinal Woelki bei der Ministrantenwallfahrt nach Rom.



      Und dieses persönliche Element der Autorität hat die Klägerin durch ihr öffentliches Verhalten gerade beschädigt. Die Präsentation ihrer sexuellen Angebote bzw. ihrer grundsätzlichen sexuellen Verfügbarkeit gegenüber einer nicht näher eingegrenzten Öffentlichkeit, also möglicherweise eben auch gegenüber Untergebenen oder Vorgesetzten, ist eben keine Privatsache.



      Man darf auf das Urteil aus Karlsruhe gespannt sein.

  • Wer mitbekommt, dass er eine Botschaft eines Staatsbediensteten - insbesondere die eines Beamten - wahrnimmt, der verbindet es mit dem Staat. Das Privatleben dieser Personen wird etwas anders bewertet als das der übrigen Bevölkerung. Das geht auch aus dem Dienstrecht hervor.

    Das sollte auch kritisch gesehen werden. Oder will etwa jemand die Bürger Russlands in ihrer Gesamtheit mit dem Kriegsverbrecher aus Moskau verbinden. Der sollte ja auch ein Staatsdiener sein. Ich beispielsweise fühlte mich nie vertreten durch die vorherige Mach-Nichts-Kanzlerin.Wenn die was tat, dann doch meist Negatives für das Wohl der Bürger. Aber Politiker sind ja keine Personen, die ,man der Personengruppe aus dem obersten Abschnitt zuordnen kann.

    • @fvaderno:

      Da haben sie wahrhaft krause Gedanken.

      Das Dienstrecht gilt wohl eher bei Eierdieben, Kinderfickern oder Höcke-Parteigängern.



      Nicht jei einvernehmlich Spaß haben - außer mit Höcke natürlich.

  • Tja, so wie ich die deutsche Justiz einschätze, wird es dann um EuGH gehen (müssen)

  • Das, was Anastasia Biefang in ihrem Dating-Profil getan hat, ist genau das, was sich alle nur wünschen können, die über Dating-Plattformen nach Beziehung suchen.

    Warum?

    Die klare, direkte und ehrliche Benennung der angestrebten Beziehungskonstellation fehlt in vielen Dating-Profilen. Stattdessen bleiben Leerstellen oder es wird sogar die von der Wahrheit abgewichen. Auf solch einer Basis können aber keine tragfähigen Beziehungen entstehen.

    Jede Dating-Plattform und alle ihre Nutzer:innen können daher über Verhalten wie das von Anastasia Biefang nur froh sein.

    Sie hat deutlich gemacht, dass sie in einer offenen Beziehung lebt und Sex sucht. Psychologische Studien zeigen, dass solche Beziehungen stabil und glücklich sein können. Sie hat ebenfalls deutlich gemacht, dass alle geschlechtlichen Identitäten willkommen sind. Damit hat sie Ehrlichkeit und Transparenz praktiziert und gleichzeitig eine ausreichende Informationsbasis zur Kontaktaufnahme gegeben.

    Soll sie denn lügen oder Dinge verschweigen, die doch offensichtlich äußerst wichtig als Informationen sind?

    Wenn dies Verhalten ein Grund für einen Tadel sein sollte, dann werden Unehrlichkeit, Verschweigen wesentlicher Informationen und mangelnde Transparenz offenbar als Anforderungen an das Verhalten von Soldat:innen gesehen.

    Inhaltlich ist es völlig klar:

    Wer in einer offenen Beziehung lebt, sollte dies im Profil bereits benennen. Wer nach Sex sucht, sollte dies ebenfalls bereits im Profil benennen. Zudem sollte im Profil deutlich werden, welche Interessent:innen infrage kommen.

    Aus meiner Sicht hat sich Anastasia Biefang für Ihr Profil eine glatte 1 verdient.

    Es sähe besser um das Online-Dating aus, wenn alle Nutzer:innen (auch alle Soldat:innen) sich an Anastasia Biefang ein Beispiel nehmen würden.

    Sollte das Verfassungsgericht dies anders sehen, hat es entweder keine Ahnung vom Thema oder vertritt ein ebenso konservatives wie heuchlerisches Menschenbild.

    • 3G
      39538 (Profil gelöscht)
      @PolitDiscussion:

      Sie geben Anastasia "eine glatte 1" für ihr Dating-Profil. Mit Verlaub, aber das hört sich doch verdammt oberlehrerhaft an. (Und was bringt eigentlich totale Offenheit in sexuellen Belangen, wenn gleichzeitig verschwiegen wird, was beruflich angestellt wird?)

  • Die Frage lautet sicherlich, welche „öffentliche Privatsphäre“ ein Oberstleutnant der Bundeswehr im Kommando Informationstechnik für sich „vertraglich“ beanspruchen kann. Das kann ja vom Sicherheitsaspekt ein höchst sensibler Bereich sein, der für viele Nachrichtendienste interessant sein könnte.

    • @Ward Ed:

      Man schickt dann eine pansexuelle Kugel, um einen pansexuellen Soldaten zur Strecke zu bringen?

    • @Ward Ed:

      In den Urteilsbegründungen geht es aber nicht um Sicherheitsaspekte, sondern um eher vorgeschobene, angebliche Moralvorstellungen:

      》So entschied das Truppendienstgericht Süd im November 2020, Biefang habe „sich selbst und ihre wechselnden Geschlechtspartner zu reinen Sexobjekten reduziert“. Damit habe sie sowohl das „Ansehen der Bundeswehr als auch ihre eigene Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit beeinträchtigt“.

      Im Mai diesen Jahres bestätigte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den Verweis nun aber mit neuer Begründung: „ein Disziplinarvorgesetzter kann erzieherische und disziplinare Maßnahmen wegen sexueller Verfehlungen nicht glaubhaft vermitteln, wenn seine Äußerungen über seinen eigenen Lebenswandel auf ein hemmungsloses Ausleben des Sexualtriebs hindeuten.“《

      "Hemmungsloses Ausleben des Sexualtriebs", ja, das ist schlimm für die Bundeswehr. Denn traditionell wird in Armeen sexuelle Hemmung zur Erhaltung der Kampfbereitschaft eingesetzt, sozusagen wie der gespannte Hahn eines Revolvers.

      Krass illustriert z.B. in Episode 8 (Staffel 3) von Babylon Berlin, diesem Gangbang unter Offiziersaufsicht. So funktionieren auch Massenvergewaltigungen, qua Befehl/Erlaubnis, und darum dürfte es auch hier in Wirklichkeit gehen: "eigenmächtiger" Umgang mit Sexualität untergräbt immer noch die "Moral" der Truppe.

      Gerade Transparenz - Biefang selbst hat erläutert, dass sie dadurch gegen Erpressung geschützt ist - entkräftet Sicherheitsbedenken, sie lassen sich hier nicht wirklich vorschieben, sondern es geht im Kern um Persönlichkeitsrechte von Soldat*innen.

    • @Ward Ed:

      Ich bin mir nicht sicher, ob der Sicherheitsaspekt hier eine Rolle spielt, weil die Betroffene ja gerade durch ihr öffentliches Profil nicht mehr erpressbar ist - wie soll man eine Person mit intimen Details unter Druck setzen, wenn sie diese für alle sichtbar im Internet mitteilt? Es geht hier eher um das "Ansehen" der Bundeswehr, was auch auf eine seltsame Moral staatlicherseits schließen lässt: man bezahlt Menschen fürs Töten, findet es aber anstößig, wenn sie vögeln - ich persönlich sehe das genau umgekehrt....

    • @Ward Ed:

      Sie verwenden dieselbe Argumentation, mir der die BW jahrzehntelang gegen Schwule vorgegangen war. Immerhin ist Das mitterweile vorbei.

      Wenn dienstlich egal ist, was du in Deinem Tinderprofil schreibst, ist das auch für Nachrichtendienste belanglos.

      Um eine sexuelle Beziehung zu wichtigen Leuten anzuzetteln, ist Tinder übrigens eher ein Hindernis.



      Ich verweise da mal auf die DDR-Agenten, die im kalten Krieg auf Bonner Chefsekretärinnen angesetzt wurden.

  • PR mäßig macht die BW ja gerade vieles richtig und zeigt ihr modernes Gesicht und dann kommt wieder so ein Mist...sind die Zuständigen vor 100 Jahren stecken geblieben, dass Tinder zu benutzen jetzt anrüchig ist?! Wie will man mit so neue, fähige Leute für sich gewinnen?!

    • @Eric Parpart:

      Ganz einfach, man will keine fähigen Leute für sich gewinnen. Rekruten sollen folgsam sein, sich unterordnen, Befehle nicht in Frage stellen.

    • @Eric Parpart:

      Stimmt, gerade PR-mäßig ist das ein Rohrkrepierer.

      Gerade weil das Soldatenleben tendenziell eher beziehungsfeindlich ist (soll sich seit meinem Wehrdienst ja gebessert haben), dürfte der Anteil an Soldaten bei Datingdiensten eher hoch sein.

  • ".....auf ein hemmungsloses Ausleben des Sexualtriebs hindeuten.“

    Was genau soll daran nicht akzeptabel sein (vom gesundheitlichen Risiko mal abgesehen)? Wir leben nicht mehr in den 50ern.

  • Privat ist privat und beruflich ist beruflich. Jedenfalls sollte es so sein, meiner Meinung nach. Es ist traurig wie in den letzten Jahren oftmals private Meinungen z.B. auf Facebook oder Twitter, Parteizugehörigkeit en oder jetzt eben auch Tinderprofile negative Auswirkungen auf den Beruf haben.