Kommentar Linkspartei und US-Rückzug: Zynische Freunde

Die Linksfraktion begrüßt Trumps Rückzug aus Syrien. Die Kurden, an deren Seite sie doch angeblich steht, müssen sehen, wo sie bleiben.

Ein kurdischer Junge in Kobane Anfang 2015

Ein kurdischer Junge in Kobane Anfang 2015. Damals forderte die Linksfraktion noch Solidarität Foto: reuters

Einmal mehr überfordert die komplexe Lage in Syrien das simpel gestrickte antiimperialistische Weltbild linker Außenpolitiker. Das war schon 2014 so, als die Kurden Kobane nur deshalb aus den Händen des IS befreien konnte, weil parallel zu ihren Angriffen am Boden die amerikanische Luftwaffe IS-Stellungen in der Stadt angriff. Dennoch hielt die Bundestagsabgeordnete Christine Buchholz damals auf Facebook ein Plakat mit der Aufschrift „Solidarität mit dem Widerstand in Kobane! US-Bombardement stoppen!“ in die Kamera.

Am Freitag hat nun der linke Bundestagsabgeordnete Alexander Neu den Rückzug der Amerikaner aus Nordsyrien begrüßt. Dabei ist die Präsenz US-amerikanischer Truppen das entscheidende Hindernis, das Erdogans Einmarsch in das kurdisch dominierte Gebiet im Wege steht.

Die Linkspartei ist im Syrienkonflikt im Zweifelsfall für Assad und seine russischen Unterstützer, weil sie vor allem eine westliche Aggression hinter dem jahrelangen Krieg in Syrien sieht. Sie ist für die Kurden, gegen die Türkei. Wenn es offensichtliche Interessengegensätze wie die zwischen der USA und der Türkei gibt, ist sie nicht in der Lage, sie politisch zu nutzen, sondern fordert politische Reinheit. Der Abzug der USA ist ihr am dringlichsten. Wie sich die Kurden danach verteidigen können, müssen sie selbst sehen.

Auch Neu weiß, dass die Türkei seine kurdischen Freunde wahrscheinlich angreifen wird, befürchtet sogar „ethnische Säuberungen“. Für diesen Fall verlangt der Abgeordnete Sanktionen der EU gegen die Türkei. Das ist zynisch: Die Opfer eines türkischen Militäreinsatzes werden davon nicht wieder lebendig.

Wenn das kurdische Gebiet in Nordsyrien fällt, wird die Linksfraktion ihre Krokodilstränen weinen. Sie wird weiterhin glauben, fest an der Seite der Kurden zu stehen. Aber im Syrienkonflikt ist sie derzeit Donald Trumps neuer bester Freund in Deutschland.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.

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