Kommentar Rückzug der USA aus Syrien: Geschenk für Erdoğan

Kurz vor Weihnachten beschließen die USA ihren Rückzug aus Syrien. Für die Türkei ist das eine Einladung zum Einmarsch in die Kurdengebiete.

türkische Soldaten stehen Wache mit einem Bild eines getöteten Kameraden, alles mit türkischen Nationalfarben

Mahnwache für einen türkischen Soldaten, getötet bei der Offensive im syrischen Afrin Foto: ap

„Der IS ist besiegt, wir holen unsere Jungs aus Syrien nach Hause“, verkündete US-Präsident Donald Trump am Mittwochabend – und löste damit weltweit wütende Proteste, massive Befürchtungen und stille Genugtuung aus. Grundsätzlich ist es ja keine schlechte Nachricht, wenn ausländische Soldaten einen Kriegsschauplatz verlassen, doch Syrien ist etwas anderes als es früher Vietnam oder selbst der Irak waren. Der Krieg in Syrien ist damit nicht beendet, der bevorstehende Rückzug der US-Truppen schafft lediglich Raum für andere Player auf dem für den gesamten Nahen Osten so wichtigen Kriegsschauplatz Syrien.

Einer von denen, die jetzt gestärkt werden, ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Auf seinen Befehl hin stehen türkische Truppen seit Tagen an der syrischen Grenze bereit, um zum dritten Mal ins Nachbarland einzumarschieren. Der Grund ist immer derselbe: Erdoğan will die syrisch-kurdische YPG-Miliz aus dem gesamten Gebiet entlang der türkischen Grenze vertreiben und dabei eine möglichst große Zahl kurdischer Kämpfer „neutralisieren“. Bislang standen ihm dabei die US-Truppen im Weg, weil die kurdischen YPG im Kampf gegen den IS die wichtigsten Verbündeten der USA sind. Nachdem der IS nach Trumps Meinung nun besiegt ist, kann man die Kurden fallen lassen, so denkt der US-Präsident.

Für die Kurden wird damit eine lange gehegte Befürchtung wahr, während Erdoğan im Stillen jubelt. Die bevorstehenden Weihnachtstage bieten die perfekte Ablenkung für den türkischen Einmarsch. Mit dem Christkind kommen die Panzer. Während es selbst im Pentagon Stimmen gab, die forderten, die USA sollten sich für Gespräche zwischen der Türkei und den Kurden einsetzen, statt den Weg für einen neuen Krieg freizumachen, ist ihr Oberbefehlshaber der Meinung, darum sollen sich andere kümmern.

Frohes Fest, Mr. Präsident.

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