Kommentar Rechtes Bündnis in Chemnitz: Die Entlarvung der AfD bringt wenig

Die AfD läuft in Sachsen mit Rechtsextremen – schaden wird es ihr wieder nicht. Der Widerstand der Liberalen muss sich deshalb verändern.

Björn Höcke während der Demo in Chemnitz

In der AfD wird Chemnitz die Position des Flügels um Bernd Höcke weiter stärken Foto: ap

Für Björn Höcke dürfte Samstag ein guter Tag gewesen sein. In Chemnitz haben die radikal Rechten sein Konzept von der AfD als Bewegungspartei erfolgreich in die Tat umgesetzt: Sie haben Macht auf der Straße demonstriert. Daran ändert auch nichts, dass ihr Marsch dank Straßenblockade abgebrochen werden musste. Anders als bei der AfD-Demonstration Ende Mai in Berlin waren die Rechten in Chemnitz zahlenmäßig denen überlegen, die für Demokratie und eine offene Gesellschaft auf die Straße gegangen sind.

Das Bündnis, das da hinter den AfD-Landeschefs aus Thüringen, Brandenburg und Sachsen marschierte, ist für Beobachter der Szene nicht neu. Doch so offensiv und selbstverständlich ist es bislang selten aufgetreten. Da demonstrierten AfD-Funktionäre Seite an Seite mit Pegida und Pro Chemnitz, dazu Identitäre, Mitglieder der sächsischen Kameradschaftsszene und rechtsextreme Hooligans. Ein Bündnis also bis ganz weit ins rechtsextreme Lager hinein.

In der AfD wird Chemnitz die Position des Flügels um Höcke weiter stärken. Auch wenn sie parteiintern nicht allen gefallen wird. Groß ist noch immer die Angst, Bilder wie die aus Chemnitz könnten letztlich doch den Verfassungsschutz auf den Plan rufen und bürgerliche WählerInnen, die die AfD dringend braucht, verprellen. Denn nur weil sie Menschen auch aus der bürgerlichen Mitte mobilisieren kann, kommt die AfD auf mitunter hohe zweistellige Ergebnisse.

Aber wird es den WählerInnen, die früher bei der Union oder der Linkspartei, bei FDP oder SPD ihr Kreuz gemacht haben, nicht bald mal zu viel? Müssten sie nicht einer Partei, die offen mit Rechtsextremisten paktiert, ihre Stimme verweigern? Leider deutet wenig darauf hin. Egal mit wem AfD-Funktionäre sich zeigten, egal welch revisionistische und völkische Positionen sie vertraten wie jüngst Gauland mit seinem Vogelschiss – geschadet hat es ihnen bislang nicht.

Dafür, dass die AfD sich klar gegen Flüchtlinge und MigrantInnen positioniert, der offenen Gesellschaft den Kampf ansagt und weißen Männern die alleinige Deutungsmacht über dieses Land zurückgeben will – dafür ist ein Teil der WählerInnen offenbar bereit, den Boden der Demokratie zu verlassen.

Das heißt auch: Die Entlarvung der AfD und die Aufklärung ihrer AnhängerInnen bringt wenig. Auch der Versuch anderer Parteien, AfD-WählerInnen zurückzugewinnen, wird meist zur Anbiederung und führt auf Abwege. Also lassen wir das. Und setzen uns stattdessen für die liberale Gesellschaft ein, in der wir leben. Wir sind nicht nur viele. Wir sind die große Mehrheit.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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