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#womeninmalefields Social-Media-Trend„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“

Was wäre, wenn Frauen so über Männer sprechen würden wie Männer über Frauen? Unter dem Hashtag #womeninmalefields probieren das viele von ihnen aus.

Unter dem Hashtag #womeninmalefields kritisieren Frauen mit Ironie das Verhalten von Männern Foto: Josep Suria /imago

Gewalt an Frauen hat bekanntlich System. Im Einzelfall wird das aber oft übersehen. Um es zu begreifen, hilft ein Blick in die sozialen Medien: Unter dem Hashtag #womeninmalefields machen FLIN­TA* (Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen) aus aller Welt frauenverachtendes Verhalten erfahrbar. Ganz einfach, indem sie den Spieß drehen.

„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“ lautet ein typischer Post auf der Kurznachrichtenplattform Threads. Gestartet hat der Trend, wie so häufig, auf TikTok. Mittlerweile fluten Posts dazu die meisten Social-Media-Feeds.

Der Trend geht viral. Das Rezept ist simpel: In den Beiträgen teilen Frauen* ihre Erfahrungen geschlechtsspezifischer Gewalt, indem sie sich selbst zu Tätern stilisieren. Damit führen sie vor, was ihnen in Interaktionen mit Männern immer wieder passiert: diskriminierende Aussagen, Ignoranz und Gewalt.

Im Gegensatz zur #MeToo-Bewegung werden hier nicht die Gesichter der Täter gezeigt, werden nicht ihre Namen genannt. Stattdessen stehen ihre Worte und ihr Verhalten im Mittelpunkt. Indem die Frauen* sich aneignen, was ihnen selbst widerfahren ist, wenden sie das Blatt und zeigen so die Absurdität von Verhaltensweisen, die wir ständig als normal hinnehmen.

In den Kommentarspalten feiert sich die Community und ermutigt sich dazu, die Geschichten zu teilen: „Können wir bitte darüber reden, wie gut der Trend womeninmalefields ist? Es ist so eine unfassbar geniale Auseinandersetzung und Offenlegung und setzt Männern endlich einen Spiegel vor“, schreibt eine Userin.

Girls will be Girls

FLIN­TA* können so öffentlich über ihre Traumata sprechen und das Erfahrene gemeinsam verarbeiten. Gleichzeitig sensibilisieren sie sich gegenseitig für toxisches Verhalten. „Haben wir alle dieselben Männer gedatet?“, lautet die rhetorische Frage zu einem Post.

Zudem machen die Content-Creatorinnen Männer auf ihr Verhalten aufmerksam – und erteilen eine humorvolle Lektion in sexueller Diskriminierung: „Erstes Date auf der Achterbahn, weil ich seine Geheimratsecken abchecken will #womeninmalefields.“

Es überrascht wenig, dass Männer den Trend auch schnell zum Anlass nahmen, sich unter dem Hashtag #men­infemalefields erneut ins Zentrum zu stellen. Ihr trotziger Protest verkennt zwar den systemischen Kern des Problems. Er liefert aber seinerseits einen unfreiwilligen Beitrag zur Aufarbeitung von struktureller Gewalt an Frauen. Denn das Verhalten dieser Männer bestätigt nur zu oft die #womenin­malefields-Posts. Das klingt dann so: „Eine echte Frau zahlt für das Date #meninfemalefields.“

Die Antwort darauf ist konsequent: „Ein Mann hat sich bei mir beschwert, dass #womeninmalefields verletzend und männerfeindlich ist. Ich sagte ihm, er solle aufhören, so emotional zu sein. Alle wissen: girls will be girls.“

#womeninmalefields behandelt eine ernsthafte Angelegenheit, aber in einem zugänglichen und sehr unterhaltsamen Format. Das virale Phänomen ist deswegen so wichtig, weil es als partizipative Bewegung funktioniert. So schaffen die FLINTA* es, allein durch die schiere Masse ihrer Erfahrungsberichte das System hinter der Gewalt aufzuzeigen. Die Bewegung zeigt also vor allem eins: dass #MeToo nicht aufhört.

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7 Kommentare

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  • "Gewalt an Frauen (...) Ganz einfach, indem sie den Spieß drehen."



    Unrecht mit Unrecht vergelten ist ganz einfach falsch. Wenn jetzt die Antwort kommt "Ist ja nur Spaß", dann verweise ich gerne auf die entsprechenden Kommentare zu "Frauen sollen sich nicht so anstellen".



    Darüber hinaus: Konfrontation schafft in der Regel keine Verbündeten, sondern verschärft die Fronten. Das kann natürlich auch ein Ziel sein.

    • @Encantado:

      Ich habe mir gerade ein verlinktes TikTok von Karlheinz angesehen. Ich finde das eher eine humoristische Note. Oder "den Spiegel vorhalten".

      Das Zitat am Anfang ("Gewalt") hat mich auch etwas gestört. Aber es geht zumindest hier um dumme Männersprüche. Ich finde (zumindest den Mini-Ausschnitt, den ich gesehen habe), auf eine unterhaltsame Art nachdenklich machend.

  • "In den Kommentarspalten feiert sich die Community und ermutigt sich dazu, die Geschichten zu teilen: „Können wir bitte darüber reden, wie gut der Trend womeninmalefields ist? Es ist so eine unfassbar geniale Auseinandersetzung und Offenlegung und setzt Männern endlich einen Spiegel vor“, schreibt eine Userin."

    Und genau das wage ich leider zu bezweifeln, denn wie so oft, bewegen sich die Betroffenen Frauen in ihrer eigenen Bubble, die Männer um die es hier geht, werden sich sicher nichts davon anschauen, von daher wird die eigentliche Zielgruppe des ganzen überhaupt nicht erreicht? Es wirkt eher wie eine Art Selbsthilfegruppe der anderen Art. Ich finde das Gut und will das niemandem absprechen , aber der Gedanke dahinter scheint ja ein "jetzt zeigen wirs den Männern" zu sein, dazu kann ich nur sagen: Nein, tut ihr leider nicht.

    Ob man sich wirklich auf das gleiche Niveau wie besagte Individuen der männlichen Gattung herablassen sollte ist eine andere Frage.

  • Mehr Beispiele wären nett gewesen.

  • Ich habe Lecktücher gekauft, von 10 Frauen wollten 7 nicht dass ich sie nutze und von den anderen 3 haben zwei gesagt sie spüren dann nicht soviel, oder "es fühlt sich komisch an", wollten also nicht, dass ich diese weiterhin nutze.

    Die letzte findet es ohne Lecktücher angenehmer. Da ich safer Sex wichtig finde kann ich nur sagen, dass Kondomnutzung in der Queeren Szene verbreiteter ist als Lecktücher.