taz-Serie Nachtzugkritik: Schlafen super, koten verboten
Mit dem Nachtzug zwischen Paris und Nizza kommt man klimafreundlich an die Côte d’Azur. Aber die Toiletten sind unterirdisch.
So lange braucht man von Berlin mit dem ICE oder TGV bis zum Pariser Ostbahnhof. Im Zug sollte man schon ein Ticket für die Metro kaufen, die einen dann binnen weniger Minuten zum Bahnhof Austerlitz bringt, wo der Nachtzug startet. Wer das Metroticket erst im Bahnhof erwirbt, spart zwar ein paar Cent, muss aber regelmäßig in einer langen Schlange vor den wenigen Fahrkartenautomaten warten. Zu empfehlen ist leichtes Gepäck, denn die meisten Metrostationen haben immer noch keine Fahrstühle oder Rolltreppen.
Gegen 21 Uhr fährt der Intercités de Nuit vom Gare d’Austerlitz los. In der zweiten Klasse gibt es Sitzplätze (am billigsten) und Abteile mit jeweils sechs Liegen, die zumindest für den Autor weder zu hart noch zu weich waren. In der ersten Klasse müssen sich nur vier Personen ein Abteil teilen. Mit einem Ticket dieser Luxusklasse darf man nach der Rückfahrt morgens im Bahnhof Paris-Austerlitz auch kostenlos duschen.
Auf jeder Liege finden sich ein leichter Schlafsack, ein Kissen und zum Beispiel eine Flasche Wasser sowie Ohrstöpsel. Die Abteile sind klimatisiert, was im Sommer gerade für die Passagiere auf den oberen Liegen super ist. In manchen Waggons gibt es an jeder Liege eine Steckdose, an der sich Handys laden lassen, aber die dummerweise eine Beleuchtung haben, die sensible Schläfer stört. Andere Waggons haben Steckdosen nur auf dem Gang und in den Waschräumen oder Toiletten. Der Zug hat zwar WLAN, aber weder auf der Hin- noch auf der Rückfahrt funktionierte der Internetzugang.
Nachtzüge sind eine umweltfreundliche Alternative zu vielen Flügen. Die taz stellt deshalb in loser Folge Verbindungen mit Schlaf- oder Liegewagen vor. Denn viele Angebote sind kaum bekannt. Wir schreiben aber auch, was besser werden muss, damit sie für mehr Menschen attraktiver werden.
Alle vorherigen Folgen finden Sie auf www.taz.de/nachtzugkritik.
Man kann in diesem Zug vergleichsweise gut schlafen, denn nach der Abfahrt in Paris steigt bis zum ersten Halt in Marseille um 6.27 Uhr niemand zu oder aus. Zudem rollen die Waggons recht sanft über die Gleise.
Die Abteile lassen sich verriegeln. Wertsachen sollte man unten in seinem Schlafsack oder in der Hose verstauen. Für Frauen gibt es übrigens extra Abteile, die sich ohne Aufpreis reservieren lassen.
Am Morgen wacht man dann in Südfrankreich auf: Weinstöcke, Berge, die Sonne des Südens direkt vor dem Zugfenster! Der Schaffner verkauft zum Beispiel Kaffee, aber beispielsweise in der Nähe des Hauptbahnhofs in Nizza oder auf dem Boulevard de l’Hôpital nahe Paris-Austerlitz sind Cafés, die bessere Frühstücksangebote haben.
Aus- oder zusteigen kann man ebenfalls in Toulon, Les Arcs-Draguignan, St-Raphaël-Valescure, Cannes und Antibes. Wer zum Beispiel eine Woche in Nizza war, kann morgens nach Antibes fahren, den Tag am im Vergleich zu Nizza viel schöneren Strand verbringen und um 19.30 Uhr den Nachtzug besteigen, der circa 8 Uhr in Paris ankommt.
Der Komfort dieses Zugs wäre super, wenn da nicht die Sache mit den Toiletten wäre: Ein Fallrohr leitet alles, was ins Klo kommt, direkt aufs Gleisbett. Ja, auch Kot! Es sei denn, der Wasserstrahl ist mal wieder so schwach, dass das Ganze gleich an der Öffnungsklappe hängen bleibt … Eine Sauerei, die man der stolzen französischen Staatsbahn SNCF im Jahr 2022 nicht zugetraut hätte. Dabei sind die Waggons dem Anschein nach sehr wohl in diesem Jahrtausend neu eingerichtet worden. Und dann war auf der Hinfahrt am Morgen auch noch das Klopapier alle. Tipp: besser vor und nach der Fahrt auf Toilette gehen.
Tickets werden ab 29 Euro pro Weg zum Beispiel auf der Buchungsseite der SNCF verkauft, die auch eine Version auf Deutsch hat. Je nach Reisetag kann die Fahrt aber auch zum Beispiel 59 oder 69 Euro kosten.
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