Zehn Fragen zum Coronavirus: Wie heftig wird es?

Ist Panik angebracht? Sind Atemschutzmasken sinnvoll? Oder sollte man besser Aktien kaufen? Und was sagt der Bundesgesundheitsminister?

Arbeiter der Schutzmasken herstellt hält eine Maske in den Händen

Sind Atemschutzmasken eine sinnvolle Investition? Maskenherstellung in China Foto: Wang Quanchao/imago

1. Das Coronavirus macht sich in Europa breit. Müssen wir alle sterben?

Nein, nach den bisher bekannten Zahlen stuft das Robert-Koch-Institut das Coronavirus zwar tödlicher als die Grippe ein. Mehr als 80 Prozent der Infizierten weisen aber nur milde Symptome auf. Rund 15 Prozent erkranken schwer, 1 bis 2 Prozent sterben. In Deutschland sind noch keine Todesfälle aufgetreten.

Wie heftig sich die Symptome auswirken, hängt nach bisherigem Wissensstand stark vom Immunsystem ab. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Das könnte daran liegen, dass Frauen generell ein besseres Immunsystem haben. Betroffen sind zudem vor allem Menschen mit Vorerkrankungen. Jeder zweite der untersuchten Patienten, bei denen der Krankheitsverlauf schwer verlief, litt an einer chronischen Erkrankung, vor allem des Herz-Kreislauf-Systems oder der Hirngefäße. Auch langjährige Raucher scheinen stärker gefährdet zu sein.

Die Zahl der infizierten Kinder ist sehr viel geringer als die der Erwachsenen. Auch scheinen bei Kindern Symptome milder zu sein.

2. Wie erkenne ich, ob ich Corona habe?

Husten, Schnupfen, Halskratzen, Fieber – zu diesen Symptomen kann eine Infektion mit dem Coronavirus führen. Einige Betroffene leiden auch an Durchfall. Bei einem Teil der Patienten kann das Virus zu einem schwereren Verlauf mit Atemproblemen und zu Lungenentzündung führen.

Wer die oben genannten Symptome aufweist, muss jedoch nicht gleich in Panik ausbrechen. Insgesamt sind in Deutschland 27 laborbestätigte Fälle des Coronavirus bekannt. Die meisten Personen sind bereits wieder gesund und aus der Klinik entlassen. Die Wahrscheinlichkeit, von dem Coronavirus betroffen zu sein, steigt bei Reisen in bestimmte Länder oder Kontakt mit infizierten Personen.

3. Frage ich bei Symptomen meinen Arzt oder Apotheker?

Wer einen persönlichen Kontakt zu einer Person hatte, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollte sich unverzüglich an das zuständige Gesundheitsamt wenden – auch wenn keine der oben genannten Symptome auftreten. Personen, die sich in einem ausgewiesenen Risikogebiet aufgehalten haben, wird geraten, unnötige Kontakte zu vermeiden und nach Möglichkeit zu Hause zu bleiben.

China, Iran, Italien und Südkorea – welche Provinzen dieser Länder als Risikogebiete gelten, kann auf den Seiten des Robert-Koch-Instituts nachgelesen werden. Das RKI rät dringend dazu, Kontakt zu einer Ärztin zu suchen, wenn darüber hinaus Krankheitszeichen auftreten. Dabei gilt: Nicht einfach hingehen, sondern erst anrufen. Um weitere Ansteckungen zu vermeiden, sollten Sie sich im Verdachtsfall nicht zu anderen Patient*innen ins Wartezimmer setzen, sondern zunächst telefonisch mit Ihrer Ärztin Kontakt aufnehmen. Ob ein Hausbesuch sinnvoll ist, kann dann individuell abgesprochen werden.

4. Muss ich die Öffentlichkeit meiden?

Nein. Zum jetzigen Zeitpunkt besteht die Strategie der Bundesregierung primär darin, Infektionsfälle möglichst frühzeitig zu erkennen, Infizierte isoliert zu behandeln und alle Kontaktpersonen unter Quarantäne zu stellen. Wer nicht erkrankt ist oder mit einer infizierten Person Kontakt hatte, muss andere Menschen nicht meiden.

Viel wichtiger: Hygienenormen beachten. Das Einhalten der Husten- und Nies-Etikette, eine gute Händehygiene, Abstand zu Erkrankten – wie bei Influenza und anderen Atemwegserkrankungen schützen diese Maßnahmen vor einer weiteren Verbreitung des Virus.

Sollte sich das Coronavirus jedoch zu einer echten Pandemie entwickeln und in Deutschland weiter ausbreiten, könnten weitere Maßnahmen notwendig werden. Laut RKI-Präsident Lothar Wieler müsste dann die Mobilität reduziert werden, damit sich die Kontakte zwischen Menschen verringern. Sollte ein solches Szenario eintreten, könnten weitere Großveranstaltungen sowie Reisen abgesagt werden. Arbeitnehmer*innen würden – falls möglich – dazu angehalten, vermehrt im Homeoffice arbeiten.

5. Wie sinnvoll sind Atemmasken?

In Japan tragen die Menschen Atemschutzmasken, um andere nicht anzustecken. In China stülpen sich die Menschen den Mundschutz übers Gesicht, um nicht selbst angesteckt zu werden. Ersteres taugt zur Virenabwehr nur bedingt, Letzteres so gut wie gar nicht.

Trotzdem sind Atemmasken auch hierzulande ausverkauft oder werden online zu horrenden Preisen angeboten. Bei Amazon gibt es etwa 5 Masken der Kategorie FFP3 für 150 Euro.

Das Robert-Koch-Institut bezweifelt die Schutzwirkung im Alltag. Meist würden hierzulande Papiermasken verkauft, die überhaupt keinen Nutzen haben. Höherwertige Masken würden von Laien häufig nicht korrekt genutzt. Werden sie etwa beim Radfahren oder schnellem Gehen aufgesetzt, sind sie durch das heftige Atmen schnell so durchnässt, dass sich die Masken zu wahren Virenschleudern entwickeln.

Damit es zu keinem ernsten Engpass kommt, empfehlen Experten, dass Atemschutzmasken dem medizinischen Personal vorbehalten bleiben.

6. Welches Desinfektionsmittel taugt?

Eigentlich fast alle. Als besonders wirksam erweisen sich Rezepturen mit mehr als 62 Prozent Alkohol. Je höher der Alkoholgehalt, desto wirkungsvoller. Das in Krankenhäusern verwendete Sterillium Virugard etwa enthält 99 Prozent Äthanol. Es reichen aber auch schon die angebotenen Mittel aus, auf deren Packung „begrenzt viruzid“ steht: Alle Arten von Coronaviren sind „behüllte Viren“ und reagieren damit recht empfindlich auf Chemikalien.

Viel wichtiger als das genaue Produkt ist die korrekte Anwendung. Viele Verbraucher schmieren sich die Mittel nur nachlässig in die Hände. Die Empfehlung lautet: Eine reichliche Portion in die hohle Hand geben und mindestens 20 Sekunden in beide Hände bis zum Gelenk einreiben.

Die Weltgesundheitsorganisation hält diese Mittel für überflüssig: Gründliches, langes und häufiges Händewaschen „mit Wasser und Seife“ habe den gleichen Effekt.

Jens Spahn und Horst Seehofer bei einer Pressekonferenz.

Muss die Bundeswehr eingesetzt werden? Gesundheitsminister Spahn und Innenminister Seehofer Foto: Kay Nietfeld/dpa

7. Was macht eigentlich Jens Spahn?

Die Bundesregierung hat am Mittwoch einen Krisenstab für die Corona-Epidemie eingerichtet. Gesundheitsminister Spahn stellte dessen Schwerpunkte am Donnerstag zusammen mit Innenminister Horst Seehofer in Berlin vor. Dabei präsentierte sich der 39-Jährige, der seit dieser Woche auch um den Posten des CDU-Vize kämpft, als Krisenmanager. „In dieser neuen Lage müssen wir zeigen, dass wir alles tun als Bundesregierung, um unsere Bürger bestmöglich zu schützen“, sagte Spahn.

Eine erste Entscheidung des Krisenstabs: Nicht nur Flugreisende aus China, sondern auch aus Südkorea, Japan, dem Iran und Italien müssen künftig sogenannte Aussteigerkarten ausfüllen. Darauf sollen sie ihren Aufenthaltsort in Deutschland eintragen. Stellt sich heraus, dass ein Passagier infiziert war, können so seine Mitreisenden schneller gefunden und informiert werden. Auch für den grenzüberschreitenden Zug- und Busverkehr wünschen sich die beiden Minister diese Praxis, mangels Rechtsgrundlage appellieren sie hier auf die freiwillige Mitarbeit der Verkehrsunternehmen.

Panik möchten Spahn, Seehofer und ihr Krisenstab allerdings nicht schüren. Nicht jedes Husten dürfe zu einem Corona-Verdacht führen, sagte der Gesundheitsminister. Ob Großveranstaltungen abgesagt werden, solle jeweils im Einzelfall abgewogen werden. Und ob wegen der Epidemie jetzt die Bundeswehr eingreifen müsse? Innenminister Seehofer wiegelte ab: „Das können wir schon mit unseren Kräften schultern.“

8. Lohnt es sich, Aktien zu kaufen, wo die jetzt so billig sind?

Wegen des Virus rauschen die Börsen gerade in den Keller. Seit Wochenbeginn wurden weltweit rund 3 Billionen Euro an Aktienwert „vernichtet“. Allein der deutsche DAX und der europäische EuroStoxx50 haben je etwa 7,5 Prozent verloren. Vor allem die Aktien von Airlines und Reiseanbietern schmieren ab.

Gleichzeitig sind altbekannte „sichere Häfen“ wie Gold oder zehnjährige Bundesanleihen bei Investoren gefragt. Quiagen, ein Biotechn-Unternehmen, das gerade ein neues Coronavirus-Testkit in China ausgeliefert hat, legte genauso kräftig zu wie der Medizintechnikanbieter Drägerwerk, der Atemschutzmasken verkauft.

Aber: Investieren sollte wirklich nur der, der genau weiß, wie es mit dem Virus weitergeht – also eher niemand. Gerade für Börsennovizen ist Vorsicht angesagt: Vor wenigen Wochen waren der DAX oder die Wall Street noch auf Rekordjagd. Da hofften die Börsianer, alles werde schon nicht so schlimm. Derzeit sind die Corona-Folgen kaum absehbar, die „Märkte“ schwanken zwischen Euphorie und Panik. Wer auf Aktien-Prickeln aus ist und Geld übrig hat, kann gerne zocken. Für alle anderen gilt: Vorsicht ist die Mutter der Coronakiste.

9. Braucht die Wirtschaft ein Konjukturpaket?

Niemand kann die konjunkturellen Folgen des Virus abschätzen. Aber: Die deutsche Wirtschaft ist exportorientiert, deshalb sind erste Dellen bereits spürbar. Laut einer Umfrage spürt hierzulande bereits ein Viertel der Mittelständler die Auswirkungen. China ist der weltweit größte Absatzmarkt für Autos und für die deutschen Hersteller immens wichtig. Dort wurden in den ersten 16 Februartagen insgesamt nur 4.900 Pkws verkauft, die Verkäufe brachen um über 90 Prozent ein.

Ein weiteres Problem sind die globalen Lieferketten: Wenn 1 von 8.000 Teilen fehlt, aus denen ein Auto zusammengebaut wird, stoppen die Bänder. Das gilt auch zum Beispiel für Medikamente, für die viele Grundstoffe in China hergestellt werden. Viele Ökonomen erwarten deshalb, dass sich das ohnehin maue Wirtschaftswachstum in Deutschland und Europa weiter abschwächt. Besonders düster sind die Aussichten für Italien, in dessen Wirtschaftszentrum im Norden sich das Virus ausgebreitet hat.

Natürlich denken EU-Kommission und Bundesregierung längst über Hilfsprogramme nach. „Wir prüfen derzeit verschiedene Szenarien und Hilfen“, erfuhr das Handelsblatt aus Regierungskreisen in Berlin. Je nachdem, wie stark das Virus sich verbreite, gebe es unterschiedliche Möglichkeiten zum Gegensteuern. Neben klassischen Stützungsmaßnahmen wie Steuersenkungen oder besseren Abschreibungsregeln prüft die Bundesregierung vor allem, wie sie einzelnen Unternehmen oder Branchen helfen kann, die besonders vom Virus betroffen sind.

Beispiel Tourismus: Der am Mittwoch eingesetzte Krisenstab der Bundesregierung arbeitet gerade an einer Einschätzung zur Tourismusmesse ITB, die ab Mittwoch mit Tausenden Besuchern aus aller Welt in Berlin beginnen soll.

Touristen mit Atemschutzmasken auf einer Brücke in Venedig.

Kann man noch nach Italien reisen? Touristen in Venedig Foto: Photoshot/picture alliance

10. Wohin kann man noch in Urlaub fahren?

Es versteht sich von selbst, dass die laut Robert-Koch-Institut zu Risikogebieten erklärten Regionen nicht bereist werden sollten: in China die gesamte Provinz Hubei sowie die Städte Wenzhou, Hangzhou, Ningbo, Taizhou. Im Iran die Provinz Ghom. In Italien die Provinz Lodi in der Lombardei und die Stadt Vo in der Provinz Padua in der Region Venetien. In Südkorea die Provinz ­Gyeongsangbuk-do.

Neue No-go-Areas können schnell hinzukommen. Dann kann es passieren, dass ein Gebiet plötzlich nicht mehr verlassen werden kann, weil es keine Verkehrsverbindungen mehr gibt oder es schlicht abgesperrt wurde. Oder aber, dass eine zweiwöchige Quarantäne eingeplant werden muss.

Sehr sicher dürften dünn besiedelte Gebiete sein und relativ sicher solche mit einem gut ausgestatteten Gesundheitssystem. Gesundheitsempfehlungen bei Auslandsreisen gibt das Auswärtige Amt (AA) auf seinen Länderseiten im Internet.

(Felix Lee, Sven Hansen, Georg Sturm, Tobias Schulze, Kai Schöneberg)

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