Waldbrände befeuern Klimakrise: Unsere Betten brennen

Häufende Waldbrände sind ein Alarmzeichen. Es gibt Warnung, dass sie die Erde weiter aufheizen – unwiderruflich, wenn wir nicht gegensteuern.

Ein sehr großer Waldbrand

Waldbrände im kanadischen Nova Scotia Foto: Nova Scotia/The Canadian Press/ap

In Südfrankreich, am Ural, in Kanada, in Sibirien oder südlich von Berlin: In diesem Jahr brennen die Wälder schon im Frühling auf der Nordhalbkugel. Eigentlich kein Wunder: Die Dürren der Jahre 2018, 2019, 2020 und 2022 haben die Wälder ausgetrocknet, was Brände wahrscheinlicher macht und sich schneller ausbreiten lässt.

Noch immer zeigt der Dürremonitor des Leipziger Umweltforschungszentrums UFZ in weiten Teilen Ostdeutschlands, in niedersächsischen Gebieten und am Oberrhein im Unterboden die tiefrote Farbe – „außergewöhnliche Dürre“, die höchste der fünf Warnstufen. Fast deckungsgleich tiefrot sind diese Gebiete aktuell im Waldbrandgefahren-Index des Deutschen Wetterdienstes eingefärbt.

Experten warnen seit Jahren, dass Waldbrände durch den Klimawandel noch verstärkt werden, eine Studie des UN-Umweltprogramms kommt zu dem Schluss, dass es Ende des Jahrhunderts 50 Prozent mehr sein könnten. Gleichzeitig heizen diese Brände die Erdatmosphäre weiter an, denn abbrennende Bäume geben jenen Kohlenstoff als Treibhausgas wieder frei, den sie zuvor dank Jahrhunderte langer Photosynthese zu Holz umgebaut hatten. Wissenschaftler des Atmosphärenüberwachungsdienstes Copernicus bilanzierten die Waldbrandsaison des Jahres 2021 auf der Nordhalbkugel: Zusätzlich gelangten 6,45 Mil­liar­den Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre. Das ist fast doppelt so viel, wie die Staaten der EU in einem Jahr ausstoßen.

Soll der menschengemachte Klimawandel gestoppt werden, müssten wir also mehr Treibhausgase einsparen, um die Waldbrandemissionen irgendwie zu kompensieren. Die Atmosphäre fragt nicht, ob das „Kohlendioxid on top“ von einem Auto oder einer karelischen Kiefer stammt. Anders als die Kiefer hätten wir Gestaltungskraft. Doch statt die zu nutzen, bauen wir mit Flüssigerdgashäfen eine neue fossile Infrastruktur auf, diskutieren über „Technologie-Offenheit“ oder den „Heiz-Hammer“. Schon 1987 fragte die Band Midnight Oil in einem Song: „Wie können wir schlafen, während unsere Betten brennen?“ Während unsere Wälder brennen, schlafen wir jedenfalls seelenruhig weiter.

Die Wissenschaft hat viele Waldgebiete auf der Nordhalbkugel als „Kipp-Element“ im Klimasystem lokalisiert: Ihr Brennen droht bald so viele Treibhausgase freizusetzen, dass es unerheblich wird, ob wir uns besinnen und den Klimaschutz ernst nehmen – also keine Häuser mehr aus Beton bauen, keine neuen Straßen planieren, die Verbrenner von der Straße holen, Fleischfabriken schließen. Wenn wir jetzt nicht handeln, heizen wir die Brände weiter an. Und schmälern so weiter die Chance, die Klimakrise noch abzuwenden.

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Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.

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