Waldbrände in Brandenburg: Der Bund ist in der Pflicht

Großbrände entstehen meist dort, wo noch Munition unter der Erde liegt. Im stark belasteten Brandenburg ist bislang nur wenig beräumt worden.

Waldbrand

Die Wildnis brennt. Waldbrand in Jüterbog im Juni 2023 Foto: picture alliance/dpa/Bundespolizei

Förster wissen es schon lange: Großschadensereignisse, also Waldbrände mit einer Dimension wie derzeit nordwestlich von Jüterbog, gibt es fast nur auf ehemaligen Truppenübungsplätzen. Der bei Jüterbog hat eine Fläche von fast 10.000 Hektar, mehr als 600 davon brennen seit vielen Tagen.

Großbrände gab es zuletzt immer auch wieder in der Lieberoser Heide. Auch dort befand sich ein Truppenübungsplatz, auf dem unter anderem Manöver der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland abgehalten wurden. Mit 25.500 Hektar war die Lieberoser Heide der größte Truppenübungsplatz in der DDR.

Das Problem bei Waldbränden auf diesen Flächen: Wegen der dort noch verbliebenen Munition kann die Feuerwehr nicht nahe genug an die Glutnester heranrücken. Sie muss auf jenen Waldwegen bleiben, auf denen die Munition bereits beräumt ist.

Wie eingeschränkt der Bewegungsradius der Feuerwehr dadurch ist, erklärte zuletzt die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg, denen ein Großteil der Jüterboger Flächen gehört. In den vergangenen zwei Jahren seien etwa 16 Kilometer Einsatzwege von Kampfmitteln geräumt worden, auf etwa 10 Kilometern wurden Waldbrandschutzschneisen von Munition befreit, teilte die Stiftung dem RBB mit.

In den letztzen 20 Jahren hat die Stiftung nach eigenen Angaben 1,8 Millionen Euro für Kampfmittelberäumung ausgegeben – und 300.000 Euro vom Land als Fördermittel zurückbekommen. Würde man die komplette noch verbleibende Munition aus dem Boden entfernen, kostete dies mindestens 250 Millionen Euro.

Munition und Wildnis

Eine komplette Beräumung wäre allerdings ohnehin nicht wünschenswert. Zwei Prozent aller Flächen in Deutschland, so will es die Bundesregierung, sollen Wildnisflächen werden. Während es bundesweit bislang nur 0,6 Prozent sind, hat Brandenburg laut Umweltministerium fast ein Prozent der Flächen aus der Bewirtschaftung genommen und sich selbst überlassen. Hinzu sollen noch „wildnistaugliche Landeswaldflächen“ kommen.

Neben den Kernzonen des Nationalparks Unteres Odertal und der Biosphärenreservate sowie der Totalreservate der elf Naturparke sind es vor allem die Flächen der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg auf den ehemaligen Truppenübungsplätzen, wo sich Wildnis entwickelt. In der Lieberoser Heide etwa die „Naturwelt“, die sich selbst als „wildes Herz der Lausitz“ bezeichnet. Sie komplett zu beräumen, würde dem Wildnisziel diametral entgegenstehen. Würde die Bodenoberfläche samt der Vegetation entnommen, entstünde eine Art Bergbaufolgelandschaft, so die Stiftung.

Bleiben also die Wege. Da kann deutlich mehr gemacht werden, die Frage ist nur: Wer bezahlt? Seit der Wende hat Brandenburg 14 Millionen Euro für Kampfmittelberäumung ausgegeben. Auch deshalb fordern CDU-Politiker wie Danny Eichelbaum den Bund auf, mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Der Bund müsse endlich ein Konzept vorlegen, wann und wie die Munition, die von der Sowjetarmee und aus dem Zweiten Weltkrieg stamme, aus den Wäldern geborgen und vernichtet werde, sagte Eichelbaum. Dafür müsse mehr Geld zur Verfügung stehen.

Gerade was die Hinterlassenschaften der Sowjetunion angeht, macht sich der Bund bislang einen schlanken Fuß. Finanziert wird nämlich nur die Räumung „deutscher“ Munition. Für alles andere sind Länder und Kommunen zuständig.

Die Forderung der CDU ist deshalb nachvollziehbar. Kein anderes Bundesland ist so munitionsbelastet wie Brandenburg. Allein im vergangenen Jahr wurden 440 Tonnen Kampfmittel wie Bomben und Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg geborgen, teilte Innenminister Michael Stübgen (CDU) im Dezember mit. Darunter seien 140 größere Sprengbomben, 800 Brandbomben und ebenso viele Minen, 11.400 Raketen und rund 37.000 Granaten gewesen. Insgesamt stehen laut Stübgens Ministerium noch etwa 585.000 Hektar Landesfläche „unter Kampfmittelverdacht“.

Wege beräumen ist also auch Gefahrenabwehr in Nicht-Brandzeiten. Ob das Löschen eines Waldbrands in Wildnisgebieten dagegen immer nötig ist, steht auf einem anderen Blatt. Feuer schafft auch Offenflächen, auf denen Neues entstehen kann.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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