Vorwürfe gegen Staatssekretär Graichen: Steilvorlage für die Opposition

Bei der Wahl des Dena-Chefs hätte es mehr Transparenz gebraucht. Die Verflechtungen sind ein gefundenes Fressen für die Gegner grüner Klimapolitik.

Patrick Graichen und Robert Habeck sitzen in der Bundespressekonferenz

Bundesminister Habeck (r) und sein Staatssekretär Patrick Graichen im September 2022 Foto: Chris Emil Janssen/imago

Noch ist es nicht offiziell, doch vieles deutet darauf hin: Die Vergabe des Chefpostens bei der Deutschen Energie-Agentur, kurz Dena genannt, wird neu aufgerollt werden. Und das ist auch dringend notwendig. Klima-Staatssekretär Patrick Graichen, der in der vierköpfigen Findungskommission saß, hat erst im Nachhinein öffentlich gemacht, dass der designierte neue Geschäftsführer sein Trauzeuge war.

Das war ein Fehler – der öffentlich umso schwerer wiegt, als die Grünen stets die Bedeutung von Integrität und Moral betonen. Schließlich liegt, vorsichtig formuliert, die Gefahr der Befangenheit Graichens auf der Hand. Notwendig gewesen wäre also Transparenz zu Beginn des Prozesses. Fragt sich nur, warum zunächst weder Graichen noch sein Umfeld im Ministerium diese Gefahr gesehen oder zumindest ernst genug genommen haben. War es Naivität?

Das würde zwar kein gutes Licht auf die Professionalität von Robert Habecks Klima-Staatssekretär werfen. Schlimmer aber noch wäre, wenn Hybris dahintersteckte. Denn das würde einen Verdacht verstärken, der sowieso von interessierter Seite befeuert wird: dass Habeck, Graichen und Co., ohnehin als abgehoben und arrogant verschrien, so von der Notwendigkeit getrieben sind, die Klimawende anzuschieben, dass sie dabei wichtige Aspekte aus dem Blick verlieren. Ängste in der Bevölkerung etwa oder den notwendigen sozialen Ausgleich.

So oder so hat Graichen der Sache einen Bärendienst erwiesen. Er hat all jenen, die mit mehr oder weniger lauteren Methoden gegen Habecks Klimapolitik Sturm laufen, ein Einfallstor geliefert. Seit Tagen zirkulieren Grafiken über persönliche Verflechtungen zwischen Habecks Ministerium und wichtigen Ak­teu­r*in­nen der Umweltszene. Im Einzelnen mögen diese nachvollziehbar und noch nicht einmal anrüchig sein.

Doch in Kommentaren ist von „Vetternwirtschaft“ im Klimaministerium die Rede, die Union spricht von einem „Familienclan“, bemüht Vergleiche mit der Mafia und fordert Graichens Rausschmiss. Die Dena-Personalie liefert dafür eine Steilvorlage. Klar ist: Bei den Vorwürfen gegen Graichen sollte besser nichts mehr nachkommen. Sonst wird es schwer für Habeck, seinen Staatssekretär zu halten.

Graichen aber ist für den Minister von zentraler Bedeutung, er ist quasi Kopf und Rückgrat der Klimawende in Habecks Haus. Was auch die Leidenschaft der Angriffe auf Graichen erklären dürfte. Diese zielen nicht auf einen x-beliebigen Staatssekretär. Sie zielen auf Robert Habeck und den Kern grüner Klimapolitik.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.