Vorfreude auf die Frauen-WM: Endlich wieder Fußball!
Unsere Autorin ist eigentlich kein Fußballfan. Doch auf ein queeres und feministisches Team hat sie richtig Bock.
Ich hab so Bock auf Fußball! Nach den Coronajahren endlich mal wieder beim Public Viewing dicht gedrängt im Bierzelt sitzen, mir für jedes Tor feierlich einen Jägermeister-Shot reinflöten und neunzig kostbare Minuten lang meine Gefühle mit halb Deutschland synchronisieren.
Dabei bin ich wirklich kein Fußballfan. Ich weiß nicht viel darüber. Ich kann normalerweise nur gut dabei einschlafen. Nichtsdestotrotz mochte ich dieses Gefühl von Aufregung, das sich früher zu Männer-WM- und -EM-Zeiten kollektiv eingestellt hat.
Doch in den letzten Jahren hat die Spannung nachgelassen. Die Männer-Mannschaft ist bei der WM 2018 in der Vorrunde rausgeflogen, seitdem sind sie auf dem absteigenden Ast. Im Moment verhauen sie ein Testspiel nach dem anderen. Auf die Männer-WM in Katar wollte man sich aus Menschenrechtsgründen nicht freuen. Außerdem wurde Manuel Neuer noch seine Regenbogen-Binde abgenommen. Und dann sind sie auch noch früh rausgeflogen. Die Einschaltquoten in Deutschland schrumpelten in sich zusammen, das mag sich wirklich keiner mehr anschauen.
Das Finale der Frauen-EM gegen England letztes Jahr ging dagegen einschaltquotenmäßig durch die Decke. Es bringt auch einfach mehr Spaß, die Frauen anzufeuern, denn das Team hat nicht nur fußballerisch was drauf, sondern ist auch queer und feministisch. Da hat man gleich mehrere Gründe, begeistert loszubrüllen.
Der perfekte Moment, um Fan zu werden
Es wird also Zeit für einen Machtwechsel im Fußball. Dieses Jahr werden wieder alle Spiele der Frauen-WM im Öffentlich-Rechtlichen übertragen. Zwar nicht gerade in der Primetime, die Austragungsorte sind Australien und Neuseeland und die Spielzeiten vormittags. Aber ich habe mir vorgenommen, möglichst viele Spiele in der Mediathek nachzuschauen. Jetzt ist der perfekte Moment, um Fußballfan zu werden.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Denn wir sind noch lange nicht am Ziel. Es braucht nicht nur mehr Fans, sondern auch mehr Frauen in den Chefetagen der Fifa und des DFB – und eine faire Bezahlung für die Spieler:innen. Aktuell liegen im Preisgeld-Topf 110 Millionen Dollar. Das ist nur ein Viertel von dem, was die Männer 2022 bekamen. Am allermeisten braucht es aber den kapitalistischen Fußball-Hype. Nicht, weil ich Kommerz so geil finde, sondern wegen der Sichtbarkeit. Die Marketingabteilungen von Großunternehmen müssen ihrer Verantwortung nachkommen.
Ich will diesen Sommer von Fanartikeln geradezu erschlagen werden, an jeder Kasse Panini-Bilder kaufen können, auf sämtlichen Chipstüten sollen die Köpfe der Frauen-Nationalelf prangern, in jedem Fernsehwerbespot ein Ball ins Tor fliegen. Sogar Deutschlandfähnchen an Autofenstern würde ich in Kauf nehmen. Endlich kann man sich wieder auf Fußball freuen, und dann jetzt bitte auch so richtig.
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