Vermüllte Parks, Strände und Wiesen: Einfach mal so lassen
Die Menschen schmeißen ihren Müll neben überfüllte Mülleimer, anstatt ihn mitzunehmen. Was tun? Mein Vorschlag wäre: Nichts – als Erziehungsprojekt.
E s ist Sommer, es ist warm, da geht die ganze Welt in den Park. An die Elbe, an die Alster, auf jedes Stückchen Grün setzt man sich, auch wenn das Stückchen Grün ein staubiges, vertrocknetes Stück Rasen ist. Dann holt man den Weißwein raus, die Plastikschalen mit dem eingelegten Gemüse, ein paar Oliven, dazu ein paar Weintrauben, Baguette, Eis, Wasser, Saft, Chips, Kartoffelsalat, Schokolade, Kuchen, Würstchen, Frikadellen, Senf, Saft und Schorle, alles, alles in Plastikverpackung, und am Ende hat man einen Berg Müll um sich herum. Hat dann ungefähr dreimal so viel Müll um sich herum wie Kleidung am Körper.
Und das passt in die kleinen Mülleimer gar nicht rein, die an der Alster stehen. Diese kleinen Mülleimer sind dafür gar nicht geplant, dass dreitausend Menschen jeden Abend einen Berg von Flaschen und Verpackungen da reinstecken. Selber schuld, sagt man sich – und weiß eigentlich gar nicht, wer das sein soll, dieser selber, der jedenfalls mit meinem Müll nicht gerechnet hat – und schmeißt den Müll daneben. Da ist ja schon welcher. Da wirft man seinen Müll eben dazu und eine kleine Müllhalde entsteht. Nicht schön, aber nun, was soll man denn sonst tun? Der kleine Mülleimer ist ja voll. Voll, nä?
Niemand möchte diese jetzt nutzlosen und riechenden, vielleicht noch öligen Verpackungen mit sich herumtragen. Erst schon, erst muss das sein und geht auch irgendwie, wenn man diesen späteren Müll einkauft, im Supermarkt, das ganze schöne mediterrane Essen in den Plastikschalen, man trägt es problemlos auf die Wiese, man hat richtig Lust darauf, aber dann, später, fühlt man sich plötzlich abgestoßen von dieser eben noch so verheißungsvollen Verpackung.
Eben ist es noch meins gewesen, jetzt ist es – eures. Die ihr schuld seid, wenn die Mülleimer zu klein für meinen Müll sind. Da kann ich ja auch nichts machen. Man kann seine Verpackungen, seine Flaschen einfach nicht in seiner Tasche wieder mit nach Hause nehmen, weil das unangenehm und belastend ist, Müll mit sich herumzutragen. Man muss ihn schnellstmöglich loswerden, die Verbindung zu ihm kappen, und dann liegt er da. Müllfelder auf dem trockenen, ärmlichen Rasen. Not my cup of tea.
ist Schriftstellerin in Hamburg mit einem besonderen Interesse am Fremden im Eigenen. Ihr jüngster Roman „Sicherheitszone“ ist am 18. August bei Rowohlt Berlin erschienen.
Mehr Mülleimer fordert die CDU jetzt, mehr Reinigungskolonnen für die „Hotspots“ der Stadt, damit der Stadtpark nicht mehr so verschmutzt, die Alster auch schön sauber bleibt.
Ich, als in dieser Beziehung abgehärtete Mutter, halte das für pädagogisch falsch. Wenn das jugendliche Kind nicht mehr sein Zimmer aufräumen will, gehe ich dann da rein und räume das selbst jeden Tag auf? Ich weiß, es gibt Mütter, die tun so etwas. Die können es einfach nicht ertragen, dass ihre Kinder in solch einem Dreck leben müssen. Sie gehen in die Zimmer ihrer durchaus beweglichen, intelligenten, aber unwilligen und trägen Kinder und räumen für sie den Dreck weg. Sie sagen, sie können es einfach nicht mit ansehen. Ich kenne diesen Druck, dieses Unwohlsein, wenn man es einfach nicht mit ansehen kann.
Aber man muss, denn es ist falsch, sich diesem Druck zu beugen. Auf gar keinen Fall darf man diesen jungen Menschen den Dreck hinterherräumen. Sie müssen eines lernen: Wenn sie nicht aufräumen wollen, müssen sie im Dreck leben. So ist es dann, weil sie es so wollen, weil sie es sich selbst so ausgesucht haben.
Ganz genau so würde ich auch auf den Alsterwiesen und im Stadtpark verfahren. Der Müll muss bleiben. Er muss sich vollkommen gleichmäßig über die beliebten Plätze verteilen. Mancher würde sich vielleicht wundern, und es würde natürlich leider auch die Ordentlichen treffen, aber das ließe sich nicht verhindern.
Am Ende wäre es ja zum Vorteil für alle, wenn die Menschen dann vielleicht beginnen würden, sich wegen ihres eigenen Mülls unwohl zu fühlen. Wenn sie sich wünschten, dass er nicht da läge, wenn sie sich sogar wünschten, sie hätten ihn da nicht abgeladen. Das wäre doch ein ehrgeiziges Projekt gesellschaftlicher Erziehung und ich würde es drauf ankommen lassen, für mindestens zwei Wochen.
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