Verfassungsschutz stuft AfD Sachsen ein: Erwiesen rechtsextrem
Nach Thüringen und Sachsen-Anhalt stuft der Verfassungsschutz den dritten Landesverband der AfD als „unzweifelhaft“ verfassungsfeindlich ein.
Äußerungen von Parteifunktionären und politische Forderungen belegten „in der Summe unzweifelhaft, dass der hiesige AfD-Landesverband verfassungsfeindliche Ziele verfolgt“, so Dirk-Martin Christian, Präsident des LfV. Und weiter: „An der rechtsextremistischen Ausrichtung der AfD Sachsen bestehen keine Zweifel mehr.“
Der Verfassungsschutz hat die sächsische AfD zunächst als Prüffall, seit Februar 2021 als sogenannten Verdachtsfall beobachtet. Bereits im April wurde die Jugendorganisation der AfD, der sächsische Landesverband der Jungen Alternative, als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. Der Landesverband ist nach Thüringen und Sachsen-Anhalt nun der Dritte, dem der Verfassungsschutz eindeutig verfassungsfeindliche Ziele bescheinigt. Mit der Einstufung stehen diese auf einer Ebene mit der NPD. Im kommenden Jahr wird in Sachsen der Landtag neu gewählt, nach Umfragen könnte die AfD dabei stärkste Kraft werden.
„Der Landesverband der AfD mag zwar personell heterogen zusammengesetzt sein, inhaltlich-programmatisch überwiegt jedoch das aus dem früheren ‚Flügel‘ hervorgegangene sogenannte solidarisch-patriotische Lager, dessen geistiger Vater und Anführer der Rechtsextremist Björn Höcke ist und das inzwischen den Charakter des gesamten Landesverbandes prägt und dominiert“, so LfV-Präsident Christian weiter. Von rechtsextremen Äußerungen führender AfD-Politiker*innen gebe es keine öffentlichen Distanzierungen. Die Partei erscheine nach außen wie ein „monolithischer Block“.
Landespartei verfolgt Ethnopluralismus
Dem Gutachten zufolge richten sich zahlreiche inhaltliche Positionen des AfD-Landesverbands gegen die Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, zum Beispiel in der Migrationsfrage gegen die im Grundgesetz verankerte Garantie der Menschenwürde. „Die Landespartei verfolgt im Hinblick auf die Zuwanderung eine Politik des sogenannten Ethnopluralismus, einem Markenkern des politischen Rechtsextremismus“, heißt es.
Danach würde sich der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ausschließlich nach ethnisch-biologischen beziehungsweise kulturellen Kriterien richten. „Ein solches Volksverständnis ist jedoch mit dem Grundgesetz unvereinbar“, heißt es in dem Gutachten.
Mit dem Ethnopluralismus würde zwangsläufig die Herabsetzung, Ausgrenzung und Benachteiligung fremder Völker, also von Migrant*innen und ethnischen Minderheiten, einhergehen. Sie würden als Menschen zweiter Klasse angesehen und pauschal verächtlich gemacht. „Eine derart rassistische Ausprägung des Volksbegriffs, wie ihn die AfD Sachsen öffentlich vertritt, hat seine Wurzeln im historischen Nationalsozialismus“, urteilt LfV-Chef Christian.
Führende Vertreter der Landespartei, so heißt es in dem Gutachten, verwendeten in diesem Kontext im öffentlichen Diskurs regelmäßig ideologische Kampfbegriffe der rechtsextremen Szene, wie „Der Große Austausch“, „Umvolkung“ oder die Forderung nach „Remigration“. Der AfD-Landesverband vertritt laut Gutachten zudem „typische völkisch-nationalistische Positionen“ und bedient sich zudem gängiger antisemitischer, zumeist verschwörungsideologischer Positionen.
Gesamt-AfD ist rechtsextremistischer Verdachtsfall
„Die sächsische AfD hat während der Verdachtsfallprüfung die Anzahl ihrer Kooperationspartner aus dem rechtsextremistischen Spektrum weiter ausgedehnt und ist inzwischen fast mit sämtlichen relevanten rechtsextremistischen Akteuren eng vernetzt“, so Christian weiter. „Auch insoweit kann es als gesichert gelten, dass die Partei Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolgt.“
Viel spricht dafür, dass die Sachsen-AfD juristisch gegen die Einstufung vorgehen wird. „Ich gehe fest davon aus, dass wir dagegen klagen werden“, sagte Landesvorstandsmitglied Sebastian Wippel der taz. Formal brauche es dafür aber einen Beschluss des Landesvorstands.
Anders als die drei Landesverbände ist die AfD als Gesamtpartei als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft, das ist eine Stufe darunter. Gegen diese Einstufung hat die Partei geklagt, ist damit vor dem Verwaltungsgericht in Köln aber weitgehend gescheitert. Nun liegt der Fall beim Oberverwaltungsgericht in Münster. Das wird am 27. Februar 2024 über dieses und zwei weitere Berufungsverfahren der AfD mündlich verhandeln. In den beiden anderen Fällen geht es um den offiziell aufgelösten „Flügel“ um Björn Höcke und die Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“.
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