Verfassungsfeinde in den Behörden: Grüne Härte beim Disziplinarrecht
Innenministerin Nancy Faeser will extremistische Beamte leichter aus dem Dienst entfernen. Den Grünen gehen die Pläne nicht weit genug.
Mit ihrem Gesetz will Faeser, dass beschuldigte Beamte, statt langwierige Disziplinarklagen zu durchlaufen, von Behörden direkt suspendiert oder entlassen werden dürfen – die Entscheidung würde erst im Nachgang von Gerichten geklärt. Zudem soll eine Verurteilung für Volksverhetzung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, statt bisher einem Jahr, bereits zum Verlust der Beamtenrechte führen.
Dem Grünen-Innenexperten Marcel Emmerich reicht das nicht. „Die Vorschläge aus dem Innenministerium gehen in die richtige Richtung, doch es gibt noch Nachschärfungsbedarf“, sagte er der taz.
So gehörten, neben Volksverhetzung und bestehenden Delikten wie Hochverrat oder Bestechlichkeit, weitere Straftatbestände in das Gesetz: das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Vereinigungen sowie die Unterstützung oder Bildung einer terroristischen Vereinigung. „Auf Straftaten, die das Grundvertrauen in den Staat offensichtlich schwer erschüttern, muss die sofortige Entfernung aus dem Dienst erfolgen“, so Emmerich.
Faeser bleibt zurückhaltend
Zudem fordern die Grünen ein sofortiges Entfernen aus dem Dienst, wenn Betroffene Mitglieder verbotener Parteien oder Vereinen waren. Eine solche Mitgliedschaft sei nicht kompatibel mit einem Beamtenverhältnis, so Emmerich. Statt hier wie bisher individuell einen Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht nachweisen zu müssen, sollte dies „automatisch“ zum Dienstende führen.
Schließlich wollen die Grünen auch die Fristen ausweiten, um auch länger zurückliegende Dienstvergehen noch ahnden zu können. Statt Fristen von bisher zwei bis sieben Jahren sollen diese auf fünf bis zehn Jahre verlängert werden. Dies sei nötig, „da ein verfassungsfeindliches Weltbild oft erst durch die Summe einzelner Aussagen und Taten so eindeutig und schwerwiegend wird, dass es disziplinarrechtlich konsequent geahndet werden kann“, so Emmerich.
Faesers Ministerium verwies angesichts der Forderungen nur darauf, dass der Gesetzentwurf noch zwischen Ministerien abgestimmt werde. Es sei daher offen, ob und welche weiteren Punkte in das Gesetz einfließen, so eine Sprecherin. Sie mahnte aber auch, durch weitere Aspekte die zügige Verabschiedung des Gesetzentwurfs nicht zu gefährden.
Zwischen den Ministerien läuft noch bis Ende der Woche die Stellungnahmefrist zu dem Gesetz. Das Justizministerium äußerte sich nicht dazu. Buschmann erklärte aber bereits, er unterstütze das Vorhaben. Staatsfeinde müssten aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden – dies erfordere aber „höchste rechtliche Standards“.
Das Bundesverfassungsgericht hatte die Schnellahndungen bereits 2020 abgesegnet, die in Baden-Württemberg seit Jahren praktiziert werden. Faeser erklärte, man werde nicht zulassen, dass der Rechtsstaat „von innen heraus von Extremisten sabotiert wird“. Das schulde man auch den ganz überwiegend verfassungstreuen Bediensteten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient