Ursula von der Leyen in Griechenland: Die brutale Sprache der Macht
Die EU-Chefin kann jetzt gegenüber Putin, Trump und Xi selbstbewusst auftreten. Sie hat sich auf die Seite der Gewalt gestellt, gegen die Humanität.
![Ursula von der Leyen schaut mit strenger Miene nach links Ursula von der Leyen schaut mit strenger Miene nach links](https://taz.de/picture/4012631/14/Von_der_Leyen_Festung_Europa_Asylrecht_Griechenland-1.jpeg)
F estung Europa im Jahr 2020: Stacheldraht riegelt die EU-Außengrenze ab, Fliehende werden mit Tränengas und Blendgranaten abgewehrt, vereinzelt wird scharf geschossen. Wer den Grenzposten in die Hände fällt, wird seiner Habseligkeiten beraubt und zurückgeschickt oder kommt in Haft an einem unbekannten Ort. Was 2015 in Deutschland lediglich eine Forderung der AfD war, ist 2020 an der griechischen Grenze zur Türkei Realität. Mehr noch: es ist politisch gewollt und wird von höchster deutscher Stelle ausdrücklich begrüßt. Wer braucht eine Beatrix von Storch in der AfD, wenn man eine Ursula von der Leyen an der Spitze der EU-Kommission hat.
Der Auftritt der deutschen EU-Kommissionschefin in Griechenland am Dienstag war unwürdig. Sie dankte nicht nur, was normal wäre, den griechischen Behörden und versprach ihnen Hilfe. Sie vermied auch jedes öffentliche Wort der Kritik am griechischen Vorgehen, sei es an den Übergriffen gegen Geflüchtete oder an der Aussetzung des Asylrechts. „Die Aufrechterhaltung der Ordnung an unserer Außengrenze hat für uns Vorrang“, sagte sie stattdessen.
Darüber hinaus hielt sie es für angebracht, ausdrücklich der griechischen Zivilbevölkerung zu danken. Wofür denn? Der sichtbare Beitrag aus der griechischen Zivilbevölkerung zur Grenzsicherung besteht darin, dass Rechtsextremisten Schlägerbanden bilden, die Ausländer jagen. Auch dazu von der deutschen EU-Chefin kein wahrnehmbares Wort.
Ist das die „Sprache der Macht“, die Ursula von der Leyen von der EU fordert? Es wäre eine brutale, unrühmliche Sprache. Die Zeit, wo abgeschottete Grenzen, Stacheldraht und Schusswaffengebrauch zur „Aufrechterhaltung der Ordnung an unserer Außengrenze“ von Deutschen für legitim erklärt wurden, war eigentlich 1989 vorbei. Aber immerhin kann die EU-Chefin jetzt gegenüber Putin, Trump und Xi selbstbewusst auftreten. Denn sie hat sich mit diesen Machthabern auf die Seite der Gewalt gestellt, gegen die Menschen und gegen die Humanität.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche