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USA-Feindlichkeit in LateinamerikaPutinfreunde unter Latino-Linken

In linken Kreisen in Lateinamerika weist man nicht Russland, sondern dem Westen die Schuld am Ukrainekrieg zu. Der Antiamerikanismus sitzt tief.

Vor der russischen Botschaft in Mexiko versammeln sich bisher eher Kritiker als Fans von Putin Foto: Luis Cortes/reuters

A ngel Guerra Cabrera macht sich Sorgen um die Pressevielfalt rund um die russische Invasion in der Ukrai­ne. „Millionen haben eine Welt im Kopf, die nicht der Realität, sondern nur dem entspricht, was man ihnen zugeschnitten hat“, schreibt der Kommentator der größten linken mexikanischen Tageszeitung, der La Jornada.

Der Autor stört sich aber nicht etwa daran, dass in Russland ein Krieg nicht Krieg genannt werden darf und eine kritische Berichterstattung 15 Jahre Gefängnis einbringen kann. Nein, er kritisiert, dass im „westlichen Kommunika­tionsapparat“ nicht gesagt werde, dass es Wladimir Putin um „Entnazifizierung“ gehe. Zwar gebe es auch im Westen kritische Meinungen zur Nato, aber die würden unsichtbar gemacht.

Natürlich könnte man Guerra Cabrera einfach als Kuriosität eines vergammelten Antiimperialismus abhaken. Der Krieg zeigt jedoch, dass diese Ewiggestrigen in Lateinamerika weiterhin beachtliche Teile des linken Diskurses besetzen können – und dass der Boden für ihren ideologischen Quatsch gut gedüngt ist.

Kaum eine Analyse kommt ohne den Verweis aus, dass eigentlich der US-Imperialismus für den Krieg verantwortlich sei. So hält der Autor Carlos Fazio das russische Militär zwar für aggressiv, widmet sich aber in einem Kommentar fast nur den „Operationen Washingtons und seiner Vasallen in Europa“. Da erscheint es selbstverständlich, dass Moskau den „Genozid an der russischsprachigen Bevölkerung im Donbass“ stoppen muss.

Und als ob es die Massaker in Tschetschenien, Georgien oder Syrien nie gegeben habe, wirbt der Schriftsteller Jorge Majfud in der argentinischen Zeitung Pagina 12 um Verständnis dafür, dass angesichts der vielen US-Interventionen ein „guter Teil der Linken weltweit“ Putin unterstützt.

Antisemitisch eingefärbte Anschuldigung

Der notorische Antisemit Alfredo Jalife-Rahme erklärt indes: „Die USA/Nato bekämpfen Russland tangierend bis zum letzten ukrainischen Soldaten.“ Und das seit dem Maidan-Aufstand, dessen Finanzierung die „israelisch-US-amerikanische“ Vertreterin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, klargemacht habe. Nulands jüdische Großeltern waren vor circa 120 Jahren in die USA eingewandert.

Man mag Jalife-Rahme, der auch beim Progapandamedium „Russia Today“ kommentiert, für verrückt halten. In der Jornada darf er regelmäßig seine Kolumnen publizieren.

Dass die Guerras, Fazios und Jalife-Rahmes den Syrienkrieg in eine Reihe mit US-Interventionen im Irak oder in Vietnam stellen, verdeutlicht das intellektuelle Niveau, auf dem sie sich bewegen.

Doch angesichts des tiefsitzenden Antiamerikanismus bei vielen Latino-Linken werden diese Thesen gerne angenommen. Wenn dann auch noch Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro Putins „gerechte und mutige Sache“ unterstützt, bleibt das Weltbild stabil.

Zapatisten stehen auf Seiten der Ukraine

Zum Glück gibt es doch noch Linke, die diesen Irrsinn nicht unwidersprochen hinnehmen. Etwa den chilenischen Regierungschef Gabriel Boric, der sich gegen Maduros Regime stellt und ohne Wenn und Aber den russischen Angriffskrieg verurteilt. Oder die Zapatisten. Die indigenen Rebellen aus Südmexiko fordern: „Russische Armee raus aus der Ukraine“. Sie stehen in direktem Kontakt mit rebellischen ukrainischen Gruppen und Kriegs­geg­ne­r*in­nen in Russland.

Auch der mexikanische Journalist Temoris Grecko bemüht sich darum, das aggressive expansive Bestreben Putins deutlich zu machen. Obwohl er sich ebenso klar gegen US-Invasionen ausspricht, werfen ihm Kritiker vor, er habe die Seiten gewechselt. Grecko reagiert gelassen. Er könne damit leben, dass sie ihn exkommunizieren wollten, er habe ja auch nie darum gebeten, in ihre Reihen aufgenommen zu werden. Besser ist das.

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Wolf-Dieter Vogel
Korrespondent
Wolf-Dieter Vogel, Jahrgang 1959, ist Print- und Radiojournalist sowie Autor. Er lebt in Oaxaca, Mexiko. Seine Schwerpunkte: Menschenrechte, Migration und Flucht, Organisierte Kriminalität, Rüstungspolitik, soziale Bewegungen. Für die taz ist er als Korrespondent für Mexiko und Mittelamerika zuständig. Er arbeitet im mexikanischen Journalist*innen-Netzwerk Periodistas de a Pie und Mitglied des Korrespondentennetzwerks Weltreporter.
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41 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Naja, das ist jetzt doch ein bisschen vereinfacht. Im Gegensatz zu meisten Teilen der Welt gibt es in Lateinamerika eine starke Linke, die zudem sehr heterogen ist, da gibt es natürlich zum Auroritarismis neigende "ewiggestrige", aber ich bezweifle stark, daß diese in der Überzahl sind. Es war erleichternd, dass zumindest Boric und das EZLN genannt wurden, die eben nicht so denken. Sogenannter antiamerikanismus in Deutschland entspringt natürlich einem gänzlich anderen Kontext, als jener in Lateinamerika, ich hoffe ich brauche nicht aufzuzählen warum. Dass der "globale Süden" der hier gerne als eine Einheit subsummiert wird bei Berichterstattungen aus den USA zweifel hegt, sollte sich mehr als verständlich sein. Und das Beispiel Mexiko zeigt, dass auch hier Linke jegliche Form von militärischer Invasion ablehnen, somit auch die Putins.

  • Solch linken Aktivisten geht es erkennbar nicht um linke Politik - nichts ist weiter davon entfernt als Putin - sondern um die Rechtfertigung von Diktatur. Wer davon träumt mag in Putin einen Verbündeten sehen, aber er pfeift dann halt auch auf die Menschenrechte.

  • Ich teile weitgehend die im Artikel vertretenen Positionen. Allerdings wäre es sehr nett, wenn der Autor erklären würde, was die Rolle Russlands im Syrienkrieg von der Rolle der USA im Vietnamkrieg unterscheidet. Die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit jedenfalls können es nicht sein.

    • Wolf-Dieter Vogel , Autor des Artikels, Korrespondent
      @Kaboom:

      Hallo! Natürlich ist der historische Kontext zwischen Vietnam und Syrien sehr verschiedenen, aber mit Blick auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit unterscheidet die russische und die US-Regierung natürlich nichts. Aber in einer Kolumne kann man ja nicht auf alles eingehen.

      • Wolf-Dieter Vogel , Autor des Artikels, Korrespondent
        @Wolf-Dieter Vogel:

        PS: Sehe gerade, wo das Problem liegt: der Syrien-Krieg wird wie Vietnam oder Irak in die Serie von "US-Invasionen" eingereiht. Darum ging es mir.

      • @Wolf-Dieter Vogel:

        Ein gewisser Unterschied dürfte darin liegen, dass es in den USA, anders als in Russland, nicht seit Jahrzehnten denselben Machthaber gibt und man bei Demokratien nicht einfach von "der Regierung" sprechen kann. Das Kabinett Scholz würde ja auch niemand mit dem von Adenauer gleichsetzen.

  • Warum sollte die kognitive Dissonanz im Lateinamerika schwächer ausgeprägt sein als in Europa?

    Die US haben seit ihrer Gründung ihre imperialen Ansprüche durch direkte militärische Intervention, Unterstützung von Terroristen, CIA-Morde etc. verfolgt.



    Daraus folgt ein durchaus substantiierter Anitamerikanismus, der alles gut findet was gegen USA und den "Westen" gerichtet ist.



    Russland ist dann als "Feind des Feindes" ein Freund.

    Wenn jetzt ein Freund Verbrechen begeht führt das zu einem Konflikt zwischen den Kategorien "Freund" und "Verbrechen" was bei Menschen in aller Regel dazu führt, dass man, um die eigene Grundüberzeugung ("mein Freund ist kein schlechter Mensch, sonst wäre ich mit ihm nicht befreundet") beibehalten zu können, die "Verbrechen" klein redet um das "Freund" beibehalten zu können.

    Das nennt man "kognitive Dissonanz" und das gibt es in allen politischen Lagern.

    Für diejenigen, die die USA in der Kategorie "Freund" sehen, war der Irak- oder Vietnamkrieg durchaus legitimiert.

    Ein weiteres Beispiel wäre die kognitive Dissonanz, die beim Thema Palästinakonflikt in diesem Forum unweigerlich aufkommt -insbesondere, aber nicht nur, im Lager der antideutschen Diskutanten.

    Sogar in den Naturwissenschaften gibt es das: So wurden Anfang des 20. Jh. Relativitätstheorie und Quantenmechanik von den "klassischen" Physikern regelrecht bekämpft und polemisch diffamiert.

  • Dieser Krieg ist wahrlich ein weiteres trauriges Beispiel dafür wie es um die Diskussionskultur in Deutschland steht... Mal wieder gibt es nur schwarz und weiß, gut und böse, dafür und dagegen. Und wer nicht der Mehrheitsmeinung folgt wird mit der vollen Aggressivität der überheblichen und selbstgefälligen Mehrheit gestraft und irgendwelchen dubiosen Randgruppen zugeordnet. Wer versucht einen sachlichen Diskurs über die Entwicklungen in der Ukraine der letzten 9 Jahre zu führen und wie diese zu diesem Krieg geführt haben, bekommt nur emotionalisierte Phrasen. Ernsthaftes Interesse am Thema besteht ja sowieso nur bei den wenigsten. Ist ja ganz klar, Putin ist ein Monster, und wer das versucht zu relativieren muss ja schließlich auch Böse sein. Oder einfach dumm.



    Es ist eben so viel einfacher die Realität zu banalisieren und aus einem vielschichten Konflikt, die Tat eines einzelnen machtbesessenen Menschen zu machen.



    Außerdem würde ein Abweichen von diesem Narrativ ja auch bedeuten man müsste sich ernsthaft die Frage stellen, warum dieser Konflikt, Politisch wie Gesellschaftlich, so anders behandelt wird als die vielen grausamen Kriege der letzten Jahrzehnte.



    Und am Ende stellt sich dann die Frage ob dieser Konflikt evtl gar kein Gut gegen Böse ist, sondern nur ein neues Kapitel eines Streits zweier imperialistischen Weltmächte, welcher seit fast 100 Jahren auf dem Rücken der Weltbevölkerung ausgetragen wird und in welchem es niemals um Werte, sondern immer nur um Machterhalt geht.



    Zum Glück kann man sich diese ganzen komplizierten Fragen sparen, weil alles nur die irrationale Tat eines Sozipathen. Das Leben kann so einfach sein.

    • @MM030:

      Nun, würden die Leute mit der "abweichenden Meinung" nicht nur das nachplappern, was die Kreml-Agitprop ihnen vorplappert, würde eine Diskussion sicher stattfinden. Nur habe zumindest ich das noch nicht erlebt.

    • @MM030:

      Wohl bei kaum einem Konflikt der letzten Jahre lässt sich hier so gut in schwarz und weiß, gut und böse, falsch und richtig einteilen, wie in diesem.

      Es ist der imperialistische Angriffskrieg einer Diktatur gegen eine Demokratie, um sie zu vernichten.

    • @MM030:

      Viel geschrieben und doch nichts gesagt. Es gibt hier tatsächlich nur schwarz und weiß, weil NICHTS diesen Angriffskrieg rechtfertigt, bei dem das Völkerrecht mit Füßen getreten wird. Ihr Beitrag versucht nicht, tiefgehende Diskussionen zu eröffnen oder Nuancen zu erörtern - dafür liefern Sie trotz der Länge des Beitrags keinerlei Argumente -, sondern nur, vorsichtig die Täter-Opfer-Umkehr, die der Kreml bereits auf Hochtouren betreibt, als auch nur ansatzweise verständlich darzustellen.

    • @MM030:

      Ich bin in der Tat der Meinung, dass sich hier sehr klar und einfach Richtig und Falsch auseinander halten lassen.



      Keine der "Entwicklungen in der Ukraine der letzten 9 Jahre" rechtfertigt die Invasion und einen Krieg zu führen der sich in immer stärkerem Maße gegen die Zivilbevölkerung richtet.



      Ich kann diese ewigen Relativierungen und Rechtfertigungen echt nicht mehr hören.



      Um aber mal das Gedankenexperiment zu wagen und - nur hypothethisch - ihren Argumenten zu folgen: die Lage ist nicht schwarz/weiß sondern komplex und differenziert, irgendwie haben beide Seiten Recht und berechtigte Ansprüche, Putins Einmarsch ist nur ein Versuch diese berechtigen Anliegen durchzusetzen und eigentlich geht es mal wieder um die alte Blockkonfrontation zwischen Kapitalismus und Kommunismus die zum x-ten Mal in einem Stellvertreterkrieg ausgefochten aber doch nicht entschieden wird. Selbst wenn man all diese (mE mehr als schrägen) Thesen als gesetzt annimmt, welche Schlussfolgerugen ziehen sie daraus? Auf was wollen sie hinaus? Soll man Putin nun dafür zujubeln? Soll man 'neutral' bleiben und untätig zusehen wie die russische Armee Wohnhäuser und zivile Infrastruktur in Schutt und Asche legt und die Bevölkerung vertreibt und ermordet?

    • @MM030:

      Volle Zustimmung! Sie nehmen mir die Worte aus dem Mund.

    • @MM030:

      Ok, dann erklär mal das Rational dahinter. Was hat die Ukraine in den letzten 9 Jahren getan, das den Überfall Russlands und die vielen zivilen Opfer rechtfertigt?



      Was macht systematische Zensur und Unterdrückung in Russland sympathisch?

      Steile Behauptungen erfordern solide Argumente. Leg mal los, sind sicher einige gespannt hier auf eine differenzierte Darstellung.

  • Ich finde diesen Artikel ebenso selbstgerecht wie befremdlich; man muss sich die in ihm kritisierte Position ja nicht zur eigenen machen; es wäre aber wünschenswert, wenn man sich darum bemühen würde, wenigstens nachzuvollziehen, warum vom globalen Süden aus gesehen viele Konflikte in einem anderen Licht erscheinen - und sich dann sachlich damit auseinander zu setzen, statt mit eurozentrischer Arroganz die Nase zu rümpfen. Und das ist nicht nur ein moralisches Anspruch: wie sollen wir unseren Platz in einer multipolaren Welt finden, wenn wir nicht einmal in der Lage sind, anderen zuzuhören?

    • @O.F.:

      Erscheinen die Konflikte denn aus lateinamerikanischer Sicht in einem anderen Licht? Wohl kaum. Eine kapitalistische Großmacht mit einer rechten Regierung interveniert militärisch in einem Nachbarstaat, den sie als ihren "Hinterhof" bzw. als ihre selbstverständliche Einflusssphäre betrachtet, um dort ein ihr genehmes Regime zu installieren. Das kennen linke Lateinamerikaner aus der Vergangenheit zur Genüge von den USA. Wieso sollten sie es im Falle Russlands befürworten?

    • @O.F.:

      Ok, was macht das autokratische System Putins denn so attraktiv für den globalen Süden? Ist es die Unterdrückung der eigenen Bevölkerung? Das System reicher korrupter Eliten? Die Angriffskriege in Syrien, Tschetschenien, Georgien und jetzt in der Ukraine?



      Was ist es, das einen mit so einem Herrscher solidarisch sein lässt?



      Nur dass er „gegen den Westen“ ist? Ist es so billig?



      Wenn nicht, würde mich das wirklich interessieren, denn ich kann keine linken Ideale in Putins Russland verwirklicht sehen.

    • @O.F.:

      Dass man als linker Suedamerikaner hegemonialen Bestreben der USA kritisch gegenüberstehen und gleichzeitig einen realistischen Blick auf den Ukraine-Krieg, incl. Solidarisierung mit den Angegriffenen, haben kann, zeigt der neue chilenische Praesident Gabriel Boric. Dass manchen Leuten "viele Konflikte in einem anderen Licht erscheinen", trifft übrigens auch auf die hiesigen (meist stramm rechten) Putin-Fans zu.

  • Selenskyj weist darauf hin, dass Putin genau weiß, dass eine atomare Antwort natürlich die entsprechende Reaktion des Westens nach sich ziehen würde. Putin ist komisch, aber nicht verrückt...



    So nutzt er einfach schamlos die permanente Hilflosigkeit des Westens aus, um weiter Millionen von Menschen zu terrorisieren. Hier die Innensicht im Bombenhagel:

    www.zeit.de/2022/1...ew/komplettansicht

  • Die Aufteilung der Welt in "Freunde" und "Feinde" ist das Schlimmste, was man tun kann, auch und gerade jetzt. Gerade für diejenigen, die in Europa leben und Europa lieben. Das gilt auch für die Forderung nach einer NATO-Erweiterung.



    Aber sind wir wirklich sicher, dass Europa nicht besser, freier und "sicherer" gelebt hätte, wenn alle europäischen Länder, bis hin zu Polen oder Rumänien, nicht "neutral" geblieben wären, wie es Österreich oder Finnland von Anfang an gewesen sind



    De Gaulle, ein "Konservativer", gewiss kein Revolutionär, und ein intelligenter und kluger Mann, stand der NATO eher skeptisch gegenüber und wollte ein Europa vom Atlantik bis zum Ural.



    De Gaulle kannte Europa und die Welt gut. Es ist schade, dass niemand mehr seinen Anweisungen zu folgen scheint. Jetzt wäre es an der Zeit, sie in der Substanz zurückzugewinnen.

    • @Ugo Pioletti:

      Es kann der Bravste nicht in Frieden leben,



      wenn sein Nachbar ist dagegen.



      Daran ändert sich auch nichts, wenn Länder sich neutral zu halten versuchen.

    • @Ugo Pioletti:

      Wer hat denn Länder in die NATO gezwungen? Die Beitritte sind souveräne Entscheidungen dieser Staaten. Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis - kein NATO-Staat hat mit Hilfe des Bündnisses einen Nachbarn überfallen. Wenn ein NATO-Staat selbst einen Krieg beginnt, steht ihm nicht mehr der Verteidigungsfall des Bündnisses zu, falls er auf seinem Territorium vom Kriegsgegner bedroht und angegriffen wird.

      Wer sich von der NATO militärisch bedroht fühlt, hat bestenfalls selbst militärisch-expansionistische Wünsche.

      Aber natürlich sichert die NATO westlichen und demokratischen Einfluss ab, da das Militär als Mittel dagegen nicht genutzt werden kann. Dass das gerade Russland wurmt, dessen Aussenpolitik auf militärischer Absicherung beruht, wundert nicht. Das System ist schwach und unattraktiv für die Nachbarn Russlands.



      Das rechtfertigt aber keinesfalls Angriffskriege, sondern höchstens innere Reformen.

      Wer seine Nachbarn an sich binden will, der sollte locken und liefern, nicht drohen und Gewalt anwenden.

      • @hup:

        Natürlich sind Angriffskriege nicht zu rechtfertigen.



        Aber das ist offensichtlich und unbestritten.

      • @hup:

        Niemand hat die osteuropäischen Länder gezwungen, der NATO beizutreten. Aber wer hat diesen Ländern dieses Angebot gemacht?



        Die USA und die westeuropäischen Länder waren sicherlich nicht verpflichtet, den osteuropäischen Ländern dieses Angebot zu machen.



        Außerdem hatten sie Russland einige Jahre zuvor versprochen, dies nicht zu tun.



        Man sollte nie jemanden in Versuchung führen.



        Auch sollten Versprechen nicht gebrochen werden.

    • @Ugo Pioletti:

      De Gaulle?



      DER De Gaulle, der aus primitivem Hass auf alles "Angelsächsische" heraus die Hadfield-Spears Ambulance Unit auflösen ließ und bei der versuchten Besetzung des Aostatales drohte, auf die amerikanischen Truppen schießen zu lassen?



      Der in Damaskus auf Demonstranten mit Artillerie und Kampfflugzeugen schießen ließ?

      De Gaulle und Bidault wollten ein Frankreich als "Dritte Macht" zwischen den USA und der Sowjetunion und kein vereintes Europa "vom Atlantik bis zum Ural", wie sein lautstarkes Credo ab 1959 lautete.

    • @Ugo Pioletti:

      De Gaulle war an überhaupt keinem militärischen Bündnis interessiert. Er wollte Frankreich zur einer großen Atommacht machen. Er sprach von einem Europa der Vaterländer und pochte auf nationale Souveränität. Gegen die Nato mit den USA war er auch, weil er der USA die Schuld an dem Verlust der Kolonie Indochina gab. Als Präsident der fünften Republik führte er einen brutalen Kolonialkrieg In Algerien und Ahmed Sékou Touré der es wagte gegen Frankreich in seiner Rede 1960 vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen aufzubegehren, wurde mit von De Gaule finanzierten Putschversuchen und Attentaten in den Wahnsinn getrieben. Ganz tolles Vorbild.

      • @Andreas J:

        De Gaulle legte durch die Freundschaft Frankreichs mit Deutschland und seine persönliche Freundschaft mit Adenauer den Grundstein für die Europäische Union und für die Befriedung in Europa.



        Niemand hier will behaupten, dass alles, was de Gaulle tat und sagte, richtig war.



        Man kann nicht glauben, dass man in der Vergangenheit (und Gegenwart) einen "Heiligen" (ein "Vorbild") finden kann, dem man in allem folgt.



        Der kluge Mensch sucht nach guten Ideen, wo sie zu finden sind, und versucht, sie voranzutreiben.

    • @Ugo Pioletti:

      Verzeihung, in diesem Satz fehlte das Fragezeichen am Ende:



      «Aber sind wir wirklich sicher, dass Europa nicht besser, freier und "sicherer" gelebt hätte, wenn alle europäischen Länder, bis hin zu Polen oder Rumänien, nicht "neutral" geblieben wären, wie es Österreich oder Finnland von Anfang an gewesen sind?»

  • Den Verweis, dass der US-Imperialismus für den Krieg (zumindest mit-) „verantwortlich sei“ wird kein halbwegs informierter Mensch ernsthaft bestreiten, wer nun aber eine solche Analyse per se als Pro-Putin bzw. Pro-Überfall Einstellung abtut, dessen Urteil ist niederträchtig.

    Jürgen Chrobog, ehemaliger Staatssekretär im Auswärtigen Amt und „Intimus von Genscher“, in einem Aktenvermerk: „Wir haben in den 2 plus 4 Verhandlungen deutlich gemacht, dass wir die Nato nicht über die Elbe (gemeint ist: die Oder, d. Red.) hinaus ausdehnen. Wir können daher Polen und den anderen keine Nato-Mitgliedschaft anbieten.“ Über diesen Vermerk berichtet der „Spiegel“. Die damaligen Staatchefs Helmut Kohl und George H.W. Bush hätten diese Vereinbarung später übergangen. Der Schweizer Historiker Christian Nünlist kommt nach Auswertung aller wesentlichen Studien zu folgendem Ergebnis: „Konkrete westliche Garantien bezogen sich 1990 nur auf die DDR; aber der Westen täuschte die Sowjetunion gleichzeitig mit vagen Versprechen einer kooperativen, inklusiven, europäischen Sicherheitsordnung, während die Bush-Regierung bewusst die exklusive Nato (ohne die UdSSR) ins Zentrum der neuen Sicherheitsstruktur Europas rückte.“



    (Spiegel, 18.2.2022/Focus, 18.2.2022)

    Operation Condor



    de.wikipedia.org/wiki/Operation_Condor

    Militäroperationen der Vereinigten Staaten



    de.wikipedia.org/w...en_Staaten#Ab_2000

    Apropos „ewiggestrig“

    „Ein unsichtbarer Feind ist’s, den ich fürchte,



    Der in der Menschen Brust mir widersteht,



    Durch feige Furcht allein mir fürchterlich.

    Nicht, was lebendig, kraftvoll sich verkündigt,



    Ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz



    Gemeine ist’s, das ewig Gestrige,



    Was immer war und immer wiederkehrt



    Und morgen gilt, weil’s heute hat gegolten!“

  • Es ist schon ein intellektuelles Armutszeugnis der "Linken" in Südamerika, wenn sie zu den Diktaturen in Venezuela und Cuba halten. Da ist die Liebe zum Massenmörder Putin nur ein weiterer Schritt zur geistigen Leere.

    • @Dorian Müller:

      Der gute alte Uncle Sam hat sich in Südamerika ,welches er ganz oder in großen Teilen als seinen "Hinterhof" eben auch nicht gerade beliebt gemacht. Insbesondere bei der Bekämpfung allen was irgendwie links riecht,hat man doch auch sehr gerne mit Diktaturen zusammengearbeitet , rechtsextreme Terroristen unterstützt und Demokratie und Menschenrechte sehr "taktisch" benutzt. Ob es "Liebe zum Massenmörder Putin" ist sei dahin gestellt. Er ist zur Zeit der größte Antagonist zum Massenmörder USA - man denke nur an den Herrn Obama mit seinen Nobelfriedenspreis und den Drohnenmorden- somit ein potentieller indirekter Verbündeter . Der Feind meines Feindes eben.Ist halt wie im richtigen Leben!

  • "Dass die Guerras, Fazios und Jalife-Rahmes den Syrienkrieg in eine Reihe mit US-Interventionen im Irak oder in Vietnam stellen, verdeutlicht das intellektuelle Niveau, auf dem sie sich bewegen."

    Stimmt, eine Intervention gegen Zehntausende über den NATO-"Partner" Türkei (Scholz geschätzter Gastgeber; hat sich erst kürzlich damit gebrüstet seit 2015 über 30000 Kurden getötet zu haben; hält noch immer Teile Syriens illegal besetzt) ins Land gebrachte Jihadisten mit den lupenreinen US-Angriffskriegen in Vietnam und dem Irak auf eine Stufe zu stellen, ist sowohl von der rechtlichen Ausgangslage, wie von den Folgen, ziemlich haarsträubend ;)

    Ein "linker Antiamerikanismus" ist ein einer Region, in der die USA seit hundert Jahren nach Beliben entweder selber Bomben oder rechte Terrorgruppen für den Regime Change fit machen, auch außerordentlich erstaunlich. Gibt's die BILD nicht auf spanisch, damit die dummen Lateinamerikaner endlich erkennen, wo der Feind steht? ^^

  • Kritik am US-Imperialismus hat eine lange (berechtigte) Tradition, und auch der Ukrainekrieg hat eine Vorgeschichte und Ursachen, die außerhalb Putins (und Russlands) liegen. Diese Annahme ist kein „Antiamerikanismus“ und keine Rechtfertigung für russischen Imperialismus. Viele Menschen in Lateinamerika haben jedoch vermutlich eher schlechte Erfahrungen mit den USA als gute Erfahrungen mit Putin gemacht.

  • Ich finde diesen Kommentar höchst problematisch, und zwar nicht nur, weil es abgeschmackt ist, andere Meinung als "Ideologie" zu brandmarken (ein Vorwurf, den man genauso gut umdrehen könnte). In ihm zeigt sich auch der Unwille eines beträchtlichen Teils der integrierten westlichen Linksliberalen (!), Perspektiven nachzuvollziehen, die im globalen Süden nicht grundlos weit verbreitet sind; zumindest bei der taz sollte man sich doch noch daran erinnern, warum aus südamerikanischer, afrikanischer oder asiatischer Perspektive der Westen als expansiver Aggressor erscheint. Man muss diese Einschätzung nicht teilen (zumindest nicht mit Blick auf die Ukraine), aber man sollte zumindest in der Lage sein, konstruktiver mit ihr umzugehen, als im Grand Hotel Abgrund die Nase über die Wilden aus dem Süden zu rümpfen, während man im Grunde doch von der eigenen Überlegenheit überzeugt ist. Das hat der Nationalismus mit dem Teufel gemeint: er kommt in vielen Gestalten. Und jenseits aller moralischen Einwände, die gegen einen solchen Eurozentrismus sprechen, ist er nicht einmal machtpolitisch klug: in der länst schon Wirklichkeit gewordenen multipolaren Welt hat man in Brüssel und in Washington längst nicht mehr die Macht, die Welt nach eigenem gusto zu gestalten. Umso wichtiger wäre es, auch kooperatives Verhalten zu lernen. Die Fähigkeit, die Perspektiven anderen zu verstehen, wäre ein Schritt in diese Richtung.

  • Antiamerikanismus lässt sich leicht nachvollziehen.

    Doch deswegen automatisch dem Feind seines Feindes zu huldigen, ist milde ausgedrückt, intellektuell wenig anspruchsvoll.

    Es soll in dem Zusammenhang ja sogar Leute geben, die tatsächlich pro Iran sind.