Trumps Entschädigungsforderungen an China: Billionen Dollar, die es nicht gibt

Trump fordert wegen Corona Entschädigungen von China. Das ist billiger Stimmenfang – und geschichtsvergessen.

Xi Jinping und Trump küssen sich mit Masken: ein Graffiti

Kein Albtraum – nur ein Graffiti: Xi Jinping und Trump küssen sich mit Masken Foto: Markus Schreiber/ap

US-Präsident Trump sinnt gern auf Rache, und so liegt ihm eine Idee besonders am Herzen: Das Coronavirus stammt bekanntlich aus China – und daher sollen die Chinesen nun eine Entschädigung zahlen für die Billionenkosten, die die Pandemie in den USA verursacht hat. Auch Trump dürfte klar sein, dass die Wahrscheinlichkeit bei genau null liegt, dass sich die Chinesen auf diese Forderung einlassen. Aber darum geht es gar nicht; Trump will nur beim heimischen Fernsehpublikum punkten.

Nicht allen Amerikanern dürfte auffallen, dass der US-Präsident ökonomischen Unsinn erzählt. Selbst wenn die Chinesen wollten, könnten sie keine Entschädigungen in Billionenhöhe leisten. Denn die ungeklärte Frage wäre: Wo soll das viele Geld eigentlich herkommen? Die Chinesen könnten nur Milliardensummen ins Ausland transferieren, wenn sie gigantische Exportüberschüsse erzielen. Die Chinesen müssten also die Welt mit ihren Waren fluten – was umgekehrt bedeuten würde, dass andere Länder um ihre Absatzmärkte bangen müssten.

Vor allem Trump dürfte es gar nicht gefallen, wenn die USA plötzlich nicht mehr exportieren könnten. Schon jetzt beschwert er sich ständig, dass die Chinesen nicht genug amerikanische Güter abnehmen würden. Mit seinen wirren und nationalistischen Wirtschaftsideen agiert Trump wie ein Fleischermeister, der ganz viel Fleisch an seine Kunden verkaufen möchte – von diesen Kunden aber verlangt, dass sie ihm vorher genau dieses Fleisch schenken.

Ökonomischer Nationalismus funktioniert nicht. Staaten können andere Staaten nicht in großem Stil entschädigen, wie die Europäer sehr schmerzhaft nach dem Ersten Weltkrieg lernen mussten. Es klang zwar gut, dass Deutschland Reparationen in Höhe von 31,4 Milliarden Dollar oder umgerechnet 132 Milliarden Goldmark zahlen musste. Aber dieses Geld hatte das Deutsche Reich nicht. Also blieb den Deutschen nur, Kredite bei den Alliierten aufzunehmen, um anschließend genau dieses Geld wieder an die Alliierten zurückzuüberweisen. Es setzte ein sinnloser Kreisverkehr des Geldes ein, der dann in der Weltwirtschaftskrise ab 1929 zusammenbrach. Am Ende hatten die USA die deutschen Reparationen bezahlt, wie die Amerikaner verspätet bemerkten.

Diese Lektion blieb lange im Gedächtnis haften: Nach dem Zweiten Weltkrieg forderte im Westen niemand mehr, dass Deutschland oder Japan hohe finanzielle Reparationen zahlen sollten. Die Politiker wussten jetzt, dass sich Geld nicht einfach transferieren lässt. Nur Trump muss es noch verstehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.