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Trump-Putin-Gipfel in AlaskaZwei Reichsbürger unter sich

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Der Gipfel in Alaska zeigt: Die Präsidenten der USA und Russlands wollen ihre Beziehungen normalisieren. Die Ukraine und alles andere ist ihnen egal.

Was ist eigentlich der Handschlag zwischen einem gelernten Immobilienhändler (l.) und einem gelernten Geheimdienstler wert?

W enn ein gelernter Immobilienhändler und ein gelernter Geheimdienstler aufeinandertreffen, also ein professioneller Schwindler und ein professioneller Lügner, sollte man ihren Worten keine allzu große Wichtigkeit beimessen. Die Bedeutung des Treffens zwischen Donald Trump und Wladimir Putin in Alaska am Freitag liegt nicht in den öffentlichen Belanglosigkeiten, die die Präsidenten der USA und Russlands auf der Pressekonferenz im Anschluss von sich gaben. Sie liegt im Ereignis an sich: ein Schulterschluss zwischen zwei Staatschefs, die sich beide für die mächtigsten auf dem Planeten halten und deren gemeinsames Interesse darin besteht, die Welt des Jahres 2025 um ungefähr 50 Jahre zurückzusetzen, als die USA und die Sowjetunion tatsächlich die beiden einzigen Supermächte waren.

Die wichtigsten Signale waren die ohne Worte: die US-Kampfjets, die die russische Präsidentenmaschine in der Luft schützen; der rote Teppich, den US-amerikanische Soldaten für Putin ausrollen; das machohafte Gehabe, als beide Präsidenten in ihren jeweiligen Flugzeugen auf der Landebahn darauf warteten, dass der jeweils andere zuerst aussteigt und damit den ersten Schritt macht. Am Ende war Trump der Erste, aber auf dem roten Teppich ließ er Putin auf sich zukommen.

Lediglich 12 Minuten dauerte die Pressekonferenz, auf der entgegen allen Gepflogenheiten Gast Putin als Erster sprach und achteinhalb Minuten lang ein vorbereitetes Statement ablas, wonach Gastgeber Trump sich mit dreieinhalb Minuten Schwadronieren zufriedengab und dann keine Fragen zugelassen waren. Dass Putin zunächst auf den Zweiten Weltkrieg zu sprechen kam und ihm mehr Worte widmete als den aktuellen Konflikten, unterstrich dabei, wie sehr der Moskauer Machthaber in der glorreichen Vergangenheit lebt.

Die Ukraine spielt dabei nur als Störfaktor eine Rolle. Für Putin ist die Existenz der unabhängigen Ukraine ein Ergebnis westlicher Einmischung in innere Angelegenheiten Russlands, aus deren Regelung – nämlich die Ukrainer als „Brudervolk“ zu behandeln, wie er es vor der Presse in Alaska sagte, egal ob sie seine Untertanen sein wollen oder nicht – sich der Westen gefälligst heraushalten soll. Für Trump ist der Krieg in der Ukraine ein Hindernis auf dem Weg zu lukrativen Geschäften der USA mit dem ressourcenreichen Russland als „größtes Stück Land auf der Erde“, wie er, ganz Immobilienmogul, das nach dem Treffen in einem langen Interview mit Fox News ausdrückte.

Von Europa, ganz zu schweigen vom Rest der Welt, halten die regierenden Reichsbürger in Washington und Moskau beide nichts. Sie wollen ihre Beziehungen zueinander normalisieren, alles andere ist egal, auch die Ukraine. Die völlig überdrehte Aufmerksamkeit aber, die Medien weltweit und vor allem in Deutschland dem Trump-Putin-Treffen tagelang gewidmet haben, mit Livesendungen und Sonderschaltungen ohne Inhalt und voller Spekulationen über den kommenden Frieden in der Ukraine, zeugt davon, dass Trumps und Putins imperiale Nostalgie auch hierzulande auf zunehmend fruchtbaren Boden fällt.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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6 Kommentare

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  • Nachdem die Kommentiermöglichkeiten technisch eingeschränkt wurden, bringe ich meinen Kommentar hier an, wo er aber auch hinpasst:

    Wenn die Ukraine sowohl Trump als auch Putin so egal ist, verstehe ich nicht, warum Fr. Merz laut "N-TV" den Gipfel für einen Erfolg hält, weil Trump den Länderchefs ausgewählter EU-Staaten in dem Telefonat nach dem Gipfel wohl erklärt habe, dass die USA der Ukraine NATO-ähnliche Sicherheitsgarantien anbieten würden.



    Ich habe den Verdacht, dass Trump den EU-Leuten (immer) etwas anderes erzählt, als tatsächlich z. B. im gestrigen Gespräch mit Putin besprochen wurde. Wenn es so sein sollte, wie ich es vermute, dürfte die EU nach so viel schlechten Erfahrungen eigentlich a) Trump nichts mehr glauben und b) auch nicht von Erfolg sprechen, wo vielleicht gar keiner ist. So kommt mir das Ganze jedoch vor, als würde die EU sich krampfhaft an jedes (falsche) Versprechen klammern, weil sie ohne die USA nicht lebensfähig ist. Und Selensky hängt sowieso "zwischen Baum und Borke".



    Vielleicht kommen wir nicht umhin, die Realitäten zu sehen und sich von den USA zu emanzipieren und von Russland unabhängig zu machen.

  • "...zwei Staatschefs, die sich beide für die mächtigsten auf dem Planeten halten..."



    Ich widerspreche hier der Einschätzung von Dominic Johnson. Ich denke Putin und Trump wissen sehr wohl wo sie stehen.



    Weltpolitisch gesehen ist Russland ein enormer Trumpf für die Zukunft. Extrem rohstoffreich, industriell unterentwickelt, aber atomar bis an die Zähne bewaffnet und obwohl waffentechnisch ein zwei Generationen veraltet, extrem zäh.



    Außerdem ist Russland aktuell mit China verbunden. China ist aber der Hauptgegner der USA in den nächsten Jahrzehnten.



    Da ist es kein Wunder für mich, dass Trump mit Russland Geschäfte machen will. Denn jeden Deal den die USA machen kann, kann China nicht machen.



    So nüchtern sieht das Trump.



    Die Ukraine ist nicht der Nabel der Welt, im Gegenteil, Russland ist der Nabel der Welt im Kampf der Weltmächte USA gegen China.



    Insofern ist das Treffen gestern, die Verhandlungen, für mich nachvollziehbar. Putin weiß um seine Rolle, Trump um Russlands Rolle, der Rest ist Balz und pokern zwischen den beiden.



    "...alles andere ist egal, auch die Ukraine" - da bin ich wieder voll bei Dominic Johnson. Uns Menschen mag es um die Ukraine gehen, Trump und Putin nicht.

  • Das ist nur eine Präsentationsshow zweier Alphatiere.



    Wobei Putin intellektuell Trump meilenweit überlegen ist.

    Trump ist ein Selbstdarsteller, der sich am liebsten den ganzen Tag im Spiegel anschaut und versucht, "Deals" zu machen.



    Echtes Interesse an Staaten, Frieden, Menschen gibts da nicht.

    Putin ist ein Taktiker, der nur auf Sieg setzt und möglichst viel Macht auf sich konzentriert - ebenfalls nicht interessiert an Staaten, Frieden, Menschen.

    Und Europa?



    Ist der kleine, verschüchterte Knirps, der bei niemanden anecken will (es könnte ja blaue Flecken geben).



    Schon damals, mit der Krim, ist das schiefgelaufen. Da hätte Europa klare Kante zeigen müssen.



    Europa ist aber untereinander so zerstritten und ein übler Flickenteppich, von Gegenwegr, klare Kante etc. hier keine Spur.

    Und so machen die beiden Pseudo-Staatsführer munter weiter, ihre diktatorischen Regime auszubauen (wobei Trump schwer hinterher hinkt)...

    Ich frage mich ständig: Wer soll den Müllhaufen wieder sortieren, wenn die beiden eines Tages mal nicht mehr sind? ( und an ein freiwilliges abtreten von Trump glaube ich eher nicht)

    • @Juhmandra:

      Europa ist untereinander so zerstritten, ja so ist es. Dieses Europa der einzelnen Nationalstaaten wird zukümftig keinen Einfluss mehr haben. Die einzelnen Nationalstaaten als Einzelkämpfer sowieso nicht.

    • @Juhmandra:

      Das kann man besser nicht ausdrücken! Leider ist es genau so und es sieht auch nicht so aus, als könnte sich das in absehbarer Zeit ändern. Mit dem derzeitigen Personal ganz sicher nicht.

    • @Juhmandra:

      Trump holt aber ganz schön auf was die Diktatur anbelangt.



      Putin hat fast 2 Jahrzehnte Vorsprung.



      Die haben in 8 Monaten so einiges geschafft.