Tötung von Hamas-Anführer Saleh al-Aruri: Militärisch „sauber“, aber riskant

Mit dem Angriff auf den Hamas-Kommandant im Nachbarland Libanon ist eine neue Eskalationsstufe erreicht. Die Hisbollah wird reagieren.

Kinder halten ein Plakat mit dem Foto des verstorbenen stellvertretenden Hamas-Führers Saleh al-Arouri , umeringt von trauernden Männern

Trauer um Saleh al-Arouri, der bei einem Drohnenangriff am Dienstag getötet wurde Foto: Aziz Taher/reuters

Wenn internationale Konflikte eine Treppe wären, dann hätte Israel gleich zwei Stufen mit einem Schritt genommen. Mit der Tötung von Hamas-Führer Saleh al-Aruri in Libanons Hauptstadt Beirut ist eine neue Eskalationsstufe im Krieg zwischen Israel und der Hamas erreicht. Die Aktion trägt den Konflikt tief ins Nachbarland hinein und fordert die dort dominante Hisbollah heraus. Die Miliz wird auf den Angriff in ihrer Hochburg reagieren, die Frage ist nur, wie.

Zwar war der Schlag begrenzt: Es wurden wohl sieben Hamas-Leute getötet, keine Zi­vil­s­t*in­nen und wohl auch keine Libanes*innen. Im hässlichen Kriegsjargon ließe sich sagen: Die Aktion war sauber, wenn auch völkerrechtlich illegal. Und al-Aruri, dessen Karriere auf Terror fußt, ist keine Träne nachzuweinen.

Aber die Frage ist: War es strategisch klug, im Nachbarland Libanon anzugreifen? Beirut ist keine abgelegene Höhle, wo sich ein paar Terrorführer trafen. Der Angriff – mutmaßlich durch israelische Drohnen – traf ein Wohnhaus mitten im Stadtgebiet der Mittelmeermetropole.

Natürlich wertet die Hisbollah den Schlag als Angriff auf das ganze Land. Und im Libanon, in der palästinensischen Bevölkerung und auch in anderen Teilen der arabischen Welt wird das genau so gelesen werden: Israel ist der Aggressor und greift nun sogar den Libanon an.

Hisbollah ist antisemitisch

Richtig ist: Israel führt einen brutalen Krieg im Gazastreifen, auch gegen die Bevölkerung. Nicht nur will die Armee die Geiseln befreien und die Hamas vernichten, es geht auch um eine Bestrafung der Bevölkerung. Aber eines will Israel sicher nicht: Krieg führen gegen den Libanon oder sogar Teile des Landes an sich reißen.

Wenn der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah doch noch richtig eskaliert, dann natürlich nicht, weil Israel den Libanon angreift, sondern weil die Hisbollah meint, Israel vernichten zu müssen. Die Hisbollah ist eine scheußliche antiisraelische und antisemitische Mischung aus Partei und Miliz, die in erster Linie von ihrer Israel-Feindschaft lebt. Was würde Deutschland tun, wenn Militante in Polen drohen würden, mit 150.000 Raketen Berlin, Hamburg oder München anzugreifen?

Es bleibt zu hoffen, dass die Prognose des israelischen Sicherheitsapparats war, dass die Hisbollah nach dem Schlag in Beirut nicht zu sehr unter Druck steht und eine Hintertür findet, um nicht voll in den Krieg einzusteigen. Und es ist zu hoffen, dass diese Prognose auch richtig ist. Ein offener Krieg zwischen der Hisbollah und Israel, der über ständigen gegenseitigen Beschuss hinausgeht, wäre eine Katastrophe sowohl für die libanesische als auch die israelische Bevölkerung.

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ist Redakteur für Nahost & Nordafrika (MENA). Davor: Online-CVD bei taz.de, Volontariat bei der taz und an der Evangelischen Journalistenschule Berlin, Studium der Islam- und Politikwissenschaft in Berlin und Jidda (Saudi-Arabien), Arabisch in Kairo und Damaskus. Er twittert unter twitter.com/jannishagmann

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