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Tod nach Festnahme in ErfurtKein Bild, kein Name

Ein Mann versucht, einen Rucksack zu klauen und wird festgenommen. 25 Stunden später ist der Algerier tot. Was ist passiert?

Warum starb ein junger Mann in Polizeigewahrsam in Erfurt? Foto: Martin Schutt/dpa

Erfurt taz | Am Kiosk stehen die mit Bratwurst, die mit viel Zeit, und am Freitag vergangener Woche steht dort auch ein Rucksack, mit dem alles beginnt. Es ist früher Abend, ein Mann nähert sich dem Stand. Er versucht, den Rucksack zu stehlen. Der Besitzer desselbigen aber bemerkt ihn und wehrt sich. Beamte der Bundespolizei kommen hinzu. Sie nehmen den Verdächtigen mit auf die Wache, die nur wenige Schritte von dem Imbiss entfernt liegt. 25 Stunden später ist der Mann tot.

Was ist passiert? Am Dienstag, dem dritten Tag nach dem Tod des Mannes, verschickt die Staatsanwaltschaft Erfurt eine Pressemitteilung. „Die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei Erfurt ermitteln wegen eines unnatürlichen Todesfalles“, heißt es darin. Und an späterer Stelle: „Zur Klärung der Todesursache wurden histologische und chemisch-toxikologische Untersuchungen beauftragt. Diese werden einige Zeit in Anspruch nehmen.“

Die Staatsanwaltschaft schildert den Verlauf wie folgt: Beamte der Bundespolizei hätten gegen 17.30 Uhr vor einem Imbiss einen Diebstahl beobachtet, einen Mann vorläufig festgenommen und auf ihre Dienststelle gebracht. Dort hätten sie festgestellt, dass der Mann unerlaubt nach Deutschland eingereist war. Und sie finden eine größere Menge Medikamente: Mittel, die Abhängige nehmen, wenn sie einen Entzug machen wollen – sogenannte Drogenersatzmedikamente. Deshalb sei ein Notarzt hinzugekommen, der bestätigt habe, dass der Mann gewahrsamstauglich sei.

Die Beamten hätten den Festgenommenen befragt, dieser sei dabei immer wieder eingeschlafen. Später ordnet die Staatsanwaltschaft an, den Mann gehen zu lassen. Die Beamten hätten entschieden, ihn nicht zu wecken. Auch sei er mehrfach kontrolliert worden. Mitten in der Nacht stellen die Polizisten schließlich fest, dass die Vitalfunktionen ausgesetzt haben. Sie reanimieren ihn, er kommt ins Krankenhaus. Dort verstirbt er gegen 18.30 Uhr, am Samstag.

Ein Mann stirbt in Obhut der Polizei, und alles, was von ihm bleibt, sind ein paar Eckdaten. Algerier. 32 Jahre alt. Kein Name. Kein Bild. Die Person hinter den Daten ist verschwunden.

Kein Anfangsverdacht gegen Polizeibeamte

Sabine Berninger, Sprecherin für Flüchtlingspolitik und Mitglied im Justizausschuss des Thüringer Landtags, hat Fragen, die sie mit in den Justizausschuss nehmen will. „Der Mann hätte nach der Anordnung der Staatsanwaltschaft unmittelbar freigelassen werden müssen“, sagt sie. Berninger will wissen: Wurde der Mann über seine Rechte aufgeklärt? In welcher Sprache eigentlich? War ein Dolmetscher dabei? Und durfte er seine Medikamente nehmen? Sabine Berninger ist Mitglied einer Enquetekommission des Thüringer Landtages, die sich mit institutionellem Rassismus beschäftigt. Sie interessiert, ob mit dem 32-jährigen Algerier richtig umgegangen wurde.

Aus Bundespolizeikreisen ist zu hören, der Fall nehme alle mit. Manche Beamte seien in Betreuung. Laut Staatsanwaltschaft wurden die Beamten, die in der Nacht im Dienst waren, bereits vernommen. Ihr vorläufiges Fazit: Es gebe „keinen Anfangsverdacht für ein strafrechtlich relevantes Handeln einzelner Beteiligter“.

Mittwoch, der vierte Tag nach dem Tod des 32-Jährigen. Zurück zu dem Imbiss am Rande des Erfurter Bahnhofs, zurück an den Ort, wo der Verstorbene das letzte Mal eine Person war. Es ist heiß, der Andrang auf Bratwurst zur Mittagszeit trotzdem groß. Auch eine Imbissverkäuferin, die den Vorfall am vergangenen Freitag beobachtet hatte, ist da.

Er habe irgendwie komisch gewirkt, sagt sie. War er öfter hier? Nein. Als er versucht habe zu klauen, habe ihn der Rucksackbesitzer sogleich erwischt und ihm „einen Arschtritt verpasst“. Dann seien die Polizisten dazugekommen. Was danach geschah, erzählt sie nicht, sie muss weiter.

Schwierige Suche nach Antworten

Bei laufenden ­Ermittlungen ist es schwierig, Informationen zu bekommen. Jetzt aber ermittelt die Kriminalpolizei gegen Bundespolizeibeamte. Sie müssen nach Einsätzen Berichte anfertigen. Aus Bundespolizeikreisen ist zu erfahren, was darin steht: Der 32-jährige Algerier habe Medikamente bei sich gehabt, knapp unter zehn verschiedene seien es gewesen. In dem Einsatzbericht von dem Abend ließen sich keinerlei Anhaltspunkte dafür finden, dass diese nicht zum Eigengebrauch gedacht waren. Aber auch keine Hinweise darauf, dass der Mann unter Drogeneinfluss stand. Das habe der hinzugezogene Notarzt bestätigt.

taz ost

Sechs Wochen im Osten: Vor der Landtagswahl in Sachsen am 1. September 2019 war die taz in Dresden. Seit dem 22. Juli waren wir mit einer eigenen Redaktion vor Ort. Auch in Brandenburg und Thüringen sind bzw. waren wir vor den Landtagswahlen mit unserem #tazost-Schwerpunkt ganz nah dran – auf taz.de, bei Instagram, Facebook und Periscope. Über ihre neuesten Erlebnisse schreiben und sprechen unsere Journalist*innen im Ostblog und im Ostcast. Begleitend zur Berichterstattung gibt es taz Gespräche in Frankfurt (Oder), Dresden, Wurzen und Grimma. Alle Infos zur taz Ost finden Sie auf taz.de/ost.

Der Mann wirkte übermüdet, heißt es jetzt aus Polizeikreisen. Weil der 32-jährige Algerier während der Befragung immer wieder eingeschlafen sei, hätten die Bundespolizisten ein beschleunigtes Verfahren bei der Staatsanwaltschaft beantragt. Doch die lehnte ab, ordnete die Freilassung an, mitten in der Nacht. Doch die Beamten hätten entschieden, ihn schlafen zu lassen. Zeitweise habe jemand vor seiner Zelle gesessen, um ihn zu beobachten. Manchmal hätten sie ihn kontrolliert, häufiger als vorgeschrieben. Sie vermerken, dass er schnarcht. Um 3.35 Uhr hätten die Beamten schließlich festgestellt, dass der Mann nicht mehr atmet. Sie beginnen, ihn zu reanimieren, rufen den Notarzt. Die Staatsanwaltschaft teilt hingegen in ihrer Pressemitteilung mit, das sei bereits um 3.15 Uhr geschehen.

Christian Meinhold, ein Sprecher der Bundespolizei, sagt: „Bei uns arbeiten doch auch Menschen, die sagen, das wäre doch unmenschlich, ihn jetzt vor die Tür zu setzen.“ Und: „Angenommen, wir hätten ihn geweckt, mitten in der Nacht. Gesagt, raus, Hauptsache raus mit dir aus unserer Verantwortung, und dann wäre er gestorben – was wäre dann los gewesen?“

Meinholds Sätze vermitteln, dass jedes Verhalten falsch gewesen wäre. Es gibt institutionellen Rassismus innerhalb der Polizei. Nun ist in diesem Fall tatsächlich etwas Fatales passiert. Ein Mensch ist tot.

Wer sucht nach dem Menschen hinter dem Fall?

Es gibt Widersprüche in diesem Fall, die sich derzeit nicht auflösen lassen. Und viele offene Fragen: Wusste der Mann, dass er hätte gehen können? War er eingeschlossen? Hatte er Zugriff auf die Medikamente, die er möglicherweise brauchte? Hätte er eine Überdosis nehmen können? Ihm sei etwas zur Verfügung gestellt worden, das für ihn nicht schädlich war, heißt es dazu vage von der Bundespolizei.

Wochenendkasten 27./28. Juli 2019

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk, im praktischen Wochenendabo und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

Anruf bei der Staatsanwaltschaft am Freitag, Tag sechs nach dem Tod. Seine Medikamente waren ihm, als er in der Zelle war, nicht zugänglich, sagt Oberstaatsanwalt Hannes ­Grünseisen. Man könne ja niemanden mit einer Menge Medikamente allein lassen. Aber man habe ihn natürlich versorgt. Auf die Frage, wie seit der Befragung der Beamten ermittelt werde, verweist Grünseisen auf das toxikologische Ergebnis, das noch abgewartet werden müsse. Und sagt: „Oder sagen Sie doch mal: Was sollten wir denn stattdessen machen?“

Ein Toter ohne Namen. Zu viele offene Fragen. Jemand müsste doch suchen nach dem Menschen hinter dem Fall?

Auch beim Flüchtlingsrat fragt man sich, wer der 32-jährige Algerier war. Suchtberatungstellen, eine Beratungsstelle für Opfer von Rassismus, eine Organisation kritischer Geflüchteter – niemand kennt den Mann. In einer Pizzeria unweit des Bahnhofs arbeitet ein Mann aus Algerien. Seine Familie habe ihn angerufen, auch andere Algerier aus dem ganzen Land. Sie alle wollten wissen: Wer von uns ist da gestorben? „Aber ich kenne ihn nicht“, sagt er.

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43 Kommentare

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  • Den Titel kann man reißerisch interpretieren, muss man aber nicht.



    Ob es ungeheuer wichtig ist, Gesicht und Namen der Person herauszubekommen, weiß ich nicht. Für die Autorin war es irgendwie wichtig. Das muss man Ihr zugestehen.

    Der Artikel bemüht sich sichtlich, die stereotypen Assoziationen z.B. von Polizeigewalt zu verhindern.

    Also ich habe an dem Artikel nichts Wesentliches zu kritteln.

  • Muss nun jeder eine betreute Medikamenteneinnahme haben. Der Notarzt war da, was soll noch alles gemacht werden? Warum wohl ist er eingeschlafen. Er wurde im Schlaf nicht gestört. Und? Ist das schlecht? Wieviele Obdachlose wurde schon angegriffen, angezündet? Sind im Winter erfroren? Nach einem Tag war alles vergessen. Sind die Obdachlosen Menschen zweiter Klasse?

  • Jeder der betrunken im Eingang eines Supermarktes einschläft wird in eine Klinik gebracht. Warum jemand der 10 verschiedene Medikamente bei sich hat, und eingeschränkt ansprechbar ist, in einer Zelle besser aufgehoben sein sollte, kann der Notarzt warscheinlich am besten erklären.

  • Es scheint abwegig für TAZler, sich das Naheliegendste vorzustellen, nämlich daß die Beamten aus reiner Menschenfreundlichkeit einen Übermüdeten nicht einfach auf die Straße werfen wollten?

  • Meine Meinung: Reißerische Überschrift, unvollständige Beschreibung. Ersteres ist vermeidbar, Letzteres ist schwierig. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an 2 Fälle. 1. de.wikipedia.org/w...9F%C3%A7e_Albayrak 2. www.stern.de/panor...-fuss-3610010.html.

    • @Sarg Kuss Möder:

      Reißerische Überschrift! Wenig Substanz. Druckt solche Artikel bitte nicht mehr ab, bevor recherchiert worden ist.

  • Ja, tatsächlich eine Form von Rassismus, die man als "strukturell" bezeichnen kann.



    Seit Beginn der Debatte um zureisende Flüchtlinge stelle ich fest, dass viele Institutionen, die sich mit dem Problem auseinandersetzen, auch die Presse wie hier die taz, sich ausschließlich darum bemühen, den gesunden, einfach zugänglichen Flüchtling zu sehen, der keine Probleme macht, leicht integrierbar ist und als verwertbarer Anteil im Produktionsprozeß auftreten kann.



    Auch hier wieder: Weder Flüchtlingsrat noch aus Algerien stammende Menschen haben sich vorab in irgendeiner Weise um diesen Menschen gekümmert.



    Die ganze Beschreibung lässt auf einen Menschen mit schweren gesundheitlichen Problemen schließen, die offenbar von einer Natur sind, dass ein Notarzt diese nicht sofort erkennen kann. Welche Kriterien medizinisch anwendbar sind, um jemanden als "gewahrsamsfähig" zu beschreiben, geht leider aus dem Artikel nicht hervor.



    Dass, wenn eine bestimmte Anzahl von Menschen vorhanden ist, es auch unter dieser Anzahl eine bestimmten Satz geben wird, der evtl. psychische oder andere Erkrankungen besitzt, die in seinem Heimatland nicht behandelt werden können, dürfte logisch sein.



    Aber dann haben wir ja jetzt für Flüchtlinge die Gesundheitskarte. Und basta. Jeder, der seine eigene Erkrankung nicht erkennen kann oder behandlungsunwillig ist, der muss eben sehen, dass er damit alleine auskommt.



    An die Öffentlichkeit tritt diese mangelnde Versorgung leider nur, wenn mal einer dieser Vergessenen in Polizeigewahrsam stirbt.

    • 9G
      97760 (Profil gelöscht)
      @Age Krüger:

      Unter medizinischem Aspekt war die Sache wohl ok. In Frankfurt z.B. werden Schwerabhängige nach Kreislaufproblemem aus dem KH ent- und sich selbst überlassen.

  • Sicher - es gibt diesen institutionellen Rassismus innerhalb der Polizei. In diesem Fall hier kann ich aber überhaupt nichts erkennen, was mit Rassismus innerhalb der Polizei zu tun haben sollte.

    • @Rainer B.:

      Drogenabhängigkeit und das Experimentieren mit Drogenersatzmittel, ferner Beschaffungskriminalität.... das sind keine "gesundheitliche" Probleme, sondern das ist ein massives Problem vieler - dazu noch krimineller - Drogenabhängiger.

      • @Monika Frommel :

        Ok - ich hab doch auch gar nichts Gegenteiliges behauptet. Der Artikel wurde an institutionellem Rassismus innerhalb der Polizei aufgehängt und nicht an Drogenabhängigkeit etc. Dazu hab ich mich doch hier auch gar nicht geäußert.

  • 0G
    06831 (Profil gelöscht)

    Nur mal so am Rande,



    der junge Algerier war illegal in D. Das läßt vermuten, dass er die deutsche Sprache nicht beherrschte.



    Wie also sollte die Verständigung stattfinden?



    Ist in jedem Polizeirevier ein Dolmetscher angestellt, der die jeweilige Sprache beherrscht?

    Es gibt Rassismus unter den Polizisten, das wissen wir alle. In diesem Fall aber hört es sich nach tragischen unverschuldeten Ereignis an.



    Er wurde reanimiert und ist im Krankenhaus gestorben-

    An ein Verschwörungstheorie, Mauscheleien, zwischen Arzt und Polizei mag ich nicht glauben.

  • Ihren Aussagen entnehme ich, dass es also besser gewesen wäre ihn Nachts "rauszuschmeißen" - das wäre dann solidarisch, human und menschlich akzeptabel?

    Sie haben aber schon gelesen, dass anfangs ein Arzt da war und bestätigte, dass der Mann "gewahrsamstauglich" war?

    Worin begründet hier also ihre Meinungsmache gegen die Polizisten, die ,nach meinem Verständnis, durchaus menschlich gehandelt haben, einen scheinbar schwer medikamentösen "Unbekannten" (Dieb), mitten in der Nacht auf die Straße zu setzen frei nach dem Motto "Nicht unser Problem (noch nicht)"?

    Wäre es denn wirklich besser, wenn er vor die Tür gesetzt und dann da 'wo möglich' verstorben wäre?

  • Es ist wichtig über solche Fälle zu berichten und in der Regel tut das die TAZ auch immer zuerst. Aber ist es ein Fall? Ist hier wirklich Rassismus im Spiel gewesen und wie sehr wäre es ein Fall in einer westdeutschen Stadt und einem Inhaftierten ohne Migrationshintergrund? Zweifellos hätte der Mann in ein Krankenhaus gehört, falls ihn aber ein Arzt gesehen hat und das nicht angeordnet hat und wenn sonst nichts verschwiegen wird, dann liegt bei den Polizisten auch wirklich kein Fehlverhalten vor und dann kann man auch Mitgefühl mit diesen Polizisten haben.

  • "Es gibt Widersprüche in diesem Fall, die sich derzeit nicht auflösen lassen."

    Leider nennt der Artikel diese nicht. Daher verstehe ich den Satz nicht.



    Worauf sich die unterschiedliche Uhrzeit genau bezieht, wird bei der Formulierung auch nicht klar.

    Und die Verknüpfung in diesem Absatz ist eher peinlich:

    "Meinholds Sätze vermitteln, dass jedes Verhalten falsch gewesen wäre. Es gibt institutionellen Rassismus innerhalb der Polizei. Nun ist in diesem Fall tatsächlich etwas Fatales passiert. Ein Mensch ist tot."

    Vielleicht hebt man sich solche Unterstellungen für die Fälle mit Hinweisen auf?

  • Bei all den Ungereimtheiten rechtfertigt schon legt schon der Satz, die Polizei sehe „keinen Anfangsverdacht für ein strafrechtlich relevantes Handeln einzelner Beteiligter“ die Annahme einer institutionellen Vertuschung nahe.



    Wenn der Verstorbene Polizist wäre und im Gewahrsam einer Gruppe Algerier unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommen wäre, wäre die Generalbundesanwalt noch in der Nacht nach Erfurt geflogen, mit BKA, BND etc im Schlepptau - Terroristen, gewalttätige Ausländer, Gewaltverbrechen gegen den Staat. Die Sicherheitsprofis von CDU, CSU, SPD und BILD hätten sich überschlagen mit Forderungen nach schnellerer Abschiebung und Asylrechtsverschärfung.



    Aber wenn die Täter Polizisten sind und das Opfer Ausländer, schwenkt die Sicherheitsmaschinerie auf Vertuschen um. Ganz routiniert. Wie bei Herrn Jalloh. Und Amad A.

    • @Peter_:

      Die Polizei darf ihren Standpunkt natürlich vertreten. Aber die Staatsanwaltschaft ermittelt ja noch - sogar ohne Anfangsverdacht für eine strafrechtlich relevantes Handeln.



      Im Moment scheint nicht mal klar, ob es sich überhaupt um einen Flüchtling gehandelt hat. Das is alles nur Mutmaßung. In Deutschland leben Tausende von Algeriern. Die meisten sind gar keine Flüchtlinge.

    • @Peter_:

      Sehr gut auf den Punkt gebracht.



      Es darf in Deutschland KEIN einziger Mensch in Polizeigewahrsam sterben oder kurz davor zum Sterben ins Krankenhaus gebracht werden. Punkt.



      Was war das für ein Arzt?



      Was sind das für Polizisten?!



      In der Nacht kontrolliert? Was heißt das?



      Er war vielleicht schon seit Stunden am Rande des Todes, sofort ins Krankenhaus mit ihm, wenn ein Mensch, der gerade angeblich noch geklaut hat, nicht wach bleiben kann. Was könnte daran jetzt sooo schwierig sein, für angemessene gesundheitliche Versorgung zu sorgen?!

    • @Peter_:

      Danke!



      Staatsraison ist das strukturelle Back-Up für Täter*innen im Auftrag des staatlichen Gewaltmonopols. Und am Ende sind die Täter*innen die gefühlten Opfer, während die Toten halt einfach 'nur' tot sind.

  • Deshalb sei ein Notarzt hinzugekommen, der bestätigt habe, dass der Mann gewahrsamstauglich sei.



    Und warum wird nicht auch gegen den Arzt ermittelt, der vermutlich leicht fertig Hafttauglichkeit bescheinigte?

    • @Jakob Cohen:

      Gute Frage!



      Strukturelle Diskriminierung wirkt über Berufs- und Verantwortungsgrenzen hinweg. Da kungeln erst die Ärzt*innen mit den Polizist*innen - nach dem Motto: besser da weggesperrt, als Arbeit mit 'so einem' im Krankenhaus - und später will der StAW dann nicht auffallen, dass die zentrale Verantwortung zur Haftfähigkeit bei eben diesen Ärzt*innen zu suchen ist. Der Mann hatte knapp 10 Medikamnte dabei und war offenbar auf Drogenersatzmedikation - wieso hat er das Tagesregime der Medikamente nicht abgefragt und entsprechend angeordnet (was eine absolute Verantwortungslosigkeit ist)...und ggf. hat er mit seiner Bagatellisierung - von wegen 'nur müde' - wesentlich zu den späteren Fehleinschätzungen der Polizeibeamt*innen beigetragen.



      Da greift eine Hand in die andere und am Ende ist ein Mensch unter verantwortlicher Aufsicht gestorben, aber angeblich haben alle alles richtig gemacht - man könnte glatt den Eindruck bekommen, dass das ganz und gar so sein soll und auf gar keinen Fall daraus gelernt werden darf.

    • @Jakob Cohen:

      Weil Sie offenbar mehr wissen als die Staatsanwaltschaft.

  • schwierig hier etwas zu entscheiden und Schuldige zu finden wenn es denn welche gibt. In diesem Fall bin ich trotz immer wieder auftretende rechtslastigkeit auf Seiten der Polizisten - zum Glück gibt es auf den Wachen auch Menschen.

    • @Klabautermann:

      Wenn's schwierig wird helfen Fakten, Rechtsgrundlagen und Erfahrungen weiter...



      Erfahrungsschatz ist, dass die Bescheinigung von Gewahrsamstauglichkeiten durch Ärzte, die routiniert mit Polizeibeamten kooperieren immer wieder fatale Konsequenzen haben (Stichwort: Ausnüchterungstote)



      Im vorliegenden Fall berichtet die lokale TLZ, dass der Mann mitten im Verhör immer wieder eingenickt sei und teilweise wirr geredet habe...schwere Erweckbarkeit ist immer suspekt - im Knast allemal...die Annahme Menschen würden lieber in einer Polizeizelle, als irgendwo anders schlafen, ist gelinde gesagt naiv und hochgradig unglaubwürdig.



      Rechtsgrundlage war die Anordnung der Freilassung, die mit der obig fadenscheinigen Begründung ausgesetzt und damit eine rechtswidrige Freiheitsberaubung billigend in Kauf genommen wurde.



      Wenn jemand mehrere Medikamente dabei hat, sollte unmittelbar geklärt werden, wann welche Medikamente eingenommen werden müssen - das war den 'Menschen' von der Bundespolizei allerdings nicht soo wichtig...anscheinend war wohl nicht einmal ein Dolmetscher vor Ort, da konstatiert wurde, dass sich die Kommunikation schwierig gestaltete, weil der Mann nur französisch sprach. Diese Umstände sind ebenso rechtswidrig, wie die eigenmächtige Aussetzung der Freilassung.



      Am Ende starb der Mann - und trotz gleich mehrerer Ungereimtheiten, will keiner Verantwortung übernehmen, weil ja alle so menschlich sind und diese hin und her schieben...



      Zuletzt fallen dann schließlich noch die Differenzen in den zeitlichen und faktischen Angaben von StAW und BuPo auf - ein Schelm, wer diesbezüglich noch keine einschlägig schlechten Erfahrungen mit Menschen in Uniformen und Roben machen musste...

      • @blinde kuh:

        Danke für diese Auflistung und Handgabe zur Bewertung. Es werden sich trotzdem genug Leute finden, die mit der Polizei an den Ausflüchten mitkonstruieren werden.

  • Bei der Schlagzeile dachte ich noch "Ach du Scheiße!", weil ich dachte, die Polizei hat Einen umgebracht.



    Nach Lektüre würde ich das immer noch sagen, aber eher deshalb, weil der Artikel, der mir momentan als erster erscheint (sozusagen Seite 1), so tendenziös ist.



    Die taz hat ganz offensichtlich keine Insiderinformationen, die den Fall irgendwie erhellen würden, konstruiert aber schon mal einen Fall von institutionellem Rassismus.

    Gibt es Rassismus in der Polizei?



    Ganz bestimmt, und nicht zu wenig...



    Gibt es ungerechtfertigte Polizigewalt in Deutschland?



    Ganz bestimmt, und nicht zu wenig...

    Gibt es hier konkrete Anhaltspunkte, die das eine oder das andere vermuten lassen? Nicht wirklich.

    Bin etwas enttäuscht, Frau Schmidt, nach kurzem Skimming Ihrer weiteren Artikel scheint das eigentlich auch nicht Ihr Stil zu sein.

    • @Müllersepp:

      Du stimmst etwas zu, von dem du nicht annähernd überzeugt bist, weil ein Artikel dir tendenziös erscheint? Verwirrend, äußerst verwirrend.

  • Die Autorin spricht von Widersprüchen. Ich habe in ihrer Darstellung keine gefunden. Was ist gemeint?

    Ich muss gestehen, ich habe nicht verstanden, warum der Mann an dem Imbiss, wo man ihn nicht kannte, zum letzten Mal eine Person war und danach nicht mehr.

  • Zu wenige konkrete Informationen, um kommentierend zu orakeln.

    Vermutlich war das eine ungeahnte Anhäufung von unglücklichen Umständen.

    • 0G
      06831 (Profil gelöscht)
      @Sven2000:

      Das sehe ich auch so.

  • Offensichtlich sind alle verfügbaren Informationen zu dem Fall unzureichend. Ob er namenlos oder unerlaubt eingereist war, darf da keine Rolle spielen. Er hat versucht einen Rucksack zu klauen. Immerhin wurde er von einem Notarzt untersucht. Welche Rolle seine Medikamente spielten, ist bislang unklar. Der Staatsanwalt aber verfügte, ihn sofort zu entlassen. Er stand offensichtlich unter dem Einfluss starker Medikamente oder Drogen und wurde deswegen nicht sofort entlassen und in seiner Zelle aufmerksam beobachtet.

    Es ist nur schwer oder gar nicht verständlich, warum er starb zusammen. Aber ohne weitere Informationen sollten wir uns nicht ermächtigt fühlen, auch nur andeutungsweise Beteiligte zu verurteilen.

  • Wie wär's denn in solchen Fällen mit 'nem Rettungswagen??

    • @kditd:

      "Sie beginnen, ihn zu reanimieren, rufen den Notarzt."

      Der Notarzt wird jetzt nicht auf seinem Dreirad gekommen sein.

    • @kditd:

      Dazu hätte man wissen müssen, dass der Mann ein Problem hat.

      Nach der Festnahme war ein Notarzt da und hat offenbar nichts besonderes festgestellt.

    • @kditd:

      Wäre eine Idee gewesen.

  • Ach, tun mir die Beamten, die mutmaßlich einen Tod zu verantworten haben aber leid. Jetzt beginnt wieder das Spiel mit den Desinformationen.

    • @Hampelstielz:

      Na Sie scheinen sich Ihr Urteil ja sowieso schon gebildet zu haben.

      • @Snip Snap:

        Unterschiedliche Zeitangaben von Dienststelle und Staatsanwaltschsaft, Verweigerung von dringend notwendigen Medikamenten, Verweigerung eines Dolmetschers, Freiheitsberaubung. Das sind die Punkte, die feststehen. Jetzt kann man natürlich ein braver Bürger sein und der Polizei zum abertausendsten Mal einen Vertrauensvorschuss geben oder man bringt das Mißtrauen, dass sie sich mühsam verdient hat bei.

        • @Hampelstielz:

          Ich finde im Artikel ehrlich gesagt keine Belege für die ersten beiden Punkte und beim dritten maße ich mir nicht an beurteilen zu können, ob es jetzt das bessete gewesen wäre ihn schlafen zu lassen oder aufzuwecken.



          Es ist natürlich vollends möglich, dass alle ihre drei Punkte zutreffen, nur scheint mit die Faktenlage in Artikel etwas zu dünn, das mit Sicherheit sagen zu können

          • @Snip Snap:

            Lesen sie mal den Artikel genau durch, dann werden sie den 1. Punkt eindeutig finden.



            Der 2. Punkt ist etwas verklausuliert, denn er bekam etwas, das "für ihn nicht schädlich" war. Das sind Drogenersatzmedikamente im Normalfall nicht.



            Weshalb hätte sich die Kommunikation schwierig erweisen sollen, wenn ein Dolmetscher anwesend gewesen wäre? Und es war nicht in der Kompetenz der Polizei den Mann schlafen zu lassen. Die Staatsanwaltschaft hatte seine sofortige Freilassung angeordnet.

            • @ecox lucius:

              Hier melden sich wieder jede Menge Fachärzte zu Wort. Ich fasse es nicht. Aus ein paar Zeilen wollen dann die Hobby Kriminalisten sofort wissen, was war!Und bei diesen guten Menschen ist jede dt. Behörde gleich schuld. Immer drauf prügeln.

        • @Hampelstielz:

          Darf man erfragen wo sie diese sehr wichtige Information haben,nach ihren Text währe die Sache damit erledigt und die Verantwortlichen müssen vor Gericht gestellt werden.

          • @ulf hansen:

            Vor einer Verhandlung gibt es eine Ermittlung. Davor will sich die Polizei mal wieder drücken.