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Thüringer Rechtsrockband WeimarDie Masken sind gefallen

Die Band Weimar wurde von Universal mit derbem Deutschrock bis in die Charts gebracht. Nun wird klar: Dahinter stecken Rechtsextreme.

Das Versteckspiel der Band Weimar mit den Masken ist vorbei Foto: Promo Band Weimar

Berlin taz | Plötzlich ging es ganz schnell. Kaum war am Donnerstag bekannt geworden, wer hinter den Masken der Deutschrockband Weimar steckt, kündigte ihre Plattenfirma Universal die Zusammenarbeit auf. Kurz darauf waren auch die kommenden Tour-Termine abgesagt, waren Songs der Band auf Spotify oder ihre Videos auf Youtube verschwunden.

Zuvor hatte der Spiegel berichtet, dass hinter den vier Musikern, die bisher nur mit schwarz-weißen Masken und falschen Namen auftraten, zum Teil Männer stecken, die zumindest vor Jahren in der rechtsextremen Musikszene Thüringens aktiv waren. Einer von ihnen sei Konstantin P., der in den Neunzigern Mitglied der Thüringer Neonazi-Band „Dragoner“ gewesen sei, die in Liedtexten den Holocaust leugnete. Ein anderer sei Christian P., der zum „Nationalen Widerstand Weimar“ gehört habe, die dem verbotenen „Blood&Honour“-Netzwerk nahestand. Mit Konstantin P. soll er bereits vor Jahren die Band „Uncore United“ gebildet haben.

Auch die Thüringer Linkenpolitikerin und Rechtsextremismuskennerin Katharina König-Preuss sprach von bekannten Neonazis. Ein Bandmitglied sei etwa 1999 bei der Hochzeit des Thüringer NPD-Manns Torsten Heise zu Gast gewesen, der Kontakte in die militante Neonaziszene hält.

Universal hält Vorwürfe für „absolut inakzeptabel“

Die Band selbst äußerte sich bisher nicht zu den Vorwürfen, auch auf Anfrage nicht. Die Musiker, die sich selbst als „Spasten mit Masken“ titulierten, wurden wegen ihrer Liedtexte aber schon länger misstrauisch beäugt. So sang die Band, „dass man uns hier schon seit Jahren umfangreich indoktriniert“. An anderer Stelle hieß es, Medien seien „allesamt manipuliert und gekaufte Marionetten“. Ihnen sei „jedes Mittel recht“, „um euch zu kontrollieren“. Deutschland fahre „mit voller Wucht an die Wand“.

Das Heikle: Das Album der Band war 2022 durch Universal prominent vertrieben worden und brachte es so bis auf Platz 5 der deutschen Albumcharts. Offenbar aber prüfte die Plattenfirma nicht oder nicht ausreichend, mit wem sie da kooperierte. Nach der Spiegel-Enthüllung zog Universal die Reißleine. Die Situation sei „absolut inakzeptabel“ und widerspreche den Werten des Unternehmens, teilte eine Sprecherin dem Medium mit. Man habe die Zusammenarbeit mit der Band deshalb sofort beendet und den Vertrieb des Albums eingestellt. Mit dem heutigen Wissensstand hätte man das Album niemals veröffentlicht.

Kritik richtet sich aber auch an den Thüringer Verfassungsschutz. Denn dieser hatte bisher weder von der Band noch von jüngsten Konzerten berichtet, die auch in Thüringen stattfanden. Die Linken-Politikerin König-Preuss kritisierte, es sei „schon ein starkes Stück“, wenn dem Landesamt „durch die Lappen gegangen ist, dass langjährig bekannte Thüringer Neonazis offenbar unter einem neuen Bandnamen demokratiefeindliche, gewaltaffine und antisemitische Texte in Umlauf bringen“. Der Verfassungsschutz habe als Frühwarninstrument erneut „versagt“. Dass die Rechtsextremen auch noch bei einem Großlabel und in den Charts landeten, sei ein erneuter Erfolg für die Szene.

Verfassungsschutz verteidigt sich

Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer verteidigte sein Amt. „Wir haben den Medienbericht zur Kenntnis genommen und werden den Sachverhalt sehr genau prüfen“, sagte Kramer der taz. Er verwies aber auch auf das „Recht des Vergessens“, wonach der Verfassungsschutz erhobene Daten nach spätestens 10 Jahren zu löschen habe, wenn keine relevanten Informationen zu Bestrebungen mehr festgestellt werden können. „Wenn also Betroffene nicht mehr für uns erkennbar extremistisch in Erscheinung treten, müssen wir die Beobachtung einstellen und vorhandene Daten löschen. Daran haben wir uns aus guten Gründen zu halten, denn wir haben eben keinen Überwachungsstaat.“

König-Preuss nannte es auch „erschreckend, wie sehr sich Neonazi-Ideologie in den vergangenen Jahren normalisieren konnte“, wenn eine Band wie Weimar mit ihren Texten hunderttausende Klicks erziele. „Das sollte uns alle aufschrecken.“

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22 Kommentare

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  • Irgendwie muss doch auch Geld geflossen sein. Da muss es doch mal einen Namen gegeben haben. Und, werden im Musikgeschäft Verträge anonym "unterschrieben"? Es kann doch keiner glaubhaft erklären, dass niemand wusste wer hinter den Masken steckt?!

  • " König-Preuss nannte es auch „erschreckend, wie sehr sich Neonazi-Ideologie in den vergangenen Jahren normalisieren konnte“, wenn eine Band wie Weimar mit ihren Texten hunderttausende Klicks erziele. „Das sollte uns alle aufschrecken.“

    Warum sollte bei uns der Welt- und Europaweite Rechtsruck nicht stattfinden?

    • @MokkaMokka0815:

      Dadurch wird es ja nicht weniger erschreckend. Zumal man eben auch meinen sollte, das derartige Entwicklungen durchaus auch im Kontext der historischen Singularität der eigenen Vergangenheit reflektiert werden müssten.

  • @TAZ warum benutzt ihr ein PROMO Bild der Nazi-Band als Artikel Bild?

    • Käptn Blaubär , Moderator*in
      @Jona:

      Damit die Band identifiziert werden kann. Ein Symbolbild an dieser Stelle wäre nicht hilfreich.

  • Gier kennt auch bei universal kein Moral

  • Einmal auf gut Glück einen Text dieser "Deutsch-Rock-"-Band aufgerufen: Von Wölfen und Ratten. "Erzähl mir nichts von gestern, das ist zu lange her



    Und das Geschwätz von damals, interessiert mich doch heute nicht mehr



    Komm' mir nicht mit der Wahrheit...[...]Und wäre es nicht gеwesen wie es war, wäre ich heut nicht, der ich bin[...]Und alles was bleibt sind Geschichten, aber ich glaube daran



    Dass irgendjemand dir irgendwann die Wahrheit erzählen kann"



    NS-Diktion und Revisionismus, verpackt in einem Text mit "tarnenden" persönlichen Bezügen. So blind kann wohl auch Universal nicht gewesen sein. Aber mit Grauzonen-Bands lässt sich halt eine große Bandbreite an Konsument:innen abdecken. Was kommt als nächstes, frage ich mich da: Villain 051 mit Pandamaske bei FourMusic?

  • Danke für die Aufklärung! Ich hatte auch schon mal vor einiger Zeit nach Hintergrundinfos gesucht, aber nichts valides gefunden. Eine Band aus dem nichts, die sehr professionelle Videos und Marketing macht.



    Ganz so eindeutig war ddie politische Gesinnung aber nicht. Für mich waren das eher linke Antis:

    Im Wahnsinn gefangen:



    Kritik an Malle-Kultur und Djungelcamp, danach: „Wenn die Bundesnationalelf auf dem Siegertreppchen steht, weiß plötzlich jeder Zweite wieder wie die böse Hymne geht.“ Also hier wird sich explizit von deutschen Kulturklischees distanziert. Erst nach diesen Zeilen, geht es darum, wie oberflächlich diese kulturellen Elemente sind. Dies sei der Grund, warum es viele nicht interessiere, „dass man uns hier schon seit Jahren umfangreich indoktriniert“. Schaut man sich diese ganze Werbung an und wie schwer es ist die soziale und ökologische Frage zu beantworten, ist es durchaus verführerisch von Indoktrination zu reden. Natürlich passt das Wort nicht, wenn man wissenschaftliche Maßstäbe anlegt, in einer Umgangssprache, fällt das Wort aber schon mal allzu leichtfertig. Ebenfalls in diesem Lied: „mit voller Wucht an die Wand“. Dieses Zitat könnten doch alle von Fridays For Future so unterschreiben

    Der Titel „Alles Lüge“ spielt auf den gleichnamigen Song von Rio Reiser an. Zum Song dazu gehört auch die erste Strophe, die Vorurteile abbaut. Und natürlich gibt es manche Medien, die bewusst manipulieren. Das Problem ist die Verallgemeinerung auf „die“ Medien.

    Mir erschien die Wortwahl nicht immer passend und etwas drüber, hatte aber vermutet, dass die etwas Anderes meinen. Das war offensichtlich falsch.

    Eine Pauschalverurteilung aller, die mal etwas angehört haben, wie im vorangegangenen Kommentar, ist aber auch nicht gerade konstruktiv.

    Danke nochmal für den Artikel!

    • 9G
      90118 (Profil gelöscht)
      @was les ich gerne:

      Lechts Rinks.

      Die Gleichsetzung passiert ständig und ist meist beabsichtigt.

  • "Der Verfassungsschutz habe als Frühwarninstrument erneut „versagt“."

    Hat man jemand darüber nachgedacht, dass die Neonazis auch beim Verfassungsschutz sitzen könnten? Das würde doch zumindest so einiges erklären, oder?

    • @Jalella:

      Das halte ich für ein übles Gerücht, vergleichbar mit der These, dass die hamburger Polizei und Justiz von linken Globalisierungsgegnern unterwandert wurde, was erklärt warum so viele Taten während des G20-Gipfels unaufgeklärt bleiben...

      Also ja, man kann solche Thesen pflegen, aber das ist eine Mischung aus Romantik, Abenteuerroman und jede Menge Verschwörungstheorie - und das ist weit weniger harmlos als man gemeinhin denken mag

      • @Questor:

        Mangelnde Distanz und Entschlossenheit gegenüber Rechts bei VS und Sicherheitsbehörden wird durchaus auch von grundsoliden und linker Ideologie unverdächtigen Quellen beklagt, etwa in Hinblick auf das Totalversagen beim NSU, der Subventionierung der Szene über üppige V-Mann-Gehälter, dem Decken von Straftaten aus Gründen des Quellenschutzes, ...



        www.deutschlandfun...-wer-teil-100.html



        www.bpb.de/themen/...n-im-staatsdienst/

  • >Universal hält Vorwürfe für „absolut inakzeptabel“<

    Passt irgendwie nicht zum Inhalt des Artikels.



    Dass Label und Verfassungschutz da nicht hingeschaut haben ist schon schlimm. Aber man müsste auch mal feststellen, dass zig Musikjournalisten, die Reviews zu dem Mist geschrieben haben und Veranstalter, die die gebucht haben, nicht recherchiert haben, wer da unterwegs ist. Das ist auch ein Armutszeugnis.

    Ansonsten hab ich mir mal die Lyrics angeschaut. Die sind zwar allesamt schlecht, eklig, verschwurbelt und mit klebrigsten Onkelz/Freiwild Opferollen-Pathos gefüllt, halten aber den Vorwürfen von König-Preuss nicht stand. Rechtspopulismus und Verschwörungskram ja, sicher. Aber nix, was sich sofort auf den Index setzen ließe.

  • Fast schlimmer als die Musiker selbst, sind die Konsumenten dieses Mists.

  • Weimar ist nur die Spitze des Eisbergs. Der Deutschrock ist von Antisemitismus, Misogynie, völkischem Gedankengut und Männlichkeitswahn durchzogen.



    Das fängt bei den 2 ganz großen Frei.Wild und den Onkelz an und endet eben bei Bands wie Weimar oder BRDigung.

  • Ich finde es schön, dass der Verfassungsschutz so bemüht darum ist, Rechtsextreme niemals ungerecht zu behandeln.

    • @Ebenenwanderer:

      Zur Frage der Gerechtigkeit trifft der Verfassungsschutz keine Aussagen, sie machen sich lediglich angreifbar wenn sie gegen geltendes Recht verstoßen.

      Ob das Gerecht oder Ungerecht ist, steht auf einem ganz anderen Blatt.

      • @Questor:

        Meinen Punkt haben Sie leider verpasst: Der Verfassungsschutz behandelt rechts und links vollkommen unterschiedlich. Nach rechts ist er ziemlich blind (oder zumindest war er es sehr lange; ob sich das wirklich grundlegend geändert hat darf man wohl bezweifeln) und höchst bemüht, dass dort niemand ungerecht (und das bedeutet in diesem Zusammenhang gegen Recht verstoßen) behandelt wird. Gegen Linke wurden immer wieder mit maßlosen Mitteln vorgegangen, auch ohne Rücksicht auf geltendes Recht.

  • Der letzte Satz des Artikels ist der Wichtigste!

  • Nun ist Frau König-Preuss ja Angehörige der Regierungspartei in Thüringen.

    Hat sie das denn parteiintern thematisiert?

    Wenn man den Artikel so liest, könnte man auf die Idee kommen, Frau König-Preuss wäre Oppositionspolitikerin.

    • @rero:

      Korrekterweise ist Katharina König-Preuss Mitglied einer der Parteien der von der CDU mitgetragenen Minderheitsregierungskoalition.



      Abgesehen davon, daß die LINKE den VS Thüringen auflösen wollte und des (meiner Erinnerung nach) an der SPD scheiterte, is der VS in der Causa ned unbedingt die richtige Adresse für Kritik, das sagt ja auch dessen von Ramelow berufenen Chef (vorletzter Absatz).



      Universal als Label hat z.B. auch Andreas Gabalier am Start (und verdienen sich mit dem dumm und dusselig), welcher auch in D desöfteren (auch) im ÖR auftritt, da können die jetzt auch voll cool den Ausfall von "Weimar" verkraften. Rausreden, ned genau hingeguckt zu haben, gilt ned, dann wäre Gabalier schon lange geschasst (und ich müsste den ned mehr aus Versehen beim Rumzappen erwischen)...