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Tesla kaufen? No way!Den Oligarchen ausbremsen

Fabian Schroer
Kommentar von Fabian Schroer

In den USA rufen Menschen zum Boykott von Tesla-Autos auf. Richtig so, denn jeder Kauf unterstützt das rechtsextreme Projekt von Elon Musk.

Kumait Jaroje auf seinem Tesla. Weil er für sein Autor angefeindet wird, will er ihn verkaufen, findet aber keine Interessenten Foto: Sophie Park/NYT/Redux/laif

D ie Frage nach der persönlichen Verantwortung beim Konsum begleitet das Zeitalter von Green- und Pinkwashing auf Schritt und Tritt. Darf ich noch bei Amazon bestellen? Ist Fleischessen okay? Soll ich noch nach Malle in den Urlaub fliegen? Man denke an die Auswirkungen.

Ständig versuchen mir Leute zu erzählen, warum ich dies, das oder jenes nicht darf, weil nicht fair, nicht nachhaltig oder nicht politisch korrekt. Da denkt man sich doch: Wenn ich alles richtig machen will, müsste ich eigentlich ohne Strom in einer Hütte im Wald leben – und das kann ja nicht die Lösung sein.

Am Mittwoch tat Donald Trump seinem Buddy Elon Musk einen großen Gefallen. Der US-Präsident zeigte sich gemeinsam mit dem Tesla-Chef vorm Weißen Haus in einem roten Model S und verwandelte dessen Vorplatz in einen Showroom für Musks Elektrofahrzeuge. Zuvor hatte Trump angekündigt, sich einen Tesla zu kaufen. Angesichts der erschreckenden Entwicklungen der USA in Richtung einer Zwei-Mann-Boygroup fragen sich viele: Kann ich mir überhaupt noch einen Tesla kaufen?

Nun kann nicht jede Verantwortung für das Handeln von wahnsinnigen Milliardären auf den individuellen Konsum abgewälzt werden. Gewisse Grenzen müssen wir dennoch ziehen. Ein wichtiger Unterschied zwischen dem T-Shirt bei Primark und dem Kauf eines Teslas: Kleidung ist ein menschliches Grundbedürfnis, auf ein Model Y für 45.000 Euro kann man hingegen gut verzichten. Wer wenig Geld hat, dem fehlt oft die Wahl für die moralische Variante. Beim Kauf eines Mittelklassewagens jedoch kann ich mich durchaus dagegen entscheiden, einen größenwahnsinnigen Libertären zu unterstützen, der in der Öffentlichkeit den Hitlergruß zeigt.

Einschüchterung von kranken Angestellten

Damit kommen wir zum nächsten Punkt: Musk – unter anderem wegen seiner Tesla-Aktien reichster Mensch der Welt – ist aus vielen Gründen zu kritisieren. Nicht nur ist er ein schlechter Arbeitgeber, um es freundlich auszudrücken, Unterwerfung der Gewerkschaften, schlechte Bezahlung und Einschüchterung von kranken Angestellten kommen gratis dazu.

In Tesla-Werken gibt es immer wieder massive Umweltbedenken, wie etwa in der Gigafactory im brandenburgischen Grünheide. Vor allem aber verfügt er als Leiter der US-Behörde für Regierungseffizienz (Doge) und Besitzer von X (ehemals Twitter) über eine immense politische Macht, die er ohne seinen Reichtum nicht hätte.

Musk wettert auf seiner Plattform gegen trans Menschen, verbreitet antisemitische Verschwörungsmythen und gibt der AfD Wahlkampfhilfe. Er ist im Doge auch verantwortlich für den Kahlschlag in den amerikanischen Sozialsystemen, die beinahe vollständige Einstellung der US-Entwicklungshilfe und führt einen Feldzug gegen die „woken“ Wissenschaften im Land. Der Tesla-Chef macht das, was ihm selbst am meisten nützt. Er treibt den Umbau der USA zu einer noch stärkeren Oligarchie voran, als sie es ohnehin bereits sind.

Das sehen viele amerikanische Bürgerinnen und Bürger ähnlich. Seit einigen Wochen regt sich Protest gegen den heimlichen Co-Präsidenten. Unter anderem Menschen, die selbst einen Tesla besitzen, gehen auf die Straße und fordern andere auf, ihr „Swasticar“ zu verkaufen – ein Verweis auf Musks rechtsextreme Tendenzen. Die Boykott­aufrufe scheinen schon zu wirken: Am Montag waren die Tesla-Aktien in der Spitze um knapp 15 Prozent eingebrochen, im vergangenen Monat sogar um knapp 33 Prozent. Das hat zwar auch andere Gründe, wie etwa Konkurrenz aus China, dennoch senden die Proteste ein wichtiges Signal in Richtung In­vestor:in­nen.

Es gibt Gründe dafür, die Rettung des Planeten und der Demokratie nicht auf Individuen abzuwälzen. Bei der Produktion von Kleidung oder Lebensmitteln braucht es internationale Standards für Umweltschutz und Arbeitsbedingungen. Wenn sich Individuen wie Musk jedoch erhaben über jede Regulierung fühlen, ist es an uns, dem etwas entgegenzusetzen. Ein Boykott von Tesla fordert keine großen Opfer, fügt andererseits aber Trumps Chefoligarchen erheblichen Schaden zu.

Wer einen Tesla kauft, unterstützt Musks politisches Projekt. Wenn es eine Grenze gibt, ab der jeder Einzelne für die Auswirkung unseres Konsums verantwortlich ist, dann verläuft sie spätestens hier.

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Fabian Schroer
Auslandsredakteur
Zuständig für Digitales im Auslandsressort. Schreibt hauptsächlich über Medien, Kultur und soziale Gerechtigkeit.
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14 Kommentare

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  • "Den Oligarchen ausbremsen (...) Richtig so, denn jeder Kauf unterstützt das rechtsextreme Projekt von Elon Musk."



    Immer wieder spannend - Klima retten dürfen anscheinend nur Menschen mit linkem Mind-Set...



    Wolkenkuckucksheim🙄🤦‍♂️



    Musk ist DER Vorreiter der Mobilitätswende - Tesla produzierte 2008 das erste E-Auto in Serie...



    Übrigens, wenns um erneuerbare Energien geht, dann müssen wir so oder so mit Despoten gemeinsame Sache machen - und das verdanken wir ironischerweise den Progressiven im Land.



    Denn die Ampel, unsere selbsternannte Fortschrittskoalition, hat die komplette Abwanderung der Solarbranche in die USA und nach China zugelassen...🤯🤦‍♂️



    Oje oje.



    Schlimmer noch: E-Autos, PV Module, Batterien für Solarspeicher - kuckt mal wo das alles hergestellt wird und wo die Rohstoffe dafür gefördert werden...



    In der freien Welt oder vornehmlich bei Despoten?



    Na, hats schon geklingelt?



    Wer Musk boykottieren will, kein Problem, wie man dann aber guten Gewissens mit China ins Bett gehen kann - Doppelmoral ick hör dir trapsen...



    CO2-Neutralität geht nur über Despoten und Imperialisten - Deutschland und die EU haben das durch ihre Wirtschaftspolitik MASSGEBLICH zu verantworten, leider

  • Braucht mir keiner sagen, persönlich fand ich noch keinen Tesla so gut das ich ihn hätte kaufen wollen. Die Krönung an Hässlichkeit ist dann noch der Truck. Egal ob Musk oder nicht, mir fehlt das Argument pro Tesla.

  • Wer einen Tesla aus Überzeugung oder mit ruhigem Gewissen gekauft hat, hat schon vorher die Augen verschlossen vor den Notwendigkeiten einer echten Energie- und Verkehrswende, den Risiken der Digitalisierung und der Gefährdung von Demokratie durch die Konzentration von Vermögen und Wirtschaftsmacht.

    Wer die Auftritte von Elon Musk in den letzten Monaten noch brauchte, um zu erkennen, dass da nur ein weiterer egozentrischer und selbstgefälliger Machtmensch (mit diversen Verhaltensauffälligkeiten) auf der großen Welle massenmedialer Begeisterung für vermeintliche Helden und skurrile Typen nach oben gespült wird, hat den normalen Irrsinn moderner Gesellschaft noch nicht verstanden. Er/Sie lebt ihn mit Genuss.

  • Naja... Man sollte die Symbolwirkung eines Boykotts zwar nicht unterschätzen, aber Fakt ist, Musk hängt schon lange nicht mehr sehr an Tesla. Schon 2018 hätte er Tesla gerne an Apple verkauft.

    Musks Reichtum speist sich vielmehr aus der X Corp. und die ist nicht an der Börse und deren Produkte sind nicht ganz so einfach zu boykottieren.



    Und zuletzt, ohne Tesla implodiert die für die Energiewende so wichtige Produktion von Lithiumbatterien im Westen und auch für manche wichtige Zulieferer für die anderen Eautobauer sieht es dann düster aus.

    Das Problem an Leuten wie Musk ist, sie sind nicht nur reich, sondern auch für viele (und vieles) andere wichtig. Schadet man ihnen, dann ist der Schaden nicht auf sie alleine begrenzbar.

    Die politische Linke, die sich in den letzten Jahren viel zu stark auf Symbolik gesetzt, und hierbei die tatsächliche Wirkungslosigkeit schlicht ignoriert hat, sollte sich davor hüten den selben Fehler wieder zu machen.

    Selbst wenn Musk sich zurückziehen sollte, es dürfte Trump leichtfallen einen neuen "Showrunner" zu finden. Wer Trump besiegen will, der muss Trump besiegen, und nicht die Sockenpuppe Musk.

  • Erst echauffiert sich eine taz-Redakteurin in dumm-dreister Manier gegen den Boykott von Tesla, nun das glatte Gegenteil. Auf die taz ist kein Verlass mehr! Hauptsache es knallt und es gibt eine künstliche "Kontroverse" und Aufregung in diesen Forum!

    Zitat von Frau Lagozinski in der taz zum Tesla-Boykott

    "Solange wir konsumieren, werden wir Dinge kaufen, die uns negativ ausgelegt werden könnten. Und solange sich die Menschen, die sich über meinen Tesla-Kauf echauffieren, nicht in den Wald zurückziehen, ihr Essen selbst anbauen, ihre Kleidung selbst herstellen und komplett im Einklang mit der Natur leben, ist es scheinheilig, wenn sie sich über meine Kaufentscheidung empören°.

    taz.de/Kontroverse...lon-Musk/!6071768/

  • Tesla boykottieren, aber X nutzen! Doppelmoral!



    Gegen Oligarchen sein, aber Facebook & Co. nutzen!

    Alles was jetzt passiert, wurde schon 2017 in dem Buch „Digitale Drecksarbeit“ beschrieben!

    Jetzt tun viele so, als wenn alles heute Nacht vom Himmel gefallen ist!

  • Danke für diesen Beitrag, gerne so auch mit der Kollegin Lagozinski mal besprechen.

  • Abgesehen von Musk: Wer gibt denn für so einen Schrott Geld aus?

  • Ja was nu? Erst macht die TAZ gleichzeitig mit Trump Werbung für das Auto. Einen Tag später jetzt das.

    • @Demokratischer Segler:

      Nennt sich Debattenkultur

  • Danke für diese Klarstellung der Verhältnisse!



    Sie war nach dem unsäglichen und unnötigen, meiner Meinung nach opportunistisch egozentrischen und dabei unangebracht promotenden Beitrag Ihrer Kollegin Lagozinski vom Vortag - den link erspare ich - auch dringend nötig.

  • Wer zur Zeit noch einen Tesla kauft, unterstützt wissentlich das Musketier in Elon. Da gibt es für Demokraten keine echte ehrliche Entschuldigung. Bei früheren Boykottaufrufen ans Big Business war das für die Macher und Leser auch nie eine Frage der differenzierten Abwägung, wenn ich mich recht erinnere.

  • Aber hat der Autor schon mal über Campingurlaub auf Island nachgedacht?

    Spaß beiseite: Der Kommentar behandelt wesentliche Aspekte einer Debatte, die zu oft mit extremen Argumenten à la: "Jeder Konsum ist schlecht", vereinfacht wird, um sich die Frage, ob es nicht möglicherweise doch Abstufungen von "schlecht" gibt, zu ersparen.

  • Und bei uns.... Boykott ist was für den Kindergarten, es soll fleißig weiterkonsumiert werden.

    Gelbwesten in Frankreich ursprünglich gegen Öl- und Tankstellenbetreiber, Kroatien gegen Kaufland dieses Jahr, Deutschland boykottiert höchstens Wärmepumpen und die Plastikdeckel auf Flaschen.

    In den USA gibt es aber auch viele, die eine Art "Rechtfertigung" ans Fenster oder als Sticker auf der Stoßstange kleben, wo draufsteht, man hätte sich den Wagen gekauft bevor Elon verrückt wurde.