Terroranschlag in Wien: Fünf Tote, viele Verletzte

Mindestens ein Mann erschießt mehrere Menschen in der Wiener Innenstadt. Die Polizei tötet ihn. Laut dem Innenminister soll er Islamist gewesen sein.

Polizisten in der Nacht in Wien

Großeinsatz der Polizei in der Wiener Innenstadt am Montagabend Foto: Georg Hochmuth/APA/dpa

WIEN afp/dpa/taz | Bei einem Anschlag mit Schusswaffen in der Wiener Innenstadt sind mindestens fünf Menschen getötet worden. Mehr als ein Dutzend weitere wurden verletzt. Unter den Toten befindet sich auch einer der Angreifer, der am Montagabend von der Polizei erschossen wurde. Nach mindestens einem weiteren Täter wird in einer Großfahndung gesucht, wie der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig mitteilte.

Nach Angaben von Österreichs Innenminister Karl Nehammer soll es sich bei einem der Täter um einen Islamisten gehandelt haben. Der Attentäter sei ein Sympathisant der Terrormiliz IS gewesen, sagte Nehammer am Dienstagmorgen. Der Mann sei mit einem Sturmgewehr bewaffnet gewesen und habe außerdem als Attrappe einen Sprengstoffgürtel getragen. Er habe offenbar Panik verbreiten wollen.

Die Wohnung des Verdächtigen sei nach belastendem Material durchsucht worden, hieß es. 1.000 Beamte seien in Wien im Einsatz. „Wir können derzeit nicht ausschließen, dass es noch andere Täter gibt“, sagte Nehammer. Die entsprechenden Ermittlungen liefen auf Hochtouren.

Der Innenminister appellierte an die Bevölkerung, wenn möglich zu Hause zu bleiben und die Wiener Innenstadt weiterhin zu meiden. Kinder in der Hauptstadt wurden für Dienstag von der Schulpflicht entbunden.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte bereits zuvor von einem „widerwärtigen Terroranschlag“ gesprochen.

Schüsse im Ausgehviertel

Der Anschlag hatte gegen 20.00 Uhr im Ausgehviertel Bermuda-Dreieck begonnen, wo bei mildem Wetter viele Menschen unterwegs waren, auch weil es der letzte Abend vor Beginn neuer Corona-Ausgangssperren war. Ab Dienstag sind in Österreich die Gastronomie und fast das gesamte Kultur- und Freizeitangebot bis Ende November geschlossen. Zwischen 20 Uhr und 6 Uhr in der Früh dürfen die Menschen ihre Wohnung nur noch mit einem guten Grund verlassen.

Die Angreifer feuerten nach Angaben der Polizei an sechs verschiedenen Tatorten mit Gewehren um sich. Laut Ludwig schossen sie „wahllos“ auf Gäste in Lokalen.

Ein Opfer starb kurz nach dem Angriff, dabei handelte es sich nach Angaben des Senders ORF um einen Passanten. Eine bei dem Anschlag verletzte Frau starb später im Krankenhaus, wie Ludwig sagte. Am Dienstagmorgen meldete die Polizei, dass ein weiterer Mann gestorben sei. Insgesamt wurden nach seinen Angaben 15 Menschen nach dem Anschlag in die Krankenhäuser eingeliefert, mehrere von ihnen seien schwer verletzt. Unter den Verletzten war ein Polizist.

Die Tatorte lagen unter anderem nahe der Staatsoper und der Hauptsynagoge der österreichischen Hauptstadt. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Oskar Deutsch, erklärte im Onlinedienst Twitter, es sei noch unklar, ob das Gotteshaus eines der Angriffsziele gewesen sei. Die Synagoge war demnach zum Zeitpunkt der Tat geschlossen und das Bürogebäude der Gemeinde unbesetzt.

Bundeskanzler Kurz sagte im Sender ORF, die Täter seien mit Schnellfeuerwaffen ausgerüstet gewesen. Der Anschlag sei sehr professionell vorbereitet worden. Ein Augenzeuge sagte im ORF, einer der Angreifer habe wild mit einer Schnellfeuerwaffe um sich geschossen, bevor die Polizei eingetroffen und das Feuer eröffnet habe.

Bei der Großfahndung in der Nacht waren hunderte Beamte im Einsatz. Die Sicherung wichtiger Gebäuden in Wien übernahm die Armee. Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, kündigte verstärkte Kontrollen an den österreichischen Grenzen an.

„Wir werden uns durch Terrorismus niemals einschüchtern lassen und diese Angriffe mit allen Mitteln entschieden bekämpfen“, betonte Kanzler Kurz. Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärte: „Wir werden unsere Freiheit und Demokratie gemeinsam und entschlossen mit allen gebotenen Mitteln verteidigen.“

Mitleidsbekundungen aus vielen Staaten

Solidaritätsadressen für Österreich kamen aus ganz Europa. „Unsere Gedanken sind bei den Verletzten und Opfern in diesen schweren Stunden“, erklärte das Auswärtige Amt in Berlin. Es fügte hinzu: „Wir dürfen nicht dem Hass weichen, der unsere Gesellschaften spalten soll.“ Das Ministerium rief deutsche Staatsbürger in Wien auf, an einem sicheren Ort zu bleiben, bis es Entwarnung gebe.

Die EU verurteilte den „feigen“ Angriff. Ratspräsident Charles Michel erklärte im Onlinedienst Twitter, die Tat habe sich gegen „das Leben und unsere menschlichen Werte“ gerichtet. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen twitterte, Europa stehe „in voller Solidarität an Österreichs Seite“.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hob hervor, dass „ein befreundetes Land“ und „Europa“ angegriffen worden seien. „Wir werden nicht zurückweichen“, twitterte er. In Frankreich waren in den vergangenen Wochen zwei mutmaßlich islamistisch motivierte Anschläge bei Paris und in Nizza verübt worden, bei denen ein Lehrer und drei Kirchenbesucher getötet worden waren.

US-Präsident Donald Trump hat Österreich die Unterstützung der USA im Kampf gegen Terrorismus zugesichert. „Unsere Gebete sind bei den Menschen in Wien nach einem erneuten abscheulichen Akt des Terrorismus in Europa“, twitterte Trump. „Diese bösartigen Angriffe gegen unschuldige Menschen müssen aufhören.“

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