Streit um die Energiewende: Holzkraftwerk befeuert Erderhitzung
Klimaktivisten trommeln gegen ein in Bau befindliches Holzheizkraftwerk in Cuxhaven. Dabei gilt das Verbrennen von Holz als klimaneutral.
Mit dem Bau des Holzheizkraftwerks auf dem Cuxhavener Hafengelände ist im Februar offiziell begonnen worden. Mit 49,9 Megawatt – das entspricht etwa 14 Windkraftanlagen an Land – wird es eher klein ausfallen. Die Nennleistung ist so gewählt, dass das Kraftwerk in einem „vereinfachten Verfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)“ genehmigt werden konnte. Ab 50 Megawatt hätte die Öffentlichkeit beteiligt werden müssen – ein Umstand, der die Klimaschützer besonders ärgert.
Das Kraftwerk soll in erster Linie Strom liefern, aber auch einen wesentlich kleineren Anteil Fernwärme für ein in Cuxhaven noch zu errichtendes Netz. 2.500 Drei-Personen-Haushalte könnten nach Auskunft der Planer rechnerisch damit versorgt werden. Und der Clou: Gegenüber der Verbrennung von Kohle, Erdöl der Gas würden jährlich 20.000 Tonnen Kohlendioxid (CO2) gespart.
Doch diese Rechnung wollen die Cuxhavener Klimaschützer so nicht gelten lassen. „Für das Ziel, die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen, sind die nächsten Jahre entscheidend“, argumentieren sie. Holz zu verbrennen, setze sofort CO2 frei; bis neu gepflanzte Bäume die gleiche Menge des Treibhausgases aufnehmen könnten, vergingen viele Jahrzehnte. „Diese Zeit haben wir nicht mehr, um die Erderwärmung und die Folgen auf ein beherrschbares Niveau zu begrenzen“, warnen sie.
Umweltorganisationen sehen „Raubbau am Wald“
Dazu komme, dass beim Verbrennen von Holz pro Energieeinheit mehr Kohlendioxid freigesetzt werde als bei fossilen Brennstoffen. Und der Energieverbrauch beim Herbeischaffen des Holzes werde ebenfalls ignoriert. Im November haben sich viele namhafte Umweltorganisationen – vom BUND bis zu Robin Wood – gegen das Verbrennen von Holz ausgesprochen. Das sei „Raubbau am Wald“.
Christopher Jesse, FFF
Frank Berghorn von der Betreiberfirma Holzheizkraftwerke Cuxhaven, der die Anlage geplant hat, findet die Kritik unangebracht. „Wir arbeiten nach den gesetzlichen Regelungen“, sagt er. Die Anlage sei entsprechend der Förderrichtlinien des Bundes konzipiert. Der Geldgeber Fontavis, eine Schweizer Vermögensverwaltungsgesellschaft, weist darauf hin, dass sich das Projekt bei einer EEG-Auktion für Biomasse, bei der die günstigsten Projekte Förderzusagen erhalten, durchgesetzt habe.
Die Anlage, sagt Berghorn, werde mit Restholz arbeiten, das entweder bei der Produktion anfalle oder gleich im Wald liegen bliebe. „Wenn Sie das Holz im Wald verrotten lassen, setzt es auch CO2 frei“, sagt der Ingenieur.
FFF und P4F kritisieren, dass das Kraftwerk zu 85 Prozent Strom und nur zu 15 Prozent Fernwärme liefern soll. Angesichts des Stromüberschusses an der Küste durch den vielen Windstrom sei das Unsinn. Doch auch, dass das Kraftwerk sich an der Stromerzeugung orientiere, liege am Förderdesign, sagt Berghorn. „Wenn man das anders wollte, müsste man die gesetzlichen Grundlagen ändern“, sagt er.
Den Ingenieur ärgert, dass seinem Projekt die Nachhaltigkeit abgesprochen wird. Er habe selbst Windkraft- und Solaranlagen projektiert und könne Vorträge über Nachhaltigkeitsprobleme bei diesen Projekten halten. Besonders irritiert ihn, dass aber auch Wind- und Solarparks im Landkreis auf Widerstand stießen. So wurde das regionale Raumordnungsprogramm nach Klagen von Windparkbetreibern und einem Anlieger gekippt und in Ihlienworth wehrten sich Anwohner gegen einen großen Solarpark, der nun auf Eis liegt.
Projekt war lange bekannt
Auf den Vorwurf, die Anlage so geplant zu haben, dass eine Öffentlichkeitsbeteiligung nicht nötig war, geht Berghorn nicht ein. Er verwahrt sich aber gegen den von FFF erhobenen Vorwurf, das Projekt sei erst seit Kurzem bekannt. Die Planung laufe seit sechs Jahren. Stadt und Kreis seien beteiligt gewesen. Die Cuxhavener Grünen haben sich im Frühjahr 2019 mit dem Projekt befasst. Da stand das Bauschild schon einige Zeit. Die Grünen planen nun für den 4. Mai eine Videokonferenz zu dem Thema.
Berghorn und die Klimaaktivisten werfen sich gegenseitig vor, nicht gesprächsbereit zu sein. Dabei verstehe er etwas von öffentlicher Kommunikation, sagt Berghorn, schließlich sei er Fraktionsvorsitzender der CDU im Kreistag und mache seit Jahrzehnten Politik.
„Wir hoffen darauf, dass es den Cuxhavener Stadtratsfraktionen gelingt, eine Entscheidung über den Weiterbau des Kraftwerkes in ihre Befugnis zu bringen“, sagt Christopher Jesse von FFF. Das Kraftwerk übe unmittelbaren Einfluss auf die Zukunft der Cuxhaverinnen und Cuxhavener aus. Deshalb müssten diese auch beteiligt werden
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