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Stellungnahme im Bundestag vorgelegtRechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag

In Kürze soll im Bundestag der AfD-Verbotsantrag diskutiert werden. Nun bekommen die Un­ter­stüt­ze­r*in­nen juristischen Rückenwind.

Demonstration in Berlin gegen Rechts: für den Schutz der Demokratie und ein Verbot der AfD Foto: imago

Berlin taz | Vor zwei Wochen reichten 113 Abgeordnete des Bundestags ihren Antrag ein, ein AfD-Verbot durch das Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen. Das Ziel: zumindest noch eine Debatte über das Gesetz im Parlament in der Restlegislaturperiode vor der Neuwahl, bestenfalls sogar eine Abstimmung. Nun bekommen die Abgeordneten Unterstützung von 17 Verfassungsrechtler*innen.

Die Ju­ris­t*in­nen legten am Donnerstag dem Innen- und dem Rechtsausschuss des Bundestags eine gemeinsame Stellungnahme vor, in der sie dem Verbotsantrag attestieren, vor dem Bundesverfassungsgericht durchaus „Aussicht auf Erfolg“ zu haben. Die AfD sei „nachgerade der prototypische Fall einer Partei, durch die die spezifischen Mechanismen der grundgesetzlichen wehrhaften Demokratie aktiviert werden“ sollten.

Zu den Ver­fas­se­r*in­nen gehören etwa der Kasseler Professor Andreas Fischer-Lescano, der Kieler Völkerrechtler Andreas von Arnauld oder die Rechtsprofessorin Kathrin Groh von der Bundeswehruniversität München. Das Papier liegt der taz vor.

Für die Ver­fas­sungs­recht­le­r*in­nen ist erwiesen, dass die AfD verfassungswidrig ist. Die Partei habe sich fortlaufend radikalisiert und offenbare in Äußerungen ihrer Funktionäre immer offener „ihre wahren verfassungsfeindlichen Absichten“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Auch verfolge sie ein „völkisch-nationalistisches Programm“ und einen kulturell homogenen Volksbegriff. Dieser werde „von der Breite der Partei getragen“. Auch der Bundesvorstand grenze sich davon nicht ab, sondern dulde verfassungsfeindliche Positionen, wie sich am Umgang mit dem Thüringer Rechtsextremen Björn Höcke zeige. Zugleich würden Kontakte zu gewaltbereiten Gruppen gehalten. Das Urteil der Stellungnahme: „Die AfD agiert im Widerspruch zu den Maximen der Verfassung und delegitimiert die Demokratie.“

Verfassungsfeindlichkeit der AfD sei „belastbar“

Die AfD-Kritik an der Regierung gehe „weit über eine legitime Staatskritik hinaus“, wenn die Partei pauschal politische Akteure delegitimiere und Medien als „Lügenpresse“ diffamiere, heißt es weiter. Als Beispiel wird das jüngste Gebaren des AfD-Manns Jürgen Treutler als Alterspräsident bei der Konstituierung des Thüringer Landtags benannt. All dies „gefährdet die Funktionsfähigkeit des Staats und seiner Einrichtungen“. Umso mehr, da die Partei inzwischen so etabliert sei, dass sie im Falle eines Machtgewinns auch Ämter in Justiz und Verwaltung besetzen und damit ihre Ziele konkret umsetzen könnte.

Auch dass die AfD mehrdeutige Aussagen verwende, helfe ihr nicht, finden die Ex­pert*in­nen. Durch die Fülle solcher Aussagen verdichteten sich diese zu „verfassungsfeindlicher Eindeutigkeit“. Daher sei diese Verfassungsfeindlichkeit der AfD bereits heute „belastbar“ erwiesen – auch ohne Einstufung der Partei als „gesichert rechtsextreme“ Vereinigung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz.

Die Option eines Parteiverbotsverfahrens sei zudem eine „bewusste Entscheidung“ der Mütter und Väter des Grundgesetz, um sich im Sinne einer wehrhaften Demokratie gegen Demokratiefeinde zu wehren, betonen die Jurist*innen. Dieses erfolge auch nicht in politischer Beliebigkeit, sondern sei „politische Aufgabe und Verantwortung“, wenn eine Partei verfassungsfeindlich agiere. Auch sei ein Verbot nicht nur Ultima Ratio, sondern eine „Präventivmaßnahme“.

Debatte noch vor Weihnachten?

Auch sei die Absicht, die AfD rein politisch anzugehen, nicht zielführend, wenn diese sich außerhalb demokratischer Spielregeln bewege. Und die Entscheidung über ein Verbot träfen am Ende ja nicht Parteien, die einen Konkurrenten beseitigen wollten, sondern unabhängige Rich­ter*in­nen. Dass ein Verbotsverfahren lange dauern werde, sei kein Gegenargument – es beuge vielmehr Willkür vor und zeige „kraftvoll“ die Grundwerte dieser Gesellschaft.

Zu den Erstunterzeichnenden des AfD-Verbotsantrags im Bundestag gehört auch die Vorsitzende des Rechtsausschuss, Elisabeth Winkelmeier-Becker, an die das Papier nun ging. Wann der Antrag im Bundestag diskutiert wird, ist noch unklar. Geht es nach den In­itia­to­r*in­nen um Marco Wanderwitz (CDU), Carmen Wegge (SPD), Till Steffen (Grüne) und Martina Renner (Linke) soll dies noch vor Weihnachten geschehen.

Eine Mehrheit für den Antrag ist indes ungewiss. So unterstützen aus der Union-Fraktion bisher nur sieben der 196 Abgeordneten den Antrag. Auch die SPD-Fraktionsspitze um Rolf Mützenich ist reserviert und hält den Antrag für verfrüht.

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71 Kommentare

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  • Warum wollen so viele Leute mit diesem Verbotsantrag zur aktuellen Zeit solch ein AFD-Wahlunterstützungsprogramm haben?

  • Bei etlichen Kommentaren lese ich heraus, das erst der Tatsachenbeweis, in Form von schriftlichem Masterplan oder per Gesetz in Regierungsverantwortung, vorliegen muss, um zu handeln.



    Viele Argumente gegen eine Überprüfung durch das BVerfG klingen nach Selbstmord aus Angst vor dem Tod.



    Vielleicht hilft Internetrecherche mit dem Suchziel "Zitate von AFD-Mitgliedern", um zu verstehen, das wir da von einer breiten Ansammlung von Demokratiefeinden reden.

    • @2Cents more :

      Der Moment ist dann gekommen, wenn ein solches Verfahren Aussicht auf Erfolg hat und nicht missbraucht zu werden droht, um einen bis dato legalen demokratischen Mitbewerber bei einer Wahl auszuschließen bzw. den Anschein zu erwecken, sich gegen rechts stark zu machen - in dem Wissen, dass der Schuss nach hinten losgehen würde aber im festen Vertrauen darauf, dass alle Parteien gemeinsam dafür sorgen, dass der Antrag nicht gestellt wird. Das ist Symbolpolitik in Reinform, also seien Sie versichert, dieses Bestreben gibt es nur, weil es schon einen Konsens gibt, dass man sich einer Überprüfung des Anliegens nicht aussetzen werden muss.

  • Wann glauben die vorsichtigen jeweiligen Parteimitglieder denn, ist der richtige Zeitpunkt für das Einleiten eines Verbotsverfahrens? Einmal bereits war die Begründung, die Partei sei zu klein, um als Gefahr ernsthaft wahrgenommen zu werden. Wollen diese Leute warten, bis die AfD als zu groß nicht mehr abwendbar ist? "Wehret den Anfängen!" Die Anfänge sind bereits lang überschritten! Rasch und mit den Erfahrungen der Vergangenheit vorzugehen erscheint mir das dringende Gebot der Stunde, bevor wir uns in einer erschreckenden, schockierend anderen Realität wiederfinden. Seien wir eine wirklich wehrhafte Demokratie und schützen wir sie, bevor sie noch mehr beschädigt wird!

  • Ich kann es nicht mehr hören. Für jeden aufrechten Demokraten sollte eines klar sein, die AfD und ihre Führungselite ist ein rechtsversifftes Konklomerat der übelsten Sorte und muss sofort abgestellt werden. Natürlich haben diese Leute gelernt wie das zu bewerkstelligen ist und haben ja auch nette Unterstützerinnen in den demokratischen Parteien, die so lange zusehen wollen, bis es zu spät ist. Als ewiger Antifaschist muss ich sagen, soviel Dummheit ist gefährlich, sehr gefährlich, vielleicht wachen einige erste dann wieder auf, wenn sie gemeinsam mit anderen VerharmloserInnen in einem Lager sitzen. Oder, die Antifa muss es eben alleine richten, da allerdings würden die Verharmloserinnen sicher ganz schnell Wege und Mittel finden, um das abzustellen. Man muss, wenn es zur Abstimmung im Bundestag kommen sollte, tatsächlich dem Rat der AfD folgen und offene namentliche Abstimmung fordern, das wir als Antifaschistinnen dann auch sehen können, wer mit Nein zu einem Verbotsantrag gestimmt hat. Diese Leute kann man dann später eventuell noch zur Rechenschaft ziehen.

    • @Roger Miller:

      Auch Ihnen: Ob ein Verbotsantrag sinnvoll ist, entscheidet sich nicht am "Gesunden Menschenverstand" verbünftiger Bürger mit gefestigtem Politverständnis, sondern an leidenschaftslosen juristischen Kriterien: Wir haben eine "freiheitlich-demokratische Grundorndung (das meint nichtmal die gesamte verfassungsmäßige Ordnung sondern nur einige, allerdings wesentliche, Teile davon), und wer nicht nachweislich darauf ausgeht, die "zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden", ist auch nicht verbietbar. Da hilft auch die vor rechtschaffenenem antifaschistischen Verve geschwellte Brust keinen Millimeter weiter.

      Das ist natürlich im konkreten Fall der AfD doof, hat aber sehr gute Gründe. Wenn die Bundestagsmehrheit Parteien verbieten könnte, die aus ihrer Sicht politisch "aber mal so gar nicht gehen", wäre der Willkür Tür und Tor geöffnet. Wahrscheinlich hätte zuerst in den 80ern die Grünen und dann wenig später die PDS getroffen - noch vor den Reps.

  • 1952 sind 2 Parteien verboten worden. Waren die Richter damals strenger als bei den Verfahren gegen die NPD?



    Auch aus diesem Verfahren müsste man lernen!

  • Wenn nicht bei dieser AfD wann denn?

    • @GMS:

      Wenn sie sich weiter radikalisiert hat.

      • @rero:

        Ist die AfD denn wirklich noch nicht radikal genug?

        • @noevil:

          Radikal genug, um gewählt zu werden, definitiv.

          Ob radikal genug für ein Verbot, werden wir erleben, wie es derzeit aussieht.

          Mariam Lau sieht übrigens wohl Wellen von Radikalisierung und anschließender Mäßigung.

        • @noevil:

          Für ein Gesamtverbot muss sie nachweislich und nicht bloß in Teilen "radikal genug" sein. Im politischen Diskurs mag es zulässig sein, die Radikalität einiger Spezialisten (oder Landesverbände) auch dem Rest der Partei pauschal zuzurechnen - Motto "Wie man sich bettet..." -, aber vor dem Verfassungsgericht muss man darstellen, dass die Partei wirklich insgesamt so tickt.

            • @2Cents more :

              Ja, da sind ein paar hässliche Dinger dabei, aber charakterliche Selbstdisqualifikation ist an sich noch nicht staatsrechtlich relevant.

  • Wieviel VerfRechtler gibts in D? Und nur 17 unterstützen den Antrag öffentlich? Dann denke ich, dass die Argumentationsbasis pro Verbot wohl nicht besonders wasserdicht ist.

    • @Emmo:

      Ist gut, dass wir ein Bundesverfassungsgericht haben. Aber auch das muss in diesen Zeiten - und zwar rasch - geschützt werden. Was sagt uns das wohl?

    • @Emmo:

      Wenn 17 Fachärzte bei jemanden die gleiche Diagnose stellen, können sie mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass diese zutrifft und das ohne noch die Meinung von zig anderen Fachärzten einholen zu müssen.

      • @Sam Spade:

        Feiner Unterschied: Bei einer Krankheit liegt der richtig, der die objektiv richtige Diagnose stellt. Bei einem Antrag ans Bundesverfassungsgericht entscheiden dagegen die 8 Verfassungrechtler in dessen zweiten Senat, wer Recht hat. Ob da dann 17 oder 170 andere Verfassungsrechtler gleicher oder anderer Meinung sind, ist relativ egal.

        • @Normalo:

          Ein Parteiverbotsverfahren stellt für die Karlsruher Richter kein rechtliches Neuland dar. Im Gegenteil, die Voraussetzungen sind relativ klar umrissen.

          Kommen jetzt 17 Verfassungsrechtler alleine anhand eines 9 seitigen Antrags zu einer übereinstimmenden Beurteilung, dürften die Abweichungen lediglich in Detailfragen bestehen, aber nicht in der Grundsatzfrage.

          Und das Material vom Verfassungsschutz wird sicherlich auch nicht zur Entlastung der AfD beitragen.

          • @Sam Spade:

            Ihre Fantasie reicht nach all den Jahren der Politisierung von der Idee nach politisch neutralen Institutionen immer noch nicht aus, um zumindest in Zweifel zu ziehen, dass besagte Verfassungsrechtler hier objektiv argumentieren?

          • @Sam Spade:

            Die Infiltrierung der NPD trug seinerzeit u.a. mit zur Abweisung des Verbotsantrages bei und hat die schockierten Antragsteller nachhaltig in dieser Richtung belehrt. Ich bin sehr sicher, dass der Verfassungsschutz seine Lehren aus diesen Fehlern gezogen hat.

          • @Sam Spade:

            Wenn ich mir die wiedergegebenen Argumente anhöre, fällt es mir schwer, da wirklich eine saubere Subsumption unter die Kriterien der NPD-Urteile zu entdecken. Es ist Alles etwas wolkig-gesamtschaumäßig.

            Davon abgesehen reichen eben Ressentiments allein für eine nachgewiesene Verfassungsfeindlichkeit nicht aus. Ja, die AfD wettert regelmäßig unflätigst gegen notwendige Institutionen einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung wie Parlamente, andersdenkende Parteien oder (freie) Medien, und ja, etlichen ihrer Vorhaben stehen wohl bestimmte Grundgesetzartikel (Würdeprimat, Gleichheitssatz, Asylrecht etc.) im Weg. Aber die zu klärende Frage ist, inwieweit die Partei nur krakeelt oder wirklich - als Ganzes - beabsichtigt, die Staatsordnung so umzubauen, dass es diese ihr lästigen Elemente nicht mehr gibt. Z. B. ist "Lügenpresse!" an sich nur ein Vorwurf, keine Ansage, die Pressefreiheit abschaffen zu wollen.

            Ich wünschte, das Material des Verfassungsschutzes läge schon auf dem Tisch. Dann sähe man da möglicherweise klarer. Was ich bisher mitbekomme, reicht vielleicht für die BfV-Diagnose "gesichert rechtsextrem", aber für die Beseitigungsabsicht braucht es mehr.

            • @Normalo:

              "etlichen ihrer Vorhaben stehen wohl bestimmte Grundgesetzartikel (Würdeprimat, Gleichheitssatz, Asylrecht etc.) im Weg."



              Primat auf "Vorhaben".



              Verstehe ich ihre Argumentation richtig?



              Wir müssten dieser Organisation erstmal die Möglichkeiten zur Umsetzung geben, bevor wir sie verbieten können?



              Im Übrigen sind es keine Ressentiments, sondern Sorgen um unsere Demokratie in schwierigen Zeiten.



              Meine Erwartung ist, das dem BverfG das Vorhaben reicht.

              • @2Cents more :

                Das sehe ich genau wie Sie (weiß auch nicht, was an dem Wort "beabsichtigt" in der Hinsicht so missverständlich war). Nur muss man eben differenzieren, welche Vorhaben nur mit der Verfassung kollidieren - ein solches "Anecken" passiert auch gemäßigten Parteien regelmäßig, Stichworte "Schuldenbremse", "Asyl-Obergrenze", "Paritätsgesetz" usw. - und welche wirklich die Axt an die Grundordnung legen.

            • @Normalo:

              Was meinen - oder wissen Sie - braucht es?

              • @noevil:

                Wirklich "wissen" könenn es wahrscheinlich selbst die Richter in Karlsruhe erst, wenn sie einen aus ihrer Sicht begründeten Verbotsantrag auf dem Tisch haben. "Meine -darauf gibt es viele mögliche Antworten. Grob gesagt bräuchte man im Zweifel Beweise, dass die Absichten der AfD auf Bundesebene deutlich weiter gehen als ihre (sorgfältig gedrechselten) öffentlichen Programme, dass nicht nur gegen Dies und Jenes gegeifert wird sondern auch geplant, was man gegen die Horde an erklärten Feinden und verspotteten Verfassungsinstitutionen so Alles gern wirklich TUN würde - den "Masterplan" halt - oder wirklich genug, dann aber bitte auch sehr konkrete, Indizien, dass es so einen Masterplan gibt. Da fängt aber schon der Graubereich an.

                • @Normalo:

                  Ich hoffe doch darauf, das es für ein Verbot nicht eines vorliegenden schriftlichen und signiertem "Masterplan", bedarf, sondern sich äußernde und handelnde Personen ernst genommen werden.



                  Wenn das nicht reicht, sieht es düster aus.

                  • @2Cents more :

                    Ich meinte mit "Beweisen" nicht notwendigerweise Schriftstücke, also ja, auch aufgezeichnete Äußerungen reichen. Auf den Inhalt kommt es an und - nach meiner Meinung zumindest - auf den Unterschied zwischen bloßem Opponieren und Anfeindungen einerseits und harten Handlungsabsichten und Zielsetzungen (=“Masterplan") andererseits.

      • @Sam Spade:

        Ich habe bisher aber von Verfassungsrechtlern ausschließlich große Bedenken gehört, ob das Stand hält und finde auch die hier vorgelegte Argumentation wenig überzeugend. "Präventiv" geht sowas bspw. schonmal gar nicht. Auch die Existenz eines "völkisch-nationalistischen" Programms oder eines homogenen Volksbegriffs wird schwerlich als relevant gelten können, das ist von der Meinungsfreiheit gedeckt, wie man aus dem fehlgeschlagenen Compact-Verbot lernen kann. Alles in allem bin ich relativ sicher, dass es sich hier um eine Minderheitenmeinung auch unter Verfassungsrechtlern handelt, die wieder mal Gefahr läuft, die Rechten zu bestärken, wenn sie sich - weiter erwartbar - als falsch herausstellt.

        • @Moralapostbote:

          "Niemand will eine Mauer bauen";



          "Wie hätte man das ahnen können?".



          Wie genau äußert sich ein Erstarken?



          Warten wirklich so viele Wähler darauf, die endlich wählen zu können, wenn nur das BVerfG sein OK dazu gibt?

      • @Sam Spade:

        Wenn 100 andere es begründet anders sehen, könnte es sein, dass die Diagnose nicht stimmt.

        Im vorliegenden Fall wird die entscheidende Diagnose nicht von diesen 17 gestellt.

        • @rero:

          Das war von mir bewusst etwas überspitzt formuliert. Im Bezug des AfD Verbots liegt der öffentlichen Wahrnehmung nunmal eine ganz eigene Logik zugrunde.

          Bei dem von mir erwähnten Beispiel würde kein Mensch im alltäglichen Leben auf die Idee kommen noch Diagnose 18-36 einzuholen, sondern sich daran setzen die Ursache zu behandeln.

          Für ein den meisten vertrautes Beispiel aus der Medizin scheint das schlüssig, für ein Gebiet auf dem die meisten aber keine persönlichen Erfahrungen gesammelt haben wie diesem jedoch nicht.

          Das ergibt meiner Ansicht nach wenig Sinn. Man scheut einfach das Risiko und will abwarten, bis es eine hundertprozentige Sicherheit gibt. Nur die wird es vor Gericht nicht geben, unabhängig davon wieviel Material noch gesammelt wird.

          • @Sam Spade:

            Weil anders als bei einer Arztdiagnose der Pendel in die andere Richtung schlagen kann.

            Wenn es schiefläuft, ist die AfD eine verfassungsgerichtlich zertifiziert demokratische Partei.

            Das Narrativ, die etablierten Parteien wollten nur Konkurrenz loswerden, wird massiv genährt.

            Zudem können Sie auch nicht jährlich ein neues Verfahren anstrengen. Zu einer jährlichen Untersuchung können Sie aber gehen.

            Da ist also durchaus ein nicht unerhebliches Risiko.

            Je höher das Risiko umso sicherer sollte die Argumentation sein.

            100 % braucht man nicht.

            • @rero:

              Es kann keine "verfassungsgerichtlich zertifiziert demokratische Partei" geben, höchstens eine "Verfassungsgerichtlich festgestellt antidemokratische Partei."

              • @2Cents more :

                Und wenn es für diese Feststellung nicht reicht? Der Unterschied zwischen "nicht verfassungsfeindlich" und "nicht NACHGEWIESEN verfassungsfeindlich" ist aus Sicht rechter Opferrhetorik völlig irrelevant. Das läuft wie der ewige Streit, ob es sowas wie einen "Freispruch 2. Klasse" gibt - abseits der juristischen Antwort geführt und von jedem so gesehen, wie es ihm gerade passt.

  • Tolle Steilvorlage für die AfD für den Bundestagswahlkampf.

    Bisher haben sich ja Faeser und Wanderwitz das Abonnement "Mitarbeiter des Monats" bei der AfD geteilt, aber jetzt gibt es gleich 17 neue Bewerber.

    • @Don Geraldo:

      Genau weil man davor Angst hat, guckt man lieber zu, bis es zu spät ist!

      • @GMS:

        Es geht nicht um Angst sondern um realistische Erfolgsaussichten vor den Institutionen unserer demokratischen Grundordnung. Und ich kann nur dazu raten, da weniger bei Faeser und Scheuer abzuschauen und die Rechten nicht weiter durch fehlschlagenden politischen Aktionismus zu bestärken, der sich dann ohne weiteres Zutun als Angriff auf unsere demokratischen Institutionen lesen lässt.

      • @GMS:

        Man muss nicht nur zugucken, sondern auch noch was finden.

        Einzelne Medien als "Lügenpresse" zu bezeichnen, dürfte von der Meinungsfreiheit gedeckt sein.

        Das hier als wichtigen Beleg pro Verbot anzuführen, lässt auf eine schwache Argumentation schließen.

        Wenn die AfD ein Verbot von Medien ableiten würde oder zu Angriffen auf Journalisten aufrufen würde ....

  • Vor dem Hintergrund der europäischen Zusammenarbeit mit faschistoiden Strömungen mutet dieses Verbotsbemühen nahezu scheinheilig an. Sämtliche Parteien im EU Parlament haben die Faschisten in der Kommission durchgewunken. Und die stellen nun einen Verbotsantrag?? Nicht, dass dieser Verbotsantrag allerhöchstteZeit wird - jedoch....

    • @Perkele:

      Sie tun sich und der Sache keinen Gefallen, wenn Sie Höcke und Meloni in denselben Topf werfen.

  • "Die Option eines Parteiverbotsverfahrens sei zudem eine „bewusste Entscheidung“ der Mütter und Väter des Grundgesetz, um sich im Sinne einer wehrhaften Demokratie gegen Demokratiefeinde zu wehren, betonen die Jurist*innen. Dieses erfolge auch nicht in politischer Beliebigkeit, sondern sei „politische Aufgabe und Verantwortung“, wenn eine Partei verfassungsfeindlich agiere. Auch sei ein Verbot nicht nur Ultima Ratio, sondern eine „Präventivmaßnahme“." Danke, danke, danke für diese Ausführungen. Und den obigen Satz kann man nicht oft genug wiederholen!

    • @shitstormcowboy:

      Gerade dieser Absatz ist ja nun besonders interpretatorisch und bezieht sich eben nicht auf den Wortlaut und die naheliegenden Spielräume der Verfassung sondern auf die Idee der Autoren, wie diese zu interpretieren sei... So haben Faesers Berater beim Compact-Verbot sicher auch geklungen. Man hätte dann aber vielleicht doch besser mal andere gefragt, die weniger politisch motiviert sind und darüber aufklären können, was Meinungsfreiheit in Deutschland bedeutet.

  • Als Nicht-Jurist, aber als historisch und politisch interessierter Zeitgenosse scheint mir das Argument der 17 Verfassungsrechtler*innen besonders einleuchtend, dass eine politische Auseinandersetzung mit der AfD im Grunde nicht möglich sei, weil diese sich selbst dem demokratischen politischen Diskurs entziehe.



    Das kann in der Auseinandersetzung mit der AfD täglich beobachtet werden und es entspricht ja auch den Erfahrungen mit ihrer historischen Vorläuferin, der NSDAP.



    Letzten Endes muss der Kampf mit der AfD auf der juristischen Ebene ausgefochten werden, denn es ist nicht damit zu rechnen, dass sie die demokratischen Spielregeln jemals akzeptiert -

  • Für die bisherigen Verweigerer im Parlament wird die Luft jetzt dünner. Nachdem 17 Verfassungsrechtler, nach Prüfung des Verbotsantrags, die Chancen auf ein AfD Verbot als hoch ansehen, dürften der bisherigen Argumentation der Gegner die Grundlage entzogen sein.

    Wenn es jetzt nicht bei einer Abstimmung im Parlament zu einer breiten Mehrheit für ein Verbotsverfahren kommt, dürfte ein Großteil der Bevölkerung die Welt nicht mehr verstehen.

    Und es ist auch kein Gebot der Fairness, wie häufig argumentiert wird, mit der Abstimmung bis nach der Bundestagswahl zu warten. Im Gegenteil eine Abstimmung mit einer breiten Mehrheit für ein Verbot würde ein deutliches Signal an die Menschen senden, die zwar zur AfD tendieren, aber bisher noch auf dem Boden der Demokratie stehen.

    • @Sam Spade:

      Die 17 attestieren "Aussichten auf Erfolg ".

      Dass die "hoch" sein sollen, steht im Artikel nicht.

    • @Sam Spade:

      Das Argument mit den 17 Verfassungsrechtlern halte ich für völligen Unsinn. Wenn die CDU jetzt 18 Verfassungsrechtler aufbietet, die den Verbotsantrag für falsch, rechtswidrig und ohne jede Chance auf Erfolg einschätzen: Sollte man den Verbotsantrag dann stoppen?! Die entsprechenden Juristen gibt es nämlich natürlich auch.

      Ich persönlich würde die AFD nicht verbieten. Die Haltung der Menschen bleibt dieselbe und die politisch handelnden Personen bilden entweder eine neue Partei oder flanschen sich an eine bestehende Partei (z.B. Werteunion) an, dann geht der Schwachsinn von vorne los.

      Dieser Partei muss man politisch mit besseren Argumenten und (noch besser) guter Politik entgegenwirken, und sie gleichzeitig in Diskussionen um die Sache stellen, anstatt immer nur moralisch mit der Nazikeule draufzuhauen. Letzteres wurde jetzt jahrelang getan, gebracht hat es sichtlich nichts.

      • @Gregor von Niebelschütz:

        Ihre Position scheint mit die bisher diejenige zu sein, die sich am ehesten mit Idee und Wortlaut der Verfassung vereinbaren lässt.

      • @Gregor von Niebelschütz:

        Man kann nur diskutieren wenn man sich einigermaßen auf eine Basis der Tatdachen ( z.B Wissenschaft einigen kann.



        Da kommen die dann mit den obskuren Behauptungen und belegen das mit ihren Schwurbelquellen.



        Dann kommt noch" what about" und schon gibt er ein anderes Thema vor.



        Ich versuche es immer, aber der Erfolg will sich nicht einstellen.

        • @GMS:

          Dass jemand unsachlich diskutiert, ist kein Grund, seine Partei zu verbieten.

          Tun Nicht-AfDler übrigens auch nicht so selten.

      • @Gregor von Niebelschütz:

        "anstatt immer nur moralisch mit der Nazikeule draufzuhauen"



        Das Gerede von der "Nazikeule" bei einer Partei, die gerne mal Hitlerreden imitiert und erst letztens wieder SS-Karikaturen verbreiten ließ. Auch das Argument über die Anzahl der Verfassungsrechtler wirkt beliebig: Auf die von denen im Text genannten Argumente gehst du leider gar nicht ein, unterstellst ihnen aber unbegründet parteiisch zu sein.



        Im übrigen soll man die Verfassungsfeinde ruhig jammern lassen, das machen sie eh. Und ihre treuen Anhänger können nach einem Verbot wenigstens erstmal keine Steuergeldern mehr schnorren, Parlamente sabotieren oder das Rechtssystem aushöhlen. Es hat schon seine Gründe, warum die blaunen derart Wehleidig werden, sobald es um ein Verbot geht.



        Schade dass den Leuten aus der CDU/SPD bestimmt wieder das Bewusstsein und das Verantwortungsgefühl fehlen, um die Situation einzuschätzen. Und dass auch so viele andere Menschen aus irgend einem Grund denken man könne mit diesen Leuten reden, oder zumindest vorgeben dass man es müsse.

        • @Genosse Luzifer:

          Den Vorwurf der Parteilichkeit sehe ich hier bestens begründet und empfinde es eher als naiv, das komplett zu übersehen oder grob fahrlässig, es auszublenden.

      • @Gregor von Niebelschütz:

        "Dieser Partei muss man politisch mit besseren Argumenten [...]"

        Ihnen ist nach über 10 Jahren tatsächlich immer noch nicht aufgefallen, dass es für die Anhänger dieser putzigen Sekte vollkommen irrelevant ist, welche Politikpositionen abseits von "Ausländer raus" und Wirrkopfthemen die AfD vertritt?

  • Diese Demokraten von CDUCSU und SPD sind doch echt peinlich, gegen wen soll man diese Demokratie verteidigen wenn nicht gegen Rechtsextreme und Nazis? Für Mützenich ist alles verfrüht, er sollte sich endlich verabschieden, dieses Aussitzen ist gefährlich. Über die Steigbügelhalter von CDSU und FDP muss man kein Wort mehr verlieren.

    • @christoph ganter:

      "Man" ist hier in letzter Instanz das Bundesverfassungsgericht. Das urteilt nicht nach politischen Gesichtspunkten sondern anhand fein ausgeklügelter, rein rechtlicher Erwägungen. "Rechtsextrem" ist da - an sich - noch kein Argument. Man kann rechtsextrem sein, mit der freien Presse hadern, die FDGO vielleicht sogar insgesamt lästig finden, ohne sie deshalb aber notwendigerweise "beseitigen" zu wollen.

      Diesen nächsten Schritt nachzuweisen, ist die Hürde, die Verbotsanträge meistern müssen. Und auch wenn ich den Damen und Herrn in Rot wünschen würde, dass sie ihre bisherige Rechtsprechung, insbesondere zu den NPD-Verbotsanträgen, mal kritisch unter die Lupe nehmen und sich fragen, ob nicht nach deren Kriterien jedes tatsächlich gerechtfertigte Parteiverbot realistisch betrachtet zu spät kommen müsste, um noch durchsetzbar zu sein, BLEIBT doch der Maßstab ein juristischer.

  • Ja, es ist bewiesen das die AfD verfassungwidrig ist. Nur reicht das für ein Parteiverbot nicht aus. Es muss nachgewiesen werden das die AfD auch tatsächlich in der Lage ist den Staat zu stürzen

    • @Martin Sauer:

      Nein, eben nicht! Nur das Bundesverfassungsgericht kann die Verfassungswidrigkeit feststellen.

    • @Martin Sauer:

      "Es muss nachgewiesen werden das die AfD auch tatsächlich in der Lage ist den Staat zu stürzen"

      "Den Staat stürzen" ist weder das Ziel der AfD noch ein Kriterium des Parteiverbots. Genau das war ja das Schlupfloch der NSDAP seinerzeit, das u. a. das Parteiverbot schließen soll: Sie hat den Staat (bzw. die Staatsgewalt) nicht gestürzt sondern legal übernommen - und DANN von innen der demokratischen Ordnung entledigt.

      Auch zu soch "kalter" Abschaffung der FDGO dürfte die AfD "nachweislich" erst fähig sein, wenn sie die Kontrolle über die Parlamente bekommt. An dem Punkt ist es dann aber zu spät, in dem karlsruhetypisch bedächtigen Tempo mit ihrer rechtlichen Demontage zu beginnen. Daher würde ich "in der Lage" weiter definieren: "Willens und mit realistischen Chancen auf die nötigen Machtmittel." Und die kann man der AfD schwerlich absprechen: Stimmanteile wie die NSDAP zum Zeitpunkt der Machtergreifung hat sie in zwei Bundesländern schon.

      Ich bin immer noch nicht sicher, dass der Wille schon gerichtsfest nachweisbar ist. Dazu sind mir die "Indizienwolken", mit denen die Verbotsbefürworter wohl weiter arbeiten, noch zu vage und dünn. Aber zu unbedeutend ist die AfD sicher nicht.

    • @Martin Sauer:

      Am besten wartet man dann bis sie mit dem Stürzen des Staates anfängt, dann hat man ja Belege.

    • @Martin Sauer:

      Gut, dass 17 Rechtsexperten ahnungslos sind....Sie haben allen geholfen.

      Exkurs: Die AfD muss nicht den Staat stürzen, sondern realistischerweise eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele erreichen können.

    • @Martin Sauer:

      Äh, wie soll ich es ausdrücken?

      Nein, ihre Aussage ist falsch.

  • „Die AfD-Kritik an der Regierung gehe „weit über eine legitime Staatskritik hinaus“, wenn die Partei pauschal politische Akteure delegitimiere und Medien als „Lügenpresse“ diffamiere, heißt es weiter.“

    Wird Karlsruhe sicher nicht reichen. Eine aggressiv-kämpferische Haltung in Sachen Beseitigung der fdGO ist ein paar Stufen höher als „Die verachten die Presse und andere Institutionen.“ Das ist ja nicht mal strafbar oder zivilrechtlich angreifbar. Karlsruhe hat Regierungskritik erst gestärkt, s. Reichelts Äußerung zu Geldern für die Taliban.

    „Als Beispiel wird das jüngste Gebaren des AfD-Manns Jürgen Treutler als Alterspräsident bei der Konstituierung des Thüringer Landtags benannt.“

    Hier ignorieren die Unterzeichner völlig, dass die AfD eine vertretbare Ansicht vertrat und Treutler der einstweiligen Anordnung des ThüVerfGH anstandslos Folge leistete. Und natürlich, dass die CDU den Konflikt wollte.

    Gerade Andreas Fischer-Lescano vertritt weder generell noch in Bezug auf die AfD den öffentlich-rechtlichen Mainstream. Oder anders: Wenn den Juristen aller Parteien das Risiko zu groß ist, spricht vieles dafür, dass die Unterzeichner hier keine nüchterne Rechtsauffassung abgeben.

    • @In aller Ruhe:

      "Eine aggressiv-kämpferische Haltung in Sachen Beseitigung der fdGO ist ein paar Stufen höher.."

      Für die richterliche Entscheidungsfindung ist das Gesamtbild entscheidend. Der Begriff "kämpferisch-agressive Haltung" bedeutet nichts anderes als "planvoll".



      Der Ausdruck entstammt aus dem Urteil des BVerfG zum KPD Verbot von 1956 und wirkt heutzutage etwas martialisch und wird daher häufig falsch interpretiert.

      Dieses systematische Vorgehen gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung sehen die Verfassungsrechtler alleine aus den Darstellungen des Verbotsantrags bereits für gegeben an.

      Dabei ist die Auswertung des Materials vom Verfassungsschutz noch gar nicht erfolgt. Das obendrauf dürfte eine ausreichende Beweisgrundlage für ein Verbot darstellen.

      • @Sam Spade:

        Eine "kämpferisch-aggressive" Haltung und "planvoll" ist keineswegs das Gleiche, denn die Haltung an sich wird problemlos von der Meinungsfreiheit gedeckt und war in der Vergangenheit auch kaum ausreichend für ein Parteiverbot, bspw. der Linkspartei oder PDS, mit Verweis auf das Bestreben einiger Mitglieder, die kommunistische Revolution herbeizuführen.

        Planvoll hingegen ist bspw. ein nachweisbarer Putschversuch, eine belegbare, konkrete Planung von Handlungen zur Abschaffung der demokratischen Grundordnung. Deshalb ist auch "das Gesamtbild" hier irrelevant, sofern es sich ausschließlich auf Interpretationen von Aussagen oder Gesinnungen bezieht.

        Es gibt gute Gründe, warum nicht mal ein Gutachten in Auftrag gegeben wird, denn laut der aktuellen Datenlage - der die Autoren nichts neues hinzufügen - muss von einer relativ hohen Chance eines negativen Gutachtens ausgegangen werden, das dann wiederum die AfD stärken würde.



        Dass das ganze offen als gezielter Angriff auf einen demokratischen Mitbewerber einer nahen Bundestagswahl kommuniziert wird, läuft im Übrigen Gefahr, sich deutlich negativer auf ein mögliches Verbot auszuwirken, als das vorgelegte "Gesamtbild".

        • @Moralapostbote:

          1 zur kämpferisch-agressiven Haltung



          "dass die Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung so weit in Handlungen (dies seien unter Umständen auch programmatische Reden verantwortlicher Persönlichkeiten) zum Ausdruck kommen müsse, dass sie als planvoll verfolgtes politisches Vorgehen der Partei erkennbar werde. Versuchs- oder Vorbereitungshandlungen im strafrechtlichen Sinne (sind) hierfür nicht erforderlich. (BVerfG, 17.01.2017 – 2 BvB 1/13)

          2.zur demokratischen Grundordnung

          "Eine Beeinträchtigung liegt daher bereits vor, wenn eine Partei... qualifiziert die Außerkraftsetzung der bestehenden Verfassungsordnung betreibt. Ausreichend ist, dass sie sich gegen eines der Wesenselemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (Menschenwürde, Demokratie, Rechtsstaat) wendet, da diese miteinander verschränkt sind und sich gegenseitig bedingen. (BVerfG, 17.01.2017 – 2 BvB 1/13)

          Dabei genügt es bereits, dass ein Merkmal der freiheitlich demokratischen Grundordnung infrage gestellt wird, um eine Beeinträchtigung festzustellen.

          Das verfolgen sie hinsichtlich der AfD einmal weiter unter dem Gesichtspunkt "Menschenwürde". Das alleine reicht schon aus.

          • @Sam Spade:

            Okay. Punkt 1 wiederholt ja irgendwie jetzt was ich gesagt habe, das hat mit kämpferisch-aggressiver Grundhaltung wenig bis gar nichts zu tun. Sicher, auch Sprechakte als solche können Taten sein, planvoll ist hier aber das entscheidende Wort, und zwar parteiübergreifend, nicht von Einzelpersonen.



            Punkt 2. liegt ja heutzutage je nach Interpretation schon vor, wenn ich Personen nicht nach ihren gewünschten Personalpronomen frage. Ich bin sehr sicher, dass hier ohne Verweis auf konkrete Verbrechen gegen die Menschenwürde - und dazu zählt weder die Remigrationsdebatte per se noch die Ablehnung von Gendersprache oder Kritik am Ukraine-Krieg - kaum ein belastbarer, systematischer und parteiübergreifender Angriff auf demokratische Institutionen festgestellt werden kann. Wenn doch, ist es natürlich Zeit, das Verfahren anzuregen, sehe ich derzeit aber nicht.

          • @Sam Spade:

            Nachtrag zum besseren Verständnis:

            Im Bereich der Menschenwürde zählen gerade die einzelnen Aussagen und Interpretationen der Protagonisten. Entscheidend ist wer in der Partei etwas gesagt hat und ob sich daraus eine Haltung ableiten lässt. Das Gesamtbild, die Gesamtsituation ist der Hauptpunkt.

            Die AfD schrieb auf Ihrer Internetseite bis zum 16 Januar offen von Remigration und nutzte dabei ganz bewusst rechte Chiffren. Die an den Aussagen aber auch nichts ändern.

            Zu beachten ist vor diesem Hintergrund zudem, dass das BVerfG ".. beobachtet das „Verhalten der Anhänger“ einer Partei und deren „Ziele“ (BVerfG, 17.01.2017 – 2 BvB 1/13)

            Und schon allein die Forderung und der Plan der Remigration deutscher Staatsbürger aufgrund der Herkunft oder Hautfarbe ist ein so eklatanter Verstoß gegen die Menschenwürde und das Grundgesetz, dass sich der Vorwurf der angestrebten Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bei korrekten Nachweis von selbst ergeben würde. Mehr bräuchte es gar nicht.

            Und zu den anderen Voraussetzungen empfehle ich das hervorragende heutige Interview in der taz mit Prof. Goldmann



            taz.de/Verfassungs...D-Verbot/!6053752/

      • @Sam Spade:

        „[S]ehen die Verfassungsrechtler alleine aus den Darstellungen des Verbotsantrags bereits für gegeben an.

        Dabei ist die Auswertung des Materials vom Verfassungsschutz noch gar nicht erfolgt. Das obendrauf dürfte eine ausreichende Beweisgrundlage für ein Verbot darstellen.“

        Der neunseitige Antrag besteht aus unbelegten Vorwürfen, die Staatsrechtler haben deren Bestand unterstellt. Niemand zweifelt daran, dass etwa die geplante zwangsweise Ausweisung von Millionen Staatsbürgern für sich genommen bereits einen Verbotsgrund darstellt. Derartige Pläne sind dem Bericht von CORRECTIV aber nicht zu entnehmen, weswegen der Verbotsantrag sich diffus darauf beschränkt, die AfD plane über rechtsstaatliche Rückführung hinausgehende Ausweisungen. So verhält es sich mit nahezu allen Vorwürfen. Das sehen Sie natürlich anders, halten Sie mich also gerne daran fest, dass das BVerfG ein Verbot nicht aussprechen wird.

        • @In aller Ruhe:

          Ich kann ihnen da nur von ganzem Herzen zustimmen. Offenbar macht man diesen Vorstoß weil es einen Konsens gibt, dass er es ohnehin nicht durch den Bundestag schafft, weshalb man sich um eine etwaige Ablehnung durch das BVerfG keine Gedanken machen muss und den moralischen Fahnenapell symbolpolitisch durchbekommt.

        • @In aller Ruhe:

          Dann haben Sie wahrscheinlich den AfD Parteitag zuletzt in Greding „verpasst".

        • @In aller Ruhe:

          Nun hat man ja schon mehr als drei Gruppen aus AFDlern gefunden, welche sich bewaffnet haben und irgendeine Art dt.Reich aufbauen wollten. Mal sehen was daraus wird, gell?



          Dazu kommen Schmiergelder von Autokraten, Hitlerreden und lauter derart schmackhaftes Gedöns