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Statt VeganismusNeuer Vertrag von Mensch und Tier

Björn Hayer
Essay von Björn Hayer

Bei der Grünen Woche in Berlin geht es auch ums Tierwohl. Doch die Debatte kommt nicht voran. Ein neuer Vorschlag.

Fleisch findet Tier nicht gut Illustration: Katja Gendikova

ber den Tellern ist längst ein Kampf der Weltanschauungen entbrannt: Während die einen aus ethischen Gründen mehr und mehr die pflanzliche Ernährung favorisieren, sehen andere im denkbaren Verlust der Bratwurst ihre Freiheitsrechte in Gefahr. Markus Söder malte im letzten Jahr gar das Schreckgespenst der „Zwangsveganisierung“ an die Wand. Spätestens der Weihnachtsbraten dürfte durch die Diskussionen am Tisch manchem übel aufgestoßen sein.

Wer jedoch bei den Debatten für oder gegen Fleischverzehr stets fehlt, sind die Betroffenen. Die Rede ist von den Tieren in der Landwirtschaft. Bei den Bauernprotesten ging es auch um die Abgabe zu ihrem Wohl, sie sind immer wieder Thema und das sicher auch auf der Grünen Woche, die bis 28. Januar in Berlin stattfindet.

Im Schatten von Cem Özdemirs Stufenmodell, das die meisten Tierschutzorganisationen zu Recht kritisieren, weil es die ohnehin verfassungsrechtlich grenzwertige Haltungsstufe eins legitimiert (anstatt sie abzuschaffen), dürften die alten und ermüdenden Auseinandersetzungen geführt werden. Über einige Zentimeter mehr Stallfläche, über gutes Futter, überhaupt über mehr „Tierwohl“, das ja angeblich jeder will.

Systemwechsel statt Bekenntnisprosa

Björn Hayer

ist habilitierter Germanist. Er arbeitet als Literatur- und Theaterkritiker, als Privatdozent an Hochschulen sowie als Essayist und Autor für die taz.

An Bekenntnisprosa mangelt es auf derartigen Treffen nie. Dabei kann all die Stellschraubendreherei nicht mehr darüber hinwegtäuschen, dass ein Systemwechsel nötig ist. Viele Argumente sind bekannt: Der Konsum von tierischen Produkten, allen voran Fleisch, Milch, Käse und Eiern, ist ein veritabler Klimakiller. Mit Tiertransporten, der Abholzung der Regenwälder für die Futtermittelproduktion samt der damit verbundenen Auslaugung der Böden besetzt die Landwirtschaft einen traurigen Spitzenplatz bei den globalen Emissionen, über den im Streit über die Klimawende nur marginal geredet wird.

Was jenseits dieser Umweltfaktoren ins Gewicht fällt und von der Politik vollends missachtet wird, sind die Einsichten aus der Ethik. Nicht erst seitdem Peter Singer den Begriff des Speziesismus etabliert hat, der – analog zu anderen Diskriminierungstatbeständen unserer Zeit – die Abwertung einer Kreatur aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Spezies beschreibt, sehen Philosophen die Unterdrückung von Tieren kritisch. Ein ganzer Animal turn lässt sich in der Debatte verzeichnen.

In neueren Büchern von Friederike Schmitz, Christine Korsgaard oder Bernd Ladwig vernimmt man immer wieder das Plädoyer für die umfassende Abkehr vom anthropozentrischen Prinzip. Nachdem, vereinfacht gesagt, die Neurowissenschaften und die behaviouristische Forschung des 20. Jahrhunderts sämtliche Kriterien, die angeblich den Menschen vom Tier trennen sollen, abgeräumt haben, stellt sich für die Theo­re­ti­ke­r:in­nen die Frage:

Wie kann man die aktuelle Entrechtung von Tieren, die noch nie zuvor so großes Leid wie in den industrialisierten Aufzucht- und Schlachtfabriken erfahren haben, noch rechtfertigen? Ihre Antwort: gar nicht. Schon der 2017 verstorbene Tom Regan, umstrittener und gefeierter Pio­nier auf dem Feld der Tierethik, ging davon aus, dass sowohl die humanen als auch die meisten animalen Wesen ein unhintergehbares Interesse am Weiterleben haben.

Man stelle sich vor: Hasen halten uns in Käfigen

Für ihn war nicht die lange Zeit als K.-o.-Kriterium firmierende Moralfähigkeit des Menschen entscheidend, um darüber Tiere von fundamentalen Grundrechten auszuschließen, zumal sie ohnehin nur ein von Menschen formuliertes Verdikt sei. Der Denker vertrat zu Recht die Ansicht, dass sämtliche in der Vergangenheit entstandenen Abgrenzungsparadigmen willkürlich seien.

Man stelle sich nur einmal umgekehrt vor, wir würden auf einem fremden Planeten von Hasen in Käfigen gehalten werden, die ihre Herrschaft allein mit ihrer besseren Hörfähigkeit begründeten. Wir würden diese Ordnung nachvollziehbarerweise als ungerecht empfinden. Aber selbst wenn wir die so viel beschworene Moralfähigkeit, die einige den sogenannten Nutztieren absprechen, ins Feld führen, macht etwa Bernd Ladwig in seiner „Theorie der Tierrechte“ auf die Schwäche dieser Konstruktion aufmerksam.

Denn genießen nicht auch Menschen, die etwa aufgrund von Krankheiten oder Behinderungen selbst keine moralischen Entscheidungen fällen können, trotzdem die vollen Menschenrechte? Allein die Kompetenz in diesen Belangen kann nicht als hinreichende Begründung für den Ausschluss von Vierbeinern aus der ethischen Gemeinschaft dienen. Daher fokussiert der Philosoph auf Moralbedürftigkeit, sie stellt die Voraussetzung für Moralfähigkeit dar. Und sie eint die Menschen und die Tiere.

Wir alle sind verletzlich und bedürfen eines Schutzes, wir alle wollen leben und setzen darauf, dass der oder die andere unsere körperliche und seelische Integrität wahrt. In sich bilden derlei Ansätze schlüssige Argumentationsketten. Sie wettern unisono gegen eine tradierte Zweiteilung der Welt, wie sie auch andere Machtstrukturen der Geschichte – vom Rassismus bis zum Sexismus – propagiert und verfestigt haben.

Männer essen doppelt so viel Fleisch wie Frauen

Bemerkt man die Ähnlichkeiten, kann man übrigens ebenso in der organisierten Repression gegenüber animalen Mitwesen eine patriarchale Dominanz ausmachen. Männer essen im Schnitt doppelt so viel Fleisch wie Frauen. Vermutlich weil noch immer der Mythos durch die Gehirne spukt: Körperliche Stärke – ja, Virilität, wie sie Jäger und sämtliche harte Kerle auszeichnet – erlangt nur, wer reichlich tierische Proteine zu sich nimmt.

Ein weiterer Irrglaube, den Weltschwergewichtsmeister eindrucksvoll beweisen: Einige von ihnen sind Veganer. Erkenntnisse aus den Animal- und Gender Studies haben demnach einiges gemein. Doch ein Unterschied lässt sich zwischen dem Tierrechtsaktivismus und den feministischen Bewegungen nicht leugnen: Letztere sorgten nach langen Grabenkämpfen für eine neue Aushandlung der Beziehung zwischen den Geschlechtern.

Folgt man hingegen konsequent Tom Regans Logik, so kann man – in der sogenannten idealen Theorie der Tierethik – nur zu einem Schluss kommen: Öffnet alle Käfige und befreit die Leidenden! Auf die unrealistische Dimension dieses Vorschlags hingewiesen haben die amerikanischen Sozialwissenschaftler Sue Donaldson und Will Kymlicka in ihrem Opus magnum „Zoopolis“. Indem wir alle Fesseln lösen, würde es keine speziesübergreifende Koexistenz mehr geben.

Warum sollte beispielsweise eine Kuh ihr Kalb oder ihre Milch hergeben? Fakt ist aber: Die Beziehung zwischen Mensch und Tier muss nicht unbedingt aufgekündigt werden, sie muss nur neu geregelt werden. Die Au­to­r:in­nen entwickeln dafür eine Staatstheorie, in der sie verschiedenen animalen Gruppen unterschiedliche Privilegien (bis hin zu Bürgerrechten) zuerkennen. Auch in diesem Ansatz verfügen alle über ein elementares Lebensrecht.

Utopie und Wirklichkeit gehen zusammen

Utopie und Wirklichkeitsbezug liegen in diesem hellsichtigen Werk eng beieinander. Zur Wahrheit gehört aber: Dass wir von all diesen Entwürfen bei weltweit wachsendem Konsum tierischer Produkte Äonen entfernt sind. Daher gilt es, andere Möglichkeiten auszuloten. Es bedarf eines Gesellschaftsvertrags. Tiere brauchen – analog zu Menschen mit kognitiven Einschränkungen – An­wäl­t:in­nen und Für­spre­che­r:in­nen, die ihren Belangen Gehör verschaffen.

Diese müssten in Tierrechtsfragen geschult sein und sollten von Gremien aus Ethiker:innen, Po­li­ti­ke­r:in­nen und Ver­tre­te­r:in­nen von Tierschutzorganisationen bestimmt oder gewählt werden, vergleichbar auch mit Gleichstellungsbeauftragten. Ihre Aufgabe sollte darin bestehen, für tierische Belange zu sensibilisieren. Sie müssten auf allen Ebenen vertreten und in Unternehmen genauso etabliert sein wie in Parlamenten und Ministerien, wo man ihnen eine Art Vetorecht gewähren müsste. Sie dürften es bei allen Entscheidungen einlegen, die die Interessen von Tieren fundamental berühren.

Dieser Zwischenschritt auf dem Weg in die Utopie einer gänzlich pflanzenbasierten Ernährungskultur in der Ethik sollte dringend in Erwägung gezogen werden. Dieses Modell könnte vorsehen, Tiere nicht mehr töten zu dürfen, aber einen Teil ihrer Produkte weiterhin zu verwerten. Wir könnten Eier konsumieren, müssten aber auch den „irrentablen“ Hühnern eine Art Rentenzeit zubilligen, wir könnten Milch kaufen, müssten dafür allerdings die männlichen Kälber aufziehen. Lediglich Fleisch gäbe es in dieser Ordnung nicht mehr.

Da den Tieren ein qualitativ angemessenes Dasein zustünde, bei dem sie einem natürlichen Tod erlägen, würde dieses Modell des speziesübergreifenden Miteinanders eine Menge Geld kosten. Die limitierten Produkte wären teurer. Moral gibt es eben nie zum Nulltarif. Alle ethisch relevanten Maßnahmen kosten etwas: Sei es Schwangerschaftsabbruch oder Sterbehilfe – zumeist sind solche gesellschaftspolitischen und kulturelleren Regelungen mit einem Zuwachs an Institutionen zur Überwachung und Beratung geknüpft. Dasselbe gilt für den Minderheitenschutz.

Moral kostet Geld

Er setzt sich nur durch, wenn Personen und Einrichtungen für bestimmte Gruppen professionell Partei ergreifen. Auch Tierrechte sollten uns das wert sein. Ausgaben für ihre Durchsetzung würden sich als dringende Investition gegen einen weithin versteckten und oft verdrängten gewaltvollen Konflikt mit ungleichen Waffen inmitten unserer westlichen Zivilisation erweisen.

Ein speziesübergreifender Frieden käme zum einen den tierischen Mitwesen zugute, zum anderen aber auch uns selbst, würden wir uns damit doch einer Eigenschaft vergewissern, die uns tatsächlich exklusiv auszeichnet: unsere Menschlichkeit.

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37 Kommentare

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  • Das was der Autor beschreibt, leben manche Menschen im kleinen. Volle Kost und Logis inkl. ärztlicher Versorgung bis zum natürlichen Tod für die Tiere, dafür die Verwertung von Wolle und (unbefruchteten) Eiern. Und Pferde, auf denen Kinder reiten. Rechnen tut sich das nicht, ist aber eine Alternative zum 100 % Veganismus.

  • Es ist nicht schwierig, dem Autor vorzuhalten, dass seine Vorstellungen absehbar keine Chance haben, Wirklichkeit zu werden. Ich sehe das auch nicht. Die Menschen sind nun einmal, wie sie sind, und Sie werden nicht geschlossen zu Veganern werden. Trotzdem ist es okay, eine Utopie zu formulieren. Und es ist auch okay, immer wieder daran zu erinnern dass viele Aspekte unserer Tierhaltung zum Himmel schreien.

    • @Jochen Laun:

      Das weiß der Herr auch selber. Aber um sich wichtig zu machen muss man heutzutage nichts Realisierbares mehr vorschlagen. Im Gegenteil, je abstruser und bubbliger, desto größer die Aufmerksamkeit.

      Ich wäre zum Beispiel dafür, alle Staaten, die mehr als 10 Mio Einwohner haben zu zerschlagen! Kann dazu gern mal einen Essay einreichen, liebe taz. Wie wärs?

  • Guter und wegweisender Artikel.



    Vielleicht gibt's bald die übersetzungs KI, welche den direkten sprachlichen Austausch mit den Tieren ermöglicht.



    So schweinich zu menschlich.



    Dann wäre der Weg frei für die nächsten Schritte zur Überwindung des Veganismus hin zum synthesismus.

    • @Demokrat:

      "Vielleicht gibt's bald die übersetzungs KI, welche den direkten sprachlichen Austausch mit den Tieren ermöglicht."



      Ich befürchte, das Ergebnis würde sie arg enttäuschen. Es gab dazu mal einen tollen TOM-Cartoon

      • @Samvim:

        Naja, es ist schon heute qas anderes mit der neuen KI.



        Die ist tierisch gut

  • Erst versucht der Autor, darzulegen, dass es keinen wirklichen Unterschied zwischen Menschen und Tieren gebe, dann fordert er Tierrechte, und dann sollen es auf einmal nicht Tiere, sondern Menschen sein, die diese Rechte vertreten. Und zwar in Bezug auf alle Tiere, also auch diejenigen Tiere, die kognitiv nicht eingeschränkt sind, sondern über die kognitiven Fähigkeiten verfügen, die in der jeweiligen Spezies normalerweise vorhanden sind. Offenbar merkt der Autor letztlich, dass es doch einen großen Unterschied zwischen Menschen und Tieren gibt. Und: Tiere wissen nicht, was Rechte sind, und können keinem Menschen ein Mandat erteilen, sie zu vertreten, geschweige denn ihm mitteilen, welche "Interessen" sie haben. Das ganze Konzept ist unsinnig und kann nur dazu dienen, ein paar Menschen (den Tierrechtsvertretern) Macht über andere Menschen zu verschaffen. Und ein Vetorecht für Tierrechtsvertreter in Parlamenten wäre gleichbedeutend mit einer weitgehenden Abschaffung der parlamentarischen Demokratie.

    • @Budzylein:

      "Erst versucht der Autor, darzulegen, dass es keinen wirklichen Unterschied zwischen Menschen und Tieren gebe, dann fordert er Tierrechte, und dann sollen es auf einmal nicht Tiere, sondern Menschen sein, die diese Rechte vertreten. Und zwar in Bezug auf alle Tiere, also auch diejenigen Tiere, die kognitiv nicht eingeschränkt sind, sondern über die kognitiven Fähigkeiten verfügen, die in der jeweiligen Spezies normalerweise vorhanden sind. "



      Sie meinen, bspw. Orang-Utans könnten für ihre Rechte eintreten und Ihrer Interpretation des Konzeptes nach müssten Orang-Utans dies auch tun dürfen?



      "Offenbar merkt der Autor letztlich, dass es doch einen großen Unterschied zwischen Menschen und Tieren gibt."



      Sicherlich gibt es Unterschiede zwischen Tieren - allerdings keinen solchen Unterschied, der es Menschen erlaubt über Schmerzempfinden, Bewusstsein ... letztlich Leid hinweg zu sehen und hinweg zu gehen. Es gibt hinreichende Gründe, Interessen auch von Tieren zu berücksichtigen, die keine Menschen sind.



      Zum letzten Teil Ihres Kommentars zur Veranschaulichung eine Übertragung auf Menschen und Menschenrechte - auch wenn es schwer-mehrfachbehinderten Menschen nicht möglich ist, aus der UN-Menschenrechtscharta zu zitieren, sich vor Gericht zu vertreten oder ein Mandat zu erteilen, haben sie dennoch (Menschen)Rechte. Und eine humanistische Gesellschaft tut gut daran, sich für die Achtung der (Menschen)Rechte jener einzusetzen wie auch Zuwiderhandlung jenen gegenüber zu ahnden. Das Menschenrechtskonzept ist doch nicht unsinnig, weil einige Menschen sich nicht vertreten können. Machtmissbrauch hingegen ist ein Problem wie auch bspw. Ableism, Behindertenfeindlichkeit. Auch Speziesismus und Tierausbeutung sind Probleme.

  • "Tiere brauchen – analog zu Menschen mit kognitiven Einschränkungen – An­wäl­t:in­nen und Für­spre­che­r:in­nen, die ihren Belangen Gehör verschaffen."

    Diese Fürsprecher sagen dann aber auch nur Dinge, von denen sie annehmen, dass die Tiere das wollen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      So absolut ist der Vorwurf nicht zu machen. Es gibt sehr wohl Verhaltensbeurteilungen u.a. von Biolog*innen von tierlichem Verhalten - gerade von "Nutztieren" in verschiedenen Haltungsformen in den verschiedenen Einrichtungen seien sie bspw. Mastanlagen/Fleischfabriken, Legebatterien, Zoos, Zirkusse. Dort sind vielerorts heutzutage eklatante Mängel und entsprechend Verhaltensstörungen, Verletzungen und Krankheiten bei Tieren festzustellen. Deswegen werden ja prophylaktisch bspw. Antibiotika verabreicht und Schwänze beschnitten und zynischerweise anhand Spiel/Beschäftigungsmaterialien wie Ketten versucht, den Tieren auf engen Raum minimale Ablenkung gegenüber Aggressionen ihren Leidensgenossen gegenüber zu bieten. Diese Scheinlösungen der Tierindustrie sind allerdings bereits Eingeständnisse der Tierindustrie, dass sie Tiere Leid aussetzen.



      Umgekehrt gilt bezüglich der jetzigen Mensch-Tier-Verhältnisse, dass sie durch Ausbeutungsinteressen dominiert sind. Die heutigen Haltungsbedingungen von Tieren sind durch Kostenfragen und Gewinninteresse der Eigentümer*innen bestimmt.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ja aber ist die Annahme, nicht gefoltert und getötet zu werden läge im Interesse, nicht sehr naheliegend? Das aus Schmerzempfinden und Überlebensinstinkt abzuleiten, erscheint mir logisch.

  • "...einer gänzlich pflanzenbasierten Ernährungskultur..."



    Hat schon mal jemand die Radieschen gefragt, was die davon halten?



    Sorry, Menschen haben eben kein Chlorophyll, und selbst wenn sie es hätten, zuwenig Oberfläche. Wir leben grundsätzlich auf Kosten anderer Lebewesen. Man mag das für bedauerlich halten, aber es ist eben so.



    BTW: Auch bei Pflanzen gibt es Qualzucht. Man denke z.B. an Obstbäume, die unter der Last ihrer Früchte fast zusammenbrechen.

    • @sollndas:

      Und? Hier geht es ja um die Behandlung von Tieren. Wollen Sie ernsthaft das Zusammenbrechen eines Obstbaumes mit dem Leid verglichen, was bspw. Schweinen heute zugefügt wird? Anstatt alles Leid zu übergehen, könnten Sie sowohl davon ablassen, bspw. Teile von Schweine zu essen als auch, sich für das Anpflanzen anderer Baumarten einsetzen. Oder Sie könnten zumindest Produkte von Schweinen (und anderen Tieren) bei ihrer Nahrungsauswahl außenvor lassen. Gute Gründe gibt es ja dafür. Oder Sie werden Frutarier*in[1], wenn Ihnen der Umfang mit einigen Pflanzensorten nicht behagt. Konsequenzen ziehen anders als bspw. ein Weiter-so zu rechtfertigen, ist also möglich.



      [1] de.m.wikipedia.org/wiki/Frutarismus

      • @Uranus:

        "Oder Sie werden Frutarier*in..."



        Und damit wollen Sie die Menschheit ernähren? Sorry, dazu ist die invasivste Art, die es auf des Fliegenden Spaghettimonsters gar nicht so weitem Erdboden gibt, zu zahlreich geworden.



        Leben aus der Natur (nichts Anderes ist Frutarismus) geht nicht mehr. Das Beste, was wir noch anstreben können, ist eine Symbiose mit der Natur, u.a. mit unseren Mitgeschöpfen. Wie z.B. die Wiederkäuer mit den Archaeen in ihrem Pansen und mit ihrem Dung für das Gras.

        • @sollndas:

          Falls Sie einen Einblick in die bio-zyklisch-vegane Anbbauweise erhalten wollen, schlage ich Ihnen vor in den Youtube-Kanal des Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. hineinzuschauen und ein paar Videos anzuschauen:



          www.youtube.com/@F...lisch-Vegan/videos

        • @sollndas:

          Ich sage nicht, dass Sie oder alle Menschen frutarisch leben müssten. Damit bin ich auf Ihre Hervorhebung der Achtung des Wesens von Pflanzen eingegangen und habe diesen Gedankengang/Logik konsequent zu Ende geführt. Frutarismus wäre auf Basis dieser Position eine konsequente Ernährungsoption. Meine Position ist die des Veganismus. Und anhand diesem könnten die allermeisten Menschen gut und gesund leben. Desweiteren gibt es ja bereits Verknüpfungen von Veganismus und ökologischer Landwirtschaft (siehe bspw. hier [1]). Definitiv bin ich für biologische, regionale Landwirtschaft und Reduzierung von Importen, insbesondere von Frischem und von Nahrungsmitteln, die vor Ort das Ökosystem langfristig zerstören. Aus ethischen Gründen sollte die Landwirtschaft aber vegan sein.



          [1] biozyklisch-vegan.org/

      • @Uranus:

        *Umgang (Tippfehler, sorry)

  • Keine Ahnung was die Philosophie dazu sagt, es erscheint nicht logisch das die Nutzung von Tierprodukten in dem Konzept erlaubt sein sollte.



    Hühner darf man einsperren, wenn man dafür die Hähne aufzieht?

    Hat man das mit denen ausdiskutiert um den „ speziesübergreifenden Frieden“ zu bekommen?

    Der Mensch bekommt den Frieden ja selbst nicht in seiner Spezies hin. Das Friedenskonzept ist leider kein biologisches Konzept.



    Selbst in Religionen wird bei Frieden auf das Paradies verwiesen, dort wo Löwen sich dann von Stroh ernähren.

    • @fly:

      Man darf die Hühner nach dem Konzept nicht einsperren, aber man darf ihnen einen Stall und futter anbieten, sodass sie freiwillig dableiben und Eier legen, die sie dann nicht bebrüten.



      Dass die Hühner die Eier legen, ohne sie auszubrüten geschieht allerdings nur, weil sie so gezüchtet wurden, ob man das noch ausnutzen darf, ist wiederum eine Frage, die das System zum Kollabieren bringt.



      Und mit welchem Recht es dann doch noch Abstufungen geben soll, nach denen zum Beispiel Kopfläuse doch nicht nett behandelt werden müssen, ist wieder eine andere Frage, welcher der Artikel geschickt ausweicht.

  • Ist das Satire? Ich seh schon künftig Hähne einen Legevorbereitungskurs absolvieren und Hennen anschließend 8 Wochen Mutterschaftsurlaub nehmen...



    Spaß beiseite - folgte man der Argumentation des Autors, müssten auch Pflanzen vollständig und gleichberechtig mit aufgenommen werden! Und dann wirds wirklich eng, nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Tiere, die ja dann auch keine Pflanzen mehr essen dürfen.

    • @Samvim:

      "Spaß beiseite - folgte man der Argumentation des Autors, müssten auch Pflanzen vollständig und gleichberechtig mit aufgenommen werden!"



      Woran machen Sie das fest?

      • @Uranus:

        An der Art der Argumentation: Wenn nicht die Moralfähigkeit, sondern das "Moralbedürfnis" (was immer das ist) zählt, und Menschen wie Tiere ein "... unhintergehbares Interesse am Weiterleben haben." - nun das gilt alles auch für Pflanzen und Pilze. Diese auszuschließen wäre dann "Speziesismus".

        • @Samvim:

          Okay. Mh, ein vergleichbares Interesse am Weiterleben? Dadurch, dass sich Pflanzen zur Sonne hinwenden, teils weiter austreiben, obgleich der Baum so gut wie umgekippt ist? Mag sein, dass die Textstelle im Essay zu kurz ausgeführt ist. Ich schätze, dass der Autor das Wissen, dass Tiere durch Schmerzempfinden und dem Ausweichen vor Schmerzen geprägt sind, voraussetzt. Wie auch, das sehr viele Tiereauch ein Bewusstsein (manche gar ein Selbstbewusstsein) haben. Gerade die allermeisten von den Menschen ausgebeuteten Tiere sind recht weit entwickelt und verfügen über genannte Eigenschaften.



          Aber um zu Ihrem Kommentar zurückzukommen - theoretisch, wenn denn der Autor Tiere und Pflanzen gleichstellen würde. Manche machen das ja. Das kann mensch auch hier in den Kommentaren immer mal wieder lesen. Allerdings glaube ich nicht, dass jene es ernst meinen. Wer meint denn ernsthaft, dass Betäuben mit Elektrozange und Aufschlitzen mit einem Messer das Gleiche ist, wie das aus dem Boden reißen einer Kartoffelpflanze? Auf mich wirkt das vorgeschoben und dient nur der Rechtfertigung, weiter Leid und Interessen der Tiere zu ignorieren und Tierprodukte weiter zu konsumieren.



          Andererseits will ich damit nicht sagen, dass mir Pflanzen gänzlich egal sind oder dass mensch willkürlich mit ihnen umgehen dürfe. Nicht zuletzt sind sie Lebensgrundlage für andere Organismen, auch für Menschen. Aus ökologischer Sicht ist es nur vernünftig, dass neben einer dringenden Veränderung der Haltung gegenüber Tieren auch eine Veränderung gegenüber der Natur dringen notwendig ist. Der Mensch müsste im allgemeinen Naturausbeutung zurückfahren, als in einem Wachstumswahn versuchen diverse Luxusbedürfnisse versuchen zu befriedigen.

          • @Uranus:

            Nach neuerer Forschung werden Pflanzen diese Eigenschaften ebenfalls zugedacht, inklusive aktiven Handelns gegen Schädlingsbefall und einer Kommunikation untereinander. Und ob ein Heraussreißen einer Kartoffel weniger brutal ist als die Schlachtung eines Tieres hängt wohl stark vom individuellen Sichtweise ab. Denn ob die Kartoffelpflanze tatsächlich keinen Schmerz verspürt, weil sie nicht hörbar schreit ist eine mutige Annahme.



            Eigentlich ging es mir aber darum, auf die unzulängliche Argumentation hinzuweisen, die eben genauso auf Pflanzen und Pilze anwendbar wäre. Ich sehe durchaus einen Unterschied zwischen Tieren und Pflanzen, genauso wie es einen Unterschied zwischen Menschen und Tieren gibt.

  • Weiter gedacht gelten dann dieselben Rechte auch für Pflanzen.



    Das sind auch lebendige Wesen die Koalitionen mit anderen Lebewesen eingehen und untereinander kommunizieren.



    Es wird auch immer nur auf die industrielle Massentierhaltung und wenig auf pflanzliche Monokulturen eingegangen, außer es handelt sich um Flächen für Tierfutter.



    Vom Anbau bis zur Ernte und Verzehr werden hier auch Tiere getötet.



    Zum Schluss wird ausgeblendet das Massentierhaltung finanziert werden muss. Warum haben dann so viele VeganerInnen noch ihr Konto bei der Sparkasse, Commerzbank, Deutschen Bank usw.? Wie sieht`s mit der Finanzierung über Versicherungen aus? Auch hier gibt es genügend Alternativen.



    "Ich esse kein Fleisch, also bin ich gut" funktioniert nicht solange hintenrum die Massentierhaltung finanziert wird.

    • @Zwackelmann:

      Demnach funktionierte auch, "ich bin links, also bjn ich gut" nicht. Wie kann ich Linkssein trotz/im Kapitalismus leben? Es gibt kein richtiges Leben im Falschen. Allerdings wäre das kein Argument dagegen, Leid und Schäden im hier und jetzt zu vermeiden bzw. zu verringern, indem mensch bspw. veganes und wenn mensch über genügend Einkommen verfügt, noch dazu FairTrade, regional und Bio zu kaufen und sich für ein anderes Mensch-Tier-Natur-Verhältnis einzusetzen, würde ich meinen.

    • @Zwackelmann:

      Bei der Kritik an dem Artikel haben Sie recht, aber es gibt tatsächlich Angebote für "vegane Geldanlagen".



      Und jemandem, der seinen Fleischkonsum reduziert, vorzuwerfen, dass er es nicht 100% umsetzen kann, ist sowas von scheinheilig.



      Ein wenig Reduktion von nahezu allen Menschen bringt deutlich mehr als 100% veganer Lebensstil von den drei oder vier Menschen, die das tatsächlich umsetzen können.

  • Egal um welche Ernährung es geht, es sterben dabei tausende Tiere und Organismen.

    Hamster, Vögel, Insekten, Würmer, Käfer und co. sterben auch bei der Ernte. In der Biolandwirtschaft sterben sogar auf Grund der besseren Biodiversität noch mehr Tiere als im durchgespritzten Acker wo nichts sterben kann, weil dort gar nicht erst gelebt wird.

    Eine Betrachtung von Ökosystemen ist wichtiger als einzelne Tiere. Wo viel lebt, kreucht und fleucht wird auch viel gestorben und getötet.

    • @SPD-Versteher:

      Ein wesentlicher Unterschied ist, dass bei omnivorer Ernährung eben noch unzählige Tiere hinzukommen, deren Leid und Tod geplant und beabsichtigt ist. Es sind auch nicht einzelne Tiere, sondern allein in Deutschland immerhin 752 Millionen Tiere. Das sind nur die Landtiere. Tiere aus Gewässern kommen noch dazu. 14 Kilo verzehren Deutsche im Jahresschnitt an "Fisch&Co". Diese Massen an Produktion (und Konsum) von Tierprodukten hat auch massive negative Folgen für die Ökosysteme, auf das Sie ja durchaus eingehen. Es sollte nicht vergessen werden, dass Tiere ein Vielfaches an Pflanzenkalorien verbrauchen, welche in Form von Futtermittel angebaut werden müssen. Eine geringere Tierproduktion heißt weniger Futtermittelanbau, und damit potenziell mehr ungenutzte Naturfläche. Vergane Ernährung hat also Vorteile und kann einen Unterschied machen. Das ist natürlich kein Argument gegen Biolandwirtschaft. Im Gegenteil: viele versuchen vegan UND bio beim Konsum zu berücksichtigen und es gibt bereits Anbaukonzepte, die diese Kombination verfolgen ...

  • Bei indigenen Südamerikas gibt es die Vorstellung der vielen Völker. In dieser Sicht stehen die Menschenvölker auf einer Höhe wie die Katzenvölker, die Froschvölker usw. Die Interaktion zwischen den Völkern ist durch Rituale geregelt. Es wird sich bedankt, es wird erfragt, gegenseitig geschenkt und es wird sich zugehört. Diese Reziprozität auf Augenhöhe ist sicherlich nachhaltiger und fördert die gegenseitige Entwicklung.

    • @llorenzo:

      Leider behandelt die erste Welt Indigene wie Tiere oder Menschen zweiter Klasse. Deren Wertevorstellungen werden skeptisch bis ablehnend betrachtet.

  • Weitergedacht, würde ein Verbot der Nutztierhaltung dann auch zum Aussterben der Nutztiere führen.

    • @Offebacher:

      Auch heute werden viele Nutztierrassen von Tierfreunden erhalten, die kein Interesse an der Ausbeutung der Tiere haben. Die meisten alten Rassen sind aus wirtschaftlichen Gründen nämlich uninteressant geworden.



      Und die aktuellen Qualzuchten aus der Massentierhaltung sind nicht erhaltungswürdig.

    • @Offebacher:

      Genaugenommen würde zumindest das Töten eingestellt werden und wohl auch die Aufzucht von Tierrassen, die oftmals ein verkürztes und qualvolles Leben bedeuten. Es würde also viel Leid vermieden werden. Demgegenüber gäbe es ein Potenzial für mehr Tiere in der Natur, wenn mensch Flächenverbrauch und Pestizideinsatz begrenzen würde. Das wäre angesichts des rasanten Aussterbens von Tieren und dadurch auch Bedrohung der Nahrungsnetze und Ökosysteme also wiederum Bedrohung auch der menschlichen Lebensgrundlagen dringend notwendig. Siehe bspw. auch Vortrag vom Evolutionsbiologen Prof. Matthias Glaubrecht 'Ende der Evolution':



      m.youtube.com/watch?v=cO02czG4U-s

  • Ist das jetzt schlechte Satire, oder ernst gemeint?

    • @Lars Sommer:

      Keine Ahnung, aber ich kann Zamirs "Ethics and the Beast" empfehlen. Da wird das Ganze mal von einem *komplett* anderen Standpunkt aus angegangen, statt zu versuchen Tigern Moral[*] anzudichten.

      Generell ist aber empfehlenswert, entweder zu rennen als gäbe es kein Morgen mehr, oder sich nach einem schweren aber aerodynamischen Gegenstand umzusehen, wenn ein Philosoph meint, etwas über Biologie zum Besten geben zu müssen.

      Evolutionäres Denken ist in der "kontinentalen" Philosophie noch gar nicht, in der "angloamerikanischen" nur ganz ansatzweise angekommen. Die meiste Philosophie geht immer noch axiomatisch vom Menschen als aristotelischer "Krone der Schöpfung" aus, auch wenn sie das verneint. Den Menschen als Teil eines über Jahrmillionen gewachsenen evolutionär-ökologischen Gefüges wahrzunehmen - Fehlanzeige! (Das liegt daran, dass "die Naturwissenschaften" im traditionellen philosophischen Weltbild im Prinzip bei Platon beginnen und mit Newton aufhören. Also zu einem Zeitpunkt, als die Biologie als Wissenschaft noch nicht ansatzweise existierte, sondern der Bishof Ussher berechnete, dass die Welt am 23. Oktober vor (aktuell) 6026 Jahren geschaffen worden sei.



      Evolutionäres und ökologisches Denken ist der Philosophie bis heute grundlegend wesensfremd geblieben; die wenigen Ausnahmen finden sich am ehesten im kognitionsphilosophisch-epistemologischen Bereich, zB Pigliucci.)

      [*] Nicht "Ethik". Tiger sind als notorische Einzelgänger kein gutes Beispiel, aber jedes einigermaßen intelligente UND soziale Lebewesen hat so eine Art hartverdrahtete "Proto-Ethik", also ein Grundkonzept von sozialer Reziprozität (scratch my back and I'll scratch yours), eine fundamentale "Gerecht/Ungerecht"-Erkennisfähigkeit, und eine Kausalitätsvorstellung, siehe hier: www.youtube.com/watch?v=dm8Q4fgv8Qo

      Soziale Strukturen erfordern zu ihrem langfristigen Erhalt so etwas, und nur Menschen sind so strunzdumm, zu glauben, man könne eine Gesellschaft auf Habgier und Betrug aufbauen.

  • Ja, der erste Schritt bei jeder deutschen Lösung eines Problems: den öffentlichen Dienst entsprechend vergrößern und Lobbyisten bestellen. Klappt ja auch sonst immer!