Start der Corona-Nachverfolgungs-App: Besser als befürchtet
Die Corona-App soll helfen, die Pandemie einzudämmen. Ob man sie nutzt, bleibt eine persönliche Entscheidung.
Z u spät? Ja, das kann man so sehen. Die erste große Sars-CoV-2-Infektionswelle scheint hierzulande durch zu sein, und sicher wäre zu Zeiten hoher Infektionszahlen die Bereitschaft, eine App zur Eindämmung der Pandemie herunterzuladen, größer gewesen. Macht aber nichts. Denn erstens ist nicht gesagt, dass eine zweite, dritte oder x-te Welle ausbleibt. Zweitens hat sich die Zeit gelohnt, weil die Bundesregierung währenddessen auf ein privatsphäre-freundlicheres Modell umgestiegen ist.
Und drittens gibt es, mit Blick auf den Winter, noch etwas Zeit, um Mängel oder Fehler, die sich erst bei breiterer Nutzung zeigen, noch zu beheben. Zum Beispiel das absurde Vorgehen, dass positiv getestete Nutzer:innen mitunter bei einer Hotline anrufen müssen, um sich ihren Code für das Freischalten der Warnmeldung abholen zu können. Unpraktisch, sabotageanfällig und abträglich für den eigentlich guten Datenschutz der App.
Ab Dienstag werden sich also viele Menschen fragen: Installieren oder nicht? Das ist eine berechtigte Frage – und zugleich ein bisschen absurd. Wer hat sie sich schließlich schon einmal in der Tiefe gestellt bei der Installation der letzten Wetter-App? Bei der App, die die Jogging-Strecke trackt? Beim heruntergeladenen Spiel für die bevorstehende Urlaubsfahrt?
Was sich derzeit schon sagen lässt: Gemessen an dem, was Durchschnittsnutzer:innen so auf ihren Smartphones laufen haben, wird die Corona-Tracing-App eine der unkritischsten sein. Handelsübliche Apps schicken persönliche Daten an Drittanbieter, sammeln, was sie kriegen können, räumen sich weitgehende Zugriffsrechte auf möglichst alles ein und Open Source sind sie schon gar nicht.
Komplizierter wird die Abwägung, wenn die Ansprüche andere sind. Das betrifft etwa Menschen, die ihr Android-Gerät mühevoll so konfiguriert haben, dass es ohne Google-Dienste läuft oder die aus gutem Grund kein Smartphone besitzen. Und weil es am Ende um Gesundheitsfragen geht, individuelle, gesellschaftliche, lässt sich diese Abwägung nur selbst treffen. Notfalls jeden Tag aufs Neue.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten