Spargel- und Erdbeerernte: Bundesregierung muss eingreifen
Viele ErntehelferInnen aus Osteuropa werden ausgebeutet. Die Ampel muss endlich dafür sorgen, dass sie eine ausreichende Krankenversicherung bekommen.
I mmer noch werden in Deutschland viele ErntehelferInnen aus Osteuropa ausgebeutet. Wer Spargel, Erdbeeren oder Gemüse vom Feld holt, bekommt teils weniger als den Mindestlohn, muss an seinen Arbeitgeber Wuchermieten bezahlen und ist schlecht krankenversichert. Das hat zuletzt eine Studie der Organisation Oxfam gezeigt.
Doch nach fast eineinhalb Jahren Ampelkoalition ist kaum Besserung in Sicht. Zwar haben SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag versprochen: „Für Saisonbeschäftigte sorgen wir für den vollen Krankenversicherungsschutz ab dem ersten Tag.“ Denn viele ArbeiterInnen haben nur eine private Gruppenversicherung, die weit weniger Leistungen übernimmt als die gesetzliche. Manche Beschäftigte berichten, sie hätten ihre Behandlung selbst bezahlen müssen.
Bisher aber hat die Koalition keinen Gesetzentwurf vorgelegt, um diesen Missstand zu beheben. Aus den beteiligten Ministerien heißt es seit Monaten, sie würden sich noch untereinander abstimmen. Staatssekretäre schicken sich gegenseitig Briefe – weiterhin stehen manche ArbeiterInnen im Notfall ohne ausreichende Krankenversicherung da.
Der Grund für dieses Verzögerungstaktik ist klar: Die Agrarlobby scheut höhere Kosten durch ordentliche Versicherungen. Der Gesamtverband der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände hält es für nicht nachvollziehbar, dass Saisonkräfte in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen sollen – obwohl sie während ihres vergleichsweise kurzen Aufenthalts in Deutschland in der Regel nur wenige Leistungen in Anspruch nehmen könnten.
Ja, wenn es anders wäre, würde jede Versicherung zusammenbrechen. Die ArbeiterInnen zahlen auch nur kurz und damit wenig ein. Und wenn dann wirklich zu wenig vom Lohn für sie übrig bleiben sollte, müssten die Landwirte den eben erhöhen. Vielleicht wird deutscher Spargel dann ein bisschen teurer. Aber ausbeutungsfreie Arbeitsbedingungen wären auch ein gutes Verkaufsargument.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Frauen und Krieg
Krieg bleibt männlich
Ergebnis der Sondierungen
Auf dem Rücken der Schwächsten
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
Schwarz-Rote Finanzen
Grüne in der Zwickmühle
Schwarz-rote Sondierungen abgeschlossen
Union und SPD wollen gemeinsam regieren
Wechseljahre
Ich glaube, ich mag mich so sehr wie noch nie