Sicherheitskonzept beim G7-Gipfel: Randale? Nicht in Sicht
Vor dem G7-Gipfel warnt Bayerns Innenminister vor gewalttätigen Protesten, Demos sollen beschnitten werden. Dabei sind Krawalle kaum zu erwarten.
„Wir müssen alles tun, um von vornherein Krawallmacher und Chaoten aus dem Verkehr zu ziehen“, erklärte Herrmann kürzlich mit Blick auf den am 26. Juni startenden G7-Gipfel. „Die Mobilisierung ist nach gegenwärtigem Stand weiterhin deutlich geringer als beim G20-Gipfel in Hamburg 2017“, sagte Herrmann zwar nun der taz. In sozialen Medien sei aber eine zunehmende Thematisierung der Proteste festzustellen, „was für ein großes Interesse in szenetypischen Kreisen spricht“, so der CSU-Politiker. „Die Teilnahme gewaltbereiter Chaoten an den Protestkundgebungen ist leider nicht auszuschließen.“
Tatsächlich läuft das Sicherheitskonzept bereits an. Seit Montag gelten in Deutschland – wie schon beim G7-Gipfel 2015 in Elmau – wieder Grenzkontrollen. Diese können punktuell durchgeführt werden, um Anreisen „potentieller Gewalttäter“ zu stoppen, wie das Bundesinnenministerium erklärt. Rund um das Schloss Elmau, den Tagungsort, wird ein 16 Kilometer langer Zaun errichtet, samt Sicherheitszone, die ab dem 19. Juni nur noch für Akkreditierte zu erreichen sein wird. Ein zweiter Sicherheitsbereich erstreckt sich über das umliegende Hochtal. Auf zentralen Straßen will die Polizei Kontrollstellen einrichten, Kanaldeckel werden versiegelt, in der Luft gilt eine Flugverbotszone.
Zudem wurde im Skistadion Garmisch-Partenkirchen bereits mit Containern eine Gefangenensammelstelle mit bis zu 150 Plätzen errichtet. Richter und Staatsanwälte sollen beim Gipfel im Schichtdienst bereitstehen, um über Haftbefehle für mögliche Festgenommene zu entscheiden.
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„Alles völlig überzogen“
Franz Haslbeck, einer der Organisatoren des G7-Gegenprotests, schüttelt darüber nur den Kopf. „Das ist alles völlig überzogen.“ Von den Protesten sei keine Gewalt zu erwarten. „Das Gerede vom Krawall dient nur dazu, unsere Demonstrationen einzuschränken.“
Tatsächlich ist die Protestmobilisierung bisher überschaubar – und recht zahm. Anders als beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg, wo es zu massiven Ausschreitungen kam. Die Referenz nun aber ist der G7-Gipfel 2015 in Elmau, wo es auch ein großes Sicherheitsaufgebot und Warnungen vor Krawall gab – und am Ende alles friedlich blieb.
Protesthöhepunkt ist diesmal eine Großdemonstration am Samstag vor dem Gipfel in München, zu der mehrere tausend Protestierende erwartet werden. Dazu rufen BUND, Greenpeace, Misereor und andere auf. Sie fordern mehr Einsatz der Regierungschefs gegen den Klimawandel, Armut oder Ungleichheit.
Für eine Demonstration tags darauf in Garmisch-Partenkirchen werden maximal 1.000 Teilnehmende erwartet. In dem Ort ist über die Gipfeltage auch ein Protestcamp mit 750 Teilnehmenden angemeldet. Von dort wollen Protestierende am Montag mit einem Sternmarsch kilometerlang über vier Routen mit je 100 Demonstrierenden zum Schloss Elmau vorrücken.
Polizei will keinen Protest in Sichtweite des Gipfels
Genau das aber will die Polizei verhindern. Laut Haslbeck, der als Teil des „Stop G7“-Bündnisses die Proteste in Garmisch-Partenkirchen mitorganisiert, wollen Landkreis und Polizei keinen Protest in Ruf- und Sichtweite auf der Bundesstraße Richtung Klais zum Tagungshotel in Elmau zulassen. „Das lassen wir aber nicht mit uns machen“, betont Haslbeck. „Dann klagen wir das eben ein.“ Die Chancen stehen nicht schlecht, dass das erfolgreich wäre: Schon 2015 hatte das Verwaltungsgericht München zumindest 50 Gipfelgegner:innen einen Protest in Hör- und Sichtweite zum Hotel erlaubt.
Die Protestorganisatoren geben sich dieses Mal auch betont kooperativ. Bei den Demonstrationen würde man für Rettungswagen und Politikerkonvois die Straße zum Schloss Elmau ohne Verzögerung freigeben, versichert Haslbeck. „Wir kennen unsere Leute und da hat keiner Interesse an einer Eskalation. Wir wollen einfach nur unsere Grundrechte wahrnehmen.“
Offen bleibt hingegen, ob es zu Einzelaktionen von Protestierenden kommt, etwa spontane Blockaden oder Festklebeaktionen. Das zuständige Landratsamt äußert sich bisher nicht zu den Einschränkungen und Auflagen, da die Verfahren zu den Versammlungen noch liefen.
Keinen Streit gibt es diesmal über das Protestcamp. 2015 war dieses zunächst noch wegen vermeintlicher Hochwassergefahr untersagt worden – ein Gericht hob auch dieses Verbot damals auf. „Diese Rechtsprechung ist weiter das Maß aller Dinge“, sagte Elisabeth Koch (CSU), Bürgermeisterin von Garmisch-Partenkirchen, der taz. „Das Protestcamp kann stattfinden.“ Dieses stehe für sie auch unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit, so Koch. Zu klären seien nur noch ein Evakuierungskonzept sowie Auflagen zum Schutz der Camp-Wiese und der nahen Loisach.
Innenminister Herrmann warnt derweil weiter. Wie viele Protestierende letztlich zum G7-Gipfel kämen, lasse sich „noch nicht verlässlich sagen“, so der CSU-Politiker zur taz. Kämen aber Gewaltbereite, könne die bayerische Polizei „im Umgang mit derartigem Klientel auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen“. Sie sei „bestens auf diese Herausforderung vorbereitet“. Die Zahl der 18.000 Polizist:innen sei auch deshalb gerechtfertigt, weil die Anreisestrecken vom Münchner Flughafen zum Tagungshotel und diverse Versammlungen um den Gipfel herum geschützt werden müssten.
Demo-Mitorganisator Franz Haslbeck gibt sich ebenso kämpferisch: „Wir lassen uns nicht unterkriegen und werden dafür sorgen, dass die Regierenden und die Presse vor Ort unseren Protest mitbekommen.“
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