G7-Gipfel in Elmau: Der neue Wunsch nach Harmonie
In Zeiten von Krieg und Klimakrise, will G7-Gastgeber Deutschland für einen Schulterschluss der führenden Demokratien sorgen.
Berlin taz | Endlich mal in Ruhe unter 14 Augen reden: Der Olaf mit dem Joe, der Emmanuel mit dem Mario und dem Boris, der Fumio mit dem Justin. Die jährlichen Treffen der Staatschefs der sieben wirtschaftlich stärksten Demokratien sowie der EU dienen in erster Linie dem informellen Austausch.
Gemeinsame Beschlüsse sind eh nicht bindend, da die G7 keine internationale Organisation ist. Und doch kommt dem G7-Treffen in diesem Jahr eine besondere Bedeutung zu. Nicht nur weil man sich nach zwei Jahren Coronapause erstmals wieder in Präsenz trifft, sondern auch, weil die völkerrechtlichen Grundpfeiler der bisherigen Weltordnung mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine erschüttert sind.
Und so steht der Club der führenden Demokratien, die sich von Sonntag bis Dienstag streng abgeschirmt auf Schloss Elmau treffen, unter besonderer Beobachtung: Kristallisiert sich hier eine neue Weltordnung heraus – der demokratische Westen gegen Russland und China?
Wenn es nach der Bundesregierung geht, die turnusmäßig wieder Gastgeberin ist, soll das verhindert werden. Eine solche Blockbildung sei nicht im deutschen Interesse heißt es aus Regierungskreisen. Dennoch: Der Wunsch, dass die demokratischen Staaten weltweit stärker zusammenarbeiten, ist da. Das unterstreicht die Einladungspolitik. Zu Gast sind in diesem Jahr auch Indien, Indonesien, Senegal, Südafrika und Argentinien, die bevölkerungsreichen demokratischen Länder in Afrika, Asien und Südamerika. „Ein besonderer Erfolg wäre es, wenn der Gipfel der Ausgangspunkt für einen neuen Blick auf die Welt der Demokratie sein könnte“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Wochenende in einem dpa-Interview.
Ernährungssicherheit und Klima
Auch der ukrainische Präsident Wolodomir Selenski wird am 27. Juni zugeschaltet. Das Thema Ukraine werde bei den Gesprächen weit vorn stehen, heißt es aus Regierungskreisen. So wollen die Staatschefs darüber sprechen, wie man die Ukraine finanziell weiter unterstützt, wobei es um wesentlich größere Summen gehe, als die 5 Milliarden Euro, die die globale Gemeinschaft der Ukraine bereits jetzt monatlich überweise, damit der Staat weiterhin funktioniere. Außerdem will sich die Gruppe der Sieben über die Umsetzung der Energiesanktionen abstimmen. Hier geht es vor allem um den Boykott russischen Rohöls.
Ein weiteres Thema, welches eng mit dem Ukrainekrieg verknüpft ist, ist die weltweite Ernährungssicherheit. Infolge des Krieges und der Blockade der ukrainischen Häfen wird Getreide in vielen Ländern knapp, Hungersnöte drohen. Das World-Food-Programm der Vereinten Nationen warnte vor der schlimmsten humanitären Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Aktuell litten 345 Millionen Menschen weltweit akut an Hunger.
Einen Schwerpunkt will die Bundesregierung auf das Thema Klima legen. Bereits als Kanzlerkandidat hatte Scholz einen Klimaclub angeregt mit Ländern, die bis Mitte des Jahrhunderts keine Treibhausgase mehr emittieren und bei diesem Ziel kooperieren wollen. In Elmau will der Kanzler in bilateralen Gesprächen um neue Mitglieder werben. Man wolle vermeiden, dass man über die Verhängung gegenseitiger Umweltzölle gegeneinander arbeite. Hier gibt es Spannungen zwischen Europa und den USA. Die Regierung Biden ist anders als die Europäer nämlich gegen eine CO2-Bepreisung. Die EU will auf externe Produkte, für die viel CO2 angefallen ist, einen Aufschlag einführen, einen „Grenzausgleich“. Das würde Importe aus den USA verteuern.
In Elmau will man außerdem über gemeinsame Ideen zur wirtschaftlichen Erholung nach der Coronapandemie sprechen und darüber, wie man für zukünftige Pandemien vorsorgt. Und der Umgang mit China wird ein Thema sein. Auch hier dürfte es Differenzen geben, vor allem zwischen den USA und Deutschland. Für die einen ist China der größte Konkurrent, für die anderen nach wie vor der wichtigste Handelspartner.
Leser*innenkommentare
Dietmar Rauter
Als es noch genug zu verteilen gab, war es praktisch, den Claim jeweils abzustecken. Aber in Zeiten, wo sich die Kräfte verschieben, Indien, Rußland und insbsondere China erkannt haben, wie sie den einstmals Mächtigen beikommen können, wird die Luft dünner, die westlichen Regierungen sind schwächer innen wie nach außen und so wird Elmau statt einer Übereinkunft eher ein gegenseitiges Belauern, einig eher gegenüber Rußland und ratlos gegenüber China (das aber auch nicht mehr ohne 'westliche' Handelspartner auskommt, weil die Inlandsnachfrage nicht mit dem Angebot harmoniert und in der so durch China geförderte dritten Welt nur noch begrenzte Ressourcen verfügbar sind).
93851 (Profil gelöscht)
Gast
"Beschlüsse sind eh nicht bindend",
...daher können die reden und lamentieren wie sie wollen.
Den Gipfel kann man sich sparen. Deutschlands Politik alias "Träumereien" in Sachen Klimawandel, Energiepolitik, Demokratie und Weltherrschaft dient allenfalls als "Werbegack" für Zwischendurch, wie ein Gläschen Obstler ...
Sieht man genau hin, ist der Klimawandel nicht mehr aufzuhalten:
"Selbst wenn die Menschheit sofort alle menschgemachten Treibhausgas-Emissionen stoppen und auf Null setzen würde, könnte das den Temperaturanstieg bei fortschreitendem Klimawandel nicht oder nur wenig begrenzen, schreiben sie. Der Zeitpunkt, bis zu dem die Klimaerwärmung noch verlangsamt oder gestoppt werden kann, sei längst verstrichen." (Vgl. www.mdr.de/wissen/...ipppunkt-100.html)
"„Auch wenn man jeglichen Kohlendioxid- und Methanausstoß sofort unterbinden würde – keine Industrie mehr, keine Flüge mehr –, ist der Klimawandel nicht mehr aufzuhalten. Der Point of no return ist schon überschritten.“ Alle Ziele, die auf Klimakonferenzen formuliert werden, seien daher halbherzig. „Die aktuellen Klimaziele sind hehr, aber unter jetzigen Vorzeichen nicht erreichbar." (14.7.2021 vgl. www.tips.at/nachri...on-ueberschritten)
Bereits 2015:
www.deutschlandfun...fzuhalten-100.html
Von korrupten Demokratien sagt man am besten gar nichts.
Und die Weltherrschaft ist doch schon beschlossen, da kann die EU sich auf den Kopf stellen...
Und schon ist klar, die Zusammenkunft im luxeriösen Elmauer Schloß wird wohl zuvorderst ein kulinarischer Genuss mit ein bisschen Geplänkel drumherum.
Mehr nicht.
Und was das wieder kostet ...