Schülerin über das Mathe-Abi: „Zu viel Text mit zu wenig Inhalt“
Marie von Bremen ist Gymnasiastin aus Stade. Am liebsten würde sie das Mathe-Abi noch mal schreiben. Die Prüfungszeit sei zu knapp gewesen.
taz: Frau von Bremen, wie viele andere Abiturient*innen haben Sie gerade Ihre Mathe-Prüfung geschrieben. Zufrieden?
Marie von Bremen: Überhaupt nicht. Auf diese Abi-Prüfung habe ich mich am meisten von allen Prüfungsfächern vorbereitet, sogar mit einer Nachhilfe. Ich bin mit großem Optimismus in die Prüfung gegangen und kam mit einem schlechten Gefühl heraus.
Warum?
Für die Textmenge, die wir zu lesen, zu verstehen und zu lösen hatten, reichte die Zeit einfach nicht. Die Prüfung war in der vorgegebenen Zeit von 205 Minuten nicht zu schaffen.
205 Minuten klingt nicht wenig.
Grundsätzlich hätte die Zeit gereicht, diesmal aber nicht. Es gab zu viel Text mit zu wenig aufgabenrelevantem Inhalt und zu vielen Aufgabenteilen. Deutlich mehr als in den Vorjahren.
18, Schülerin am Vincent-Lübeck-Gymnasium in Stade. Sie hat am Freitag ihr Mathe-Abitur geschrieben und weiß noch nicht genau, was sie einmal studieren möchte. Sie liebäugelt mit "was Sozialem".
Was heißt das konkret?
Bei einer Aufgabe zur Vektorrechnung beispielsweise ging es um eine Drohne. Dazu stand viel zu viel Text zur Flugeigenschaft einer Drohne. Das mag grundsätzlich interessant sein, war für die Lösung der Aufgabe aber komplett überflüssig. Außerdem steigerte sich in den Prüfungen der Vorjahre der Schwierigkeitsgrad in einer Aufgabe von leicht bis schwer. Diesmal fehlte in manchen Aufgaben jedoch der einfache Einstieg in die Aufgabe.
Der Landeselternrat Niedersachsen bezweifelt, dass die Aufgaben zu schwer waren.
Die Aufgaben an sich waren nicht zu schwer, das stimmt schon. Aber wir haben zu viel Zeit gebraucht, um all die Textteile zu lesen und die Aufgabe herauszufiltern. Die Aufgaben waren zu komplex und ungenau geschrieben. Dadurch wirkte es auf uns Schüler zu schwer.
Manche Lehrkräfte beklagen, dass nicht wenige Schüler*innen faul sind und schlicht nicht mehr rechnen können.
Klar gibt es Schüler*innen, die nicht lernen, egal in welchem Fach. Aber wenn, so wie jetzt in Niedersachsen, rund 11.000 Gymnasiast*innen eine Online-Petition gegen die Mathe-Prüfung unterschrieben haben, dann kann das schlechte Mathe-Abi nicht an den Schüler*innen liegen.
In der Online-Petition fordern Gymnasiast*innen eine „gerechte Lösung“. Wie soll die aussehen?
Ich würde mir wünschen, dass die Prüfung wiederholt würde. Wir sind in Niedersachsen der letzte Jahrgang mit einem G8-Abitur mit 12 Schuljahren und können, wenn wir in Mathe durchfallen, die 12. Klasse nicht wiederholen. Besteht jemand wegen der schlechten Mathe-Prüfung das Abi nicht, hat das mitunter Auswirkung auf die gesamte Lebensplanung. Das ist doch Mist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau