Scholz und Waffenlieferungen: Sprachverwirrung auf Kanzlerart

Deutsche Waffenlieferungen sind nur ein Baustein, wichtiger noch ist ihre Signalwirkung: Die Ukraine muss auf Deutschland zählen können.

Kanzler Scholz

Scholz spricht auf dem Katholikentag

Der 100. Kriegstag in der Ukraine naht, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) übt sich in philosophischem Geplänkel. Auf dem Katholikentag erging sich der Kanzler in moralischen Fragen: Darf Gewalt mit Gewalt bekämpft werden? Schafft man Frieden nur ohne Waffen? Und endete mit dem Satz: „Wir stehen der Ukraine bei, damit Gewalt sich nicht als Mittel durchsetzt.“

Was das Katholikentagsvolk beruhigen sollte, sorgte für Empörung, vor allem auf der Wutplattform Twitter. Unsensibel, unangemessen, verantwortungslos, lauten noch die harmlosesten Kommentare. Hat Scholz im wahrsten Sinne des Wortes den Schuss nicht gehört? Ungelenk könnte der Kurs des Kanzlers versöhnlich genannt werden. Wären da nicht die vielen Fragen, ob die Bundesregierung die Waffen-Wunschliste der Ukraine wenigstens halbwegs abgearbeitet hat. Insbesondere geht es um die fehlende Lieferung von Schützen- und Kampfpanzern an die Ukrai­ne. Es gebe da, so die SPD, eine entsprechende Vereinbarung unter den Nato-Verbündeten, an die man sich halte. Der Verteidigungsausschuss im Bundestag weiß davon indes nichts.

Nicht nur, ob es eine solche Vereinbarung überhaupt gibt, wirft Fragen auf: Ist in der SPD die Angst so groß vor Bildern, die zeigen, dass die russische Armee mit westlichem Gerät bekämpft wird? Will man den Draht nach Moskau für Nachkriegszeiten aufrechterhalten? Oder wird der Scholz’sche Sprachduktus klar, sobald politische Abwägung, juristische Grundlage, Sicherheits­aspekte und finanzielle Stellschrauben wasserdicht sind?

Der Krieg in der Ukraine droht zu einem zermürbenden Stellungskrieg im Osten zu werden. Schweres Gerät fordert der ukrainische Präsident ­Selenski täglich in seinen Botschaften an die Welt, um genau das zu vermeiden. Für die Scholz’sche Abwägung hat die Ukrai­ne keine Zeit. Deutsche Waffen allein werden den Krieg nicht beenden. Aber sie sind ein wichtiger Baustein im Nato-Verbund. Noch wichtiger ist das Signal, dass Deutschland ein zuverlässiger Partner ist. Die Ausreden des Kanzlers tragen dazu derzeit nicht bei.

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Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Seit März 2024 im Ressort ausland der taz, zuständig für EU, Nato und UN. Davor Ressortleiterin Inland, sowie mehrere Jahre auch Themenchefin im Regie-Ressort.

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