Schluss mit kostenlosem Aufladen: Harte Zeiten für Ladeschnorrer

Handelsketten schaffen den kostenlosen Strom für Elektroautos auf dem Kundenparkplatz ab. Auch an anderen Ladepunkten wird es teurer.

Ein gelbes Ladekabel am Ladestecker eines Autos

Es wird immer verwickelter, an günstigen Strom zu kommen Foto: Robert Poorten/imago

FREIBURG taz | Die steigenden Strompreise kommen zunehmend auch an den Ladesäulen für Elektroautos an. Erst recht für Ladeschnorrer werden die Zeiten härter: Handelsketten, die zu Werbezwecken ihren Kunden bisher kostenloses Laden ermöglichten, können sich dies angesichts der gestiegenen Marktpreise und vermutlich auch aufgrund der zunehmend nachgefragten Strommenge nicht mehr leisten.

Aldi Süd beendete das kostenlose Laden für Kunden schon im vergangenen Juni, Lidl folgte im September. Seither werden bei den Discountern jeweils reguläre Preise fällig. Selbiges gilt auch für den Heimwerkermarkt Bauhaus, der bereits seit Ende 2021 zusammen mit der EnBW die Ladeinfrastruktur betreibt und nun zu branchenüblichen Tarifen abrechnet.

Nur das Möbelhaus Ikea bietet an seinen 54 Einrichtungshäusern in Deutschland noch kostenlose Ladepunkte an. Aber auch die Tage dieses Angebots dürften gezählt sein: „Aufgrund der aktuellen Situation auf dem Energiemarkt evaluieren wir diesen Service derzeit und schließen nicht aus, das Angebot in Zukunft neu zu gestalten“, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit.

Angesichts der gestiegenen Strompreise im Großhandel ist offenkundig, dass den Handelskonzernen die Kosten zu hoch geworden sind. Entsprechend bestätigt der Bundesverband eMobilität (BEM), dass „bei allen relevanten Einzelhandelsketten“ der Trend dahin gehe, den Ladestrom abzurechnen. Ob und in welchem Maße Kunden durch Rabatte bevorzugt würden, darüber habe der Verband allerdings keine Informationen.

Die Ladepreise an den Parkplätzen der Handelsketten sind – wie auch sonst im Markt – abhängig von der Ladeleistung. Lidl zum Beispiel verlangt an den Wechselstromladesäulen, die bis zu 22 Kilowatt Leistung liefern, derzeit 29 Cent pro Kilowattstunde. Bei der Betankung mit bis zu 60 Kilowatt Gleichstrom sind es 48 Cent und an den sogenannten HPC-Ladepunkten (High-Power-Charging) ab 150 Kilowatt Leistung 65 Cent.

Auch an Tankstellen steigen die Preise

Wer die Preise an der Strombörse beobachtet, wundert sich nicht, dass auch an den Stromtankstellen die Energie teurer wird. Auch Tesla hat kräftig aufgeschlagen. Bis Sommer 2021 konnten die Fahrer an den Ladesäulen ihres Herstellers noch für 37 Cent je Kilowattstunde tanken, inzwischen liegen die Preise laut Branchenportalen bei bis zu 71 Cent – ein Plus von 92 Prozent. Fahrzeuge anderer Hersteller zahlten dort sogar bis zu 82 Cent.

Unklar ist unterdessen, in welchem Maße Unternehmen weiter Gratisstrom für Mitarbeiter anbieten. Das Ausmaß solcher Bonusregelungen werde statistisch nicht erfasst, heißt es bei der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur. Auch der Branchenverband BEM teilt auf Anfrage mit, dazu gebe es „keine belastbaren Zahlen“. Wichtig ist dem Verband aber der Hinweis, dass Arbeitgeber „auf mess- und eichrechtskonforme Ladepunkte“ achteten, „um den möglichen geldwerten Vorteil korrekt abrechenbar zu machen“. Aber auch die kostenlosen Lademöglichkeiten für Mitarbeiter dürften rückläufig sein, weil die steigenden Strompreise ohnehin viele Unternehmen vor große Herausforderungen stellen.

Schon fürchtet die Automobilbranche den Einbruch das E-Auto-Absatzes. „Bleiben die Strompreise dauerhaft so hoch, sind entsprechende Auswirkungen auf die zuletzt erfreulichen Zahlen beim Hochlauf der Elektromobilität unvermeidlich“, sagte vor einigen Wochen die Chefin des Verbandes der Automobilindustrie, Hildegard Müller.

Daher fordert die Autolobbyistin nun weitere Steuernachlässe – etwa eine Senkung der Stromsteuer. Eine solche wäre freilich eher symbolischer Natur, denn die Steuer beläuft sich nur auf gut zwei Cent je Kilowattstunde. Zudem sind Elektroautos ohnehin schon – von den Subventionen beim Kauf abgesehen – steuerlich privilegiert: Reine Elektroautos sind bis Ende 2030 von der Kfz-Steuer befreit und auch die Dienstwagensteuer ist meist geringer als bei Verbrennern.

Hinzu kommt die „THG-Prämie“ für Halter von Elektroautos, die sich auf mehrere Hundert Euro im Jahr beläuft. Diese ergibt sich daraus, dass die Fahrzeugeigentümer seit Anfang 2022 die rechnerisch von den Fahrzeugen eingesparten CO2-Mengen quasi „weiterverkaufen“ können. Angesichts der Privilegien für E-Automobilisten fragte jüngst eine Leserin in einem Brief an die taz: „Von wem sprach Herr Lindner, als er von Gratismentalität sprach?“

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