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Rechtsextremes Sommerfest in SchnellrodaAfD-naher Ideologe predigt Umsturz

Der Fraktionsgeschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion, Erik Lehnert, hat sich offen verfassungsfeindlich geäußert – in Sorge um das „eigene Volk“.

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Helferich, auf Antrag des NRW-Landesverbandes aus der Partei geschmissen, war auch in Schnellroda Foto: Fabian Strauch/dpa

Berlin taz | Der Fraktionsgeschäftsführer der Landtagsfraktion der AfD Brandenburg macht keine halben Sachen: Erik Lehnert sitzt auf der Bühne des Sommerfests des extrem rechten Verlages Antaios und sagt: „Es dreht sich um die Frage, was an erster Stelle steht – die Verfassung oder das Überleben des eigenen Volkes … wenn die Verfassung verhindert, dass wir überleben, muss man eben anders vorgehen.“

Das Publikum, darunter viele Identitäre, Neonazis, aber auch AfD-Leute, klatscht begeistert angesichts der ungewohnt offenen Ansage pro Umsturz. Passend dazu zeigten Teil­neh­me­r*in­nen des Festes bei ihrer Anreise offen die White-Power-Geste oder trugen gleich einen nationalsozialistischen Reichsadler auf dem Polohemd, wie Jour­na­lis­t*in­nen festhielten.

Demonstrativ lobt Lehnert im selben Gespräch auch seinen Arbeitgeber Hans-Christoph Berndt, den Fraktionsvorsitzenden der AfD Brandenburg. Der hatte in der letzten Woche die eher zaghaften und zum Scheitern verurteilten Mäßigungsversuche der AfD-Spitze aus Angst vor dem Verbot deutlich kritisiert.

Beim jährlichen Sommerfest des rechts­extremen Verlages in Schnellroda vor gut einer Woche hat die AfD unterdessen weitere Verbots­punkte gesammelt: Wie im letzten Jahr feierten mehrere AfD-Größen mit. Neben Maximilian Krah, der sich gerade in einer strategischen 180-Grad-Wende gegen völkische Konzepte ausgesprochen hatte, war auch Matthias Helferich vor Ort, der von seinem Landesverband Nordrhein-Westfalen aus der Partei geschmissen wurde und nun beim Bundesschiedsgericht dagegen klagt.

„Verzahnung“ zeigen

In der Vergangenheit war auch Parteichefin Alice Weidel zu Gast, wie Verleger Götz Kubitschek freimütig in einem selbst veröffentlichten Mitschnitt sagte. Der Ideologe ist also darum bemüht, die „Verzahnung“ mit der AfD angesichts jüngster Mäßigungsversuche herauszustellen. Tenor: Jetzt erst recht.

Der AfD-Abgeordnete Helferich zog mit: Auf dem Sommerfest fotografierte er sich demonstrativ mit dem Rechtsextremisten Martin Sellner, von dem sich der Bundesvorstand zuletzt distanziert hatte.

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13 Kommentare

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  • Wenn ich mir das Bild des Herrn Erik Lehnert so anschaue, kommt mir die erste Strophe des Gedichts "Alfabet" von Bertolt Brecht in den Sinn - inklusive der (beabsichtigten) besonderen Grammatik:

    "Adolf Hitler, dem sein Bart



    ist von ganz besondrer Art.



    Kinder, da ist was faul:



    ein so kleiner Bart - und ein so großes Maul!

    Tja, ich denke, Herr Erik Lehnert braucht jetzt nur noch einen ganz kleinen Bart.

  • Laut dem Recherche-Nord-Link war das ganze auch ein inoffizieller, szene-interner Verkupplungsmarkt. Dann sollten die schnieken IB-Boys aber mal lieber Erwachsenenhosen anziehen. Oder ist mit langen Hosen der HJ-Look einfach nicht perfekt?

  • Wer gegen unsere in der Welt einzigartig gute Verfassung hetzt, sollte dafür immer bestraft und geächtet werden können.



    Auch Aberkennung der Staarsbürgerschaft sollte im Extremfall möglich sein.



    Ansonsten droht unserem Land fürchterliches.



    Wir können nicht mehr darauf hoffen durch Bildung und Aufklärung diesen Verbrechern Einhalt gebieten zu können. Es geht jetzt nur noch mit knallharten Methoden.



    Solange AFD und Konsorten nicht verboten sind, werden diese Leute so weitermachen.



    Auch weil sie glauben von der Gesellschaft akzeptiert zu sein.

  • "… wenn die Verfassung verhindert, dass wir überleben, muss man eben anders vorgehen.“

    Wir diskutieren, ob es demokratisch und rechtsstaatlich sein kann, ein Verbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten, während die anscheinend längst die Ideen entwickeln, wie sie auch ohne Verfassung und Wahlen an die Macht kommen.



    Es klingt zwar verrückt, aber für einen Umsturz reichen die Anhänger und Mitglieder längst aus, gerade die sehr rechtsextremen Landesverbände der AfD könnten sich in so eine Richtung entwickeln.

    Ansonsten haben die Leute vom Verfassungsschutz sich gefreut, solche Aussagen brauchen sie sehr dringend und wenn diese dann auch noch öffentlich getätigt werden, umso besser. Ich kann mir vorstellen/bin mir sicher, dass die AfD verboten wird. Fragt sich nur, wann?

    Mal ehrlich werde würde der AfD noch zustimmen, wenn die sagen, aber jetzt



    arbeitet ihr 10 Stunden,



    geht mit 69 in Rente,



    könnt aber für Euer Geld weniger kaufen, weil



    a) die DM wiedereingeführt haben und



    b) verdient ihr weniger, weil unsere Exporte abgesoffen sind und



    c) die Verteidigungsausgaben nach Austritt aus EU und NATO stark angestiegen sind.



    Niemand will so einen durchgeknallten Haufen.

  • Wenn wir nicht das Naziregime gehabt hätten, könnte man eine solche Naivität, wie sie Politik und Gesellschaft an den Tag legen, vielleicht noch nachvollziehen. Nachdem es aber das III. Reich gab - und es schon Überlegungen für ein IV. Reich gibt -, ist diese Naivität in keinster Weise mehr verständlich und deshalb auch nicht hinnehmbar.

    • @Sabine Hofmann-Stadtländer:

      Ich sehe da keine Naivität, sondern einen klaren Willen. Eine stetig zunehmende Anzahl an Wählern möchte anscheinend eine solche Regierung haben.



      Die Naivität kommt höchstens erst hier ins Spiel, weil sie eventuell naiv genug sind zu glauben, dass eine derartige Regierung ihnen Vorteile brächte. Aber selbst hier glaube ich nicht an Naivität, nein, die Wähler erachten zunehmend rechtsradikal als das kleinere Übel als progressive Politik.



      Warum das so ist (rechte Propaganda, linke Unfähigkeit in der Kommunikation, zu ehrgeizige Ziele, etc) mag jeder für sich selbst entscheiden

    • @Sabine Hofmann-Stadtländer:

      Wenn's nur naiv wäre... Es ist höchst gefährlich!

  • Die Distanzierung Krahs von völkischen Konzepten ist auch cum grano salis zu verstehen: er hat sich ja nicht persönlich davon verabschiedet, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass die AfD damit den Rahmen des Grundgesetzes sprengen würde. Krah ist also weiterhin ein völkischer Nationalist - nur eben einer, der sich im Augenblick an die bundesrepublikanischen Hausordnung hält. Diese Fähigkeit zur strategischen Zurückhaltung macht ihn politikfähiger und damit eher gefährlicher als Höcke, Sellner und den ganzen rechtsextremen Rest.

  • Was braucht es eigentlich noch?



    Heute 10, morgen 20 und übermorgen über 30%.



    Welches Bundesland fällt zuerst?



    Wie vor 100 Jahren, achselzuckend in den Abgrund.



    Ich habe es bald hinter mir aber an die jüngeren und gesunden



    wollt ihr das wirklich, die Zeit wird knapp.



    Die ersten Schlägertrupps gibt es schon.

  • Ich finde diese Aussagen - im Kontext der Prüfung der Einstufung des Verfassungsschutzes und eines möglichen Verbotsverfahrens - sogar gut, weil sie den Ankläger:innen in die Hände spielen, hier, zumindest auf parteipolitischer Ebene, ein Verbotsverfahren (und ggf. auch tatsächliches Verbot) einzuleiten.

  • Zitat 1: "Der Fraktionsgeschäftsführer der Landtagsfraktion der AfD Brandenburg macht keine halben Sachen: Erik Lehnert sitzt auf der Bühne des Sommerfests des extrem rechten Verlages Antaios und sagt: „Es dreht sich um die Frage, was an erster Stelle steht – die Verfassung oder das Überleben des eigenen Volkes … wenn die Verfassung verhindert, dass wir überleben, muss man eben anders vorgehen.“



    Zitat 2: "Demonstrativ lobt Lehnert im selben Gespräch auch seinen Arbeitgeber Hans-Christoph Berndt, den Fraktionsvorsitzenden der AfD Brandenburg."



    Was denn nun? Ist er der Fraktionsvorsitzende oder nicht?

  • Dass es in der AfD von Nazis und anderem rechten Pöbel nur so wimmelt, ist zwar nicht neu, kann aber nicht oft genug aufgezeigt werden.

  • Offenbar vertraut man bei den Braunen auf die Union, die einen Verbotsantrag nach wie vor verhindert. Man fragt sich, ab wann ein Nach- und Umdenken bei den Schwarzen einsetzt, vermutlich muss erst eine neue SA durch die Straßen marschieren und Grüne, Linke und Sozis zusammenschlagen. Dann dürfte es aber schon zu spät sein. Trotz vorgetäuschter Mäßigung, der Werwolf lässt die Maske immer mehr fallen.