Rechtsbeistand für Linksradikale: Hilfe für die Roten
Trotz oder wegen einer Verbotsdebatte wächst die Rote Hilfe so stark wie nie. Auch nach der Connewitz-Nacht ist der linke Verein im Einsatz.
Es ist eine eingeübte Praxis. Wo immer Linke nach Demonstrationen oder Protestaktionen Probleme mit Polizei und Gerichten bekommen, bietet die Rote Hilfe Unterstützung an. Sie berät juristisch, vermittelt Anwälte – und übernimmt bisweilen Teile der Prozesskosten. So wie jetzt auch in Connewitz.
In der Neujahrsnacht war es in dem Leipziger Stadtteil zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Bei einem Angriff blieb ein Beamter bewusstlos zurück – der Fall wird als versuchter Mord gewertet. Feiernde beklagen derweil auch Übergriffe der Polizei.
Auch hier will sich die Rote Hilfe nun kümmern. Und das Konzept findet Zuspruch. Nach Zahlen, die der taz vorliegen, hat die 1975 gegründete Rote Hilfe im vergangenen Jahr ein Allzeithoch an Mitgliedern erreicht: 11.720 Personen. Dazu gibt es inzwischen 51 Ortsgruppen bundesweit, die 2019 rund 700 „Beratungsabende“ durchführten. Und laut Vereinsangaben gab es auch „Rekordausgaben“ für die Unterstützung linker AktivistInnen: 430.000 Euro.
Die Zahlen sind durchaus erstaunlich. Denn vor einigen Monaten wurde noch über ein Verbot der Roten Hilfe diskutiert. Nach taz-Informationen wurde dieses Vorhaben im Bundesinnenministerium zumindest geprüft. Denn die Rote Hilfe verhehlt nicht, wo sie steht: klar links. Die Arbeit diene auch der „Stärkung der Bewegung“, heißt es dort. Unterstützte brauchen sich von ihren Taten nicht zu distanzieren, ganz im Gegenteil.
Die Roten Helfer haben üppig zu tun
Aktuell will das Ministerium zu Verbotsüberlegungen nichts sagen: Dazu äußere man sich grundsätzlich nicht. Ein Sprecher verweist aber auf Einschätzungen des Verfassungsschutzes. Dort wird der Roten Hilfe attestiert, sie unterstütze „Straf- und Gewalttäter“ und versuche „die rechtsstaatliche Demokratie zu diskreditieren“. Auch Inhaftierten werde geholfen, „um sie zum ‚Weiterkämpfen‘ zu motivieren“.
Bei der Roten Hilfe freut man sich derweil über den Mitgliederzuwachs: Sie ist inzwischen die größte linksradikale Gruppierung hierzulande. „Dass so viele Menschen durch ihre Mitgliedschaft in der Roten Hilfe Solidarität praktisch werden lassen, ist ein wichtiges Zeichen gegen die verschärfte Repression“, sagt Sprecherin Anja Sommerfeld.
Nach der Verbotsdebatte habe es Anfang 2019 eine „Beitrittswelle“ gegeben, die das ganze Jahr angehalten habe. Zudem warb die Rote Hilfe zuletzt mithilfe linker Promis wie Christiane Rösinger, Konstantin Wecker oder Ilija Trojanow offensiv um Mitglieder.
Ungemütlich könnte es demnächst dennoch werden. Denn nach Connewitz fordert die Union ein scharfes Vorgehen gegen Linksextremismus, Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprach von „linkem Terror“. Und der CDU-Innenexperte Armin Schuster forderte, „auch diejenigen anzuschauen, die den Extremisten durch ihre Sympathiebekundungen und Aufrufe mindestens psychische Beihilfe leisten“. Die Rote Hilfe dürfe hier wohl mitgemeint sein.
Dort ahnte man bereits zuvor Ungemach. Durch verschärfte Polizeigesetze und den Ausbau der Sicherheitsbehörden gehe es 2020 wohl „weiter stramm in den Polizeirechtsstaat“, so der Verein. Bereits jetzt hat die Rote Hilfe mit der Betreuung der Großprozesse nach den G20-Krawallen und Verfahren zu Klimaprotesten üppig zu tun. Ende Januar startet zudem der Prozess zum Verbot des Onlineportals „linksunten.indymedia“.
Und nun kommen die Silvester-Ausschreitungen in Connewitz dazu. Die Polizei ermittelt hier bereits gegen 13 Verdächtige, vier Haftbefehle wurden verhängt. Mit Hochdruck werden zudem die Angreifer auf einen Polizisten gesucht, der bewusstlos geschlagen wurde. Bei der Roten Hilfe Leipzig rechnet man jedenfalls mit Arbeit: Habe die Polizei erst mal Videomaterial ausgewertet, drohe wohl noch mehr Menschen „Repression“.
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