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„Querdenker“ ignorieren VerboteDie Unbelehrbaren

Am Samstag protestierten in zahlreichen Städten Menschen gegen die Corona-Maßnahmen. Die Polizei erstattete hunderte Anzeigen und erteilte Platzverweise.

Eingekesselt aber trotzdem gut drauf – am Samstag widersetzten sich Hunderte den Demo-Verboten Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Berlin afp | In mehreren deutschen Städten hat es am Samstag zum Teil trotz Verboten Proteste gegen die Corona-Beschränkungen gegeben. In Stuttgart schätzte die Polizei die Zahl der Teilnehmer aus der „Querdenker“-Bewegung auf etwa tausend. In Kempten versammelten sich ebenfalls trotz Verbots etwa tausend „Querdenker“. In Dresden war die Polizei mit einem Großaufgebot im Einsatz.

In Stuttgart wurden mehr als 700 der Demonstranten angezeigt und erhielten Platzverweise, wie das Polizeipräsidium Stuttgart bilanzierte. Die Zahl der Gegendemonstranten in der baden-württembergischen Landeshauptstadt schätzte die Polizei auf etwa 400.

In Kempten ignorierten „Querdenker“ das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in letzter Instanz bestätigte Verbot für Versammlungen. Rund tausend Anhänger der Szene versammelten sich dort. Vier Demonstranten kamen vorübergehend in Gewahrsam, gegen 230 wurden Platzverweise erteilt. Außerdem leitete die Polizei 300 Bußgeldverfahren wegen Verstoßes gegen die Maskenpflicht ein und stellte 180 Verstöße gegen das Versammlungsrecht fest.

Hooligans und Reichsbürger in Dresden

In Dresden war die Polizei mit einem Großaufgebot im Einsatz, um das unter anderem gegen die Initiative „Querdenken 351“ erlassene Versammlungsverbot durchzusetzen. Die Polizei zeigte sich zufrieden. „Wir haben den potenziellen Teilnehmern einer verbotenen Versammlung kaum Flächen gelassen, auf denen sich große Gruppen hätten sammeln können“, erklärte Polizeipräsident Jörg Kubiessa. Zahlreiche Menschen, darunter Hooligans und Reichsbürger, wurden nach einer Mitteilung der Bundespolizeiinspektion Dresden bereits am Bahnhof abgefangen.

Zu einer nicht angemeldeten „Querdenker“-Versammlung in Erfurt kamen zahlreiche Menschen, die aber von der Polizei abgewiesen wurden. Wie die Thüringer Landespolizeidirektion mitteilte, wurden 129 Platzverweise erteilt und dutzende Anzeigen erstattet. In Jena wurde den Angaben zufolge ein Aufzug von etwa hundert „Querdenkern“ aufgelöst.

In Mainz versammelten sich trotz eines Verbots aus Protest gegen die Corona-Maßnahmen „Spaziergänger“. Auch hier wurden dutzende Platzverweise ausgesprochen und Ermittlungsverfahren eingeleitet, wie das Polizeipräsidium Mainz mitteilte. Ähnliches ereignete sich unter anderem in Heidelberg, Wiesbaden, Saarbrücken und Düsseldorf. In Wiesbaden nahmen laut Polizei etwa 1.200 Menschen teil, die Beamten registrierten zahlreiche Verstöße gegen die Maskenpflicht fest.

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26 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Die Gesetze sind zu lasch. Das wird mit Laschet nicht besser (sorry, der musste sein.).



    Nach altem Muster hätte in so einer Situation der "starke Mann" gute Chancen. Damit kennen wir uns ja aus.



    Das kann aber nicht die Lösung sein.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @17900 (Profil gelöscht):

      mit dem Kommentar 8:56 haben sie aber auch auf starken Mann gemacht. Man braucht starke Frauen und Männer, wenn man was verändern will.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Man kann ja nicht 1000 Leute auf einmal verhaften. Deshalb 2 Dutzend dieser Leute verhaften und hohe Strafen verhängen - > 1000 Euro.



    Beim nächsten Mal, 5000 €.

  • Goethe, Plank und Einstein waren "Denker"- mit zum Teil mathematischen Kentnissen, die sie besser nicht neben die haarsträubende Zählerei des RKIs stellen. Tun sie diesen genialen Menschen bitte nicht das Unrecht, sie posthum für ihre Ansichten heran zu ziehen.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @noncarnnever:

      Ich bitte dich darum, Goethe von Plank und Einstein zu separieren, wenn es um Mathematik geht.



      Goethe war der Vater der Esoterik, wenn er es vielleicht auch nicht sein wollte. Aber hier in Deutschland gab es zu seiner Zeit noch keine naturwissenschaftliche Tradition, so wie z.B. in England.

      • @4813 (Profil gelöscht):

        In der Sparte " geniale Menschen" braucht Goethe nicht von Planck und Einstein nicht separiert werden. Auch wenn Goethe weder Quantenphysik noch Lichtgeshwindigkeit bewegte, hat er doch ..ach.. einiges studiert und war ein wahrhaft Suchender.

    • @noncarnnever:

      Aha, und welche mathematischen Kenntnisse waren das im Detail? 2/3 Beispiele genügen.

  • "Querdenker"! Und das alles im Land von Goethe, Einstein und Planck.



    Letztlich eine Bankrotterklärung betreffend der Intelligenz und (Schul-) Bildung einer ganzen Generation in einem hochindustrialisiertem Land des sog. entwickelten globalen Nordens.



    Das nimmt alles viel zu viel Platz ein in der medialen Berichterstattung. Kann man das mal ignorieren medial aber vor Ort sanktionieren und denen das Leben etwas schwerer machen?



    Alles nur noch beschämend.

    • @Tom Farmer:

      "Letztlich eine Bankrotterklärung betreffend der Intelligenz und (Schul-) Bildung einer ganzen Generation in einem hochindustrialisiertem Land des sog. entwickelten globalen Nordens."...ist kein Wunder, wenn man sich näher mit der Verdummungsmasche dieses kapitalistischen Systems auseinander setzt. Wenn`s doch so einfach wäre. ""Man könnt' erzogene Kinder gebären, wenn die Eltern erzogen wären." - Johann Wolfgang von Goethe

      • @Struppo:

        Haha, ... danke für das Goethe Zitat

    • @Tom Farmer:

      Und wichtig: Unterschrift abfordern, dass wenn von denen jemand Corona bekommt, die sich dann im Krankenhaus ganz hinten an der Schlange einzuordnen haben. Behandlung second sozusagen.

      • 1G
        17900 (Profil gelöscht)
        @Tom Farmer:

        Naja das ist ein Wuschgedanke, den ich nachvollziehen kann.



        Natürlich ist das gegen jede deutsche Gesetzgebung.



        Prügelstrafe übrigens auch.

      • @Tom Farmer:

        "Behandlung second..." (Tom Farmer)



        Tja, da sagen Sie was...! Meinem Sinn für Gerechtigkeit würde das auch entsprechen. Allerdings kollidiert dies mit Recht, Verfassung und Ethik. Sind halt verschiedene Paar Schuhe.



        Allerdings könnte man zumindest daran denken von Leuten, die sich aus ideologischen Gründen nicht an bestimmte Hygieneregeln halten oder nicht impfen lassen, erheblich höhere Krankenkassenbeiträge zu verlangen. Ignoranz und Rücksichtslosigkeit sollte wenigsten entsprechend teuer sein. Ebenso sollten die Veranstalter von Demos kräftig zur Kasse gebeten werden, für die notwendigen Polizeieinsätze, wenn sie nicht wirksam dafür sorgen dass die Hygieneauflagen eingehalten werden. Bislang verdienen diese sich ja via Merchandising eine goldene Nase.

      • @Tom Farmer:

        Das wäre ein konsequente Sache.

  • wie wird aktuell u.a. auf t-online.de berichtet ...

    auf telegram gärt der protest gegen corona-maßnahmen und "das system". t-online und das ard-magazin "kontraste" haben eine schlüsselfigur gefunden: den mann, der hinter tausenden kanälen und gruppen steckt.

    und es geht wie so oft um eines ganz besonders ... um geld, viel geld !

    • @adagiobarber:

      Wer ist denn nun der "mann, der hinter tausenden kanälen und gruppen steckt"?



      Nun spannen Sie uns doch jicht auf die Folter.

      • @Ber.lin.er:

        Das Transkript des Beitrags findet sich auf der Seite von Kontraste: ein abgetauchter IT-ler, der so 4.000 Gruppen auf Telegram gegründet hat und lenkt, teils vollautomatisiert. Er bringt erfolgreich Reichsbürger und rechte Szene mit Bürgerlichen zusammen. Von dem lässt sich lernen ...

        • @Lieblich:

          Wer? war die Frage, nicht, was sonst noch so gelesen wird. Würden Sie so auch Ihrem Freund antworten, wenn der Sie danach fragt, "Kuck mal bei Kontraste!"?

  • Und wie viele Menschen in ihrer Umgebung sie infiziert haben werden.

    Ich hoffe, die Bußgelder fallen nicht so zimperlich aus wie der Einsatz der Stuttgarter Polizei, die wie immer nur den Gegendemonstranten mit äußerster Härte begegnete.

    Was das Engagement von Herrn Ballweg anbelangt, findet sich auf der Seite des Sozialministeriums dieser Hinweis:

    Zitat:



    'Es ist zu berücksichtigen, ob ein Erstverstoß oder ein Folgeverstoß vorliegt. Im Wiederholungsfalle kann nach Paragraph 17 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG), Paragraph 73 Absatz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) eine Geldbuße von bis zu 25.000 Euro verhängt werden. Wird durch eine Handlung gegen mehrere Tatbestände verstoßen, so ist das Bußgeld angemessen zu erhöhen.'

    www.baden-wuerttem...corona-verordnung/

  • Die Taz als Demonstrationsverbotsbefürworterin, armes Blättle.



    Es gibt zuallererst mal ein Demonstrationsrecht. Und kein Demonstrationsverbotsrecht, das maßen sich die Verwaltungen nur an.

    • @Dodoist:

      Das Demonstrationsrecht gibt es aber nicht für lau. Deswegen gibt es bei so eigentlich JEDER Demoveranstaltung auch Auflagen. Wer gegen diese mehrfach und mit Gewalt dagegen verstößt. Der verliert sein "Demonstrationsrecht". So einfach wenn man sich die Gesetzeslagen durchließt. Aber so schwer für manche die diese demokratischen Mittel nur nutzen wollen um diktatorische Systeme zu implementieren.

    • @Dodoist:

      Die Demonstrationen waren verboten!

    • @Dodoist:

      Gähn!

  • Mich würde interessieren, wieviele derer, gegen die die Polizei Anzeige erstattet hat, in etwa 7 - 10 Tagen sich selbst infiziert haben werden.

    • @noevil:

      Es gibt eine Studie, die zumindest nahelegt, dass die gemeinsamen Busanreisen zu QD-Demos im Herbst letzten Jahres zu einer um etwa 30% höheren Infektionsquote in den jeweiligen Start-Landkreisen geführt haben.