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Protestwoche gegen die AfDPolarisiert euch!

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Wie man die Spaltung der Gesellschaft überwindet? Indem man sich einfach mal auf die richtige Seite stellt. Schließlich geht es hier um Werte.

Auf die Straße gegen die AfD: Eine Demonstration in Berlin im Januar 2014 Foto: Kira Hofmann/dpa

D ie Polarisierung der Gesellschaft schreitet nahezu unaufhaltsam voran. Landauf, landab wird ihre Spaltung als fast schon größtes Problem der Bundesrepublik gesehen. Da sind nicht nur die latent rechtsoffenen Proteste der Bauern, die mit ihren Treckern am liebsten jede Ampel umnieten würden, nur um ein Zeichen gegen die Regierung zu setzen. Da ist vor allem der seit Monaten unaufhaltsam scheinende Aufwind für die rechtsextreme AfD, die laut Umfragen keineswegs nur im Osten extremen Zuspruch bekommt. Die dort aber, das kann längst nicht mehr ausgeschlossen werden, bei den Landtagswahlen im Spätsommer sogar an die Macht kommen könnte. Und das nicht trotz, sondern wegen ihrer keineswegs geheimen, sondern sehr offenen rassistischen und antihumanen Politik.

Ja, das stellt die Kuscheligkeit der Konsensrepublik Deutschland infrage. Das Sicherheit gebende Gefühl, dass sich alle politischen Lager trotz heftigster Dispute am Ende gegenseitig Raum zum Leben geben, scheint perdu.

Zwar gibt es Stimmen, die behaupten, dass der Graben noch längst nicht so tief ist, wie es in den erhitzten Debatten den Anschein hat. So hatte der Soziologe Steffen Mau zusammen mit Kollegen im Herbst eine viel diskutierte Studie vorgelegt, laut der es zwar eine „zerklüftete Konfliktlandschaft“ gebe. Doch in Deutschland sei anders als etwa in den trumpisierten USA die Gesellschaft noch nicht unüberwindbar gespalten.

Nur, klingt das tatsächlich noch beruhigend? Nein. Denn angesichts der grenzenlosen Radikalität der Rechtsextremen kann es nicht mehr darum gehen, einzelne durch kluge Argumentation zurückzugewinnen. Es geht um die Frage, auf welcher Seite man steht.

Ums Ganze

Die Spaltung kommt ja nicht aus der Mitte der Gesellschaft. Es geht nicht um Debatten wie pro oder kontra Atomkraft, pro oder kontra Verkehrswende, pro oder kontra 3 Cent mehr für Bür­ger­geld­emp­fän­ger:in­nen, über die man sich leidenschaftlich zerfetzen kann und muss. Es geht ums Ganze. Die Rechts­extremen haben die Axt an die Grundfesten der Gesellschaft angelegt. Nicht um sie zu verändern, sondern um sie und die ihr innewohnende Humanität zu zerstören. Da gibt es keinen Kompromiss mehr. Da gilt nur noch eins: Polarisiert euch!

Die Enthüllungen der Rechercheplattform Correctiv, laut denen ­AfDler, Werteunion-Mitglieder und Rechtsidentitäre ganz offen von Deportation der ihnen nicht deutsch genug erscheinenden Menschen reden, haben zum Glück bei vielen das Fass zum Überlaufen gebracht. Seit letztem Wochenende gab es keinen Abend mehr, an dem nicht irgendwo Hunderte, Tausende oder wie in Berlin, Potsdam und Köln sogar Zehntausende auf die Straßen strömten, um gegen die AfD zu demonstrieren. Und die Protestwelle wird in den kommenden Tagen weiterrollen. Der von verschiedenen Ini­tia­ti­ven geplanten Großdemo am 3. Februar in Berlin kann man nur eine überwältigende Teil­neh­me­r:in­nen­zahl wünschen.

Bei diesen Protesten geht es nicht mehr ums Überzeugen der anderen, sondern um Überzeugung. Es geht nicht darum, die am rechten Rand verirrten Schafe wieder einzusammeln, sondern Grenzen zu setzen. Kein Fußbreit! Nie wieder!

Verteidigung der Kuscheligkeit

Vor allem geht es um die Selbstvergewisserung einer hoffentlich sehr großen Mehrheit, dass sie genau das ist: eine sehr große, eine starke Mehrheit, die die demokratische Gesellschaft mit ihrer Kuscheligkeit verteidigen will.

Deshalb ist es auch kein Widerspruch, dass die Verteidiger der offenen Gesellschaft ernsthaft über die Anwendung der härtesten Mittel diskutieren. Ein Verbot der AfD hat im Bundestag Befürworter aus allen seriösen Parteien. Und fast 1,5 Millionen Menschen haben mittlerweile eine Petition unterzeichnet, laut der dem Nazi Björn Höcke Grundrechte wie das passive Wahlrecht entzogen werden sollen.

Solche Möglichkeiten sind kein autoritäres Überbleibsel aus unseligen Zeiten. Im Gegenteil. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben sie angesichts unserer faschistischen Vergangenheit in die Verfassung geschrieben. Als Auftrag für Zeiten wie die heutigen.

In diesem Grundgesetz stehen trotz aller Änderungen auch immer noch die Werte, um die es jetzt geht: Die Würde des Menschen ist unantastbar! Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden! ­Politisch Verfolgte genießen Asylrecht!

Mit der entsprechenden Verve vorgetragen, klingen diese Artikel wie Kampfparolen. Wie ein Aufruf zur Polarisierung.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
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28 Kommentare

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  • Nicht nur die CDU ist eine andere Partei im Vergleich zur DNVP und damaligem Zentrum, auch die AfD hat sich im Vergleich zur NSDAP geändert. Die politischen Bedingungen sind ja auch nicht mehr dieselben wie in den 30er Jahren.

    Die bürgerlichen Interessen in Deutschland haben sich allerdings prinzipiell nicht geändert. Diese Interessen werden aber durch die heutigen bürgerlichen Parteien auf andere Weise vertreten. Der Inhalt ist gleich geblieben, die Formen sind andere.

    Aber immer noch abeiten bürgerliche Konservatismus und Neofaschismus über viele Ecken zusammen - in ebenfalls neuen Formen. Das ist im Prinzip gleich geblieben.

    Wobei sich die Konservativen teilweise auch in SPD und Grünen tummeln. Scholz ist für z.B. mich ein CDU-Mann.

    Warum die historischen Kontinuitäten leugnen, wenn sie sich doch empirisch immer wieder zeigen?

    www.berliner-zeitu...bereitet-li.372705

    Deswegen wiederhole ich sinngemäß noch mal, was ich oben geschrieben habe:

    Die AfD will das gleiche, was die CDU seit 75 Jahren macht, nur gründlicher.

  • Nö, ich will mich nicht polarisieren lassen und vor einen Karren spannen lassen. Hat in Deutschland zweimal nicht geklappt.

  • Danke. Klar und unmissverständlich, worum es gerade geht in unserer Gesellschaft.

  • Ich frage mich, ob der Alice W. eigentlich klar ist, was die Remigration für ihre Frau bedeutet.

  • "Nur, klingt das tatsächlich noch beruhigend? Nein. Denn angesichts der grenzenlosen Radikalität der Rechtsextremen kann es nicht mehr darum gehen, einzelne durch kluge Argumentation zurückzugewinnen. Es geht um die Frage, auf welcher Seite man steht."



    /



    Dazu gehört auch, dass auch die Unterwanderung der Systeme durchleuchtet wird, damit die Fehler in jetzt autoritär agierenden und regierten Staaten in der Nachbarschaft sich hier nicht wiederholen. Die Verharmlosung von AfD-konformen Äußerungen, Ankündigungen und Aktionen muss dringend adressiert werden. Auch ewiggestrige "KlimaleugnerInnen" sowie Agitatoren und Claqueure für Putin sind Grund genug, sich dem Protest auf der Straße anzuschließen.



    /



    "Wie können wir in Kultur, in Religion, in Wirtschaft unseren Fuß in die Tür bekommen?": Der AfD-Hardliner Maximilian Krah zeigt, wie die Partei um Diskurshoheit ringt.(...)"



    Quelle:



    www.sueddeutsche.d...afd-wiki-1.6093341

  • Der artikel ist teil der Kultivierung die wir brauchen, aber leider auch zu kurz gedacht.

    Die mitte ist sehr wohl teil der spaltung und die spaltung ist auch nicht neu!



    Die spaltung der kulturen ist ein langer langer prozess der sich nach der kulturellen homogenität, besser gesagt kompatibilität richtet, die eine gesellschaft leistet.



    Und diese kompatibilität beruht, ja, auf werten, diese werte sind aber nicht einfach so entstanden, sondern in einem langen prozess der kultivierung.



    Dieser prozess lässt sich nicht einfach mit einem "entscheidet euch mal" richtig lösen.



    da brauch es schon langfristige und vor allem ganzheitliche ansätze.

    in dem man zum beispiel begreift, das die mitte insofern nicht existiert, da wir alle, wenn wir eine entscheidung treffen, entweder sozial oder asozial sind. die mitte sind dann die übrigen, die gewisse konflikte die für links und rechts relevant sind einfach ignoriert und tabuisiert.



    wie eben leitkultur und eigentumsverteilung.



    diese werte (tugenden) müssen langfristig kultiviert werden!



    so das die spaltung minimiert wird.

    Eines der größten probleme der menschheit war schon immer, das ein teil der gesellschaft/ideologie dem anderen teil davon läuft und wir unsere menschlichkeit dabei vergessen. Wir müssen die teile koppeln und zusammen entwickeln. so muss jedes teil im system von unserer menschlichkeit getragen werden!



    Frei nach Thomas Alva Edison.

    leider ist zu beobachten, das eben dieses bewusstsein, was menschlichkeit und tugenden ausmacht, vor allem güte, kooperation und wahrheit, von vielen nur als marginal betrachtet wird.



    wie sollen sie sich dann bitte richtig entscheiden???!

    wir müssen über unseren zeitgeist hinausdenken, das große ganze sehen!



    von generation zu generation - von idee zu idee - von geschichte zu geschichte...



    die kultur des sozialen muss sich genau so entwickeln wie alle anderen dinge auch und es brauch zeit und viel fürsorge, damit das so wächst, wie es unsere träume und höchsten ziele benötigen.

  • "Wie man die Spaltung der Gesellschaft überwindet? Indem man sich einfach mal auf die richtige Seite stellt." - Das sind mindestens 100 € fürs Phrasenschwein. An dieser Stelle meine Empfehlung für den sicheren Lottogewinn: Anstatt dauernd die falschen Zahlen zu tippen, einfach mal die richtigen nehmen...

  • Danke! Unterschreibe!

  • Also ich weiß nicht: Dass die AfD zusammen mit der CDU so ziemlich sicher die nächste Regierung stellt, war ja nun schon seit Monaten klar. Jetzt einen auf Torschlusspanik zu machen finde ich albern. Haltung zeigen wird niemanden retten.

    Denn wenn man jetzt versucht, das scheinbar Unvermeidliche zu vermeiden, indem man die AfD verbietet, müsste jedem klar sein: Damit verbietet man auch die Wünsche all jener, die die AfD gewählt hätten. Und das wird woanders zutage treten.

    AfD verbieten = Waldsterben verbieten.

    Ich gehe nicht darauf ein, ob es vielleicht Gründe gibt, warum die Menschen AfD wählen – oder CDU/CSU (und wenn sie dies tun werden im vollen Wissen, dass man damit indirekt die AfD wählt …), denn die AfD bedient nun mal implizite Ängste und Wünsche vieler Bürger.

    Wenn man die AfD verbietet, dann verschwinden weder die potenziellen Wähler, noch die mehr oder minder heimlichen Wünsche dieser Wähler.

    Was wollt ihr, die ihr das Verbot anstrebt, den CDU/CSU/AfD et con-Wählern anbieten, damit sie nicht gleich dem nächsten Rattenfänger hinterherlaufen?

    Ja, ja. Es gibt Leute in der CDU/CSU, die selbst hinter dem Verbot stehen. Aber dieses zum Scheitern verurteilte Streben erinnert auf andere Weise einfach nur an die Sturheit, mit der die Demokraten an Joseph Biden festhalten. Statt mit einem neuen Kandidaten einen Politikwechsel in Richtung sozial zu riskieren, riskieren sie mal lieber das ganze Land.

    Die Zuwanderung bestimmt den nächsten Wahlkampf. Soviel müsste klar sein. Aber warum hegen die Leute eine irrationale Angst vor Ausländern? Weil sie die sehr rationale Angst antreibt, sozial abgehängt werden, und Leute wie die von der AfD (oder CSU) diese Gefahr den Ausländern anhängt.

    Mehr sozial = weniger AfD. So einfach könnnte Politik sein. Aber das kostet halt. Und die, die zahlen könnten aber nicht zahlen wollen, könnten dagegen sehr gut auch mit der AfD …

    • @Numitor:

      Die beste Wahlwerbung für die AfD ist die Wohlstandsvernichtung durch unsere gegenwärtige Bundesregierung.

    • @Numitor:

      Was ein ausgemachter Schwachsinn, die CDU hat eine Internen Verbotsbeschluss mit der AfD zusammenzuarbeiten und hat bisher auch keinerlei Anstalten gemacht dies aufzulockern. Wer Probleme in einzelnen Ortsverbänden auf die Bundes- oder Landespartei projiziert, der ist einfach nur an Feindbildern und Parolen interessiert.

      Ihr Beitrag strotzt nur so davon.

      Ich mag die CDU auch nicht, aber was sie hier unterstellen ist unter aller Kanone und CDU Wähler als AFD Sympathisanten zu brandmarken.

    • @Numitor:

      "Wenn man die AfD verbietet, dann verschwinden weder die potenziellen Wähler, noch die mehr oder minder heimlichen Wünsche dieser Wähler."

      Es verschwindet die zentrale Finanzdrehscheibe der Hetze und antidemokratishcen Pöbelei.

    • @Numitor:

      Die CDU/CSU hat in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland rund 90% der Politik bestimmt, sowohl in der Bundes- als auch den Landesregierungen sowie in zahlreichen Institutionen. Bis heute kann keine Regierung ohne Zustimmung der CDU/CSU wesentliche Gesetze erlassen, ändern oder abschaffen.

      Man kann sagen: Wir leben in einem CDU-Staat.

      Zu allem Überfluss kommt jetzt auch noch deren Zombie-Variante als sogenannte "Alternative für Deutschland" um die Ecke und bietet ihre Dienste an.

      Diese bestehen nicht darin, Wesentliches zu ändern. Darin ist die AfD der CDU/CSU gleich. Wenn ich die Politik der AfD definieren müsste, würde ich es mit folgendem Gleichnis tun.

      Hitler sagte einmal bezüglich seiner antisemitischen Politik:

      "Ich tue nur, was die Kirche seit fünfzehnhundert Jahren tut, allerdings gründlicher."

      Auch die AfD will im Grunde die gleiche Politik wie die CDU/CSU, allerdings gründlicher.

      • @Uns Uwe:

        Über die historischen Verbindungslinien des alten christlichen Judenhasses zum modernen Antisemitismus in seinen völkischen, islamischen oder linken Spielarten haben wir schon neulich ausgiebig diskutiert, ich möchte da also keinen kalten Kaffee aufwärmen.



        Und ich bin weit davon entfernt, die tatsächlich bestehende Grauzone zwischen dem rechtskonservativen Spektrum von CDU/CSU und dem offen faschistischen der AfD negieren zu wollen. Auch mit Blick auf die asyl- und migrationspolitischen Vorstellungen beider Parteien fällt es mir schwer, da noch essentielle Unterschiede herauszuarbeiten. Das gilt inzwischen aber leider auch für die Zuwanderungspolitik der Ampel (und übrigens auch die der gesamten EU). Die machen sich nämlich ebenso zu Erfüllungsgshilfen eben jener neurechten Remigrationskonzepte, gegen die derzeit Zehntausende auf die Straße gehen und wogegen auch die Vertreter der Ampelkoalition zum Protest aufrufen. Biedermann und Brandstifter. Man muss es leider so hart formulieren.



        Trotzdem bleibe ich dabei - wie ich es hier in der Kommune schon gesagt habe - , dass der Widerstand einer gesellschaftlichen Mehrheit gegen diese menschenverachtenden Pläne und die Umtriebe der AfD sich auch nicht ohne die Unionsparteien organisieren lässt, auch nicht ohne Unterstützung der Kirchen übrigens. Sprich, ohne die Beteiligung der gesellschaftlichen Mitte geht da gar nix, die Linke schafft es nicht aus eigener Kraft. Wie auch.



        Wenn wir in diesem Kampf ausgerechnet die CDU als Hauptgegnerin markieren wollen - und nicht die tatsächlichen Faschisten - , können wir als politische Gefangene demnächst in einem KL über die richtige politische Strategie gegen Rechts leidenschaftlich weiter diskutieren. Wenn unsere Strategien nämlich gescheitert sind. Oder uns von unseren Enkeln fragen lassen müssen, warum wir es nicht verhindert haben.

        • @Abdurchdiemitte:

          "Trotzdem bleibe ich dabei ..., dass der Widerstand einer gesellschaftlichen Mehrheit gegen diese menschenverachtenden Pläne und die Umtriebe der AfD sich auch nicht ohne die Unionsparteien organisieren lässt, auch nicht ohne Unterstützung der Kirchen übrigens. Sprich, ohne die Beteiligung der gesellschaftlichen Mitte geht da gar nix, die Linke schafft es nicht aus eigener Kraft. Wie auch."

          Der amerikanische Soziologe Seymour Lipset hat zum "Extremismus der Mitte" geforscht, siehe:

          de.wikipedia.org/w...remismus_der_Mitte

          Die deutschen Konservativen der 30ger Jahre sind den Nazis zu 90% gefolgt; als eigenstaendige politische Kraft waren sie nicht mehr wahrnehmbar. Die Zentrumspartei und erst Recht die DNVP hörten praktisch auf, zu existieren. Nach dem Krieg war deshalb die Neugründung als CDU/CSU notwendig, wobei das Personal überwiegend aus alten Zentrums-, DNVP-, und NSDAP-Kadern bestand.

          Der deutsche Konservatismus ist zwar nicht deckungsgleich mit dem deutschen Faschismus; er war aber historisch gesehen sehr damit verbandelt, ebenso die beiden Kirchen.

          Das ist heute mit den Verbindungen zwischen CDU und AfD in anderen Formen zunehmend wieder der Fall.

          Der Fokus des Widerstandes richtet sich nicht gegen die CDU, sondern gegen die AfD. Aber die neoliberalen und konservativen Parteien und Organisationen bleiben ein ständiger Trigger für die Entstehung immer wieder neuer rechtsextremer Parteien.

          • @Uns Uwe:

            Danke für die „gehaltvolle“ Antwort. Mit Lipset rennen Sie bei mir natürlich offene Türen ein. Gerade die Causa Aiwanger - und wie politisch und medial damit umgegangen wurde - ist geradezu ein Musterbeispiel für die Existenz dieses „Extremismus der Mitte“. Auch Antisemitismus wird so zu einem Problem ausschließlich der politischen Ränder und kann jetzt sogar vorzugsweise an Linke und muslimische Migranten adressiert werden. Nicht, dass das kein Problem ist, aber die Verdrängungs- und Entlastungsstrategie tritt hier deutlich zutage, mit der gesellschaftlichen Mitte haben so unappetitliche Erscheinungen wie Antisemitismus und Rassismus scheinbar so gar nichts zu tun. Also muss man sich damit auch NICHT selbstreflexiv auseinandersetzen, die „schlimmen Finger“ sind stets die anderen.



            Aber: ich halte es für zu einfach - und übrigens intellektuell unredlich - die historische Analogie zu 1933 sozusagen 1:1 auf die heutigen politischen Verhältnisse übertragen zu wollen. Zwar ist es zutreffend, die Unionsparteien als ein Konglomerat verschiedener bürgerlicher Parteien der Weimarer Zeit zu betrachten, aber es ist mit dieser Volkspartei nach 1945 auch etwas Neues entstanden - und die Gesellschaft hat sich in der Nachkriegszeit soziologisch rasant gewandelt, was sich auch in der Parteienlandschaft widerspiegelte. Die Nachkriegs-SPD war schließlich auch nicht mehr die von vor 1933, das katholische Zentrum konnte - trotz Neugründung nach 1945 - auch nicht mehr an alte Erfolge im katholischen Millieu anknüpfen, sondern blieb als Splitterpartei im Schatten der CDU.



            Kurz: Ihre Analyse zum Zusammenhang Konservatismus - Faschismus greift zu kurz. Im historischen Kontext haben die Arbeiterparteien SPD und KPD - auf unterschiedliche Weise - genau so tragisch gegen den Faschismus versagt wie die Bürgerlichen.

  • Wir sollen also gegen AfD demonstrieren damit die Ampel links aussieht und weiter Sozialabbau betreiben kann ??

    • @Andreas Geiger:

      Wenn die Faschisten erst zur Macht greifen, müssen wir NICHT mehr darüber diskutieren, wie „links” die Ampel ist. Das hat sich dann erledigt, wie viele andere Diskurse auch, die wir hier in der taz-Kommune führen.



      Natürlich bin ich nicht so naiv, den Zusammenhang zwischen Sozialabbau und gesellschaftlicher Faschisierung nicht zu erkennen. Aktuell geht es jedoch um die Prioritätensetzung im Kampf gegen Rechts. Sonst wird uns das Fell über die Ohren gezogen, noch ehe wir richtig gucken können - und die Frage nach der richtigen Strategie ausdiskutiert wurde.

    • @Andreas Geiger:

      Wie wäre denn eine Politik, die nicht ein derart dichtgewebtes soziales Netz braucht?



      Durch große Teile der Bevölkerung ist das natürlich Science Fiction

    • @Andreas Geiger:

      Es wird gegen Rassismus und völkischen Denken demonstriert und nicht dafür das die Ampel links wirkt, was sie weder ist noch wird.

    • @Andreas Geiger:

      Es geht nicht um fehlerhafte Regierungen. Es geht jetzt darum das schlimmste abzuwenden. Keime Regierung der Jahre nach dem 2WK konnte es recht machen. Es gab, gibt und wird immer Defizite geben. Sicher ist aber eins. Mit Nazis an der Macht werden wir uns nicht mehr über Pisastudien, verrohte Jugend, Malle ist nur einmal im Jahr oder der schlechten Performance von Helene Fischer unterhalten. Dann haben wir ganz andere Probleme.

    • @Andreas Geiger:

      Erstens gab es den Sozialsbbau schon Jahre vor der Ampel unter diversen Koalitionen und zweitens, ja.

    • @Andreas Geiger:

      Ja, und damit sie weiter die ihr wichtigen Kriege finanzieren kann.

  • Polarisiert euch!

    • @nutzer:

      Ich bezweifle dass der gesellschaftliche Zusammenschluß eine Auswirkung auf die vermeintlichen AfD-Wähler hat. Denn dadurch ändert sich wenig bis gar nichts an der aktuellen Politik, was ja gerade für einen solch massiven Zulauf in die rechten Lager sorgt.

      • @Mopsfidel:

        natürlich nicht! Es geht ums Sichtbarmachen, dass die Mehrheit anders ist und genau das verändert eben doch Politik.

      • @Mopsfidel:

        Sie vrrgessen eine über viele Jahre immer größer gewordene Anzahl an resignierten Nichtwählern. Wenn die wieder an die Wahlurne gehen, dann ist die AFD weg vom Fenster. Ich fühle mich schon immer der sozialen Demokratie verbunden. Seit Schröder habe ich keine Wahl mehr mitgemacht. Ich werde zwar zähneknitschend diesmal seit Jahren wieder wählen, aber nur um dieser Faschopartei das Wasser abzugraben. Danach gibt es trotzdem noch ein Hühnchen zu rupfen. Olaf Scholz ist absolut ungeeignet als Kapitän. Ein Kapitän der nicht sicher ist sein Schiff zu führen, kann nicht länger Kapitän sein. Ich hoffe das wird bis zur nächsten BTW aufgearbeitet. Trotzdem wählen gehen, und raus auf die Strasse. Kein Fußbreit dem Nazipack

        • @Jungle Warrior:

          Von den Parteien mich einer Chance, über 5 % zu kommen, kann ich keine wählen. Trotzdem gehe ich immer zu Wahl, obwohl meine Partei nur örtlich Wirkung zeigt - allerdings auch positive Aspekte in der EU bewirkt.