Polizeigebühren bei Bundesliga-Spielen: Legitimer Akt der Umverteilung
Der Staat darf Proficlubs zur Kasse bitten. Gut so, denn es ist legitim, wenn sich milliardenschwere Vereine an den Kosten der Sicherheit beteiligen.
![Behelmte Polizisten mit Fußballfans. Behelmte Polizisten mit Fußballfans.](https://taz.de/picture/7466056/14/37416386-1.jpeg)
N un ist es endgültig: Fußballvereine können an den Polizeikosten von Hochrisikospielen der Bundesliga beteiligt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden und damit ein Bremer Gesetz für verfassungskonform erklärt. Zunächst eine Klarstellung, was die Karlsruher Richter:innen damit nicht entschieden haben: Sie haben nicht entschieden, dass das Bremer Gesetz sinnvoll ist. Sie haben nicht entschieden, dass nun alle Bundesländer dem Bremer Beispiel folgen müssen. Und sie haben nicht entschieden, dass nun auch im Breitensport und bei Kulturereignissen die Veranstalter an den Polizeikosten zu beteiligen sind.
Das alles sind politische Fragen, die die Parlamente zu entscheiden haben. Zuständig sind vor allem die Landtage, denn Polizeirecht ist in der Regel Landesrecht. Karlsruhe hat nur erläutert und klargestellt, dass der Spielraum des Gesetzgebers hier sehr groß ist. Für eine gewisse Überraschung hat insbesondere die Feststellung der Verfassungsrichter:innen gesorgt, dass für die Arbeit der Polizei im Prinzip Gebühren verlangt werden können. Bisher war das weithin anders gesehen worden: Polizeiarbeit müsse grundsätzlich gebührenfrei sein, weil die Gewährleistung von Sicherheit zu den Kernaufgaben des Staates gehöre.
Das wird noch spannende Debatten geben, wenn wohl bald gefordert wird, dass sich flüchtige Straftäter an den Kosten ihrer Fahndung beteiligen sollen. Die Gefahr besteht, dass Polizeigebühren überall dort eingeführt werden, wo die Polizei gegen ohnehin ausgegrenzte Rechtsbrecher:innen eingesetzt wird, während die Regelung des Autoverkehrs selbstverständlich kostenfrei bleiben wird.
Nur bei Gewinnorientierung
Es ist also zunächst abzuwarten, welche politischen Forderungen nun aufgestellt werden. Wer als Gesetzgeber kein Risiko eingehen will, orientiert sich zunächst am Bremer Beispiel, denn das ist nun wirklich Karlsruhe-geprüft. Danach sind Polizeigebühren verhältnismäßig, wenn sie auf gewinnorientierte Veranstalter beschränkt sind und nur bei Veranstaltungen mit mehr als 5.000 Teilnehmer:innen und drohenden gewaltsamen Auseinandersetzungen verlangt werden.
Es ist ein legitimer Akt der Umverteilung, wenn sich die gutverdienenden Profivereine, die pro Jahr gemeinsam mehr als 4 Milliarden Euro Umsatz machen, auch mit ein paar Millionen an den Polizeikosten der Bundesländer beteiligen. Dass die Vereine auch Steuern zahlen, ist richtig, aber kein zwingendes Argument gegen Gebühren. Auch ein steuerzahlender Energiekonzern muss heute schon die Polizeikosten für die Anlieferung der neuen Turbine bezahlen – weil man es legitim findet, damit nicht die Allgemeinheit der Bürger:innen zu belasten.
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