Politischer Aschermittwoch der CSU: Mit vollen Bierkrügen gegen Drogen

CSU-Chef Söder läuft sich für den Landtagswahlkampf warm. Am Ascher­mittwoch warnt er vor grüner „Woke-Wolke“ und Cannabis-Legalisierung.

Markus Söder prostet mit Bier-Masskrug

„Ich will für Bayern keine Drogen auf der Straße“, sagt Markus Söder Foto: Peter Kneffel/dpa

PASSAU taz | Am Ende gibt es dann doch noch eine Enttäuschung für die Fans. Ein einziges Mal an diesem Vormittag: „Zugabe, Zugabe“, skandieren sie, aber Markus Söder lässt sich nicht erweichen, tritt nicht noch einmal ans Rednerpult. Vielleicht ist es die Sorge, den krönenden Abschluss seiner Rede nicht mehr toppen zu können. Es war der Klassiker: „I bin da Markus, und da bin ich daham.“

Es muss eine entbehrungsreiche Zeit für die Menschen gewesen sein, die am Mittwoch die Dreiländerhalle in Passau füllen. Drei Jahre lang hat hier kein Politischer Aschermittwoch mehr stattgefunden, zumindest keiner, der den Namen verdient hätte.

2021 kam Markus Söder pandemiebedingt allein in die Halle, versuchte seinen Fans draußen an den Apparaten digitale Bierseligkeit zu übermitteln. Im vergangen Jahr dann entfiel die Veranstaltung wegen des Krieges. Der dauert zwar noch an, aber dauerhaft will man sich das Feiern halt doch nicht versagen, schon gar nicht im Wahljahr.

So sind sie denn an diesem Vormittag wieder da, die „gefühlten 10.000 Menschen“, die der noch amtierende niederbayerische CSU-Bezirkschef Andreas Scheuer so gern beschwört. Dass in die Halle nur 4.000 Leute passen – geschenkt. Es sind gefühlte Wahrheiten, die in Passau zählen.

Als „größten Stammtisch der Welt“ bezeichnen die Christsozialen ihr Spektakel gern, auch als „Südkurve der CSU“ oder „Jahreshauptveranstaltung des Vereins für klare Aussprache“. Man könnte auch von einer Verlängerung des Faschings sprechen. Söders Büttenrede jedenfalls trifft auf ein denkbar dankbares Publikum. Die Stimmung ist gut, schon eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung sind die ersten Maßkrüge weitgehend geleert.

„Glücksland“ Bayern

Es ist ein Medley aus seinen Evergreens und den aktuellen Hits, die der CSU-Chef in einer anderthalbstündigen Show zum Besten gibt. Die zwei Hauptteile: Bayernlob und Ampelbashing. „Wir sind die Stärksten, wir sind die Besten, wir sind in Passau“, ruft Söder seinen Mannen zu – Frauen sitzen im Publikum tatsächlich nur gefühlte zehn, um im Scheuer-Duktus zu bleiben.

„Bayern ist der deutsche Meister der Integration“, stellt er an anderer Stelle fest. Und: „Wir sind das Glücksland. Bei uns lebt man länger und bei uns lebt man besser.“ Auch das beste Essen der Welt, die niedrigste Armutsquote und Kriminalitätsrate – klar, in Bayern.

Man kommt nicht umhin, an einen Satz zu denken, den Markus Söder in den vergangenen Monaten mit Blick auf den Wahltag im Oktober immer wieder formuliert hat: Hybris sei das einzige, was seiner Partei jetzt noch schaden könne.

Angst vor Drogen

Zweiter Teil: Ampelbashing. Wobei es Söder ein Teil der Ampel besonders angetan hat. Klar, es geht am Rande auch gegen SPD und FDP, da wird noch mal gegen Ex-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht („Den Namen müssen Sie sich nicht mehr merken“) ausgeteilt oder gegen FDP-Chef Christian Lindner, den „Schulden-Chrissi von Deutschland“. Und Franziska Giffey muss weg, ebenso wie die Erbschaftssteuer.

Aber es sind die Grünen, das wird schnell klar, die sich Söder als Hauptgegner für die im Oktober anstehende Wahl auserkoren hat. Angst einflößende Bilder beschwört der Ministerpräsident, wenn er über sie spricht: „Eine düstere Woke-Wolke verdüstert den weiß-blauen Himmel in Bayern“, sagt er und warnt seine Zuhörer, was alles auf sie zukomme. Außerdem seien sie ein „Sicherheitsrisiko für unser Land“ und redeten sie sich geradezu in einen Kriegsrausch. Dasselbe in der Energiepolitik. „Sie faseln von Klima und baggern nach Kohle.“

Vor allem aber seien die Grünen sehr zielstrebig beim Umbau der Gesellschaft. „Sie wollen ein anderes Deutschland.“ Ihr Motto: „Am grünen Wesen soll die Welt genesen.“ Wieder einmal spricht Söder von „Umerziehungsphantasien“. Die Grünen wollten die Genderpflicht einführen und dass man künftig von Schützenbrüderinnen sprechen müsse und von Elternmilch statt Muttermilch.

Nicht einmal schwarzfahren dürfe man mehr, wahrscheinlich dürfe sich auch seine Partei bald nicht mehr als die Schwarzen bezeichnen, sondern nur noch als „most indigene party“. Söder fasst sich an den Kopf, gibt sich empört: „Das ist doch nicht mehr normal, das ist doch völlig überdreht.“ Die Grünen stünden für Verbot, sogar Luftballons wollten sie verbieten, und hegten eine regelrechte „Fleisch- und Wurstphobie“. Sie seien die „größten Stimmungskiller der Nation“.

Dass sich die Christsozialen dagegen als die größten Stimmungskanonen der Nation sehen, daran besteht in Passau kein Zweifel. „Wir sind keine Ampel-Spießer, bei uns kann jeder nach seiner Façon leben.“

Die Attacke dürfte einen Vorgeschmack auf die acht Monate bis zur Landtagswahl geben. Dass sich Söder dafür die Grünen als Ziel ausgesucht hat, ist kein Zufall. Aktuell stellen sie die einzige ernstzunehmende Oppositionspartei in Bayern dar. Sollten sie zu stark werden, könnte es theoretisch passieren, dass es für eine Zweierkoalition ohne ihre Beteiligung nicht mehr reicht. Deshalb verspricht Söder schon mal vorsorglich: Schwarz-Grün werde es in Bayern nicht geben.

Schließlich ist da ja auch noch die Sache mit den Drogen. Die wolle die Ampel, allen voran natürlich wieder die Grünen, legalisieren. Söder spricht nicht von Cannabis, sondern ganz allgemein von Drogen. „Ich will für Bayern keine Drogen auf der Straße und keinen Zugang für unsere Kinder“, ruft er. Der Beifall in der schon spürbar alkoholgeschwängerten Halle ist groß. Es ist der gefühlt stärkste Beifall an diesem Aschermittwoch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.